Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Josef von Hammer-Purgstall 1818)


Aus dem Buchstaben Nun

Dani simaa tschi bud saut beli schüniden

Weißt was der Reigen ist? zu sagen Ja, *
Sich selbst vernichten, zum Genuß gelangen.

Weißt was der Reigen ist? im Nichtsseyn Seyn,
Im dem Vergänglichen das Ewige.

Weißt was der Reigen ist? auf Bahn der Liebe
Den Kopf zu werfen vor den Schlägel hin.

Weißt was der Reigen ist? der Kampf der Seele,
Die wie ein Vogel sich im Blute wälzt.

Weißt was der Reigen ist? das Mittel Jakob's,
Dem ein Geruch vom Hemde Jussuf's wird.

Weißt was der Reigen ist? der Stab von Moses,
Der Pharaonis Zauberey'n vernichtet.

Weißt was ein Reigen ist? ein Gottgeheimniß,
Wodurch man ohne Mittel kommt zu Ihm.

Weißt was der Reigen ist? wie Schems Tebrisi
Mit Seelenaugen seh'n das Paradies.

* Dieses Ja hat auf den Urvertrag der ewigen Vorherbestimmung Bezug, indem nach der Ueberlieferung 
der Moslimen, Gott noch vor Erschaffung  der Welt alle Seelen, welche dieselbe einst bevölkern sollten,
versammelte, und zu ihnen sprach: E list bi rebbikum, d.i. Bin ich nicht euer Herr?
worauf die Seelen alle Belli, d.i. Ja antworteten.
Dieses Ja gilt für den Urvertrag des ewigen Gehorsams der Geschöpfe gegen den Schöpfer.

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Subuhdem schüd berehis ëi dschowan

Morgen ist's! stehe geschwind auf, o Jüngling!
Packe zusammen, komm zur Karawane.

Siehe! sie geht schon, indessen du schlafest,
Dir nur zum Schaden, und dir nur zu Leide.

Bringe das Leben in Qualen nicht hin,
Daß ein beständiger Jüngling du blühest.

Wenn du die Seele getödtet, die böse,
Bist du ein Kämpe, ein Kämpe, ein Kämpe!

Wenn dir das Bethen, das Fasten gefallet,
Setz' in den siebenten Himmel den Fuß.

Reinige dich als ein Stäubchen der Thür,
Sey nicht so stolz bey der Liebenden Reigen.

Wenn du den Reigen der Liebenden schmähest,
Sammlest du über das Haupt das Gericht.

Bist du von Schemset-tebrisi ein Diener,
Schlage die Paucke und lobe den Herrn.

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Bas amedem bas amedem hasa dschununol-aaschikin

Ich kam zurück, ich kam zurück;
Dieses ist Narrheit der Liebenden.

Ich kam von Gott zurück, zurück;
Dieses ist Narrheit der Liebenden.

Ich kam zurück mit Fuß und Kopf,
Suchend die Wahrheit, die ewige.

Dem Herrn zunächst, erkennend Ihn;
Dieses ist Narrheit der Liebenden.

Ich kam zurück, ich hatte Gott
Selber empfangen von Gottes Hand. *

Ich bin es nicht, es ist nur Gott;
Dieses ist Narrheit der Liebenden.

Die Göttlichkeit ward Menschlichkeit,
Menschlichkeit wurde zur Göttlichkeit.

Ich bin der Kelch, das Brot des Herrn;
Dieses ist Narrheit der Liebenden.

Ich sey nun Türke oder Griech,
Oder man nenne mich Araber.

Ich bin Nachteul' und Falk zugleich
Dieses ist Narrheit der Liebenden.

Ich kam zurück, und wegen Euch
Kam ich ganz mürrisch in eure Stadt.

Ich danke für die Unbild noch;
Dieses ist Narrheit der Liebenden.

Wenn Schemseddin zum Narren wird,
Während er wohnet der Liebe bey,

Ist's, weil er Seel' ist und verliebt;
Dieses ist Wahrheit der Liebenden.

* Dieses ist, wie es durch die weiter unten folgenden Verse klar wird,
eine Anspielung auf das Sakrament der Eucharistie,
wovon Mewlana unterichtet gewesen zu seyn scheint.

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