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Arnoldine Wolf
(1769-1820)
Blick zur
Ewigkeit
Wenn das Herz in stiller Trauer
Tief verschloss'nen Kummer nährt,
Wehmuth und Erinn'rungsschauer
Jedes Frohgefühl zerstört:
O dann schwebt das Bild vorüber,
Das entfloh'ne Freuden hebt,
Und die Zukunft malt sich trüber,
Die in düst'rer Ferne schwebt.
Wenn der Leidenschaften Menge
Schweren Kampf mit uns beginnt,
Unter lastendem Gedränge
Unser Tropfen Zeit verrinnt;
Wenn oft uns're Schritte gleiten
Auf der Eisbahn dieser Zeit:
Dann kann nichts uns Trost bereiten,
Als ein Blick zur Ewigkeit.
Fragt den Weisesten hienieden,
Sitzt er gleich dem Glück im Schooß,
Doch ist ungestörter Frieden
Hier auf Erden nie sein Loos.
Kronen selbst sind gold'ne Fesseln,
Deren Schimmer oft uns trügt,
Sorgen haben ihre Nesseln
Auch um's Fürstenhaupt geschmiegt.
Ach! und mehr noch sind die vielen
Schlingen uns'rer Sorge werth,
Wenn mit seinen Gaukelspielen
Uns das eig'ne Herz bethört;
Glühte nicht der Reiz der Jugend,
Nicht der Sinnlichkeit Gefühl,
O dann wäre uns're Tugend
Nur ein leichtes Kinderspiel.
Kämpfet muthig! Kränze winden
Dort sich in des Dulders Haar,
Wo wir Alles wieder finden,
Was einst hier uns theuer war;
Blickt getrost in jene Welten,
Wo uns nach des Grabes Nacht
Unter friedlichen Gezelten
Reiner jede Freude lacht.
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