Elisabeth von Senitz
(1629-1679)


Die gepriesene Liebe JEsu

O du Liebe meiner Liebe!
Du erwünschte Seligkeit!
Die du dich, aus höchstem Triebe,
In das Jammer-volle Leid
Deines Leidens, mir zu gute,
Als ein Schlacht-Schaaf, eingestellt,
Und bezahlt mit deinem Blute
Alle Missethat der Welt.

Liebe, die mit Schweiß und Thränen
An dem Oelberg sich betrübt:
Liebe, die mit Angst und Sehnen
Unaufhörlich fest geliebt;
Liebe, die mit allem Willen
GOttes Zorn und Eifer trägt;
Das, so niemand konte stillen,
Hat dein Sterben hingelegt.

Liebe, die mit starckem Herzen
Alle Schmach und Hohn gehört:
Liebe, die mit Angst und Schmertzen
Nicht der strengste Tod versehrt:
Liebe, die sich liebend zeiget,
Als sich Krafft und Athem endt:
Liebe, die sich liebend neiget,
Als sich Leib und Seele trennt.

Liebe, die mit ihren Armen
Mich zuletzt umfangen wolt:
Liebe, die aus Liebs-Erbarmen
Mich zuletzt in höchster Huld
Ihrem Vater überlassen,
Die selbst starb und für mich bat,
Daß mich nicht der Zorn solt fassen,
Weil mich ihr Verdienst vertrat.

Liebe, die mit so viel Wunden
Gegen mich, als seine Braut,
Unaufhörlich sich verbunden
Und auf ewig anvertraut:
Liebe, laß auch meine Schmertzen,
Meines Lebens Jammer-Pein,
In dem Blut-verwundten Hertzen
Sanfft in dir gestillet seyn.

Liebe, die für mich gestorben,
Und ein immerwährend Gut
An dem Creutzes-Holtz erworben,
Ach! wie denck ich an dein Blut?
Ach! wie danck ich deinen Wunden?
Du verwundte Liebe du!
Wenn ich in den letzten Stunden
Sanfft in deiner Seite ruh.

Liebe, die sich todt gekräncket,
Und für mein erkaltes Hertz
In ein kaltes Grab gesencket,
Ach! wie danck ich deinem Schmertz?
Habe Danck, daß du gestorben,
Daß ich ewig leben kan,
Und der Seelen Heil erworben,
Nimm mich ewig liebend an.