Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Josef von Hammer-Purgstall 1818)


 

4. Bahr Reml

Murghan ki kenun es kafesi chuisch dschudajid

Ihr Vögel, die ihr heut'gen Tags vom Käficht getrennt seyd,
O zeigt das Gesicht, saget wo seyd ihr? Wo ihr nun seyd,

In diesem Gewässer sind eure Schiffe zerbrochen.
Kommt, Fischen vergleichbar aus den Meerfluthen hervor jetzt.

Entweder die Form ist nun in Stücken zerbrochen,
Oder es entwischte der Hand mit dem Netz auch die Beute.

Heut' seyd ihr das Holz eigener Gluth, seyd es für heute.
Oder es ist Licht Gottes erstorbener Feuerzeug heute.

Pestilenzischer Wind ging, der gefroren Euch Alle,
Oder ist Lenzodem erstanden wo immer ihr gehet?

In jeglichem Worte von Euch liegt frische Verjüngung,
Wiewohl ihr den Mund zu eröffnen nicht Noth habt.

Was für Perlenschatz ward im Zeitmörser gestoßen?
Ha dieses ist Augenschminke, o reibt sie ein, reibet sie fleißig!

O ihr, wenn des Todes Stunde mit Qual Euch sich genaht,
Wird euch die Erlaubniß zum zweytenmahle zu Theile.

Ob Inder, ob Türke lästig Euch waren, das wird klar,
Am Tage wo aufdecken ihr werdet den Schleyer der Wangen.

O Schemset-tebrisi! was gebührt Andres dir wohl?
Bey Gott es gebührten dir ausgezeichnete Ehren.
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Mehtab ber amed kelekes gur ber amed

Mondnächte sind wieder gekommen, aus Gräbern die Gurken,
Und aus dunkelem Sand ist Geile des Bibers gekommen.

Von ihm, dessen Pinsel gemahlet den Jesus, und den Moses gemahlet,
Ist Posaunengetön durch wunderthätigen Odem gekommen.

In dem Mörser des Glücks ist die Gnadenperle gestoßen,
Sieh hundert der Gottesaugen hier aus Herzensgräbern gekommen.

Staubherz, was für Nachricht von Wärme des Frühlings hast du?
Weil Karawanen von Ameisen aus schwarzem Staub sind gekommen.

Vom Meere des Honigs was hat wohl diese Biene gesehen?
Zu dem Moschus des Honigs sind die Bienen in Heerden gekommen.

Ein schwaches Gewürm, wie hast du zum Magazin Wege gefunden,
Wo Seide gesponnen und roh in Menge gekommen?

Wie haben die Muscheln, ohne Gesicht, ohne Gehör, Nahrung gefunden,
Daß Perlenschätze darin endlich zum Vorschein gekommen?

Wie, ohne den Anstrich hat die Rose die Farbe gefunden,
Womit sie bedeckt unter dem Schleyer erglänzet?

Wie hat Stein zu dem Lichte die Straße gefunden,
Daß als Eisen er nun und als Juwele versendet die Strahlen?

Welch rosiges Bett lächelt aus lehmichtem Grunde?
Aus persischer Schminke was ist für ein Campher gekommen?

Glücksstern des gerechthandelnden, siegreichen Gebiethers,
Was ist uns durch dich vom geschlagenen Heer für ein Sieger gekommen?

Ein einziger Apfel der Schönheitsflur fiel mir in die Augen,
Aus jedem gespaltenen Apfel sind Huris zum Vorschein gekommen.

Huris, wie sie kamen, da lacht' in dem Herzen der Apfel,
Vom Lächeln ist Gramnoth am Ende herausgekommen.

Dieß Drängen und sein Rausch und der Trunknen Benehmen
Ist nicht vom Wein, nein! aus dem Herzen der Rebe gekommen.

Als Schemset-tebrisi die Empörung aufgereget
Ist aus dem Aufgang der Seel' dieser Mond hergekommen.
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