Das Sonntagsgedicht

Geistliche Gedichte deutscher Dichterinnen
(vom 20. September 2009)

(c) Gerd Altmann Pixelio.de




Barbara Juliana Penzlin
(um 1640-1674)
 

Die Ruhe in Gott


Hier ist dein Altar und Zinne,
Höchster GOTT, HERR Zebaoth!
hier geniessen Herz und Sinne
Wollust-Trank und Lebens-Brod.
Hier fühl ich das Himmel-Feld
Vorschmacks-weis: Ade o Welt!
Meine Seele ist vergnüget,
Weil der Himmel in ihr lieget.

Wo dann, wo ist deine Freude?
In dem Herzen: GOtt in mir!
Und ich such in GOTT die Weide.
In der Welt bleibt für und für
Angst und Qual und Traurigkeit.
Meine Seel ist jederzeit,
wie ein Vogel, von dem Lieben
Und aus seinem Nest vertrieben.

So leb ich in Furcht und Grauen,
weiß bald nicht, wo aus, wo ein.
Ach! wem soll ich mich vertrauen?
Weil ich schein' hier feind zu seyn.
Wohin dann? Ich will den Lauf
meiner Andacht Himmel-auf
mit Begierde-Flügeln schwingen,
GOtt bey dem Altar zu singen.

Dorten kan ich frölich rasten.
In dir, süsser JEsu CHrist,
kan ich sicher mich entlasten:
Wie ein Vöglein sicher ist,
Wann es Nest und Ruh erblickt.
Ach! dein holder Mund erquickt,
wann du sprichst, aus lauter Güte:
In mir habt ihr wahren Friede.

Soll ich zum Verstossen eilen?
Nein! Er spricht mir freundlich zu:
Meine Taube, ohn' verweilen
komm, und suche Felsen-Ruh
in den Ritzen meiner Brust!
Kommet, denen Angst bewust,
die die Müh und Last bedrücken,
kommt zu mir! Ich will erquicken!

Ruh ist hier vor eure Seelen.
Wie das Täublein nirgend fand
eine Ruhe zu erwehlen,
dort von Noah abgesandt:
Also wann ich, mit dem Sinn,
auser meinem JESU bin,
wollen Teufel, Welt und Sünden
mich auch schleunigst überwinden.

Halt ich mich zu seinen Wunden:
Welch ein unverstörtes Nest
hab ich doch hierinn gefunden!
Diß mein Nestlein hält mich vest.
Schreckt die Welt, das Wellen-Haus:
Meine Schiffart ist hier aus.
JEsus CHrist, der Freuden-Brunne,
hier in meine Seele runne.

Leib und Seel, und das Gemüte,
freuen sich in meinem Gott.
Ja HErr JEsu! deine Güte
Tröstet mehr, als mich die Rott
aller Welt betrüben kan.
Dieser Denkspruch ligt mir an:
Als die Traurigen, darneben
doch mit Seelen Freud umgeben!

Kommt es endlich an die Thränen:
JEsus wischt sie wieder ab!
Lässt die Welt sich nicht versöhnen,
ursacht manchen bittern Trab:
Ach! sie jagt mich nur allein
in die Wunden Christi ein;
Dieses Räumlein muß sie lassen.
Denk, mein Herz! an solches Fassen.

Suche deine Lust, dein Leben,
nirgend als in GOtt allein.
Ach! der kan dir alles geben,
was dir mag erwunschbar seyn.
Warum woltest du, mein Herz!
etwas wünschen anderwärts?
Laß ein Stündlein dich nicht reuen,
täglich dich in Gott zu freuen.

GOTT, das höchste Wolgefallen,
dämpft all' Unlust dieser Zeit.
Was vermag ein Tröpflein Gallen
bey der Meng der Süssigkeit?
Wilst du hier den Augenschein
jener Freuden nehmen ein:
frag dein Herz, das wird dir geben
den Geschmack vom Himmel-Leben.

Ja! das Herz ist allermassen
GOttes Lust-Haus und Refier.
Diß sind seiner Güte Strassen,
Seine Freundlichkeit ist hier.
Lieblich sind, Herr Zebaoth!
Deine Wohnung, o GOTT!
Meine Seele mit Verlangen
will in deinem Vorhof prangen.

Leib und Seele in dem HErren
freuen sich zu jederzeit.
Hier ist gut seyn! hier, nicht ferren,
soll mein Hüttlein seyn bereit.
Ach! schleuß mich, dein Täubelein,
JEsu! deinen Wunden ein.
Hier will ich, trotz allem Toben!
Dich, HErr JEsu, frölich loben.



 


Gedicht aus: Deutschlands Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen
der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o.J. [1895] (S. 358)


Bild: (c) Gerd Altmann Pixelio.de





 

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