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Maria Dorothea Omeis
(1650-1738)
Vom
rechten Brauch der Zeit
rf. H. Müller's Erquick-St., XI. Betr.
HErr, diese Zeit ist mein und Dein!
sang jene Nonn'. Es mag so seyn!
Welt, du bist ausgeschlossen.
Ich halt es auch mit jener Nonn',
an GOtt ha ich die größte Wonn.
Welt, weg mit deinen Possen!
HErr, diese Zeit ist mein und Dein!
der Welt ihr Dienst ist bös und klein
und gibt auch böses Ende.
GOtt will ich dienen jederzeit,
sein Dienst schenkt Freud' in Ewigkeit,
erquicket Herz und Hände.
HErr, diese Zeit ist mein und Dein!
Ach! könnt' ich manches Stündelein
mit Geld zurücke kauffen,
so ich offt Deinem Dienst entwand!
Forthin soll meiner Uhren Sand
nur Dir zu dienen lauffen.
HErr, diese Zeit ist mein und Dein!
so sang die Nonn'. Ich auch. Doch nein!
die Zeit ist GOtt alleine.
Ich nehm mein vorigs Wort zurück.
Es steht bey mir kein Augenblick;
Kein Tag noch Stund ist meine.
Sih, heute trett ich auff den Stein;
Vielleicht deckt morgen er mein Bein.
GOtt hat die Zeit in Händen.
Mensch, denk noch heut und allezeit
an die unendlich' Ewigkeit,
so wirst du seelig enden!
Weil dann die Zeit ist GOtt allein,
so kan ich, Welt, dein Sclav nicht seyn,
noch dir zu Willen stehen.
Frag GOtt, ob ich dir dienen soll,
ob Er mir Urlaub geben woll?
Wo nicht, so laß mich gehen!
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