Orientalischer Liebesgarten
(Ausgewählte Gedichte)
 

(c) Andreas Dengs pixelio.de
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Orwet Ben Hisam
(vorislamische Zeit)


Die Furcht, die deiner zu erwähnen sich nicht traut

Die Furcht, die deiner zu erwähnen sich nicht traut,
Durchschauert mich, sie rennet zwischen Bein und Haut;

Was war es denn, als dass ich jählings sie geseh'n,
Und ihrer ward gewahr, doch ohne Red' zu steh'n;

Ich änderte den Sinn, dass ich nicht sei zur Last,
Und ich vergass auf das, worauf ich mich gefasst.

Von meinem Herzen wird ihr Unrecht unterstützt,
Indess mein armes Herz in ihrem Nichts besitzt,

Die Seele weiss, dass ihr die Heilung nahe däucht,
Wie kann dann nahe sein, was nimmer wird erreicht.

O wär' mir wenigstens das reine Wasser Freund,
Das mir so rein und klar als wär' es sie erscheint!
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Ich unterwarf mich zu Jemame dem Befehle
Des Arzt's zu Hidschr auch, zu heilen meine Seele;

Sie liessen's Beide nicht an ihrer Kunst gebrechen,
An Trost und an Arznei'n, zu heilen mein Gebrechen;

Sie sagten Beide dann: Es möge Gott dich heilen!
Denn wider Seelenschmerz kann Er nur Hilf' ertheilen.
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Die Augen können nicht, sich in die Höhe heben,
Zu schau'n, begnügt mit dem, was innen ist, gegeben,

So heftig klopft mein Herz vor Liebe und Verlangen,
Als hätten Kathas-Flügel sich daran gehangen.
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Ich bin von Sinnen nicht, o Brüder! nicht verwirrt,
Allein mein Oheim hat mich hinter's Licht geführt.

Zum Kundigen Jemame's sprach ich: heile mich,
Wenn du mich heil'st, bist du ein Kund'ger sicherlich,

O weh' mein armes Herz in Stücke ganz zerbrochen,
Als wäre Feuer d'rin in Flammen ausgebrochen!

Sonst, wenn es Abend ward, war Asra immer da,
O saget mir, ob Asra denn sei wieder da!

Bei Gott! - ich denke dein so lang' die Winde wehen,
Und nach dem Ostwind nicht die Winde südlich gehen.

Zu denken nur an dich, wirft mich ohnmächtig nieder,
Das Übel zwischen Haut und Bein durchfährt die Glieder.

(übersetzt von Joseph von Hammer-Purgstall 1774-1856)
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Einer der berühmten arabischen Liebeshelden, dessen Geliebte Asra war; sie wurden miteinander im Stamme Asrat erzogen. Er bat seinen Oheim, ihm dieselbe zu verheiraten, allein dieser gab sie einem ihrer Vettern von Belka. Orwet kehrte eben von einer Sendung seines Oheims nach Syrien zurück, als er zu Tebuk, eine von Medina kommende Schaar begegnete, in welcher ein Weib auf rothem Kamele sass. Bei Gott! sagte er, wenn diess Asra wäre! Seine Gefährten machten ihm Vorwürfe, dass er bei jeder Gelegenheit Asra im Munde führe; da blieb er unbewegt stehen, schwieg bis sie vorbeigezogen und sagte dann:
Die Furcht, die deiner zu erwähnen sich nicht traut ...
[das Gedicht siehe oben]
Einige meinten, er sei bezaubert, Andere er sei besessen. Man brachte ihn zu einem Arzte nach Jemama, der ihm Arznei gab, die nicht half; dann brachte man ihn zu einem Arzte nach Hidschr, dessen Arzneien eben so wenig eine Heilung bewirkten; da sagte er:
Ich unterwarf mich zu Jemame dem Befehle ...
[das Gedicht siehe oben]

(...) Das Agani erzählt, dass Orwet und Asra schon als Kinder Mann und Weib spielten, und ihr Vater sagte: So Gott will, sollst du sie haben; als sie aber herangewachsen, und Orwet sich zu den Männern, Asra zu den Weibern gesellte, wurden sie durch die Interessen des Geldes getrennt, indem die Mutter Asra's ihre Tochter, trotz der dem Orwet gegebenen Zusage, einem reichen Manne zur Frau gab. Orwet war nach Jemen zu seinem Oheim gezogen, um von ihm eine seiner versprochenen Braut würdige Morgengabe zu erhalten. Der Neuvermählte nahm seine Frau nach Syrien mit sich, der Vater aber strich ein altes Grab neu an, und wehklagte an demselben, als wäre es das Grab seiner Tochter. Orwet, welcher aus Jemen zurückkam, durch eine Sclavin von der Wahrheit unterrichtet, reiste nach Syrien, wo er eine Magd gewann, die seinen Ring in den Morgentrunk Asra's warf. Sie schrie laut auf, als sie den Ring erblickte, und stellte dann ihrem Gemahle ihren Vetter als Gast vor. Der Gemahl liess durch einen Diener ihre Unterredung belauschen, und als er erfuhr, dass sie über unglückliche Liebe klagten, gab er seinem Gaste den Abschied. Orwet zog fort, und erlag auf der Reise den Leiden seiner unglücklichen Liebe.
(...) Asra, als sie seinen Tod erfuhr, der drei Tagereisen weit von seiner Heimat stattfand, sagte:
Saget: ob mich Wahnsinn überkam,
Oder todt ist Orwet Ben Hisam!
Ritter keiner soll nach dir mich grüssen,
Bei der Rückkehr geben mir Selam.
Sängerinnen, hoffet meine Rückkehr nicht,
Keine Freude weiters in dem Stamm.

Sie wiederholte diess in einem fort bis sie auch wenige Tage hernach den Geist aufgab.
 


 

 

Gedicht aus: Literaturgeschichte der Araber
Von ihrem Beginne bis zu Ende
des zwölften Jahrhunderts der Hidschret
Von Hammer-Purgstall
Erste Abtheilung: Die Zeit vor Mohammed
und die ersten drei Jahrhunderte der Hidschret
Erster Band: Das Jahrhundert vor der Hidschret
und die ersten vierzig Jahre nach derselben
Wien 1850 (S. 272-274)

 

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