Thomas Couture (1815-1879)
Portrait von Zelie Courbet |
Christian Höppl
(1826-1862)
Ohne Dich
Es wogt der Strom vorbei, die Schiffe,
Sie spiegeln in den Fluten sich,
Der Nachen schwebt dahin so leise -
Was soll der Strom mir ohne Dich?
Es rauscht der Wind, die Blätter spielen
Im leisen Abendhauch um mich;
Des Waldes Einsamkeit so duftig -
Was kann sie sein mir ohne Dich?
Es naht die Nacht, der Himmel funkelt
Mit seinen Sternen feierlich;
O wunderbare Reiz der Nächte -
Was soll die Nacht mir ohne Dich?
Aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig Verlag von Th. Knaur 1887
(S. 378)
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Rückerinnerung
Es steigt mir aus der Seele ein trautes Bild hervor,
Das in der Ferne dämmert, bedeckt vom Nebelflor:
Ich geh' im Waldeshage, zur Seite das schöne Kind;
Es rauschen oben die Wipfel so spielend, so sanft, so lind.
Wie Liebesmelodieen erklingt es aus jedem Strauch
Und ringsum duften Veilchen mit süßem Blütenhauch.
Es duften so süß die Veilchen, wir winden Kränze daraus;
So naht sich still der Abend, da führ' ich Dich nach Haus.
Am einsamen Gartenpförtchen einen Kuß noch leis und sacht:
Dann träum' ich still und selig von Dir die ganze Nacht.
Nun isr es anders geworden, seit mich mein wilder Sinn
Von Dir hinweggetrieben wohl durch die Welt dahin.
Mein Herz kennt andre Wünsche, ihm g'nügt kein stilles Glück;
Nur manchmal Abends da sehn' ich mich nach Dir zurück.
Aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig Verlag von Th. Knaur 1887
(S. 379)
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Liebesbegegnung
Ich dachte Dein in tiefer Nacht,
Da leuchtete mit heller Macht,
Mit plötzlicher, die Finsternis
Und wurde klar wie Morgenpracht.
Zu jener Stunde hat gewiß
Dein Auge, Liebchen, auch gewacht,
Zu jener Stunde hat gewiß
In Liebe mein Dein Herz gedacht!
Aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig Verlag von Th. Knaur 1887
(S. 379)
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Piratenliebe
Auf schäumenden Wogen kommt ein Schiff
Keck über das Meer gefahren.
Die schwarze Flagge am schwankenden Mast
Kündet Trauer sie oder Korsaren?
Sie kündet beides: Korsaren am Bord
Und auf dem Verdeck eine Leiche;
Des Kapitains Braut, das süße Kind,
Es macht der Tod sie so bleiche.
Sie war ihm gefolgt durch Kampf und Blut,
Dem Mann ohne Gnad' und Erbarmen.
Sie hat ihn geküßt, sie hat ihn umstrickt,
Sehnsüchtig mit liebenden Armen.
Wohl war er befleckt mit Blut und Mord,
Ins Meer hinab sandt' er viel Todte,
Seit Trug und List aus der Heimath ihn trieb
Ein blutiger Schreckensbote -
Und der Mann, der bei Tage mit Leben gespielt,
Wenn die Nacht sich senkte hernieder,
Saß still zu Füßen der lieblichen Maid
Horcht fromm dem Klang ihrer Lieder.
Da ward ihm so weich, so mild ums Herz,
So rein, so kindlich zu Muthe;
Er hatte vergessen des gottlosen Kampfs,
Der Beute befleckt mit Blute.
Zwar oft, wenn er dachte der Jugendzeit,
Des Vaters zu haus und der Brüder,
Da fiel aus dem blitzenden Heldenaug'
Langsam eine Thräne hernieder.
Doch die Liebe, sie trocknet die Thränen all,
Scheucht von der Stirn ihm den Kummer;
Den Räuber, von blut'gen Gespenstern verfolgt,
Wiegt ihr Arm in süßen Schlummer. - -
Sie stehen am Deck und senken ernst
Hinab in des Meeres Schooße
Die liebliche Maid, des Hauptmanns Braut,
Eine früh geknickte Rose.
Er schaute in's Meer, er sagte kein Wort,
Die Beute umschlossen die Wellen.
Wohl bebte sein Mund, doch Keiner sah,
Aus dem Aug' eine Thräne ihm quellen. -
Es nahte die nacht und einsam saß
Auf dem Deck der Hauptmann in Trauer.
Es wölkt sich der Himmel, die Woge bebt
Geneckt von Sturmesschauer.
So viele Leichen vom Blute roth
Sandt keck er zum Meeresschooße,
Doch denkt er nur einer im feuchten Grund -
Der schönen bleichen Rose.
Und düsterer wird des Hauptmanns Blick,
Und kecker spielen die Wogen,
Am Himmel ist's Nacht, mit wilder Gewalt
Kommt rasch der Sturm gezogen.
Mit leiser Stimm' singt er vor sich hin
Die Lieder, die einst ihr theuer;
Wild toben die Wellen, da drängt sein Lied
Aus der Brust sich freier und freier.
Es türmt sich die Woge zur Bergeshöh',
Stürzt auf's Verdeck sich nieder.
Sie hat wohl Alles hinweggespült -
Den Sänger und seine Lieder.
Da erwachen die Räuber, sie eilen hervor
Aus Zwischendeck und Kajüten,
Sie schütteln die sehnigen Glieder keck
Dem Sturme Trotz zu bieten.
Doch nimmer wie sonst durch Sturmesgebrüll
Erschallen des Hauptmanns Befehle,
Der fest und besonnen commandirt,
Der Bande leitende Seele.
Sie suchen umsonst. Er liegt in Ruh
Tief unten im Meeresboden.
Hat ihn die Braut hinabgeholt?
Holten ihn aus Rache die Todten?
Aus: Dichterstimmen der Gegenwart
Eine Sammlung vom Felde der deutschen Lyrik seit 1850
Herausgegeben von Karl Weller
Leipzig Heinrich Hübner 1856 (S. 194-196)
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