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Elise Sommer
(1767-?)
Morgengefühle
Bebet leis', ihr Harfentöne,
Rührend, wie die Andacht fleht,
In des jungen Morgens Schöne
Werde mein Gesang Gebet!
Möchten in der Andacht Feier
Mich Entzückungen durchweh'n,
Mein verklärtes Auge freier
Dieses Morgens Schönheit seh'n!
In des Waldes Tempelhallen
Singt ein Nachtigallenchor,
Von der Erde Altar wallen
Opferdüfte hoch empor.
Von der Sonne Gold umflossen,
Glüht der ernste Eichenhain,
Von dem Blüthenschnee umgossen
Prangt der frische Blumenrain.
Süße Ruhe, stiller Friede
Grüßt die lebenvolle Flur,
Weht im hehren Morgenliede
Durch die Kreise der Natur.
In dem Schauer ihrer Feier
Schwindet jeder Erdenschmerz,
Größer, glücklicher und freier
Fühlt sich das bewegte Herz.
O, wo gibt es ein Entzücken,
Das aus rein'rer Quelle quillt,
Das so sehr wie dies Entzücken
Meines Herzens Sehnsucht stillt!
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