Aus dem Buchstaben Dal
Ei es iklimi adem amede der mülki wudschud
O du, der aus dem Nichts ins Daseyn kamst,
Du weißt nicht wie du in das Daseyn kamst.
Es schickte dich der Schah als seinen Diener,
Daß du dich selber, daß du Ihn erkennest.
Du bist fürwahr ein Kaufmann von dem Markte,
Der vom Harem zur Stadt des Daseyns kam;
Dein Kapital ist dieses Lebens Summe
Die du verwenden sollest mit Gewinn;
Statt daß du müssig sitzest, thue Gutes,
Denn durch die guten Werke steigt dein Werth.
Am jüngsten Tage wird der Herr dein Buch eröffnen,
Und rechnen über das, was du gethan.
Sey wachsam, denn es lauern Teufel auf dem Wege
Zu überfallen dort den Gottvergeßnen.
Nimm diesen Rath, er ist das Wort Mewlana's,
Das er erhielt vom Munde Schems Tebrisi's.
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Her ki ruchsari tu bined begülistan nerewed
Wer deine Wangen sieht, in's Rosenbeet nicht geht,
Wer deine Krankheit hat, nach Arzney nicht geht.
Wer einen Augenblick mit dir im Kabinet,
Die Tulpen und Basilicon zu schau'n nicht geht.
Wenn Chiser den Rubin des Zuckermundes findet,
Er weiter nach dem Quell des Lebens nicht mehr geht.
Mein Wunsch ist zwar, daß mich der Liebe Gram erschlüge,
Ich bin zu schwach, als daß es so zum Opfer geht.
Es ziemet nicht dem Mann den Blick vom Schwert zu wenden,
Sonst ist es besser, daß er nicht auf's Schlachtfeld geht.
Darf man nicht hoffen dich im Paradies zu finden,
Kein Liebender alsdann nach Eden's Garten geht.
Von ewig brannte mir die Liebe ein dein Maal,
Das nun in Ewigkeit aus Seel' und Herz nicht geht.
Ich sang, o Schems Tebrisi! dieß mit deinen Worten,
Der Liebende ist irr' der nicht zum Liebsten geht.
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Men an rus budem ki ausman nebud
Ich war als noch kein Himmel war,
Vom Daseyn keine Spur noch war,
Als nur die Locke meines Freund's,
Und Gott der Allerhöchste war.
Die Nahmen gingen von mir aus
Zur Zeit als Ich und Wir nicht waren.
Ich bethete als noch im Schoos'
Maria's kein Messias war.
Ich suchte Kreuz und Christen auf,
Doch was ich sucht' am Kreuz' nicht war.
Ich ging zum Tempel, in's Konvent,
Wo nirgends Stoff und Farbe war.
Zur Kaaba zog ich endlich hin,
Wo auch kein Knab' und Jüngling war.
Ich ging nach Herw und Kandahar
Und sucht' was nicht zu finden war.
Ich wallte nach dem Berge Kaf,
Wo Anka nicht zu sehen war.
Die sieben Himmel ging ich durch,
Auf sieben Erden Er nicht war.
Beym Loose* suchte ich den
Freund,
Es hieß, daß er nicht dorten war.
Mit Gottesseherblick sah ich
Was in der Wesenheit nicht war.
Zuletzt sah ich in's eigene Herz,
Wo Er allein zu finden war,
Ich war so sehr erstaunt, fürwahr!
Daß kein Atom zu sehen war,
Daß außer Schems Tebrisi rein,
Kein Trunkener zu finden war.
* Wörtlich: Ich fragte die Tafel und die
Feder des Schicksals um meinen Freund.
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Adscheb an dilber güdscha siba
schüd
Der Schöne, sag', wo ist er?
Der hohe Cedernbaum,
Wo ist er?
Jetzt, wo die Kerze leuchtet,
Wo ist er ohne uns?
Wo ist er?
Am Wege frag' die Hüther:
Wo der Geliebte ist?
Wo ist er?
Im Weinberg' frag' die Wächter:
Wo ist der Schönen Fürst?
Wo ist er?
Ich strich durch alle Felder,
Wo ist mein Lieblingshirsch?
Wo ist er?
Um Mitternacht erzittr' ich,
Wo er allein verweilt?
Wo ist er?
Die Augen sind nun Ströme,
Die Perle welches Meer's?*
Wo ist er?
Ich frage Mond und Sterne:
Wo ist er ohne mich?
Wo ist er?
Nun ist er bey den And'ren,
Und ist er nicht mit mir,
Wo ist er?
O sage, Schems Tebrisi!
Als Sonne** weißt du es,
Wo ist er?
* Meine zwey Augen sind zum Oxus
geworden
und weinen aus Gram, indem sie nicht wissen,
in welchem Meere sich diese Perle befinde.
** Wortspiel mit dem Nahmen Schems Tebrisi's,
indem Schems die Sonne heißt.
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Anan ki beser der talebi kaabe
devidend
Die eifrig hin zur Kaaba pilgern,
Wenn sie an's Ziel gekommen sind,
Sie seh'n ein hohes Haus von Stein
In einem Thale ohne Saat.
Sie gingen hin um Gott zu seh'n,
Sie suchten, fanden Ihn doch nicht.
Nachdem sie lang das Haus umkreis't,
Scholl eine Stimme so daraus:
"Was bethet Ihr die Steine an?
Sucht nicht das wahre Gotteshaus?
Das Haus des Herzens, Haus der Wahrheit!
Wohl dem, der eingeht in dieß Haus!"
Wohl denen, die wie Schems Tebrisi,
Die Wüsten meidend, sind zu Haus!
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Id amed id amed we an bachti said
amed
Das Fest ist gekommen, das Fest ist gekommen,
das Glück ist gekommen!
Du nehme die Trommel und schlage dieselbe,
der Mond ist gekommen!
Das Fest ist gekommen, o höre, Verliebter,
den Lärmen der Sphären!
Vom obersten Throne des Himmels ist nun
der Vertraute gekommen!
Das Fest ist gekommen, ihr Sucher des Weges!
ihr Sänger! ihr Tänzer!
Das Lusthaus der Schönen ist nun
aus dem ewigen Lusthaus gekommen.
Wohl Hundert der Weisen sie sind nun
auf einmal zu Narren geworden,
Weil solche Gestalt, die noch keiner gesehn
und gehöret, gekommen.
Durch zaub'rische Kräfte berauscht Er Propheten
als wären sie trunken,
Den Stahl und das Eisen verkehrt Er in Wachs
wie zur Hand es gekommen.
Erheb' dich! und geh' auf den Platz
in die Kreise lebend'ger Gesichter
Entgegen dem lieblichen Gaste,
der weitesten Weg's ist gekommen.
Nun freue dich fröhlichen Herzens
und heiteren freyeren Muthes!
Ein einziges Körnlein gesäet, es brachte
wohl hundertmal Frucht dir.
Nun schließe die Lippen, und schlage den Körper,
und schweige wie Lilien!
O schweige geduldig! das Schloß der Geduld ist
vom Himmel gekommen.
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Ger tura bachti jar chuahed bud
Will das Glück dir günstig seyn,
Wird der Freund geneigt dir seyn.
Leben ohne Liebe wird
Immer außer Rechnung seyn.
Wer einhergeht ohne Liebe
Wird vor Gott beschämet seyn.
Was im Leben leicht dir dünkt
Wird im Grabe Last dir seyn.
Wenn du liebest, wird auch Last
Was der Vater trägt dir seyn.
Armuth, so dir hier zum Schimpf,
Wird dir dort zum Ruhme seyn.
Anfangs bitter ist Geduld,
Süß wird sie am Ende seyn.
Wenn der Löwe hier entflieht,
Wird er unter Vögeln seyn.*
Wer vom Esel dieses Leib's
Absteigt, wird zu Pferde seyn.
Breite auf den Saum des Kleid's
Wenn die Engel Gold ausstreu'n.
Vom Verborg'nen kamst heraus,
Was verborgen, klar wird seyn.
Wer sich selbst gering nicht schätzt
Wird gestürzt ein Pharao seyn.
Wer aus Gluth das Wasser scheu't,
Wird im Feuer Reisig seyn.
Nimrod, weil er Gott gefloh'n,
Wird als Thier zur Beute seyn.
Wer zur Zeit nicht warten will,
Wird stets in Erwartung seyn.
Wen die Liebe sich erwählt,
Wird berauscht und wahllos seyn.
Wer den Rausch der Liebe flieht,
Wird ein Hefen ewig seyn.
Wer nicht schafft ein Ideal
Wird stets ohne Achtung seyn.
Wer nicht folget dem Kameel,
Er wir ohne Halfter seyn.
Wo Tebrisi fest sich setzt,
Wird Bestand im Herz nicht seyn.
* Dieser und der folgende Doppelvers
sprechen von den Banden der Sinne,
welche den freyen Geist fesseln. Wörtlich: Wenn der Löwe des Weges (die
Seele)
aus diesem Kasten (dem Käficht des Leibes) befreyt ist,
wird er in jenem Vogelbauer (der anderen Welt) seyn;
und nachdem der Schah des Herzens (der Geist)
von dem Esel des Leichnams (des Körpers) abgestiegen ist,
wird er der Fürst der Reiter (im ewigen Leben) seyn.
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