Romantischer Garten

unbekannte bzw. vergessene
deutsche Dichter und Dichterinnen des 19. Jh.s
 


Guy Rose (1867-1925)
Der grüne Sonnenschirm



Richard von Volkmann (Richard Leander)
(1830-1889)


Glück

Ich lieg' im Gras,
Denke mir dies und das;
Sehe hinauf zu den Wolkenlämmern,
Fang' an zu dämmern.
Da überkommt mich was:
Ach! hab' ich dich?
Küssest du mich?
Ist es ein Traum? Ein Gedicht?
Ich weiß es nicht. -
Ich seufze tief:
Wie schön, wie wunderschön ich schlief!
(S. 267)
_____


Gegenüber

Wozu ist das Fenster?
Um dran zu sitzen.
Wozu ist das Köpfchen?
Es aufzustützen.
Wozu die Hand?
Um die Augen zu schützen.
Wozu sind die rosigen
Fingerritzen?
Um durchzublitzen!
(S. 266-267)
_____


Ich hatt' ein Blümlein wunderhold

Ich hatt' ein Blümlein wunderhold
Gepflanzt in meinem Garten;
Und da ich in die Fremde ging,
Wer sollt' nun seiner warten?

Lieber Regen und goldner Sonnenschein
Beregnet's und bescheint es;
Als ich ihm hab' ade! gesagt,
Da klagt' es und weint' es.

Lieber Regen und goldner Sonnenschein,
Was macht es, sagt, was macht es?
Es spricht, es dächte deiner nicht,
Und wenn's so spricht, dann lacht es.
(S. 267)
_____


Ich fragte ...

Ich fragte: wie haben die Lieder all
In deiner Brust nur, o Lerche, Raum?
Wie trägst du auf deinem braunen Gezweig
Nur all die Blüten, o Apfelbaum?

Wie birgst du in deinem bescheidnen Kelch,
O Veilchen, nur alle die Düfte lind?
Sie sprachen: Wie fasset die Liebe all
Dein kleines Herz nur, du Menschenkind?
(S. 268)
_____


Nachtigallenlied

"Tiu! Tiu!
Gott grüß di, min Fru!
Och! wat sin wi doch hüt
För glückselige Lüt!"

Laß doch dein Singen, Nachtigall,
Es macht mich gar zu trübe;
Was soll mir auch dein Schwätzen all
Von Lieb' und nur von Liebe?

Ich weiß ja wohl, wie süß sie thut,
Du brauchst mir's nicht zu sagen;
Hätt' ich, wie du, so frischen Mut,
Viel heller wollt' ich schlagen.

So lüpf' doch deine Federlein,
So flieg doch auf geschwinde,
Und sing vor ihrem Kämmerlein
Im grünen Ast der Linde!

Was auch ins Ohr ihr raunt der Mai
Sie will davon nichts wissen,
So sag ihr du, wie lieb es sei,
Das Herzen und das Küssen.

"Tiu! Tiu!
Gott grüß di, min Fru!
Och! wat sind wi doch hüt
För glückselige Lüt!
Zicküth!" - -
(S. 268-269)
_____


Aus: Neuere Deutsche Lyrik
Ausgewählt und herausgegeben von Carl Busse
Mit einer litterar-historischen Einleitung
Halle a. d. S. Verlag von Otto Hendel 1895



 

zurück zur Übersicht

zurück zur Startseite