Das Liebes-Poetische Manuskript N° 60

... Und seiner Rede Zauberfluß, / Sein Händedruck, und
Ach sein Kuß!  ...

Das
Wörtchen Ach in der deutschen Liebeslyrik
vom 16. bis zum frühen 20. Jahrhundert
 


Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938)
Liebespaar



 



Das Wörtchen
Ach
in der deutschen Liebeslyrik 19. / 20. Jahrhundert
(Dichter alphabetisch geordnet)

 

  • Johanna Ambrosius (1854-1939)

    Ach, hätt' ich früher dich geliebt.
    _____

    Ach säh'st du mich nur einmal an.
    _____

    Denn
    ach, gar bald zogst eine andere
    Blume du ans Herz.

     

  • Elsa Asenijeff (1867-1941)

    Ach! das alte sakrale Wort! – [ICH LIEBE DICH]
    _____

    Und kurz das Leben
    Und
    ach!
    So lange, lange ist man tot . . .

     

  • Ernst Blass (1890-1939)

    Ach, wenn jetzt nur kein Weib an mich gerät
    Mit Worten, schnöde, roh und unerlaubt!
    _____

    Ach, wenn aus des Herzens Mitte
    Ich dich sah und wiedersah!

     

  • Carl Busse (1872-1918)

    Ach, sie wollt' es ja nicht dulden,
    Doch er war so keck und braun,
    Und es traf sie kein Verschulden,
    Sprang er über'n Gartenzaun.
    _____

    Ach und die herrlichste Fürstenkrone:
    Lorbeer mit roten Rosen vermengt,
    Deiner siegenden Schönheit zum Lohne,
    Hätt' ich dir jauchzend aufs Haupt gesenkt.

     

  • Georg Busse-Palma (1876-1915)

    Ach meine Sehnsucht ist nichts weiter
    Als Liebe, die ihr Nest nicht fand.
    _____

    Und dann wühlen ohne Ende
    Kühlung suchend sich ein Paar
    Schmaler fieberheißer Hände
    Ach im Traum nur! in dein Haar.
    _____

    Es liegt dein Bett noch von der Nacht zerwühlt,
    Und seine Wärme spür' ich mit den Händen —
    Ach, diesen Flaum hat deine Brust gefühlt,
    Hier lag dein Haupt und dorten deine Lenden!
    _____

    "
    Ach im Grabe möcht ich sein!"
    Sang ich oft vor Zeiten.
    Sieh, nun kam ein Händchen klein,
    Voll von Seligkeiten.
    Mitten in mein Herz hinein
    Ließ es alle gleiten! —
    _____

    Ach, und nicht sanfter wär mein Trennungsleid,
    Hielt süße Hoffnung nicht mein Herz umhegt.
    _____

    Wenn die Flut sich schmiegt und schmeichelt
    Auf den weißen Dünensand, -
    Ach, so hab ich dich gestreichelt
    Zärtlich einst mit zarter Hand!

     

  • Gustav Falke (1853-1916)

    Ach, süßes Lieb, ich liebe dich so sehr.

     

  • Max Herrmann-Neiße (1886-1941)

    Ach, wärst Du mein! - Was brächte ich nicht alles
    dem lieben Leckermäulchen abends mit! ...
    Konfekt und Pralinés und Schokolade
    oder ein Körbchen schwer von süßen Früchten,
    Samtpfirsich, Ananas, Orange, Erdbeer -
    _____

    Ach, alles, was du willst,
    auch gegen meine Liebe willst, geb' ich dir gern,
    wenn du nur glücklich bist!
    _____

    ach, ohne dich bin ich ein irres Kichern,
    das ruhlos durch verlorne Lauben jagt!

     

  • Georg Heym (1887-1912)

    Nein, heut nicht! Übers Jahr
    Darfst du mir deinen Segen spenden.
    Übers Jahr darf ich um deine
    Ach, so wunderschlanken Lenden
    Meine beiden Arme legen.
    _____

    Du schweigst, was schweigst du?
    Ach, dein Schweigen schreit zu laut.
    _____

    Ach, ich kann dich nicht verwinden.
    Ach, nicht kann der Dichtergriffel
    Dich aus meiner Seele merzen.
    Ach, ich seh auf Buchenrinden
    Glänzen eingeschnittne Herzen.
    Ach, der laue Mondenschein
    Glänzt so bräutlich durch den Hain.
    Ach, kämst du doch heut gegangen,
    Ach, wie wollt ich dich umfangen,
    Heute in der Sommernacht.
    _____

    Ach, du bist wunderschlank und schön,
    Wenn ich dich seh, muß ich einsam gehn.
    Es gibt nichts Schöneres, wie dich.

    Ach Worte sind zu blaß, um dir zu malen,
    Wie deine Märchenaugen strahlen
    Ach, sähen sie mich einmal an.

     

  • Ludwig Jacobowski (1868-1900)

    Ach, nach diesen blauen Augen,
    Nach der holden Lichtgestalt
    Zieht mich weiches, tiefes Sehnen
    Mit unfaßbarer Gewalt.
    _____

    Sehnt sich da nicht Mund zu Munde?
    Lockt dich nicht die weiche Flur?
    Ach, mein Auge fragt dich nur:
    Wann kommt meine, deine Stunde?
    _____

    Wenn mir's durch die Sinne fuhr,
    Süße Worte dir zu machen,
    Ach, es ward ein Stammeln nur
    Zwischen Thränen, zwischen Lachen.

     

  • Thekla Lingen (1866-1931)

    Ach, gestern hat er mir Rosen gebracht,
    Sie haben geduftet die ganze Nacht,
    Für ihn geworben, der meiner denkt -
    Da hab' ich den Traum der Nacht ihm geschenkt.
    _____

    Ach, wie du kamst
    Und meine beiden Hände nahmst -
    Weiss nicht, wie es geschehen ist,
    Und wie du hingesunken bist,
    So tief, so tief das Haupt gebeugt!
    Da hab ich mich zu dir geneigt
    Und zog dein Haupt an meine Brust,
    Du hast kein einziges Wort gesagt -
    Wir haben es beide doch gewusst.
    _____

    Der Mai steht vor der Tür,
    Froh sind die andern,
    Ach, er ging fort von mir,
    Ging wandern …
    _____

    So nah war mir dein Mund, der feine -
    Ach, küsste, küsste ich ihn dann! ...
    Mit diesem Kuss ward ich die deine,
    So nahmst du mich, geliebter Mann!
    _____

    Und seine Arme, stark und kühn,
    Die wissen zu umschlingen.
    Ach, wenn er mich so wild umfängt,
    Und wenn er mich so an sich drängt,
    Hör ich die Englein singen.
    _____

    Wenn er mir schweigend liegt zu Füssen
    Und jäh nach meinen Händen greift,
    Und
    ach! mit sehnsuchtschweren Küssen
    Mir meine kalten Finger streift,

    Dann fühl ich langsam mich durchdrungen
    Von jener wunderstarken Kraft,
    Die mich in seinen Arm gezwungen
    Und höchste Menschenwonne schafft.

     

  • Christian Morgenstern (1871-1914)

    Ich möchte, Lieb, mich deinem Leib
    unendlich einverleiben,
    doch
    ach, wie können Mann und Weib
    es mit einander treiben?

    Sie kommen nicht zusammen,
    ach,
    wie sehr sie sich bestreben,
    sie sind wie Städte hundertfach
    mit Wall und Turm umgeben.

     

  • Hermione von Preuschen (1854-1918)

    Ach – deine Liebe ist kein Ruhekissen,
    ein Schmerzenspfühl, getränkt mit Bitternissen.

     

  • Joachim Ringelnatz (1883-1934)

    Mir ist, als bräch aus meinem Herz
    Ein Strom durchglühter Lavafluten.
    Ach wüßtest du, wie hinter Scherz
    So oft die tiefsten Wunden bluten.
    _____

    Meine Gedanken trafen dich still allein
    Spät in der Nacht in deinem Kämmerlein,
    Sahen dich kindlich vor meinem Bildnis beten.
    Meine Gedanken sind leise beiseite getreten,
    Und sie sprachen voll Sehnsucht:
    Ach wenn sie doch wüßte,
    Daß ich ihr Bild zur selben Stunde küßte.
    _____

    Dann haben wir auf dem Dachsims getanzt.
    Dann hast du mich, sagst du, aufgeweckt,
    Und ich, sagst du, sagte noch träumend erschreckt:
    »Ich habe ein Sternschnüppchen gepflanzt.«

    Ich weiß nur noch: Ich war vom Dach
    Plötzlich fort und bei dir und war wach.
    Und du streicheltest mich wie ein Püppchen
    Und fragtest mich – ach, so rührend war das –
    Fragtest mich immer wieder: »Was
    Hast du gepflanzt!? Ein Sternschnüppchen?«
    _____

    Ja – – ja! – – ja!! – – ja!!! – –
    Du hast so süße Höschen.
    Nun sind wir allein. Und es ist Nacht.
    Ach hätte ich dir doch ein Röschen
    Mitgebracht.

     

  • Anna Ritter (1865-1921)

    Die beiden Hände drück' ich auf die Brust -
    Ist's Schmerz, der drinnen lodert, ist es Lust?
    Ach, wunderlich verwoben und verwebt
    Ist Beides mir, und meine Sehnsucht
    Darüber hin, aus dieses Frühlings Zagen
    In der Erfüllung Frieden mich zu tragen.
    _____

    Die Sehnsucht kreist mir ruhelos im Blute,
    Ach, dass du kämst
    Und all mein Leid und meine große Liebe
    An's Herze nähmst!
    _____

    Ich trag' ein glückselig Geheimnis
    Mit mir herum,
    Ich möchts allen Leuten vertrauen
    Und bleib' doch stumm!
    Ach, jubeln möcht' ich und singen,
    Von früh bis spät -
    Und rege nur heimlich die Lippen,
    Wie zum Gebet!

     

  • Frank Wedekind (1864-1918)

    In dem wundervollen Morgensonnenschein,
    Galathea,
    ach wie bist du hold!
    Deine Schwanenbrust erstrahlt wie Elfenbein,
    Deine Locken schimmern wie das Gold!
    _____

    Bist schön wie eine Lilie;
    Ich lieb dich, ich lieb dich.
    Du bist aus guter Familie;
    Ich liebe dich,
    ach so heiß!
    _____

    Ach, sie strampelt mit den Füßen,
    Ach, sie läßt es nicht geschehn,
    Ach, noch kann ich ihren süßen
    Körper nur zur Hälfte sehn;
    Um die Hüfte weht der Schleier,
    Um den Schleier irrt mein Blick,
    Immer wilder loht mein Feuer,
    Ach, sie drängt mich scheu zurück!

    Mädchen, ich will nichts erzwingen;
    Mädchen, gib mir einen Kuß;
    Sieh, dich tragen eigne Schwingen
    Durch Begierde zum Genuß.
    Ach, da schmiegt sie sich und lächelt:
    Deine Küsse sind ein Graus;
    Und mit beiden Händen fächelt
    Sie der Kerze Schimmer aus.
    _____

    Warum drängst du dich in meine Träume?
    Warum hemmst du meiner Schritte Lauf?
    Warum füllst du alle Himmelsräume,
    Blick ich nächtens zu den Sternen auf?

    Stör ich deiner Seele heil'gen Frieden,
    Warum machst du, Mädchen, dich so breit?
    Und »Nicht doch!« entgegnest du entschieden
    Wie der Genius der Enthaltsamkeit.

    Ach, so kann es nicht mehr lange dauern;
    Ach, es wälzt sich drohend Ach auf Ach;
    Laß dir deine Zimmertür vermauern,
    Oder fürchte den Zusammenkrach.
    _____

     


 


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