Gustav Klimt (1862-1918) - Die Musik
Hans Bethge
(1876-1946)
Wir horchten auf den Wind im Gartenlande,
Wir lagen da mit süß berauschtem Blut;
Wir horchten auf den Wind im Gartenlande,
Die Erde rann wie Traum durch unsre Glieder,
Wir waren eins mit der
Musik der
Stunden,
Dem Glanz der Dinge und dem Duft bei Nacht.
Aus: Hans Bethge
Lieder einer Kunstreiterin
1922 Gyldendalscher Verlag Berlin (S. 18)
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Eddy Beuth
(1872-1938)
Wie ich Dich träumte
Gedicht in Prosa
Mir träumte, Du wärst ein machtvoller König und
säßest auf einem goldenen Throne.
Du hattest die Augen, die Dir auch im Leben eigen sind,
hellstrahlend wie die Sommersonne und
unergründlich tief wie das ewige Meer.
Und Du schautest weit in die Lande mit Deinen tiefen,
unergründlichen Augen, und das Volk beugte sich vor Dir.
Evoë! – – –
Du aber sahest über sie hinweg und lächeltest
ihrer Unterwürfigkeit.
Deine Blicke suchten mich.
Ich stand im weißen Gewand und wartete Deiner,
mit wehendem Haar, in welchem
der Sommerwind spielte.
Und ich harrte Deiner, nicht demutsvoll und zitternd,
sondern in stolzer, sündiger Liebe.
Mit ausgebreiteten Armen
erwartete ich mein Schicksal.
Du wolltest mit meiner Jugend spielen
und ich schenkte Dir meine Jugend in stolzem Triumph.
Evoë!
Du nahtest, mein stolzer Sieger, und ich schloß die Augen
bei Deinen flammenden Küssen.
Du fragtest nicht, ob ich Dich liebe,
du nahmst mich hin als erbeutetes Gut –
und ich lächelte.
Unser Brautbett war mit glühenden Rosen bedeckt,
rot und golden schimmerten sie
durch das mondverklärte Dunkel
und dufteten uns entgegen.
Eine süße, heimliche Musik
trug von fernher
seltsame, traurige Melodieen
zu uns herüber,
wir fühlten die Töne,
als wären's Ausklänge unsrer Seelen.
Und die sterbenden Rosen dufteten schwer,
und die süße Melodie berauschte,
da sank ich vor Dir in den Staub,
und mit erhobenem Haupte
sah ich Dir tief in die strahlenden,
unergründlichen Augen.
Du aber trugst mich auf das Rosenlager,
und die duftenden Blüten umschlossen
unsre selige Jugend wie ein stilles Grab. – –
Du schlangest meine dunklen Haare
um Deinen Herrschernacken,
als wolltest Du mich an Dich ketten für alle Ewigkeit.
Und Deine Küsse brannten wie die sengende Sommersonne
und thaten mir weh, mein König.
Ich aber lächelte,
doch Du sahest es nicht in unserm Rosensarg.
Da hörten wir durch die liebliche Melodie hindurch
einen müden Ton, wie fernes Glockenläuten.
Ich fühlte es, sie riefen Dich in Dein Reich zurück,
sie forderten ihren jungen König.
Du schütteltest die locken und gingst,
ohne Gruß, ohne Wort, Du mein stolzer, junger König.
Ich horchte auf Deinen enteilenden Schritt,
das junge Haupt gesenkt in demutvoller Scham.
Ich sah Deine Augen nicht mehr,
Deine leuchtenden, siegenden Augen,
und ich schämte mich vor Dir,
der Du mich verlassen hattest.
Fröstelnd zog ich mein Gewand zusammen
über meiner jungen, jungen Brust,
dann starrte ich in die Nacht hinaus
mit thränenlosem Blick und sah Dich auf Deinem Throne,
und das Volk wand sich vor Dir im Staube
und jauchzte Dir zu, Dir, dem jungen König.
Und stolz schautest Du auf sie herab,
Deine Augen suchten mich nicht mehr, – – das war vorbei. –
Die sterbenden Rosen entblätterten,
schwerduftend und sinnbethörend,
ich aber nahm sie und warf sie ins Meer,
eine nach der andern.
Und der Sturm zerpflückte sie
und trug sie hinaus, weit, weit, dorthin,
wo das Land meiner Sehnsucht liegt.
– – – – – – – – – –
Es war einmal ein junger König,
der hatte strahlende, unergründliche Augen,
hell wie die Sonne und tief wie das ewige Meer.
Aus: Liebeslieder moderner Frauen
Eine Sammlung von Paul Grabein
Gedruckt und verlegt bei Berlin Hermann Costenoble 1902 (S. 25-28)
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Adolf Böttger
(1815-1870)
Es flammen hell im Saal die Girandolen,
Musik
durchströmt den Raum mit süßen Tönen;
Begeistert lauscht die Reihe junger Schönen,
Ein bunter Flor von Tulpen und Violen.
Der Blick des Jünglings schweift indeß verstohlen
Auf diesen Blumen, die das Leben krönen,
Sein Innres möchte mit der Flöte stöhnen,
Verhaucht ihr Ton in leisen Lebewohlen.
Wohl mag ich gern den holden Klängen lauschen,
Die sich gestalten in so schöner Runde,
Doch mit noch süßern wüßt' ich sie zu tauschen:
Ach! nur ein Wort aus Deinem lieben Munde,
Und all' die Töne müßten hier verrauschen,
Das ist Musik,
von der ich ganz gesunde.
Aus: Gedichte von Adolf Böttger
Leipzig Otto Klemm 1846 (S. 49)
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Udo Brachvogel
(1835-1913)
Vor Allen Dich zu schau'n scheint mir erlaubt nur;
Es kehrt nach Deinem Reiz sich überhaupt nur
Mein Blick wie ein Planet zur Sonnenherrin.
Für Dich hat sich der junge Hain belaubt nur,
Und seine Sänger schmettern Dir zum Preis nur.
Die Welt ist todt, an Deine Schönheit glaubt nur
Mein Herz, und nur Dein Anblick gibt ihm Leben,
Das wiederum ihm Dein Entschwinden raubt nur.
Du bringst Musik
und Licht. Fliehst Du, so krächzt nur
Die Nachtigall, die Sonne ist bestaubt nur;
Es sprossen Blumen nur da, wo Du schreitest,
Und Sterne flammen um Dein schönes Haupt nur.
Aus: Gedichte von Udo Brachvogel
Wien 1860
Druck und Verlag von Carl Gerold's Sohn (S. 103)
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Udo Brachvogel
(1835-1913)
O sprich, denn wenn Du redest, erfaßt Entzücken mich;
O sprich Musik
Du Einz'ge, willst Du beglücken mich.
Ein Wort aus Deinem Munde ist wie ein Blumenstern,
Nach ihm will tausend Male ich freudig bücken mich.
Mein Antlitz lehne schweigend ich an die schönste Brust,
Und Himmelsphantasien, sprichst Du, berücken mich.
Ein einzig Wort, - denn schweigst Du, so fürcht' ich Deinen Groll,
Und grenzenlose Bangniß und Angst zerstücken mich;
Doch ganze Lenze weh'n mir aus Deinem Wort, drum lass'
Von Deinem Munde Rosen der Liebe pflücken mich.
In einem einz'gen Falle nur darfst Du schweigen, - willst
Du unter tausend Küssen an's Herze drücken mich!
Aus: Gedichte von Udo
Brachvogel
Wien 1860
Druck und Verlag von Carl Gerold's Sohn (S. 111)
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Udo Brachvogel
(1835-1913)
In geheimer Abendstunde,
Wenn verrauscht des Tages Lauf,
Schließt sich mir die alte Wunde
Dann und wann auf's Neue auf.
Vor der Seele schwebet wieder
Jener seelenvollste Blick,
Jene marmorschönen Glieder
Und die Stimme wie Musik.
Und mir ist's, als müßt' ich reißen
Einmal, einmal noch empor
An den Busen, an den heißen,
Was ich gänzlich doch verlor.
Ach umsonst! In Nacht verschweben
Muß das Dämmerungsgesicht.
Alles läßt sich neu beleben,
Nur erlosch'ne Liebe nicht.
Aus: Gedichte von Udo
Brachvogel
Wien 1860
Druck und Verlag von Carl Gerold's Sohn (S. 285)
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Helene Branco (Ps.
Dilia Helena)
(1816-1894)
Winternachtmusik
Der Himmel ruht im Nachtgewande,
Mit Sternenflammen golddurchwebt,
Der Winterschmerz ruht auf dem Lande,
Und nur mein Busen glüht und lebt.
In Mitternächte wollt' ich weben
Gedichte deiner Lieblichkeit;
Da tönt aus meiner Saiten Beben
Die Nachtmusik
der Traurigkeit.
Gefühle ziehn im dunklen Herzen
Gleich Schwänen in dem blauen Bach;
So kling' mein letzes Lied der Schmerzen
In dir als milde Tröstung nach.
Wie Blumen schließen sich die Sinne:
So öffne dir sich Traumesglück,
Und führ' im himmlischen Gewinne
Dir sel'ger Tage Bild zurück.
Aus: Lieder von Dilia
Helena
Mit einem Vorworte von Ludwig Tieck
Berlin in der Nicolai'schen Buchhandlung 1848 (S. 58)
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Max Bruns
(1876-1945)
Heimgefunden
Selig, daß ich spät Dein Herz gefunden!
Selig auch, was ich an Schmerz gefunden!
Gleich dem Manne bin ich, der
Musik
staunend noch im rauhen Erz gefunden,
nun ich meines Lebens leerem Klang
die melodisch weiche Terz gefunden
und, an Deiner treuen Brust gewiegt,
friedsam wieder heimatwärts gefunden.
Aus: Max Bruns Garten
der Ghaselen
Verlegt bei J. C. Bruns in Minden (Westfalen) 1925 (S. 14)
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Carl Dallago
(1869-1949)
Musik
Ein süßer Klang durch Palmengrün
Zum Himmel hoch sich hob,
Der Abendsonne Purpurglühn
Sich mit dem Ton verwob.
Es zitterten die Melodein
Im Abendscheine mild
Und trugen mir ins Herz hinein
Dein wundersüßes Bild.
Längst ward der süße Klang verweht
Vom lindren Abendwind,
Da stand mein Herz noch im Gebet
Vor deinem Bilde, Kind.
Aus: Gedichte von
Carl Dallago
Dresden und Leipzig
E. Pierson's Verlag 1900 (S. 28)
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Carl Dallago
(1869-1949)
Du!
Die Wasser lärmen durch die Nacht,
Und Flur und Feld
Behängt des Mondes bleicher Glast,
Und in die tiefgetönte Pracht
Wie Feierklang aus ferner Welt
Tönt mir dein Blick: -
Wie fühl, von Glück und Weh erfaßt,
Bei dieser zündenden Musik
Ich deine ganze Übermacht . . .
Aus: Gedichte von
Carl Dallago
Dresden und Leipzig
E. Pierson's Verlag 1900 (S. 61)
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Carl Dallago
(1869-1949)
Nun . . .
Nun ich erkannt hab,
Was mein Eigen ist
Schreit ich still durch die Welt.
Mein Geleite ist dein Blick:
O diese rührende Musik,
Wie mein Dasein sie erhellt -
Immer schreitet sie mit mir:
Und ein Lichtmeer strömt in Weiten,
Die sich finster um mich breiten
Dieser süße Klang von dir.
Aus: Gedichte von
Carl Dallago
Dresden und Leipzig
E. Pierson's Verlag 1900 (S. 148)
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Karl Egon Ebert
(1801-1882)
Unvergängliches
Ihr Aug' ist klar,
durchsichtig gleich Krystallen,
D'raus blickt ein Bild voll Liebreiz, ohne Fehle,
Das schöne Bild der makellosen Seele:
So blickt ein lichter Stern aus Himmelshallen.
Musik
ist's, wenn vom Mund ihr Worte schallen,
Ob Lust sie fülle, ob ein Schmerz sie quäle,
Ein süßer Wohllaut wohnt in ihrer Kehle:
So spricht an's Herz der Ton der Nachtigallen.
Ein schön Gemüth, und dies Gemüth zu künden,
Ein schöner Laut - was wollt' ich mehr noch finden,
Mich zu beglücken für ein halb Jahrhundert?
Ob andrer Reiz ein weiblich Wesen kröne,
In Blick und Ton nur liegt die wahre Schöne,
All Andres welkt, kaum daß wir es bewundert.
Aus: Gedichte von
Karl Egon Ebert
Vollständige Ausgabe in drei Büchern
in dritter stark vermehrter Auflage
Stuttgart und Tübingen
J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 97)
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Joseph Freiherr von
Eichendorff
(1788-1857)
Wie wenn aus Tänzen, die sich lockend drehten,
Von müder Augen süßen Himmelsräumen,
Daß nun Gewährung nicht wollt' länger säumen,
Verratend die schamhaften Schleier wehten,
Ein einz'ger in die Nacht hinausgetreten,
Schauend wie draußen Land und Seen träumen,
Die Töne noch verklingen in den Bäumen,
An's Herz nun schwellend tritt einsames Beten:
Also, seit Du erhörend mich verlassen,
Grüßt mich Musik
und Glänzen nur von ferne,
Wie Tauben, Botschaft bring'nd durch blaue Lüfte.
Nacht legt sich um die Augen hold, die nassen,
Als Blume sprieß' ich in die Klänge, Sterne,
Der goldnen Ferne hauchend alle Düfte.
Aus: Joseph von
Eichendorff
Sämtliche Gedichte und Versepen
Herausgegeben von Hartwig Schultz
Insel Verlag 2001 (S.
70-71)
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Gerrit Engelke
(1890-1918)
Sie sang am Klavier
Warum hast du am offenen Fenster gesungen,
Daß ich horchen mußte im Gehn?
Ich habe dich niemals gesehn - -
Doch hat mich dein Singen bezwungen;
Warum?
Du weißt nicht, daß ich die Stadt um ein Wesen verwarf,
Und hier nur ging, um nichts zu wissen,
Daß ich nicht solche Musik
fühlen, nichts vermissen,
Nicht zurückdenken darf.
Du weißt nicht -
Nun hast du am offenen Fenster gesungen,
Meinen Gleichmut unwissend zerpflückt;
Du weißt nicht, wie Singen bedrückt,
Wie es Einen in Weichheit gezwungen -
Und ich will nicht!
Aus: Gerrit Engelke
Das Gesamtwerk
Rhythmus des neuen Europa
Herausgegeben von Dr. Hermann Blome
Paul List Verlag München 1960 (S. 159)
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Gisela Etzel
(1880-1918)
Unvergleichliches Entzücken
Blüht mir auf aus buntem Strauß;
Welche Freude, ihn zu pflücken,
Sommerglück ans Herz zu drücken!
Trag ihn armevoll nach Haus.
Häufe ihn in schönstem Glase,
Klargeschliffnem Bergkristall,
Daß die sprühende Ekstase,
Satt umrahmt von grünstem Grase,
Flutet wie ein Farbenfall:
Herz und Seele ruhn in Schweigen,
Und nur einzig süße Lust,
Wie Musik
aus hundert Geigen,
Klingt und schwingt den bunten Reigen
Tief in aufgeschloßner Brust;
Bis das farbig wilde Blühen
Lösend meinen Sinn berauscht
Und mir ist wie heißem frühen
Knabenjubel, der ins Glühen
Seiner eignen Sinne lauscht.
Aus: Gisela Etzel
Die Lieder der Monna Lisa
Georg Müller Verlag, München 1912 (S. 8)
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Ilse Frapan
(1849-1908)
Wie hold die Worte dir vom Munde gehn,
Von Weisheit voll und wie
Musik zu hören,
Doch spür' ich oft den Ton nur mich umwehn,
Und ihren Inhalt könnt' ich nicht beschwören.
So fühl' ich deine Nähe mich bethören,
Daß meine Augen wie durch Nebel sehn;
Als ob die äußern Sinne sich verlören,
Weil mir im Herzen zu viel Glück geschehn.
Das pocht und jauchzt, als sprengt' es mir die Brust:
Du bist's! du bist's! wie sucht' ich dich vergebens!
Die ganze Welt durchsucht' ich, ach, nach dir!
Und du antwortest stumm und unbewußt:
Ich bin's, die einzige Liebe deines Lebens
Und dein Verhängniß; zittre nun vor mir!
Aus: Gedichte von
Ilse Frapan
Berlin Verlag von Gebrüder Paetel 1891 (S. 63-64)
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Carl Geisheim
(1784-1847)
Musikalischer Seufzer
Ich steige lustig auf und ab
Der Töne Zauberleiter.
Es treibt die Kunst bergauf, bergab
Mich weiter, immer weiter.
Von vorne geht es täglich an
Das Klettern und das Schmettern;
Das Ziel der Sehnsucht aber kann
Ich doch mir nicht erklettern.
Dann kommt gar oft der Wunsch mir queer,
Daß, statt für Sang und Geigen,
Die Scala eine Leiter wär',
Beim Liebchen einzusteigen.
Aus: Gedichte von Carl Geisheim Erster Band
Breslau im Verlage bei Josef Max und Komp. 1839 (S. 67)
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Adolf Hain
(1825-1854)
An die Geliebte
Du bist so schön wie die Blume,
Wie sie so hold und mild,
Du strahlst wie sie in der Sonne
Und schmückest das Gefild.
Doch schöner noch als die Blume,
Sie ist so stumm und still,
Allein deine Augen sprechen
Der Wunder laut und viel!
Dein Mund ist voll süßer Töne,
Voll lieblicher Musik,
Wie Engelharfen so hallet's
Verkündend reines Glück!
Die Blume, sie muß erbleichen;
Doch du, du welkest nicht,
Noch schöner werd' ich dich sehen
Einst in des Himmels Licht!
Aus: Gedichte von Adolf Hain
Edinburgh Shepherd & Elliot
London Hamilton Adams & Comp. Leipzig F. A. Brockhaus
1855 (S. 193)
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Robert
Hamerling
(1830-1889)
Hebe mich
auf weichen Schwingen
Hebe mich auf weichen Schwingen,
Hauch der Liebe, der so mild
Mit des Weihers Wellenringen
Küßt das gold'ne Lenzgefild;
Der den Schwan im Purpurkahne
Zum beblümten Strande führt,
Wo sein Lied der Tulipane
Zarte Blumenseele rührt.
Süße Sehnsucht, holdes Regen,
Leite mir den trüben Sinn
Immerdar auf Wolkenstegen
In die schöne Ferne hin;
Bis in Schönheit süß gebadet,
Und in Liebe rein gestimmt,
Sich das Herz im Lied entladet,
Das die Nacht allein vernimmt.
Daß zum Glücke nichts mir fehle,
Eins begehr' ich vom Geschick:
Einer stillbewegten Seele
Nie verzitternde Musik!
Laß in mir sie nie verklingen,
Stets aus klanglos dumpfer Ruh'
Hebe mich auf weichen Schwingen,
Wonnehauch der Liebe du!
aus: Hamerlings Werke
Volksausgabe in vier Bänden
Ausgewählt und herausgegeben
von Dr. Michael Maria Rabenlechner
Mit einem Geleitwort von Peter Rosegger Zweite Auflage
Dritter Band Hamburg Verlagsanstalt
und Druckerei A.- G. (vorm. J. F. Richter) (o. J.) (S. 95-96)
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Heinrich Heine
(1797-1856)
Mir redet ein die Eitelkeit,
Daß du mich heimlich liebest;
Doch klügre Einsicht flüstert mir,
Daß du nur Großmut übest;
Daß du den Mann zu würdgen strebst,
Den andre unterschätzen,
Daß du mir doppelt gütig bist,
Weil andre mich verletzen.
Du bist so hold, du bist so schön,
So tröstlich ist dein Kosen!
Die Worte klingen wie Musik
Und duften wie die Rosen.
Du bist mir wie ein hoher Stern,
Der mich vom Himmel grüßet,
Und meine Erdennacht erhellt,
Und all mein Leid versüßet.
Aus: Heinrich Heine.
Sämtliche Gedichte in zeitlicher Folge
Hrsg. von Klaus Briegleb. Insel Taschenbuch Verlag 1997 (S. 384-385)
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Max Herrmann-Neiße
(1886-1941)
Sonett eines himmlischen Spiels
Dann blühte uns aus Tragik und aus Tränen
ein Spiel, so lustig wie der junge Wind:
Wir schlugen Flammen, wurden wieder Kind
und ließen uns versprühen in Fontänen.
Und ganz voll Leichtigkeit, wie Engel sind,
auf Wolken schaukelnd in umkränzten Kähnen
und Blitze schnellt das Weiß von ihren Zähnen,
so machten wir uns schwebend und geschwind.
Und deiner Stimme leuchtende
Musik
warf Wellen hoch und tanzte über Schwerter
und stürmte flackernd durch den Sternenfall.
Da wurde meine Lust ein bunter Ball,
den zaubertest du immer wunderwerter,
daß er mit dir in alle Himmel stieg ...
Aus: Max
Herrmann-Neiße Gesammelte Werke
Herausgegeben von Klaus Völker
bei Zweitausendeins 1986/87 (Band 3 S. 143)
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Camill Hoffmann
(1878-1944)
Musik
über Wassern
Die Sterne leuchten auf einsamen Warten
Wie Hochzeitfackeln mit mildem Schein.
Wir kehren heim von schweigenden Fahrten,
Verklungen sind längst im Ufergarten
Die Knabengeigen und Mädchenreihn.
Wir hören die Stunden Zwiesprach tauschen,
Aus süssem Sinnen nur halb erwacht,
Und alles in uns will Liebe erlauschen -.
Wir hören die Brunnen des Lebens rauschen
Wie festliche Chöre in ferner Nacht.
Aus: Adagio stiller Abende
Gedichte von Camill Hoffmann
Verlegt bei Schuster & Loeffler Berlin und Leipzig 1902 (S. 19)
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Ludwig Christoph
Heinrich Hölty
(1748-1776)
An Minnas Geist
Im leichten Tanz, mit Flügeln der Minute,
Entfloh mir jeder Tag,
Als Minna noch mit mir im Schatten ruhte,
Mit mir von Liebe sprach.
Es folgeten, in lauten Harfenchören,
Mir Engel durch den Hain,
Ich hörte die Musik
der Himmelsphären,
Und sang ein Lied darein.
Und fühlte das Koncert der Abendhaine,
Wie ichs noch nie gefühlt,
Wenn Minna mich, am Ufer meiner Leine,
Sanft in den Armen hielt.
Sie starb: - Stets bleibt im Innern meiner Seele
Des Mädchens Bild zurück!
Nun reizt mein Ohr kein Lied der Philomele,
Kein Blümchen meinen Blick.
Nun irr' ich durch verschränkte Tannenhaine,
Sink‘ auf verdorrtes Moos,
Und klage stets den Himmel an, und weine
Mein Leid in meinen Schoos.
Stets seh ich noch die Rosen ihrer Wangen,
Den zauberischen Gang,
Seh ihr Gelock, ein Spiel der Lüftgen, hangen,
Hör' ihrer Stimme Klang.
O schöner Geist! Durch Wiesen, durch Alleen,
Seh ich dich, bald im Kranz
Von Rosmarin und Tausendschönchen gehen,
Bald tanzen Geistertanz.
Du sitzest oft, erhöht zum Engelrange,
An meines Lagers Rand,
Und streichelst mir die bleichgehärmte Wange
Mit deiner weißen Hand;
Enttrocknest mit dem Schleyer mir die Thräne,
Die meine Seele weint,
Wenn deines Todes trauervolle Scene
Im Traume mir erscheint.
O warum wall ich noch im Erdenstaube?
O wohnt' ich schon mit dir,
Du schöner Geist, in deiner Himmelslaube!
Was weil' ich länger hier?
Aus: Ludwig Christoph Heinrich Hölty
Gesammelte Werke und Briefe
Kritische Studienausgabe
Hrsg. von Walter Hettche. Wallstein Verlag 1998 (S. 137-138)
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Ricarda Huch
(1864-1947)
Allein
In der Sommernacht heimliches Rauschen
Horch' ich träumend hinaus.
Fern bist du - warum muß ich lauschen?
Du kommst nimmer zu Haus.
Überm See her aus schaukelnden Böten
Tönt Musik
und Gesang;
Antwort schluchzt auf das Weinen der Flöten
Echo sehnend und bang.
Aus: Ricarda Huch
Gesammelte Werke
Fünfter Band: Gedichte, Dramen, Reden,
Aufsätze und andere Schriften
Herausgegeben von Wilhelm Emrich
Kiepenheuer & Witsch 1966-1970(S. 147)
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Ricarda Huch
(1864-1947)
O schöne Hand, Kelch, dessen Duft
Musik,
Wie Töne schweben geht der, den du führst,
Melodisch wird der Stein, den du berührst,
Wenn sie dich einhüllt, wird die Luft
Musik.
Du tust dich auf, um Wohllaut zu verschwenden,
Der ordnet, was Gewalt und Wahn verwirrten,
Und Seelen, die auf Erden sich verirrten,
Hinüberlockt, wo Wunsch und Zweifel enden.
O Hand, Gebieterin der Töne, bleib
Auf diesem Herzen ruhn, das ruhlos schwingt,
So wandelst du in Frieden sein Verlangen.
Dämonische, berühre diesen Leib,
Er bebt wie Saiten, wird ein Meer und klingt
Und rauscht empor, die Sonne zu empfangen.
Aus: Ricarda Huch
Gesammelte Werke
Fünfter Band: Gedichte, Dramen, Reden,
Aufsätze und andere Schriften
Herausgegeben von Wilhelm Emrich
Kiepenheuer & Witsch 1966-1970(S. 246)
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Ricarda Huch
(1864-1947)
Musik
bewegt mich, daß ich dein gedenke,
So will auch Meer und Wolke, Berg und Stern,
Wie anderer Art als du, dir noch so fern,
Daß ich zu dir das Herz voll Andacht lenke.
Kein edles Bild, das nicht mein Auge zwinge,
Von dir zu träumen, kein beseelter Reim,
Der nicht zu dir Erinnern führe heim -
Geschwister sind sich alle schönen Dinge.
Aus: Ricarda Huch Gesammelte Werke
Fünfter Band: Gedichte, Dramen, Reden,
Aufsätze und andere Schriften
Herausgegeben von Wilhelm Emrich
Kiepenheuer & Witsch 1966-1970 (S. 251)
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Wolf Graf von
Kalckreuth
(1887-1906)
Fragmente an Phoebe
Dein Name leuchtet sonnig und antik,
Hellblond in Sinnlichkeit und starkem Sehnen,
Er klingt mir nach im Herzen wie
Musik
-
Als wärst du eine Dame der Hellenen.
Gewissenlose, göttlich schöne Zeit!
Die nichts von Christentum und Reue wußte -
Wir trinken im Genuß die Bitterkeit,
Liegt auch das Herz in eisenharter Kruste.
. . . . . . . . . . .
(Stuttgart, November
1905)
Aus: Wolf Graf Kalckreuth Gedichte
Erweiterte Ausgabe 1921
Leipzig Insel Verlag (S. 315-316)
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Karl Kraus
(1874-1936)
Du bist sie, die ich nie gekannt
Du bist sie, die ich nie gekannt,
die ich nicht nahm, die ich nicht hatte.
Du keine Gattin, ich dein Gatte
in einem andern Eheband.
Du bist ein Wahn und bist ein Wille,
ein himmlisch Wesen, Erdenwurm.
Du rufst, und rings um dich ist Stille.
Du schweigst, und rings um dich ist Sturm.
Du bist der Baum in seiner Blüte.
Du bist das Tier in seiner Kraft.
Du bist die reine Gottesgüte.
Du bist die dunkle Leidenschaft.
Du bist mir da und bist mir dorten,
ein tiefer Ton, ein weiter Schall.
Du bist Musik
zu meinen Worten,
ein Nirgend und ein Überall.
Des Tags bist du ein Traumgebilde;
in jedem Traum bist du mir nah.
Zuständig bist du dem Gefilde,
das ich mir vor der Zeit ersah.
Bei Tag und Nacht streift eine Wonne
vorüber meinem Horizont;
und sinkst mir unter du als Sonne,
so steigst du wieder auf als Mond.
Du lebst in Tiefen, webst in Höhen,
du schwebst und fällst in Lust und Qual,
Um dein heroisch Auferstehen
sieht man dich manchesmal banal.
Nie bleibst du an der Erde haften,
du stehst in einem höhern Plan;
vereinigst alle Eigenschaften
und bist doch keiner untertan.
Lebst ohne Ruh und ohne Reue,
es schwindet mir auf deiner Spur,
und immer nur hältst du die Treue
dir und der liebenden Natur.
Hab ich gewonnen die Verlorne,
bestreitet sie mir den Gewinn.
Entschwand sie mir, erstand dem Sinn
die nie gekannte Schaumgeborne.
Aus: Karl Kraus Worte in Versen
Siebenter Band der Werke von Karl Kraus
Herausgegeben von Heinrich Fischer
Kösel Verlag München 1959 (S. 345-346)
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Karl Edmund Langer
(1819-1885)
Seelenmusik
Wenn ich recht innig dein gedenke
Du süßes Bild voll Wundermacht,
Und all' mein Sinnen tief versenke
In deiner Liebe Zaubernacht: -
Da ist's, als ob durch Geistersaiten
In mir ein Hauch erzitternd lief -
Als ob Erinnrung schön'rer Zeiten
Mit längst entwohntem Laut mich rief!
Es klingt so träumerisch und mächtig
Ein sehnsuchtsfernes Alpenhorn: -
Es rauscht durch meine Seele mächtig
Ein lang versiegter Liederborn!
Und wie dereinst dem finstren König,
Der da geherrscht im Morgenland
Die Harfe Davids, silbertönig
Die Seelenqual hinweg gebannt: -
So bannt dieß Tönen und dieß Flüstern,
Das - denk' ich dein - in mir erklingt,
Den Geist hinweg, den schwermuthdüstern,
Mit dem oft meine Seele ringt! -
Aus: Im Hafen.
Lyrische und epische Dichtungen
von Marlo [Ps. von Karl Edmund Langer] Wien 1849
In Commission bei Kaulfuß Witwe, Prandel & Compagnie (S. 7-8)
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Hermann Lingg
(1820-1905)
Lied
Wenn etwas in dir leise spricht,
Daß dir mein Herz ergeben,
So zweifle, Holde, nicht,
Du leuchtest in mein Leben!
Doch nie wirst du von mir begehrt;
Wo schön're Sterne funkeln,
Sei dir ein Loos beschert,
Ich bete nur im Dunkeln.
Ich liebe dich, wie man
Musik
Und wie man liebt die Rose,
Du bist mir, wie ein Blick
In's Blaue, Wolkenlose.
In Freude nur gedenke mein,
Mir aber wird ein Segen
Dein Angedenken sein
Auf allen meinen Wegen.
Denn Glück genug besitz' ich doch,
Und wär' mir nichts geblieben,
Als dieses Eine noch,
Ein Herz, um dich zu lieben.
Aus: Gedichte von Hermann Lingg
Erster Band Siebente Auflage
Stuttgart Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1871 (S. 94-95)
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Josefa Metz
(1871-1943)
Musik
Sie trafen sich am Garten, wo die Klänge
Der Geigen sich dem sanften Duft gesellten,
Den ein Rondel von Rosen und Reseden
Entsandte, und wo eine Menschenflut
In immer neuen Wellen sich ergoß.
Sie gingen ganz versenkt in die
Musik;
Der Rhythmus schlang sich wie ein weiches Band
Schmeichelnd um sie und führte sie zusammen.
Die Melodie schlich ihnen leise nach
Und gab der Stunde ihre eigne Prägung,
Daß jeder Blick und jegliche Bewegung
Von ihr umhüllt, in ihr gebettet lag.
Das Frauenkleid, das weiß herniederfloß
Und dunkler Haare Dunkelheit vertiefte,
Schmiegte sich seltsam und geheimnisvoll
In die Musik
mit seiner Falten Schönheit,
Wie sanft verhallender Akkord in Moll. -
So gingen sie und fühlten, wie die Stimmung
Der Stunde sie so völlig überwand,
Daß sie sich liebten, wie noch nie im Leben
Sie je geliebt: wunschlos und tief und rein. -
Die Melodie erlosch, man hörte Klatschen.
Da fühlten sie, wie ihnen etwas schwand,
Wie etwas Liebes und unsagbar Zartes
Von ihnen ging, um nie zurückzukehren.
Und schweigend ging ein jeder seinen Weg
- - - - - - - - - - - - - - -
Sie wohnt da unten irgendwo im Land,
Ihr Mann ist etwas korpulent und laut
Und hält Musik
für störendes Geräusch.
Er unterrichtet täglich fünfzig Rangen,
Auch irgendwo in einer fernen Stadt.
Doch wenn gewisse Klänge an ihr Ohr
Mit der Erinnerung zartem Finger pochen,
Dann stehn wohl beide einen Augenblick
In ihres Alltags Einerlei und Enge
Und denken an die Viertelstunde Glück,
In Duft gebettet und in Geigenklänge.
Aus: Josefa Metz Der
verschlossene Garten
Der Sammlung "Neue Gedichte"
zweite und vermehrte Auflage 1919
Johann Georg Holzwarth Verlagsbuchhandlung
Bad Rothenfelde (Teutoburger Wald) (S. 69-70)
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Hermann Oelschläger
(1839-1908)
Gesang
Ich habe dich noch nicht vergessen,
Wie hell das Lied von dir erklang,
Du kannst die Wonne nicht ermessen,
Die mich durchdrang.
O Seligkeit, o süßes Lauschen,
War's Wirklichkeit? war's nur ein Traum?
Kaum wagt' ich Blick um Blick zu tauschen,
Zu athmen kaum.
Ich hör' bei Nacht, ich hör' bei Tage
Allein die liebe Melodie,
Die ich so fest im Herzen trage,
Ich weiß nicht wie.
Musik
ist jedes Wort gewesen,
Ein jeder Ton war voller Klang
Und wirst du diese Verse lesen,
Sind sie Gesang.
Aus: Gedichte von
Hermann Oelschläger
München Carl Merhoff's Verlag 1869 (S. 10)
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Richard Pohl
(1826-1896)
Musik
Musik
durchwogt die ganze Welt
Wenn Du nur hören magst,
Und gläubig lauschend der Natur
Den Weltengeist befragst.
Musik
ist's, wenn im Abendschein
Die Welt zur Ruhe geht,
Durch grüne Waldes-Einsamkeit
Der Odem Gottes weht.
Musik
ist's, wenn in Vollmond-Nacht
Die Welle glänzt und rauscht,
Und mit dem Schilf am Ufer spielt
Und flüsternd Märchen tauscht.
Musik
ist's, wenn der Nebel wallt
Beim ersten Morgengraun,
Der Alpen Gipfel still erglühn,
Eh' sie die Sonne schaun.
Musik
ist's, wenn mit einem Blick
Zwei Seelen sich verstehn,
Zwei junge Herzen, selig stumm,
Die Liebe sich gestehn.
Aus: Gedichte von
Richard Pohl
Weimar Landes-Industrie-Comptoir 1859 (S. 5-6)
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Ernst Rauscher
(1834-1919)
Glück im Fragen
Und weiß ich 's ohne Frage auch,
Ich frage doch, ob du mich liebst,
Ach! gar zu lieblich klingt der Hauch
Der Antwort, die du immer giebst!
Ich möchte fragen fort und fort,
Ich möchte fragen ewiglich,
Wann hört' ich je genug das Wort,
Das himmlische: Ich liebe dich!
Das ist die köstlichste
Musik,
Die zauberisch mein Herz umflicht!
D'rum frag' ich alle Augenblick',
Ich frage, doch ich zweifle nicht!
Ich frage nur, wie Einer frägt,
Der Einem Ton' am liebsten lauscht,
Und stets die gleiche Saite schlägt,
Weil ihn ihr gold'ner Klang berauscht.
Aus: Gedichte von
Ernst Rauscher
Wien Verlag von Herm. Markgraf 1864 (S. 103)
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August Wilhelm von
Schlegel
(1767-1845)
Die Sprache der Liebe
Liebe denkt in
süßen Tönen,
Denn Gedanken stehn zu fern;
Nur in Tönen mag sie gern
Alles, was sie will, verschönen.
Tieck
Erste Weise
Worte sind nur dumpfe Zeichen
Die Gemüther zu entziffern,
Und mit Zügen, Linien, Ziffern,
Läßt sich Wißenschaft erreichen.
Doch aus den äther'schen Reichen
Läßt ein Bild des ew'gen Schönen
Nieder zu der Erde Söhnen
Nur in Bild und Ton sich schicken:
Liebe spricht in hellen Blicken,
Liebe denkt in süßen Tönen.
Liebe stammt vom Himmel oben,
Und so lehrte sie der Meister,
Welchen seine hohen Geister
In derselben Sprache loben.
Denn beseelt sind jene Globen,
Strahlend redet Stern mit Stern,
Und vernimmt den andern gern:
Wenn die Sphären rein erklingen.
Ihre Wonn' ist Schau'n und Singen,
Denn Gedanken stehn zu fern.
Stumme Zungen, taube Ohren,
Die des Wohllauts Zauber fliehn,
Wachen auf zu Harmonie'n,
Wenn sie Liebe neu geboren.
Memnons Säule, von Auroren
Angeschienen leis' und fern,
Haucht so aus dem starren Kern
Ihre Sehnsucht aus in Liedern,
Und der Mutter Gruß erwiedern
Nur in Tönen mag sie gern.
Musik
ist die Kunst der Liebe
In der tiefsten Seel' empfangen,
Aus entflammendem Verlangen
Mit der Demuth heil'gem Triebe.
Daß die Liebe selbst sie liebe,
Zorn und Haß sich ihr versöhnen,
Mag sie nicht in raschen Tönen
Bloß um Lust und Jugend scherzen:
Sie kann Trauer, Tod und Schmerzen,
Alles, was sie will, verschönen.
Zweite Weise
Laß dich mit gelinden Schlägen
Rühren, meine zarte Laute!
Da die Nacht hernieden thaute,
Müßen wir Gelispel pflegen.
Wie sich deine Töne regen,
Wie sie athmen, klagen, stöhnen,
Wallt das Herz zu meiner Schönen,
Bringt ihr aus der Seele Tiefen
Alle Schmerzen, welche schliefen;
Liebe denkt in süßen Tönen.
Zu dem friedlichen Gemach
Wo sie ruht in Blumendüften,
Laß noch in den kühlen Lüften
Tönen unser schmelzend Ach.
Halb entschlummert, halb noch wach,
Angeblickt vom Abendstern
Liegt sie, und vernimmt wohl gern
In den leisen Harmonieen
Träume, Bilder, Fantasieen,
Denn Gedanken stehn zu fern.
Inn'ger, liebe Saiten, bebet!
Lockt hervor den Wiederhall!
Weckt das Lied der Nachtigall,
Und wetteifernd mit ihr strebet!
Doch wenn Sie die Stimm' erhebet,
Dann erkennet euren Herrn,
Lauscht demüthig und von fern.
Horch! schon singt der holde Mund,
Denn verrathen unsern Bund
Nur in Tönen mag sie gern.
Nun noch einmal, gute Nacht!
Und an deinem Lager säume
Nur der zärtlichste der Träume,
Bis der Morgen wieder lacht.
Dann geh' auf in stiller Pracht,
Wie der Tag den Erdensöhnen,
Meine Hoffnungen zu krönen.
Kann doch deine Blüthenjugend,
Unschuld, Anmuth, reine Tugend,
Alles, was sie will, verschönen.
Dritte Weise
Wie sie auf und nieder wogen,
Gold'ne Töne, daß mein Herz
Bebt vor Lust und bebt im Schmerz,
Von den Tönen fortgezogen!
Ringend, kämpfend mit den Wogen
Muß ich matt und leise stöhnen,
Mich fast sterbend doch versöhnen,
Wie im wunderhellen Klingen
Die Gedanken zu mir dringen:
Liebe denkt in süßen Tönen.
Vom melod'schen Hauch umfloßen
Blühet nun zum Preis und Ruhme
Herrlich auf der Liebe Blume,
Von der Kraft im Ton entsproßen.
Thränen, süß dem Aug' entfloßen,
Netzen nun die Pflanze gern,
Meines Lebens lichten Stern.
Kein Gedank' an ferne Trauer
Fährt noch durch die Brust mit Schauer,
Denn Gedanken stehen zu fern.
Wie die Blum' im leisen Schwanken
Zarte Liebe nun verhauchet,
So mein Herz in Wonne tauchet,
Daß mir alle Sinne wanken.
Knieend, weinend muß ich danken;
Himmelsblume, Erdenstern,
Rühren an des Herzens Kern
Von dem schönsten Wahnsinn trunken,
Und verstreu'n der Liebe Funken
Nur in Tönen mag sie gern.
Wie die Töne niederfließen,
Ist es bald ein goldner Schein,
Worin zarte Kinderlein
Spielend auf und nieder schießen,
Neue Wonnen neu entsprießen,
Und die Seele selig krönen,
Sie der Erde zu entwöhnen:
Denn solch liebliches Gewimmel
Kann ihr zu der Himmel Himmel
Alles, was sie will, verschönen.
I.
Blumen, ihr seid stille Zeichen,
Die aus grünen Boden sprießen,
Düfte in die Lüfte gießen,
So das Herz zur Lieb' erweichen.
Dennoch mögt ihr nicht erreichen
So das Herz, den Schmerz versöhnen,
Enden alles Leid und Stöhnen,
Daß ihr könntet als Gedanken
In den grünen Blättern schwanken:
Liebe denkt in süßen Tönen.
Wollt' ich meine Liebe sprechen,
Ach! als Botin meiner Klagen
Sollte meine Hand nicht wagen
Bunte Blumen abzubrechen.
Still laß' ich die Dornen stechen,
Wag' die süßen Schmerzen gern,
Denn mir scheint kein günst'ger Stern,
Drum will ich nicht Worte hauchen,
Mag auch nicht Gedanken brauchen,
Denn Gedanken stehn zu fern.
Blumen, Worte und Gedanken,
Manche Sehnsucht mögt ihr stillen,
Manchen holden Wunsch erfüllen,
Manches Herz mag wohl euch danken.
Träume, süß, wie mich umwanken,
Denen bleibt ihr ewig fern;
Sie regiert ein andrer Stern.
Selbst der Purpurglanz der Rosen
Ist zu matt der Liebe: kosen
Nur in Tönen mag sie gern.
Hätt' ich zarte Melodien,
Sie als Boten wegzusenden,
Würde bald mein Leid sich enden,
Und mir alle Freude blühn.
Holde Liebe zu mir ziehn
Würd' ich dann mit süßen Tönen,
Meinen Bund auf ewig krönen:
Denn mit himmlischen Gesängen
Kann Musik
in goldnen Klängen
Alles, was sie will, verschönen.
IV.
Hör' ich durch die dunkeln Bäume
Nicht, wie sie sich rauschend neigen,
Wünsch' aus treuem Busen steigen,
Die sich leise nah'n, wie Träume?
Schwebt nicht durch die grünen Räume
Was das Leben mag verschönen
Und mit aller Wonne krönen?
Fühl' ich nicht, wie die Gedanken
Holder Liebe mich umwanken?
Liebe denkt in süßer Tönen.
Flieht, o Töne, flieht zurücke,
Wie ihr euch in Wipfeln schaukelt,
Schmeichlerisch mein Herz umgaukelt,
So ertrag' ich nicht mein Glücke.
Trüget ihr doch meine Blicke
Wieder hin zu eurem Herrn,
Brauchtet euren Zauber gern,
Strömtet aus in süßen Klängen
Liebender Gefühle Drängen,
Denn Gedanken stehn zu fern.
Wie die Tön' in Lüften schweben,
Blumen zitternd, wankend Gras,
Ach, sie alle fühlen das,
Was mich zwingt vor Lust zu beben.
Worte, euer regstes Streben
Ist mir ohne Mark und Kern;
Bleibt, o bleibt mir jetzo fern!
Was uns kann in Wonne tauchen
Weiß die Lieb', und es verhauchen
Nur in Tönen mag sie gern.
Rührt die Zweige dann, ihr Winde!
Singet, bunte Vögelein!
Rauschet, klare Bäche, drein!
Daß ich also Boten finde.
Denn verklungen, ach! geschwinde
Sind die Lieder, von den Tönen
Muß sich nun mein Ohr entwöhnen.
Darum spielt mit zartem Triebe,
Dient der Lieb'! es kann die Liebe
Alles, was sie will, verschönen.
Raphael
Wenn sich neue Liebe regt,
Alles die Gefühle wagen,
Die man, ach, so gerne hegt,
Laß mich fühlen, doch nicht sagen,
Wie die Seele sich bewegt.
Wird sie jemals sich beschränken?
Sich in Lust und Leid zu senken,
Kann sie nimmer sich entwöhnen?
Doch was soll das eitle Denken?
Süße Liebe denkt in Tönen.
Wenn die Nachtigallen schlagen,
Hell die grüne Farbe brennt,
Will ich, was die Blumen sagen
Und das Auge nur erkennt,
Leise kaum mich selbst befragen.
Wenn ich wandl' auf stiller Flur,
Still verfolgend die Natur,
Und sie fühlend denken lerne,
Folg' ich den Gefühlen nur,
Denn Gedanken stehn zu ferne.
Wer es je im Herzen wagte,
Zu dem Aether zu entfliehen,
Den der Himmel uns versagte,
Denkt in leisen Phantasieen,
Was er nie in Worten sagte.
Worten ist es nicht gegeben,
Unsre Seele zu beleben;
Nah' sich ahnden schon das Ferne,
Lächelnd weinen, lieben, leben
Nur in Tönen mag sie gerne.
Wenn sich süß Musik
ergoßen,
Darf er der Gesang nur wagen,
Und in Wohllaut hingegoßen
Leise zu der Laute sagen,
Daß im Wohllaut wir zerfloßen.
Wenn man den Gesang nur kennte,
Ihn den Schmerzen nicht mißgönnte,
Würden sie sich leicht versöhnen,
Und die schöne Liebe könnte
Alles, was sie will, verschönen.
Aus: August Wilhelm von Schlegel's Poetische Werke
Herausgegeben von Eduard Böcking Dritte, sehr vermehrte Ausgabe
Erster Theil. 1. - 3. Buch. Vermischte Gedichte, Lieder, Romanzen und
Sonette.
Leipzig Weidmann'sche Buchhandlung 1846 (S. 141-150)
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Ludwig Seeger
(1810-1864)
Warum sind deine Lippen so roth
Warum sind deine Lippen so roth,
Wie Kirschen in Junisonnenglut? -
Meine Lippen sind von Küssen umloht,
Vom Feuer, das glühend darauf noch ruht.
Das waren Lippen, voll, gereift,
Frisch, warm, jungfräulich, unberührt,
Die Lippen hab' ich im Flug gestreift,
Und hab' ein seltsam Wunder gespürt.
Ich sah, und sah es deutlich, es floß
Aus Lippen, Augen, Wangen und Kinn
Ein Strom von Funken und dicht umschloß
Wie ein leuchtendes Netz er die Königin.
Ich hörte, versengt von ihrem Blick,
Vom rauschenden Tanz im Saale Nichts mehr,
Mir klang nur ihrer Glieder
Musik,
Ich sahe sie leuchten feurig und hehr.
Und jauchzend fühlt' ich: sie ist mir gut,
Wie ich an der weißen Hand sie hielt.
Es ist der Liebe flammende Glut,
Die sie durchleuchtet und rosig umspielt.
Aus: Ludwig Seeger's
gesammelte Dichtungen I. Liederbuch
Stuttgart Druck und Verlag von Emil Ebner 1863 (S. 278)
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Karl Siebel
(1836-1868)
Zur
Musik
Lockst du nur ein Tönlein,
Stirbt es trübe fort: -
Töne werden Klänge
Einzig im Accord.
Und wenn auf Accorden
Deine Seele flieht,
Lausch', ob nicht ein Sehnen
Leis' in's Herze zieht.
Eine Seel' alleine
Stirbet trübe fort:
Seelen werden selig
Einzig im Accord.
Aus:
Gedichte von Carl Siebel
Zweite vermehrte Auflage Iserlohn Julius Bädeker 1859
(S. 184)
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Karl Stieler
(1842-1885)
Geigenklänge
Müd' ist mein Licht und müd' mein Blick,
Mein Stüblein füllt beklomm'nes Schweigen;
Fernhin klingt spielende
Musik:
Der Sang der Welt, der Klang der Geigen!
Und klingend zieht mir's durch das Herz:
Das Glück! – wie ich dich einst gefunden
Und wie ich dich verlor – der Schmerz! -
Wie glühen diese stillen Stunden!
Es flimmert feucht um meinen Blick,
Erinn'rung zieht den leisen Reigen;
Fernhin klingt spielende
Musik:
Der Sang der Welt, der Klang der Geigen!
Aus: Gesammelte
Dichtungen (hochdeutsch)
von Karl Stieler Mit einem Titelbild von C. Liebich
und einer biographischen Einleitung von A. Dreyer
Stuttgart Verlag von Adolf Bonz & Comp. 1908 (S. 353-361)
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Georg Rudolf
Weckherlin
(1584-1653)
Musicalische Lieb
Meinen gaist, muht, sehl und hertz,
Amor mit klag, forcht und schmertz
Recht componieret;
In laid ändert sich mein schertz,
Angst mit mir accordieret.
Marter ist mein Music-klang,
Ach und weh ist mein gesang,
Gantz ohn pausieren,
Dan allein das mich oft lang
Amor macht suspirieren.
Lieblich kan es zwar nicht sein
Einig singend stehts von pein
Nicht zu mutieren;
Aber weil ich sing allein
Muß ich wol colorieren.
Ach hertzlieb thu doch mit mir
(Greiffend den thon nach gebühr)
Nur moderieren;
Und alsdan will ich mit dir
Schon tief gnug intonieren.
Aus: Georg Rudolf
Weckherlins Gedichte
Herausgegeben von Hermann Fischer
Gedruckt für den Literarischen Verein in Stuttgart
Tübingen Band 1 (1894) Band 2 (1895)
Band 3 (mit Supplement-Band) 1907 (Band 1 S. 171-172)
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Paul Wertheimer
(1874-1937)
Franzi
O diese Wochen voll Musik
und Huld!
Wie es begann? Auf einmal kam es so:
Ich harrte dein alltäglich in Geduld,
Und täglich kamst du, winkend, leicht und froh.
Und unser hohes Stübchen, denkst du dran?
Mit zartem Ringlein pochtest du ans Thor.
In Armen hielt'st du einen sel'gen Mann
Und brachtest lachend kaum ein Wort hervor.
Und im Theater, zärtlich eng gepresst,
Und wenn die Szene gar zu schaurig war,
Hielt ich im Finstern dein Stieflettchen fest
Und küsste heimlich deine Hand, dein Haar ...
Die Sonntagsnachmittage auf dem Land!
Da scherzten wir ob deines Alltags Drill.
Einmal verlorst du deinen Kamm, dein Band,
Und du verlorst - o Muse, schweige still ...
O diese Wochen voll Musik
und Huld!
Wie es verflog? Auf einmal kam es so ...
Nun wartet dein ein Andrer in Geduld,
Und einem Andern winkst du, leicht und froh!
Aus: Neue Gedichte von Paul Wertheimer
München und Leipzig bei Georg Müller 1904 (S. 16)
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