Raimundo de Madrazo y
Garreta, (1841-1920)
Aline Masson mit der weißen Mantille |
Alexander Freiherr von Mengden
(1852-1914)
Wie bist du schnell dahin gegangen!
Wie bist du schnell dahingegangen,
Wo rückwärts führet keine Spur!
Die Rosen bleichten deine Wangen
Mit jenen Rosen auf der Flur,
Und mit den letzten Sonnenstrahlen
Schwand deiner Augen lichter Schein!
Stumm ringt die Welt in Abschiedsqualen: -
Wie lang' noch, und der Herbst zieht ein!
Im Herzen herbstet's ... leise fallen
Die Freuden mit dem gelben Laub;
Wehmüth'ge Stimmen rings erschallen,
Daß alle Schönheit Trug und Staub.
Bald fällt der Schnee und übertragen
Wird er dein Grab mit weißer Fluth,
Und nur ein Kreuzlein wird mir sagen,
Wo so viel holde Jugend ruht!
Im Lenze einst hebt aus dem Moose,
Das deinen Hügel grün umspinnt,
Ihr Köpfchen duftend eine Rose -
Ein Sinnbild deiner, todtes Kind.
Im Kelche blinkt's ... die Menschen wähnen,
Es sei der Thau, der drinnen scheint,
Doch sind's in Wirklichkeit die Thränen,
Die ich des Nachts um dich geweint!
(S. 279)
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Venedig
Noch schau' ich sie, die hoheitvollen Reste
Versunkner Pracht, die schimmernden Paläste,
Die Geisterstadt im blauen Meeresraum,
Der stillen Lagunen steinernen Traum.
Aufdämmernd steigt hier Kirche, dort Rotunde,
Der Dogen finstre Burg aus Wellengrunde,
Und traurig schaut vom hohen Sitz aus Stein
Der eherne Löwe im Mondenschein.
Die Wasser rinnen und melden so traurig
Uralte Geschichten, so weh und so schaurig,
Und auf den Fluthen schwimmet gar sacht
Der Sterne Schein in schweigender Nacht.
Her tanzt eine Gondel; da springen und schwanken
Die Wogen erwachend, wie frohe Gedanken.
Leicht über die Wasser hüpfet es hin,
Das Singen der Venetianerin.
Wie Schwalbengezwitscher, wie Frühlingswogen,
So kommt's durch die Stadt des Todes gezogen,
Es löset und macht die Brust mir frei
Von dumpf bedrückender Melancholei.
Wohl halt' ich in schauerndem Geiste immer
Die Stadt des Sanct Markus im Mondenschimmer;
Doch lieblicher schmiegt sich in Herz und Sinn
Das Singen der Venetianerin.
(S. 281-282)
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Beziehung
Die Sage geht im hohen Norden,
Daß Blüthen, nimmer sonst gespürt,
Von südlich unerforschten Borden
Der Golfstrom an das Land geführt.
So wehet in geweihter Stunde,
Wie Morgenbrise, mild und weich,
Dir immerfrische Liebeskunde
Aus einem ew'gen Friedensreich.
Wie weiße Segel siehst du's schwellen,
Es grüßet dich, wie längst bekannt:
So treibt es auf der Träume Wellen
An deiner Seele dunklen Strand.
(S. 283)
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Schön-Elschen
Wo die Rosenblüte das Fenster ziert
An weinumsponnener Wand,
Da sitzt Schön-Elschen und singt und führt
Die Nadel mit fleißiger Hand.
Sie singet ein Lied so frisch und froh,
Weit klingt's in die sonnige Au,
Nicht die Drossel singet im Tannicht so,
Nicht die Lerche im Himmelsblau.
Sie schaut auf die Straße, den Wald entlang,
Da naht ein fremder Gesell:
Wie blinket sein Auge, wie stolz sein Glanz,
Wie tönet seine Stimme so hell!
Gott grüß' dich, Schön-Elschen, du wonnige Maid,
Gott segne dich, junges Blut!
'S ist Sommer heut, es ist Rosenzeit:
So schmück' mir mit Rosen den Hut!
Nicht Silber lohnet noch Edelgestein
Die süße, so herrliche Huld,
Nur ein Kuß allein auf die Lippen dein:
So tilgt sich freudig die Schuld!
Schön-Elschen erröthet, in schämiger Hast
Zur Rose das Antlitz sie bückt,
Da hält er mit werbendem Arm sie umfaßt,
Hält jubelnd an's Herz sie gedrückt. - -
Aus dem Tannenwald müde ein Lüftchen weht,
Und schläfrig murmelt der Bach,
Schön-Elschen sinnend am Fenster steht
Und träumt in den sinkenden Tag ...
(S. 283-284)
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Aus: Das Baltische Dichterbuch
Eine Auswahl deutscher Dichtungen
aus den Baltischen Provinzen Rußlands
herausgegeben von Jeannot Emil Freiherrn von Grotthuß
Zweite durchgesehene und bearbeitete Auflage
Reval Verlag von Franz Kluge 1895
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