Das Sonntagsgedicht

Geistliche Gedichte deutscher Dichterinnen
(vom 20. März 2011)

(c) Gerd Altmann Pixelio.de




Johanna Ursula von Geusau
(1659-1718)


Vom geistlichen Kampf und Sieg


Ich bin müde von der Reise
Und die Pilgrimschaft der Erden
Will mir fast zu lästig werden,
Weil die Sünde meine Glieder
Schwächet und den Geist schlägt nieder:
Diese Unlust-volle Weise
Macht mich müde auf der Reise.

Da giebts Streiten, Ringen, Kämpfen,
Da sind Feinde, die anlaufen,
Ja der Geist kan kaum verschnaufen,
Ist schon dar ein neues Streiten;
Da muß sich der Geist bereiten,
Aller Feinde Wuth zu dämpfen,
Da giebts Ringen, Streit und Kämpfen.

O wer wird mich von dem Leibe
Dieses Todes endlich lösen!
Weil des Fleisches sündlichs Wesen
Sich den Geist will dienstbar machen,
Daß er schlafe in dem Wachen,
Biß er gar im Tode bleibe;
Wer erlöst mich von dem Leibe?

Streit nur fort, es kommt der König;
Allerley göttlicher Kräfte
Und vollkommner Lebens-Säfte
Theilt er mit dem, der ihn liebet
Und sich ihm mit Ernst ergiebet.
Drum, so deine Kraft zu wenig,
Streit nur fort, es kommt der König.

So red ich dich, liebe Seele,
Billig an, was wilt du zagen,
Dich mit Furcht und Zweifel plagen?
Deines Christi Geistes Waffen
Können dir den Sieg leicht schaffen,
Und aus seiner Seiten-Höhle
Sauge Kraft, o meine Seele.

Nicht zur Rechten, nicht zur Lincken,
Schau dich um; geh gleiche Wege.
Deines JEsu Lebens-Stege
Sind alleine sichre Pfade.
Ja durch seines Geistes Gnade
Und durch sein geheimes Wincken
Weichst du nicht zur Recht- und Lincken.

Weil mich JEsus unterstützet,
Ey, so faß ich Muth und laufe:
Von ihm ich umsonst erkaufe
Wein und Milch, die mich erquicken,
Wenn mich tausend Lasten drücken:
Beugt mich Gottes Zorn und Blitzen,
JEsus will mich unterstützen.

O wie will ich frölich singen:
Halleluja! Amen! Amen!
Mit dem auserwehlten Saamen:
Denn ich seh sie schon von fernen
Funckeln wie die hellen Sternen.
Ja, HErr, laß es mir gelingen,
Daß ich kan im Himmel singen.


 



                                                    


Gedicht aus: Deutschlands Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen
der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o.J. [1895] (S. 381)

Bild: (c) Gerd Altmann Pixelio.de




 


 

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