Adolph Ulrich Wertmüller
(1751-1811)
Porträt einer Dame |
Heinrich Neus
(1795-1876)
Das Veilchen
Mein unbewußt stand ich in Frieden
Und träumte still der Kindheit Traum,
Von dem Gewühl der Welt geschieden,
War mir die Welt - der enge Raum.
Da kam von dem Gebirg' gezogen
Der holde Lenz herab ins Thal,
Und als die süßen Blicke flogen,
Traf mich auch ein verlor'ner Strahl.
Und ward es Licht in meinem Innern,
Und jedes Räthsels Lösung klar.
Ach, wie ein uralt' süß Erinnern
So stellte sich der Liebste dar.
Da stand die Erd' in schönem Prangen,
Der Himmel lachte hold herein;
Der Stern, der in mir aufgegangen -
Er goß umher den gold'nen Schein.
Doch wer die Welt kann umgestalten,
Wie wär' ein Blümchen ihm genug?
Und ach! wie hätt' ich mögen halten
Des Liebstes hohen Siegesflug?
Vergieb mir denn die stille Wehmuth,
Gedenk' ich, daß er mein vergaß:
Ich senke still den Blick in Demuth
Und weiß, daß ich ihn nie besaß.
Doch heiß' es keinen Wahn mich nennen,
Was mich einst wunderbar entzückt, -
Was, wenn auch tief die Wunden brennen,
Mich noch mit seinem Schmerz beglückt.
Vergönn' die Flamme mir zu nähren,
Die meiner Brust ein himmlisch Gut!
Es soll mich schön mit Glanz verklären
Der Lieb' und Treue heil'ge Glut.
(S. 56-57)
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Neue Liebe
Herz, was wird es? Sieh', wie glänzen
Himmel, Aue, Wald und Fluß!
Ach, und in dem Hauch des Lenzen
Webt's nicht, wie ein Liebesgruß?
Weit gebannt in Nebelfernen
Schläft des frühern Leides Pein.
Folg'st Du schon den neuen Sternen,
Traust Du wieder ihrem Schein?
All' die Schmerzen alter Wunden,
Schrecken sie Dich nicht zurück.
Nicht die heiß verweinten Stunden
Um ein, ach, zu flüchtig Glück?
Doch Du läß'st Dich nicht entmuthen,
Was Dein Mißgeschick Dir droht,
Stürzest kühn Dich in die Gluten,
Bring' es Leben, bring' es Tod!
(S. 57)
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Im Winter
Ach, was können Tage frommen
Ohne Wärme, Glanz und Licht?
Und der Frühling will nicht kommen
Und der Winter weichet nicht.
Doch ob blüh'n, ob welken Kränze,
Mißt nicht ab des Herzens Zeit;
And're Winter, and're Lenze
Bringen ihm so Freud' als Leid.
Ach, wenn Sie nur wollt' erscheinen
All' in ihrer Schönheit Macht:
Würd' in sel'gen Widerscheinen
Selbst erglü'n die Winternacht!
(S. 58)
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Liebesbedürfniß
Liebesbedürftig gewiß ist der Frauen Gemüth, o Geliebte:
Darum jedoch allein, weil es an Liebe so reich.
(S. 58)
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Aus: Literarisches Taschenbuch der Deutschen in Rußland
Herausgegeben von Jegor von Sivers
Riga Verlag von N. Kymmel 1858
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