"Ach Gott, ach Gott, wie kommt der Tag so früh!"

Das Tagelied der Troubadours, der Minnesänger und anderer
 


Else Lasker-Schüler (1869-1945)
Abschied

 


Italienisches Volkslied

Die Schwalbe
(Rom)

Ins Haus der Dame kam ich, mein Herz ging wie ein Hammer,
Und sanft fand ich sie schlummern allein in ihrer Kammer.

Ich nahm sie bei dem Händchen, noch schlummerte sie innig:
"Ein Liebesküßchen, eines!" - ""O weh! verrathen bin ich!"" -

"Nein, nicht bist Du verrathen, ich bin Dein trauter Knabe,
Du weißt, wie treu und lange ich Dich geliebet habe!" -

""Und bist Du jener Knabe, wie bist Du eingedrungen?"" -
"Durch's Fenster, das Du zeigtest, bin ich hereingesprungen." -

""Und bist Du jener Knabe, geh' auf die andre Seite
Und sing' Dich ein und schlaf' bis - die Schwalbe singet heute."" -

O Schwalbe, schöne Schwalbe, wie hast Du mich betrogen!
Noch war's nicht Zeit, da kamst Du mit Singen angeflogen!

O Buhlerin von Schwalbe, du singst mir Gram und Kummer:
Du hast mich aufgewecket von meinem sel'gen Schlummer!

O Schwalbe, schöne Schwalbe, daß dich dein Lügen tödte!
Du bist schon singen kommen noch vor der Morgenröthe!

Übersetzt von August Kopisch (1799-1853)

Aus: Agrumi. Volkstümliche Poesieen
aus allen Mundarten Italiens und seiner Inseln
Gesammelt und übersetzt von August Kopisch
Berlin 1838 (S. 81-83)
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