|
Agnes Franz
(1794-1843)
Morgengebet
Du, der dem Tag gebeut,
Daß er in Herrlichkeit
Leuchte der Welt!
Du, der mit starker Hand
Mächtig das All umspannt,
Wenn uns des Schlummers Band
Umfangen hält.
Ew'ger an Kraft und Macht,
Durch den des Himmels Pracht
Jugendlich blüht!
Vater an Liebessinn,
Dem ich von Anbeginn
Kindlich ergeben bin,
Dir tönt mein Lied!
Nicht bange Furcht beengt
Dies Herz, das Dein gedenkt,
Frei schlägt's empor!
Darf doch im stillen Hain
Fröhlich das Vögelein
Dir seine Lieder weih'n
Im Weltenchor.
Steig' auch du himmelwärts
Hin zu des Vaters Herz,
Froher Gesang!
Zu ihm, wo Leben blüht,
Zu ihm, wo lieberglüht
Hin jede Sehnsucht zieht
In Liedesklang.
Schöpfe dort rein und hell
Aus ew'gem Lebensquell
Heilige Kraft;
Kraft, die im Weltgewühl
Treu sich bewährt, und still
Einzig das Gute will,
Und segnend schafft.
Die sich mit Freudigkeit
Gott und der Menschheit weiht,
Treu jeder Pflicht,
Und wenn der Tag sich neigt,
Heiter den Himmel zeigt,
Und uns die Palme reicht
Im höhern Licht.
Dies ist mein stilles Fleh'n!
Wollest in's Herz mir seh'n,
Du, dem es schlägt!
Näher Dir einst zu sein,
An Geist und Willen rein,
Dies ist der Wunsch allein,
Der es bewegt.
|