Umfangen
in ausgewählten Gedichten
deutscher Dichter und Dichterinnen
Eddy Beuth
(1872-1938)
Komm, laß Dich umfangen . . .
Komm, laß Dich umfangen, fest, so fest,
daß sehnend mein Herz das Deine fühlt.
Ist's Dir nicht, als wenn der Sommerwind
in spielender Glut in dem Haar Dir wühlt?
Du bist meiner wilden Sehnsucht Ziel,
daß Du Mich begehrest, glühend und heiß,
nur einmal, Du Stolzer, einmal nur!
O Du – und wie süß ich zu küssen weiß.
Meine Lieb' ist gestorben. Sie schläft, sie schläft
beim toten Geliebten. Doch ist entfacht
meine Sehnsucht nach sinnbethörendem Glück,
geschenkt in berauschender Sommernacht.
In einer Nacht, da Du zitternd flehst
auf den Knieen vor mir um den höchsten Preis,
dann schenk ich Dir hin, was Dich selig macht.
O Du – und wie süß ich zu küssen weiß!
Aus: Liebeslieder moderner Frauen
Eine Sammlung von Paul Grabein
Gedruckt und verlegt bei Berlin Hermann Costenoble 1902 (S. 29)
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Clara Blüthgen
(1856-1934)
Brautlied
Komm her zu mir! Im wallenden Gewande,
Umweht vom Nelkendufte harr ich Dein.
Komm her zu mir! Wir sind im Zauberlande,
der Mittag brütet rings - wir sind allein.
An meinen Busen lehne Deine Wangen -
so sanft ward nie Dein Dichterhaupt gewiegt;
so haben keine Arme Dich umfangen,
so hat kein Herz an Deines sich geschmiegt.
Belausche dieses Herzens mildes Regen
und seine Wünsche sprich sie hold zur Ruh.
Sieh! Meine Lippen blühen Dir entgegen
und meine Seele duftet Deiner zu.
Nicht traure um die Jahre, die entschwunden:
Jung wie das erste Weib im Paradies,
von Liliths Zauber bin auch ich umwunden,
wie jener Küsse sind die meinen süß.
Sprich nicht von Herbst. Nimm atmend warmes Leben,
Erneute Jugend saug aus meinem Kuß.
Komm her zu mir! Noch hab ich reich zu geben -
erschauert's Dich in diesem Überfluß? - -
Aus: Liebeslieder moderner Frauen
Eine Sammlung von Paul Grabein
Gedruckt und verlegt bei Hermann Costenoble
Berlin 1902 (S. 43-44)
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Gottfried August Bürger
(1747-1794)
Die Umarmung
Wie um ihren Stab die Rebe
Brünstig ihre Ranke strickt;
Wie der Epheu sein Gewebe
An der Ulme Busen drückt;
Wie ein Taubenpaar sich schnäbelt
Und auf ausgeforschtem Nest,
Von der Liebe Rausch umnebelt,
Haschen sich und würgen läßt:
Dürft‘ ich so dich rund umfangen!
Dürftest du, Geliebte, mich!
Dürften so zusammenhangen
Unsre Lippen ewiglich! – (...)
Aus: Bürgers Gedichte.
Herausgegeben von Arnold G. Berger.
Kritisch durchgesehene und erläuterte Ausgabe
Leipzig und Wien 1891. Bibliographisches Institut (S. 106)
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Joseph Freiherr von Eichendorff
(1788-1857)
An A. S.
Mädchen, welches Glutverlangen
Seel' an Seel' und Mund an Mund
Sanft geschmiegt, Dich zu umfangen,
Flammet mir im Busen auf?
Sieh, froh stimmt' mit Kindertriebe
Ich zum Frühlingslied mein Spiel;
Da tratst du hervor, und Liebe,
Liebe tönt das Saitenspiel.
Aus: Joseph von Eichendorff
Sämtliche Gedichte und Versepen
Herausgegeben von Hartwig Schultz
Insel Verlag 2001 (S. 523)
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Ludwig August Frankl
(1810-1894)
Magnete
Du saßest still und lieblich vorgebogen,
Das holde Haupt madonnenhaft gesenkt,
Erinn'rungsvolle Wehmuth war verflogen,
Die gerne sonst aus deinen Zügen denkt;
Und lauschend, ernst der Brauen Paar gezogen,
Hast du dem Dichter Blick und Ohr geschenkt,
Und sinnend folgtest du mit inn'rer Regung
Des Dichtertraums phantastischer Bewegung;
Er zog vorbei - es spielte auf den Wangen,
In deinem feuchten Aug' sein Widerschein,
Von keinem Laut die schönen Lippen klangen,
Doch süß erschüttert sah ich all' dein Sein;
Da hab ich deinen schlanken Leib umfangen,
Ich fragte nicht - und du - du sprachst nicht nein.
Magnetisch, selig flogen wir zusammen
Und standen in des Kusses süßen Flammen!
aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 79)
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Else Galen-Gube
(1869-1922)
Wenn die Dämmrung über den Wald sich neigt …..
Wenn die Dämmrung über den Wald sich neigt,
wenn im Abendwind die Platanen rauschen,
wenn das hastende Leben rings um uns schweigt,
harr ich dein, Geliebter, in seligem Lauschen.
Dann steig ich empor auf meinen Altan
und ich sehe mit namenlosem Entzücken
aus der Lichtung Roß sich und Reiter nahn,
und ich weiß es: Bald wirst du mich an dich drücken.
Bald wirst du mich halten an deiner Brust
in namenlos wonnigem, süßen Umfangen
und ins Ohr mir raunen: "Du meine Lust,
ich hatte nach dir ein so heißes Verlangen!"
Und ich werde in mädchenhafter Scheu
mein Haupt an dein pochendes Herze schmiegen
und mit den Worten: "Es gibt keine Reu"
wirst du mich auch heute wie immer besiegen …..
Und ich schmücke mich wieder mit rotem Mohn
wie damals, weißt du, mit Mohn und Rosen …..
Wie die Küsse sollen die Blumen lohn
und versengen von unserm glühenden Kosen.
Verwelken wie deine Jugendkraft
hinwelkt und erstirbt in meinen Armen,
weil ich dich liebe mit Leidenschaft
maßlos ….. ohne Gnad und Erbarmen.
Aus: Aus dem Leben und den Träumen eines Weibes
Gedichte von Else Galen-Gube
Leipzig 1903 Verlag von Hermann Seemann Nachflg. (S. 17-18)
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Emanuel Geibel
(1815-1884)
O stille dies Verlangen!
O stille dies Verlangen,
Stille die süße Pein!
Zu seligem umfangen
Laß den Geliebten ein!
Schon liegt die Welt im Traume,
Blühet die duft'ge Nacht;
Der Mond im blauen Raume
Hält für die Liebe Wacht.
Wo zwei sich treu umfangen,
Da giebt er den holdesten Schein.
O stille dies Verlangen,
Laß den Geliebten ein! (...)
Aus: Emanuel Geibel Gesammelte Werke
in acht Bänden. Stuttgart Verlag
der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1883 (Band 1 S. 25-26)
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Wilhelm Gerhard
(1780-1858)
Verwandlungen
Des Tantals Tochter ward zu Stein,
Mit Schmerz das Aug' umzogen,
Und Prokn' ist einst im Frühlingsschein
Als Schwalb' umhergeflogen.
Ich möchte wohl ein Spiegel seyn,
O lieblichste der Frauen,
Damit dein holdes Augenpaar
Mich ewig könnte schauen!
Ich wollt', ich wär ein schönes Kleid,
Daß du mich immer trügest;
Und kühles Wasser möcht' ich seyn,
Wenn du im Bade liegest!
Ich möcht' als einer Salbe Duft
Dich inniglich umfangen,
Als Busentuch, als Perlenschnur
An deinem Halse prangen!
Und geben mir die Götter nicht,
Was ich so heiß erflehte:
So möcht' ich deine Sohle seyn,
Nur daß dein Fuß mich träte!
Aus: W. Gerhard's Gedichte Erster Band
Leipzig Verlag von Joh. Ambr. Barth 1826 (S. 73)
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Robert Hamerling
(1830-1889)
Sehnsucht
Ich sehne mich nach gold'nen Glückes Zielen,
Nach süßem Munde, holderblühten Wangen;
Von weichen Armen wär' ich gern umfangen,
Und meine Lippen fänden gern Gespielen.
Ich möchte nicht umsonst mit Blicken zielen
Nach einem schönen Auge voll Verlangen:
An einem zarten Halse möcht' ich hangen,
Und fessellos in seidner Locke spielen!
Wohl reizt mein sehnend Auge manch' ein lichtes
Gebild, das tausend Reize hold beleben;
Doch ach, kein süßes Wort der Liebe spricht es.
Es hält nicht Stand dem glüh'nden Liebestreben;
Der Zauber eines holden Angesichtes
Berührt mich stets nur im Vorüberschweben!
Aus: Hamerlings Werke Volksausgabe in vier Bänden
Ausgewählt und herausgegeben
von Dr. Michael Maria Rabenlechner
Mit einem Geleitwort von Peter Rosegger Zweite Auflage
Dritter Band Hamburg Verlagsanstalt
und Druckerei A.- G. (vorm. J. F. Richter) (o. J.) (S. 117)
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Andreas Ludwig Jeitteles
(1799-1878)
Frühlingstraum
Ich hielt sie glühend heiß umfangen,
Sie sprach kein Wort, sie wehrt' es kaum;
Auf Lippen küßt' ich sie und Wangen,
Doch leider war es nur ein Traum.
Als ich hinaustrat in den Garten,
Unendlich Sehnen im Gemüth:
Wie waren über Nacht die zarten
Maiblümchen rasch emporgeblüht!
Ist mir's ein Wink, daß aus der Hülle,
Die jetzt noch es verbirgt, mein Glück
Bald sich entfalten wird in Fülle?
Kehrt mir der Friede bald zurück?
Natur und Menschenherz verstehen
Einander allzeit wunderbar:
Sie reicht in unsern tiefsten Wehen
Den Balsam uns der Hoffnung dar.
Aus: Gesammelte Dichtungen von Justus Frey
[Ps. von Andreas Ludwig Jeitteles]
Herausgegeben von seinem Sohne Prag 1899
J. G. Calve'sche k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhandlung (S. 59)
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Nikolaus Lenau
(1802-1850)
Erinnerung
Erinn'rungsvoller Baum, du stehst in Trauer;
Dein Laub ist welk, mein Leben ist es auch.
Mein Herz durchziehen bange Wehmuthschauer,
Wie dein Gezweig des Herbstes kühler Hauch.
Hier saßen wir in abendlicher Stille,
Sanft bebte über uns dein flüsternd Grün,
Auf jenen Höh'n, die nun in Nebelhülle,
Verweilte noch der Sonne leztes Glüh'n.
Wie selig hielt das Mädchen ich umfangen,
Und horchte ihrem leisen Liebesschwur;
Und holder lachten uns die Blüthenwangen
Der auferwachten göttlichen Natur.
Doch hatte kaum der Lenz die sanfte Seele
Verhaucht, und seine Blüthen hingestreut,
Kaum war verstummt im Hain die süße Kehle:
War auch dahin der Liebe Seligkeit.
O traure, Herz, vorüber sind die Tage,
Da liebend dir ein Herz entgegenschlug,
Die andern schleichen hin in stiller Klage,
Der todten Liebe finstrer Leichenzug.
Aus: Nikolaus Lenau Werke und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe.
Herausgegeben im Auftrag der Internationalen
Lenau-Gesellschaft Wien 1995 Deuticke Klett-Cotta
Band 1: Gedichte bis 1834
Herausgegeben von Herbert Zeman und Michael Ritter
in Zusammenarbeit mit Wolfgang Neuber und Xavier Vicat (S. 122)
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Sophie Mereau
(1770-1806)
Psyche an Amor
(...) Und nimmer schweigt das liebende Verlangen,
dich wiederum in der Vollkommenheit
unwandelbarem Schimmer zu umfangen,
wie einst in jenem Traum voll Seligkeit.
Du, Himmlischer! den keine Worte nennen,
der Ahndung zarten Sinnen nur bekannt!
soll ewig ungestillt die Sehnsucht brennen?
bleibt stets von dir die Liebende verbannt?
Aus: Gedichte von Sophie Mereau
Erstes Bändchen Berlin 1800 (S. 125-129)
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Hermann Oelschläger
(1839-1908)
Aus: Wintermärchen
IV.
Kaum fass' ich das Glück - wer hätt' es geglaubt,
Daß du so mich wirst lieben müssen?
Du neigtest willig dein schönes Haupt,
Bedeckt von meinen Küssen;
Du schlossest die Augen zu jener Stund',
Ich küßte dir Augen und Hals und Mund,
Ich küßte dir Stirn und Locken -
Da bist du mächtig erschrocken.
Du schlossest die Augen zu jener Stund',
Ich hielt dich jauchzend umfangen;
Wie lohten die Küsse auf deinem Mund',
Wie brannten die rosigen Wangen!
Ich trank deiner liebenden Seele Glut,
Nun wogt durch die Brust mir und stürmt die Flut,
Daß ich dich halten und küssen
Und ewig werd' lieben müssen.
Aus: Gedichte von Hermann Oelschläger
München Carl Merhoff's Verlag 1869 (S. 43)
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Robert Prutz
(1816-1872)
In der Liebe goldnen Fluten
(...) Junge Rosen auf den Wangen,
Auf der Lippe Kuß um Kuß,
O du wonniges Umfangen,
O du sel'ger Liebesgruß!
Menschen- nicht, nur Götterhände
Konnten dieses Glück verleihn,
Und so wird, ich weiß, das Ende
Golden wie der Anfang sein.
Alles Schöne, alles Gute
Ist der Liebe fromme Saat;
Folge denn mit kühnem Muthe
Gern und willig ihrem Pfad!
Freue dich der stolzen Wonnen,
Die du nimmst und die du giebst –
Ach, bald ist der Sand verronnen,
Und du lebst nur, wenn du liebst!
Aus: Robert Prutz Buch der Liebe
Leipzig Verlag von Ernst Keil 1869 (S. 253-254)
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Hermann Rollett
(1819-1904)
In glühendem Verlangen
O war das eine Seligkeit -!
Wir hielten uns umfangen,
Das Auge schwamm in Trunkenheit,
Das Herz in Gluthverlangen.
Die Lippen glühten, lustdurchzuckt,
In einen Brand zusammen,
Es funkte durch die Adern uns,
Als stünden wir in Flammen.
Es war, als ob uns leis' umzög'
Ein stillverzücktes Klingen,
Als hörten wir voll Seligkeit
Die Engel selig singen.
Es war, als strömte Zauberduft
Aus einer Wunder-Rose,
Der uns zur Gluth der Lieb' entzückt
In brünstigem Gekose.
Die reinste Jungfrau konnt' es seh'n,
Wie wir uns heiß umfangen, -
Sie wäre hold erröthet nur -
In glühendem Verlangen.
Aus: Gedichte von Hermann Rollett
Auswahl. Mit dem Bildnis des Dichters
Leipzig Franz Wagner 1865 (S. 78)
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Hugo Salus
(1866-1929)
Heißer Kuß
Nun sich im Kusse unsre Lippen finden,
Du mir so nah und alle Welt so fern!
Da sieht mein Aug' den Demant sich entzünden
An deinem rosigen Ohr, den Liebesstern.
Sein Feuer glüht, loht auf und bricht zusammen.
O Seligkeit der Liebe, ich und du!
Wir stehn in purpurroten Liebesflammen
Und ihre Glut schließt uns die Lider zu.
Mit starken Armen halt' ich dich umfangen,
Ich trinke deine Seele, du bist mein!
Was bebt dein Mund? Nein, küß mich ohne Bangen,
Du sollst an meiner Brust geborgen sein.
Sie neigt die Stirne. Durch den Spalt der Lider
Schau' ich sie an. O Welt, wie warst du fern!
Wie traulich winkt mir jetzt der Demant wieder
Am Ohr der Liebsten! Holder Liebesstern!
Aus: Hugo Salus Die Blumenschale Gedichte
Albert Langen Verlag für Litteratur und Kunst
München 1908 (S. 48)
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Alexander Julius Schindler
(Julius von der Traun)
(1819-1885)
Lieblichste Erinnerung
Wir hielten uns liebend umfangen,
Verborgen im schweigenden Hain,
Wir sprachen von Liebe, es sangen
Die Vöglein von Liebe darein.
In meinem glühenden Kusse
Erstarb dein flüsterndes Wort,
Es trugen die Wellen im Flusse
Das süsse Geheimniss fort.
Zerrissen sind jene Bande,
Vorüber die schöne Zeit,
Du zogest in ferne Lande,
Mit all' deiner Lieblichkeit.
Doch rauscht noch immer durch Klippen
Zu meinen Füssen der Fluss,
Noch bebt auf seligen Lippen
Dein letzter feuriger Kuss.
Der Herbst beginnt seine Kunde,
Die Blätter fallen im Hain,
Schon brechen Jäger und Hunde
Mit schallenden Hörnern herein.
Da lächelt aus welkenden Zweigen
Die Sonne herab in's Revier,
Als wollt' sie die Stelle mir zeigen,
Wo du einst geblüht neben mir.
Aus: Gedichte von Julius von der Traun
Erster Band. Wien 1871 Verlag von Faesn & Frick (S. 38-39)
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Hans Schmidt-Kestner
(1892-1915)
Immer belauscht!
Wir wandelten unter den Bäumen
Still, Hand in Hand.
Und war als wie in Träumen
Im Märchenland.
Ich blickte dich an voll Wonne,
Du Liebste du! -
Am Himmel stand Frau Sonne
Und sah uns zu ...
Hab deine Küsse getrunken,
Berauschend Wein.
Bin vor dir niedergesunken
Im Abendschein.
Hab deinen Leib umfangen,
Du Liebste du! -
Zwei kleine Vöglein sangen
Und sahn uns zu ....
Wir hielten uns lang umschlungen
Und schauten uns an.
Kein Vöglein hat mehr gesungen,
Nacht kam heran.
Ich zog dich zu mir nieder,
Du Liebste du! -
Mond stand am Himmel wieder
Und sah uns zu ....
Aus: Gedichte von Hans Schmidt-Kestner
für das Vaterland gestorben 4. Febr. 1915.
Verlag von Ludwig Ey Hannover 1915 (S. 20)
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Ernst Schulze
(1789-1817)
Wiedersehen
Ach, ich soll dich wiedersehen,
Die so lange mir entschwand,
Soll an deiner zarten Hand
Noch einmal durchs Leben gehen;
Ach, ich soll dich wiedersehen,
Und doch darf ich noch gestehen,
Daß ich je den Schmerz gekannt?
Glühend will ich dich umfangen,
Will mit leisem Liebesbangen
Fest an deiner weichen Brust
Und an deinen Lippen hangen,
Will mit lechzendem Verlangen
Schlürfen den Pokal der Lust;
Alle meine künft'gen Thränen
Sollen Freudenthränen seyn;
Sehn' ich mich, so sey mein Sehnen
Der Gewährung Dämmerschein;
Nur in dich will ich versinken,
Will mir zarte Träume trinken
Aus der Liebe Wunderborn;
Dich nur will ich ganz umschlingen,
Will nach deinem Lächeln ringen
Und erbleichen deinem Zorn;
Dich nur soll mein Wille fragen,
Mit dir theilen Lust und Scherz,
Mit dir weinen und verzagen;
Und es soll mein treues Herz
Länger nicht als deines schlagen! -
Ach, kaum trug ich jüngst den Schmerz,
Werd' ich jetzt die Wonne tragen?
Aus: Vermischte Gedichte von Ernst Schulze
Zweite Auflage
Leipzig F. A. Brockhaus 1841 (S. 152-153)
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Wilhelm Stolzenburg
(1879-1938)
Die Herrin
Ich hielt sie so mit meinem Sinn umfangen,
daß sie mir mehr wie Gott war und die Welt,
und blieb mein Blick an ihrer Schönheit hangen,
ich faßt' die Hand, die immer Blumen hält.
Den Sommer klag ich an und Junirosen
und Lieder, die ein fremder Ritter sang,
die leichten Lippen, blutgeschwellten, losen,
das Lied, das meiner Herrin Herz bezwang.
Hätt' sie mir ihren Dolch, den schmalen, feinen,
mit hellem Jauchzen in das Herz gedrückt -
ich stürbe auf den kalten Marmorsteinen,
den Kopf auf ihren Fuß gebückt.
Sie winkt und flüstert seltsam: Page, raffe
Mein kostbar Kleid, von Gold und Silber schwer -
ich goß den roten Wein aus der Karaffe,
nach einem lustgen Lied darüber her.
Ruf mir den Troubadour zurück, mein Knabe,
im Abendrot geht singend er zu Tal ...
Die letzte Rose schenk ich, die ich habe,
singt er das tolle Lied mir noch einmal.
Aus: Wilhelm Stolzenburg Ernte Gesammelte Werke
Herausgegeben von Dieter Sudhoff
Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen Band 25
Reihe Texte Band 8 2007 (S. 35-36)
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