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Renata Pfannschmidt
(1862-?)
Pfingstbitten
O Pfingstengrün, o Maienzeit,
Du Duften, Blüh'n und Sprießen,
Wie will mein Herz so weit, so weit,
Sich jubelnd Dir erschließen!
Wie wollte streng in Bann und Acht
Des Winters Macht es zwingen, –
Nun blüht es auf aus seiner Nacht
Und will vor Lust zerspringen.
O Pfingstenlaub, so duftig jung,
Ihr schlanken Birkenreiser,
Mit Düften der Erinnerung
Durchströmt Ihr Herz und Häuser;
Mit Eurem lichten Maienschein,
Ihr Kinder gold'ner Sonne,
Tragt Ihr in alle Welt hinein
Des Frühlings ganze Wonne!
O Pfingstenblüthen, hold und zart,
Ihr frischen Lenzesgaben,
Wie will an Eurer reinen Art
Mein Auge sich erlaben!
Wie duftet Ihr, noch unentflammt
Von Sommers heißem Glühen,
Als ob, der Kinderbrust entstammt,
Gebete aufwärts ziehen.
O Pfingstengeist, der alles schafft
Auf der verjüngten Erde,
Gieb auch den Herzen junge Kraft
Zu einem neuen Werde!
Durchdringe Du mit Feuerschein
All unser laues Handeln,
Und wehe in die Welt hinein
Ein neues Thun und Wandeln.
Gieb Kraft und Feuer zum Gebet,
Wir sind so matt und träge, –
Daß zu des Höchsten Majestät
Es wieder dringen möge;
Gieb Kraft, wo es zu reden heißt,
Gieb Kraft zum rechten Schweigen,
Und gieb uns wiederum den Geist
Der ersten Glaubenszeugen!
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