(c) Ulla Trampert
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Bihari Lal
(1595-1663)
Der gestohlene Kuß
Die Holde läßt das Lager,
Auf dem sie wonnig schlief;
Sie duftet von Essenzen,
Der Schlafrausch beugt sie tief;
Er hat der Locken Fülle
Verwirret und verwischt,
Der Stirne Sandelzeichen
Hat mächtig er vermischt.
Das Auge blicket schmachtend
Vom Schlummer matt und schwer,
Ein schöner Lenzesturban
Zieht um ihr Haupt sich her.
Ich fand, als halb gewichen
Die Nacht aus ihrem Reich,
Die Ruhe nicht, und bebte
Dem feigen Diebe gleich.
Es schliefen die Gespielen
Der Trauten rings im Saal;
Sie schlief, das Haupt verhüllet
Von neidgewob'nem Schal.
Ich hob ihn leisen Griffes
Zur Morgendämm'rungsstund',
Und preßte meine Lippen
Auf ihren heißen Mund.
Da öffnet sie die Augen,
Der Frauen schönste Zier,
Und was ich rauben wollte,
Gab sie aus Liebe mir.
(übersetzt von Anton
Eduard Wollheim da Fonseca 1810-1884)
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