Das Sonntagsgedicht

Geistliche Gedichte deutscher Dichterinnen
(vom 16. Januar 2011)

(c) Gerd Altmann Pixelio.de




Gertrud Möller
(1641-1705)


ICh wil den HErrn loben, so lange ich lebe.

Psalm 146, 2

Nackend bin ich auf die Welt
Als ein armer Pilgrim kommen,
Nackend werd ich hingenommen,
Wann der Tod mich nun gefällt.
Alles was ich bin und hab,
Ist nur, Höchster, deine Gab;
Deinen Namen wil ich preysen,
Und ihm ewig Lob beweisen.

HErr, du hast mich, eh ich war,
Fast aus lauter Nichts bereitet,
Deine Hand ümb mich gebreitet,
Mich beschützet vor Gefahr
Und als ich kam an das Liecht,
Ach, mein GOtt, was thust du nicht?
Deine Wunder wil ich preysen,
Deinem Namen Lob beweisen.

Hierauf gabst du mir ein Kleid,
Das mich prächtig muste schmücken;
Eylend kont man mich erblicken
In des Heylands Heiligkeit.
Hiemit war ich angethan,
Hiemit trat ich auf die Bahn,
Deiner Liebe Krafft zu weisen,
Deines Namens Lob zu preysen.

Ach wie hat mich deine Hand,
Vater, wunderlich geführet!
Deinen Schutz hab ich gespüret,
Der so manches Leid gewandt,
Manche schwere Sünden-Noht,
Manche Kranckheit, manchen Tod;
Ey, wer wollte dich nicht preysen,
Deinem Namen Lob beweisen?

Ja, ich bin und bleibe dein;
Solt ich dir mein Leib und Leben,
Meinem Ursprung, wieder geben,
Wird es doch zu wenig seyn.
Nimmer kan ich deine Huld,
Deine Langmuht und Geduld,
Deine Liebe gnüglich preysen,
Deinem Namen Lob erweisen.

Stürme, Creutz-Wind, zu mir ein,
Wirff auf mich der Trübsal Regen,
Mit des Unglücks Donner-Schlägen
Blitz mit ungeheurem Schein;
Nim nur alles was ich hab,
Ist es doch des Höchsten Gab:
Fröhlich wil ich diesen preysen,
Seinem Namen Lob beweisen.

Bin ich nackend auf die Welt
Als ein armer Pilgrim kommen,
Werd ich so auch hingenommen
In das stille Todten-Feld.
Alles was ich hab und bin,
Geb ich meinem Ursprung hin,
Wil Ihn auch im Tode preysen,
Seinem Namen Lob beweisen.





                                                    


Gedicht aus: Deutschlands Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen
der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o.J. [1895] (S. 408)

Bild: (c) Gerd Altmann Pixelio.de




 

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