(c) Rainer Sturm
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Saadi
(um 1190-1283 oder 1291)
Zauber der Liebe
Ob sie schlage, ob sie heile Wunden,
Selig ist, wer Liebe hat empfunden;
Denn ob darbend, darbt er ohne Neid,
Da ihm Liebe Kraft zum Dulden leih't.
Bittern Wein der Sorge muß er nippen;
Doch, ob brennend, schweigen seine Lippen;
Denn er weiß, daß süßer Wein berauscht,
Und wo Rosen, daß der Dorn auch lauscht.
Gern ja leidet, wer des Liebsten denkt,
Süß wird Wermuth, wenn ihn Liebe schenkt.
Und kein Sklave will aus diesen Ketten,
Und kein Wild aus diesem Garn sich retten.
Scheinbar Bettler in der Karawane,
Wirklich doch der Einsamkeit Sultane,
Sind - ob man verwirrt sie wähnt - die lieben,
Einzig treu dem rechten Pfad geblieben. -
Wie die Kâba außen morsch, zerfallen,
Innen prächtig, mit gewölbten Hallen;
Nicht wie Würmer, Tod in Flammen schauend,
Nein, wie Falter, selbst der Gluth sich weihend,
Schmachten sie, Verdurstende am Flusse,
Noch nach Liebe, selbst im Liebeskusse.
(übersetzt von August
Tholuck 1799-1877)
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