Liebeslieder der Völker (Volkslieder)

 


Finnische Liebeslieder



Aus: Mädchenlieder


Verlornes Liebchen

Beide liebten wir einander
Heimlich hinter'm grünen Hügel,
In des stillen Waldes Schatten,
Auf dem weichen Rasenbänkchen;
Ach, jetzt sind wir weit geschieden,
Weit getrennt sind unsre Wege.

Wer vermochte uns zu scheiden,
Wer zwei Liebende zu trennen,
Wer hat zwischen treue Herzen,
Haß und Zweitracht säen können?
Scheidet Gott doch nicht die Herzen,
Die einander treulich lieben.

Mag die Unglücksel'ge nimmer,
Nie bis in die Ewigkeiten
Vor den Stuhl des Richters treten,
Seinen Himmel je beschreiten,
Die mich um mein Liebchen brachte,
Die mich krank und elend machte!

Kaum erwacht war meine Liebe,
Wie die junge Saat im Frühling,
Meine Rose, kaum erbrochen,
Duftete die ersten Düfte, -
Ach, da war sie schon gekommen,
Die mein Liebchen mir genommen.


aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 39-40)
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Gleiches Schicksal

Fern im Laubwald sang ein Vöglein,
Zwitscherte vom Berg herüber,
Lockte leise den Geliebten,
Rief ihn sanft zu sich herüber,
Sehnte sich nach seinem Liebchen.

Wie viel mehr muß ich Verlaßne
Nicht mein fernes Glück entbehren,
Wie viel inniger mich sehnen
Nach des holden Freundes Ankunft,
Nach der Nähe des Geliebten!

Flieg' zu mir, mein Vöglein, fliege,
Komm zu mir, du armer Sänger,
Laß mich deine Leiden hören,
Deiner Klage laß mich lauschen!
Will auch dir mich offenbaren,
All mein Leid sollst du erfahren,
Unsre Sorgen laß uns tauschen,
Laß uns Trost einander bringen!

Breite aus die leichten Schwingen,
Vöglein, flieg' zu mir herüber,
Setz' auf meine Hand dich nieder,
Ruhe aus auf meinen Armen,
Ich will deiner mich erbarmen,
Will dich schützen allerwegen,
Will dich hüten, will dich pflegen,
Will wie einen Freund dich hegen.

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 54-55)
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Alles für Ihn!

Er nur liegt mir in Gedanken,
Ihm will ich mein Herz bewahren,
Ihm nur, mit den Rosenwangen,
Mit den goldgelockten Haaren,
Mit dem feinen Hut und Röckchen,
Mit dem hübschen tuchnen Jäckchen.

Wenn er mich zur Hausfrau nähme,
O, wie wollt' ich für ihn sorgen,
Abends ihm das Bad bereiten,
Quaste schon am frühen Morgen,
Wollte gern das Wasser tragen,
Bände selbst den Quast im Walde,
Ginge aus um Holz zu holen,
Weite Meilen wollt' ich wandern.

Ach, bekäm' ich ihn zum Manne,
Und bekäm' - o, welch Vergnügen!
Mit den Händen wollt' ich weben,
Mit dem Fuße wollt' ich wiegen.

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 55)
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Sehnsucht nach dem Geliebten

Käm' mein Liebchen jetzt des Weges,
Käm' mir unverhofft entgegen,
O, schon aus der Ferne wollt' ich
Schon am Gange ihn errathen,
Würd' ihn schon von weitem hören,
Wenn es tausend Schritte wären.

Leicht wie Nebel wollt' ich eilen,
Flüchtig wie der Rauch im Winde,
Blitzschnell, wie die Funken sprühen,
Unaufhaltsam wie die Flamme
Wollt' ich ihm entgegeneilen,
Mich an seine Seite schmiegen,
Liebevoll mich zu ihm neigen,
Zärtlich seine Hände streicheln,
Hielt' er in der Hand auch Schlangen;
Wollte seine Lippen küssen,
Wär' auch Gift darauf gestrichen;
An den Hals wollt' ich ihm fliegen,
Wenn der Tod ihn auch umarmte,
Ihn in meine Arme schließen,
Säh' ich Blut auch niederfließen.

Doch des Liebchens Mund und Lippen
Sind nicht rothgefärbt von Blute,
Seine Hand hält keine Schlangen,
Und kein Tod hält ihn umfangen.
Rosenroth sind seine Lippen,
Honigsüß sind Mund und Wangen, -
Ach, dürft' ich die Hand ihm drücken,
Könnt' an seinem Halse hangen!


aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 56)
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Kuckuck als Prophet

Rufe, goldner Kuckuck, rufe!
Du mit glänzendem Gefieder,
Silbervogel, laß dich hören,
Perlenfarbner, singe wieder!
Bring' mir, Liebling, endlich Klarheit,
Gieb mir Antwort, sprich die Wahrheit!

Werd' ich lange ohne Häubchen,
Lange noch in Locken gehen?
Lange noch in Mädchenflechten,
Ohne Frauenschmuck mich sehen?
Sprich, werd' ich mit seidnen Schnüren
Lange noch die Locken zieren?
Werd' ich eins nur, oder zwei Jahr,
Oder fünf noch warten müssen,
Oder soll ich gar noch acht Jahr
Meinen Bräutigam vermissen?
Etwa gar mein ganzes Leben,
Oder auch nur dies Jahr eben?

Rufe, goldner Kuckuck, rufe,
Du mit silbernem Gefieder,
Sing' mit deiner hellen Stimme
Alle Schönheit auf mich nieder!
Sing' mir goldgestickte Gürtel,
Blaues Band mit Silberfädchen,
Singe Glück mir armen Kinde,
Schmücke du mich armes Mädchen,
Daß ich bald als junge Hausfrau,
Noch im ersten Jugendglanze
Mit dem auserwählten Bräut'gam
Froh auf meiner Hochzeit tanze!

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 57)
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Die Erwartung

Sang ein Vögelchen im Walde,
Zwitscherte im Laub der Linde;
Sag', was singst du, liebes Vöglein,
Sprich, was zwitscherst du im Walde?

Wüßtest du, daß er sich nahte,
Daß er käme, der Geliebte,
Deckt' mit Seide ich die Brücken,
Und mit Sammet die Moräste,
Legt' auf Sümpfe wollne Tücher,
Leinene auf rauhe Wege,
Baute eine eichne Hütte,
Richtete von Eichen Wände,
Eichne Dielen sollten schimmern,
Wollte eichne Pfosten zimmern,
Schmückte sie mit Wasserlilien,
Ziert' die Decke aus mit Schuppen;
Einen Tisch von reinem Golde
Formt' ich, und von Silber Bänke,
Nähm' zum Ofen neue Steine,
Feine Fliesen zum Kamine.

Bände dann mit seidnem Zügel
Ihm ein Rößlein an die Brücke,
Führte meinen Auserwählten
In die Hütte, hin zum Tische,
Wollt' auf seinem Schoß mich wiegen,
Sanft an seinen Hals mich schmiegen.

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 59-60)
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Mädchengedanken

Ach, bekäme ich doch einmal
Einen Mann, wie ich verlange,
Einen Mann von hübschen Ansehn,
Klar das Auge, frisch die Wange!

Lange hab' ich warten müssen,
Lang' genug zu Haus gesessen,
Wenn doch endlich nun der rechte
Bräutigam auch kommen möchte!

Wollt' ihn selbst des Abends waschen,
Morgens ihm das Hemdchen reichen,
Hemdchen gäb' ich von den feinen,
Höschen von dem feinsten Leinen;
Gäb' ihm Strümpfe, und am Ende
Handschuh noch auf beide Hände.
Selbst kauft' er ein hübsches Hütchen,
Dazu Schuh mit feinen Sohlen,
Tücher ließ er sich aus Abo,
Einen Pelz aus Lappland holen;
Kleider, Band nebst andern Dingen
Ließ er wohl aus Wilborg bringen.

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 63)
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Hätt' ich Schwingen!

Ach, warum, du hoher Schöpfer,
Warum liehst du mir nicht Schwingen,
Gleich dem Adler aufzusteigen,
Durch das Wolkenmeer zu dringen!

Hätt' ich, Vöglein, dein Gefieder,
Hätt' ich deinen Fittich, Adler,
Hätt' ich, Taube, deine Flügel,
Hätt' ich Schwingen gleich dem Schwane,
O, wie wollt' ich mich erheben,
Leicht mich in die Lüfte schwingen,
Weithin über Seen schweben,
Meinem Liebchen Grüße bringen!

Rastlos flög' ich in die Ferne,
Wollte nirgends mich verweilen,
Nicht auf Baum, nicht Blatt mich ruhen,
Unermüdet vorwärts eilen,
Flöge über Meer und Flüsse,
Bräche alle Hindernisse.

Selbst nicht Hunger sollt' mich halten,
Nicht am Abend, nicht am Morgen,
Ohne Trank und ohne Speise
Wollt' ich wochenlang nicht sorgen;
Würd' mein Liebchen mich doch pflegen,
Er ließ' nimmer mich vergehen,
Ließ' mich satt an seinen Augen,
Satt an seiner Schönheit sehen.

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 65-66)
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Fern von mir ist der Geliebte

Nicht im Kummer kann ich singen,
Nicht in meinen Leiden scherzen,
Nicht in Sorgen fröhlich scheinen,
Lachen nicht mit schwerem Herzen;
Wozu nützt es, daß ich singe,
Mich zu frohen Liedern zwinge?

Säng' ich auch in allen Thälern,
Ließ mich hören auf den Feldern,
Rief das Echo wach der Berge,
Riefe laut in Flur und Wäldern,
All mein Rufen, all mein Singen
Würde ungehört verklingen;
Bis zu ihm, dem fernen Liebchen,
Kann der süße Ton nicht dringen.

Tannen lauschen meinen Tönen,
Espen hören auf die Lieder,
Zärtlich flüstern hier die Birken,
Dort die Erlen zu mir nieder,
Selbst die Weiden auf den Wegen
Lächeln freundlich mir entgegen.

Doch ich frag' nicht nach den Tannen,
Nicht nach Bäumen, Blatt und Blüthen,
Oder soll ich gar den Erlen
Hand und Mund zum Kusse bieten?

Nein, doch wenn mein Liebchen nahte,
Käm' er unverhofft gegangen,
O, wie wollt' ich ihn empfangen,
Freundlich ihm in's Auge blicken,
Zärtlich an das Herz ihn drücken!

Rosen blühn auf seinem Munde,
Purpurroth sind seine Lippen,
Seidenweich die goldnen Locken,
Zart wie Sammet seine Wangen;
In den Augen glühen Sonnen,
Monde leuchten von den Schläfen,
Sterne schimmern von den Achseln,
Licht umstrahlt den Auserwählten;
Herrlich ist sein Gang und stattlich,
Stolz und männlich ist sein Wesen.

Alles gäb' ich, wenn er nahte,
Käm' er jetzt des Wegs, der Holde,
Jeden seiner stolzen Schritte
Wög' ich auf in reinem Golde.


aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 66-67)
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Getäuschte Hoffnung

Andre haben hier ihr Liebchen,
Mein Schatz ist im blut'gen Kriege,
Wandert hin auf dunkeln Wegen,
Zieht dem Feinde keck entgegen
Weit im wilden Türkenlande,
Fern am ungastlichen Strande.
Keine Mutter darf ihn pflegen,
Keine Schwester darf ihm schmeicheln,
Ihm mit sanften Küssen lohnen;
Dem Gewehr drückt er die Hände,
Küsse wechselt er mit Schwertern
Und dem Munde der Kanonen.

Weh mir unglücksel'gem Mädchen,
Daß mein Herzensfreund, der Eine
In den wilden Krieg gezogen,
Er, um den ich ewig traure,
Dem ich heiße Thränen weine!

Hier wollt' er die Hochzeit feiern,
Hier wollt' er die Hand mir reichen,
Ach, jetzt feiert er die Hochzeit
Auf dem Schlachtfeld unter Leichen
In der wilden Feinde Mitte,
Nicht in seiner lieben Heimath,
Im Palaste eines Reichen,
In der Armuth niedern Hütte;
Priester ist des Heiden Keule,
Haß und Blutdurst spricht den Segen,
Trauring ist die spitze Lanze,
Seine Braut der blanke Degen.


aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 68)
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Wer ist mein Bote?

Wo mag mein Geliebter weilen,
Wüßt' ich, wo mein Schätzchen wäre!
Wer kann sagen, ob zu Lande
Oder auf dem blauen Meere?
Ist er bei den Schweden drüben,
Sollt' er gar nach Deutschland fahren,
Oder in den Krieg nach Jütland,
Auf das Schlachtfeld sich zu wagen,
Wo jetzt Ströme Blutes fließen,
Purpurbäche sich ergießen?

Ach, wer kann ihm Botschaft bringen,
Wer den Weg zu ihm sich bahnen,
Eh' noch Andre meinen Kummer,
Meine bittern Sorgen ahnen?

Sei du, Vögelchen, mein Bote,
Komm, wir wollen uns verbünden,
Einer soll dem andern helfen,
Jeder seine Rechnung finden!
Aber laß es Niemand wissen,
Wirst es heimlich halten müssen.

Ich will auf dein Nestchen achten,
Deine Kleinen treulich pflegen;
Du, mein Vöglein, flieg' indessen,
Flieg' hinaus auf weiten Wegen,
Ihn, den Trautesten zu finden,
Liebesbotschaft ihm zu bringen.

Aber ach, das arme Vöglein
Darf den weiten Flug nicht wagen,
Seinen ungewohnten Flügeln
Wird die schwache Kraft versagen;
Wenn der Wind doch willig wäre,
Hätt' der Sturm doch eine Zunge,
Er mit seinen starken Schwingen
Könnte sichre Nachricht bringen.
Grüße trüg' er hin und wieder,
Tauschte wechselnd Liebeszeichen
Zwischen zwei, die ewig lieben,
Nie in ihrer Treue weichen.

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 69-70)
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Treue

Einer nur liegt mir im Sinne,
Nur an Einen mag ich denken,
An den holden Auserwählten,
An den Liebling meiner Seele;
In den ersten frohen Stunden
Hat er mich, ich ihn gefunden;
Seine hellen, klaren Augen
Haben leicht mich überwunden.

Treu hat er zu mir gehalten,
Hat sein Mädchen nicht vergessen,
Wählte mich zu seinem Liebchen,
Nannte mich sein Herzensblümchen,
Nannte schmeichelnd mich sein Täubchen,
Hieß mich gar sein liebes Weibchen.

So will ich auch treu ihn halten,
An ihm hängen als sein eigen,
Wie das Vögelchen am Baume,
Wie das Eichhorn an den Zweigen.


aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 70)
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Gefunden!

Längs des Wiesenrandes ging ich,
Lauschte spähend in die Runde,
Sah im Wasser einen Vogel,
Einen Schwan im blauen Sunde;
Leise schlich ich in die Nähe,
Brannte heimlich vor Verlangen
Nah den Vogel zu betrachten,
Hätt' ihn gar zu gern gefangen.

Noch lag Schnee auf den Morästen,
Endlos bis zum Himmelsrande,
Aber muthig schritt ich vorwärts
Über Eis und Schnee am Strande;
Weinend ging ich weit und weiter,
Reichlich flossen meine Thränen,
Trüben Blickes sah ich vor mir
Sich die weite Fläche dehnen.

Endlich kam ich zu dem Vogel,
Leichten Schrittes, ihn zu streicheln,
In die Arme ihn zu schließen,
Ihn zu küssen, ihm zu schmeicheln.
Sieh, da fanden wir uns endlich,
Hielten lange uns umfangen,
Küßten uns beim Wiedersehen,
Küßten Augen, Mund und Wangen.

Und die Sonne glänzte golden,
Und der Mond im Silberstrahle,
Herrlich schimmerten die Bäume
Auf den Hügeln und im Thale;
Lieblich dufteten die Wälder,
Froher schienen Flur und Heide
Bei dem Anblick des Geliebten,
In des Wiedersehens Freude;
Wonne strahlte und Entzücken
Aus des trauten Freundes Blicken.

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 74-75)
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An den verlornen Geliebten

Schönheit schmückte einst uns beide,
Waren wie zwei junge Täubchen,
Wie zwei Schwäne auf dem Teiche,
Einer war dem Andern ähnlich;
Traulich Arm in Arm geschlungen,
Hand in Hand sah man uns wandern,
Sah uns hin zur Tenne eilen,
Fröhlich unsre Arbeit theilen.

Schönheit schmückte einst uns beide,
Waren wie zwei junge Küchlein;
Weggezogen ist der eine,
Einsam trauernd blieb der andre,
All sein Lebtag unter Thränen
Nach dem Liebchen sich zu sehnen.

Harren würd' ich armes Mädchen,
Noch auf seine Heimkehr hoffen,
Glauben, daß er wiederkehrte,
Hätt' er Vorrath für die Reise,
Und ein Abschiedsmahl gehalten;
Wenn er selbst nach fernen Ländern
Durch das Meer gefahren wäre;
Aus dem Wasser kehrt man wieder,
Nimmer aus dem Schoß der Erde.

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 99)
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Die Trauernde

O, wie glücklich sind doch Andre,
Seht, wie andre Menschen fröhlich
Im Genuß des Glückes leben!
In der Nähe ist ihr Liebling,
Stets vor Augen der Erwählte,
Nah ist ihnen der Geliebte,
Munter regt er sich im Hause,
Eilt um Holz im Hof zu schlagen,
Hilft es flink zusammentragen.

Meinen Liebling seh ich nimmer,
Nimmer hör' ich seine Schritte;
Unter grünem Rasen ruht er,
Wo im Lenz die Blumen sprießen;
Ihm zu Häupten rauschen Tannen,
Trauerweiden ihm zu Füßen.

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 100)
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Aus: Braut- und Hochzeitlieder

Lob der Braut

Sieh, o Bräutigam, dein Mädchen,
Dieses Hauses Stolz und Ehre!
Einem jungen Baumreis gleicht sie,
Einer frischen Heidelbeere;
Weiß und reiner, als das Schneehuhn
Ist die Jungfrau, die dich wählte,
Zarter, als der Schaum der Wogen
Ist die junge Neuvermählte,
Schöner, als der Schwan im Teiche
Ist die Braut, die du gewonnen,
Klarer, als des Himmels Sterne
Leuchten ihrer Augen Sonnen.

Savolax hat keine schönre,
Selbst nicht Abo dir zu bieten,
Nicht Karelen und nicht Rußland
Wird ein schönres Mädchen hüten;
Lieblich sind der Jungfrau Züge,
Ihre Augen leuchten Freude,
Roth wie Purpur sind die Lippen,
Ihre Wangen weich wie Seide.

Karelen, Savolax und Tavastland
sind drei Provinzen Finnlands

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 113-114)
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Aus: Männerlieder

Liebeslied

Sing', mein Herzensmädchen, singe,
Öffne deinen Mund, den süßen!
Laß die silberhellen Töne
Von den Honiglippen fließen!
Laß mich dem Gesange lauschen,
An dem Klange mich berauschen!

Küß' mich, holdes, liebes Mädchen!
Laß mich in dein Auge blicken!
Küssen schadet nicht dem Munde,
Und den Händen nicht das Drücken.

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 186)
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Komm zum Tanz!

"Komm herein und laß uns tanzen!"
"Ei, wer sind die Tänzerinnen?"
"Nur ein Weib mit grauen Haaren,
Auf dem Strohsack liegt sie drinnen."

"Danke herzlich, laßt sie liegen,
Tanzen macht mir kein Vergnügen,
Kalt sind Füße, kalt die Hände,
Kalt von Anfang bis zu Ende."

"Komm herein und laß uns tanzen!"
"Ei, wer sind die Tänzerinnen?"
"Eine wunderholde Jungfrau,
Ruht auf seidnem Kissen drinnen."

"Hei, nun laßt zum Tanz uns fliegen,
Nun macht tanzen mir Vergnügen!
Warm sind Füße, warm die Hände,
Warm von Anfang bis zu Ende."


aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 186-187)
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Aus: Hirten- und Jagdlieder

Frage

Wo, wo weilt sie, meine Holde,
Warum zögert die Geliebte?
Wo verbirgt sich meine Freude,
Warum bleibt mein Liebchen ferne?
Kein Gesang tönt von der Halde,
Ihre Spiele nicht vom Walde,
Nicht des Hornes Ton vom Hügel,
Von den Bergen nicht ihr Liedchen.

O, wenn die Geliebte nahte,
Wär' mein Liebchen auf dem Wege,
Wenn die Holde nahe wäre,
Käme sie, die Blondgelockte,
Anders würd' mein Horn erschallen,
Anders dann das Echo hallen!
Flüsternd zög' es hin und wieder,
Aus der Ferne tönten Lieder,
Lieblich lächelten die Felder,
Freude strahlte durch die Wälder.


aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 214-215)
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Antwort

Hier lustwandelte mein Liebchen,
Sie, die ich im Herzen trage,
Hier betrat ihr Fuß die Pfade,
Hier ging meine süße Freundin;
Hier ist ihre Spur im Rasen,
Auf dem Stein im weichen Grase.

Heller ist des Steines Schimmer,
Glänzender, als andrer Steine,
Dreifach herrlich sind die Haine,
Fünffach freundlicher die Fluren,
Sechsfach sonniger die Matten,
Wonniger das ganze Wäldchen,
Wo der Weg die Holde führte,
Wo ihr Fuß den Pfad berührte.

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 215)
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Lockung

Komm herüber, junge Hirtin,
Grüße deinem Freund zu bringen!
Sieh, hier sind die Heerden schöner,
Hör', wie hell die Glöckchen klingen!
Süßer sind die Heidelbeeren,
Erdbeern stehn in voller Frische,
Reifer sind die Preiselbeeren,
Voller Himbeern sind die Büsche.

Komm herüber, Herzensmädchen,
Eile her zu mir, mein Schätzchen,
Hier laß deine Heerde weiden,
Sieh, hier ist das beste Plätzchen!
Grüne Hügel dort im Norden,
Und nach Süden hin das Bächlein,
Weit im Westen dunkle Heide,
Und im Osten grüne Weide.

Komm herüber, Herzensliebchen,
Eile hierher, holdes Mädchen,
In die Arme deines Freundes,
Komm zu deinem Spielgefährten,
Dich zu herzen, dich zu küssen!
Aber Niemand darf es wissen.


aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 216)
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Aus: Balladen

Suometar

Vordem lebte eine Jungfrau,
Weidete im Wald die Kühe,
Hütete im Moor die Heerde,
Fand ein Vögelchen im Sumpfe,
Hob es auf von feuchter Erde;
Trug es achtsam heim nach Hause,
Gab ihm Trinken, gab ihm Essen.

Und das Vöglein baut ein Nestchen,
Legt ein Ei von lauterm Golde,
Brütete und bald verwandelt
Sich das Ei in eine Jungfrau.
Soll man Sorsatar sie heißen,
Oder Suometar sie nennen?
Sorsatar klingt rauh und unschön,
Suometar klingt weich und lieblich.

Tage gingen hin und Wochen,
Mancher Monat war verflossen,
Herrlich wuchs im Hof die Jungfrau,
Blühte auf im Glanz der Schönheit.

Sieh, da nahten drei Bewerber,
Traten ein mit stolzem Schritte;
Kam der Mond, und kam die Sonne,
Und der Nordstern als der dritte.

Als der erste trat der Mond ein,
Reich geschmückt in Gold und Seide,
Silber schimmert auf dem Kleide.

"Komm und folg' mir, schöne Jungfrau,
Führen will ich dich, du Holde,
In die silbernen Gemächer,
In mein Schloß von rothem Golde."

Doch die Jungfrau dachte anders,
Nahm das Wort und gab zur Antwort:
"Nicht dem Monde will ich folgen,
Seltsam ist des Mondes Aussehn,
Unbeständig ist sein Antlitz;
Bald sind allzuschmal die Wangen,
Bald auch allzusehr gerundet;
Nachts begiebt er sich auf's Wandern,
Und den Tag verbringt er schlafend;
Nein, dem Monde folg' ich nimmer!"

Nach dem Mond erschien die Sonne,
Reich geschmückt in Gold und Seide,
Silber schimmert auf dem Kleide.

"Komm, und folg' mir, schöne Jungfrau,
Führen will ich dich, du Holde,
In die silbernen Gemächer,
In mein Schloß von rothem Golde."

Doch die Jungfrau dachte anders,
Nahm das Wort und gab zur Antwort:
"Nicht der Sonne will ich folgen,
Tücke läßt sie oft verspüren,
Plagt im Sommer uns mit Hitze,
Läßt im Winter uns erfrieren;
In der schönen Zeit der Ernte
Strömt der Regen wie aus Gossen;
Wenn die Saat auf Regen wartet,
Hält den Himmel sie verschlossen."

Endlich naht der Stern des Poles,
Nicht in Silber, noch in Seide,
Nicht in goldgesticktem Kleide.

"Komm und folg' mir, schöne Jungfrau,
Führen will ich dich, du Holde,
In die silbernen Gemächer,
In mein Schloß von rothem Golde!"

Sieh, da ruft die schöne Jungfrau:
"Ja, dem Nordstern will ich folgen!
Freundlich ist er, gutgeartet,
Treu und häuslich und beständig;
Glänzend strahlt er in die Ferne,
Im Verein der sieben Sterne,
Seiner ewigen Gefährten."

Und des Nordsterns edle Rosse
Werden in den Stall geleitet;
Reichlich streut man ihnen Hafer,
Frisches Heu wird ausgebreitet.

Sieh, da tritt der Stern in's Zimmer,
Geht zum Tisch und läßt sich nieder;
Meth bringt man in vollen Kannen,
Füllt die Becher und die Krüge.
"Iß und trink, geliebter Nordstern!"

"Mag nicht essen, und nicht trinken,
Will mein Liebchen erst begrüßen,
Meine Braut, die holde, sehen,
Sie in meine Arme schließen."

Suometar, die schöne Jungfrau
Ruft vom nahgelegnen Stübchen:
"O, du herrlichster der Freier,
Du, mein lang' ersehnter Bräut'gam,
Hab' Geduld mit deinem Liebchen!
Gieb mir Zeit, der armen Waise,
Noch ein Weilchen laß mich bleiben,
Keine liebe Mutter hilft mir,
Keine Schwester darf mich kleiden;
Fremde Frauen müssen helfen,
Freundlich meiner sich erbarmen;
Wär' die Mutter mir zur Hülfe,
Läg' ich längst in deinen Armen."

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 239-242)
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Aus: Gedichte vermischten Inhaltes

Des Mädchens Klage

Nimmer gehn mir aus dem Sinne,
Niemals kann ich sie vergessen,
Jene heitern, holden Tage,
Als ich sang, ein Kind an Jahren,
Zwitscherte, ein kleines Mädchen,
Nach der muntern Vögel Weise,
Gleich der Lerche in den Lüften,
Nah der Wolken Schoß dort oben,
Unbekümmert, ohne Sorgen.

Frei das Herz von allem Kummer,
Flog ich einst, wie Winde fliegen,
Schwebte, wie die Funken schweben,
Flatterte, wie Laub im Walde,
Wie der Schmetterling im Rasen;
Trank mich satt am Honigsafte
Aus den goldnen Blumenkelchen,
Trank den Thau aus Silberschalen.

Fröhlich in des Haines Schatten
Auf der duft'gen Wiese saß ich
Gleich der Blume auf dem Felde
Unter frohen Kinderspielen
Mit den Schwestern und den Brüdern,
Eingewiegt von süßen Düften,
Die der Wind herüberwehte
Von der honigreichen Wiese.

Dann im Hain, ein Bild des Friedens,
Schlief ich, gleich dem jungen Vöglein,
Sanfte Ruhe senkte leise
Sich auf's Lager, mir zur Seite,
Drohte meinem süßen Schlummer
Nicht mit neuerwachtem Kummer,
Nicht mit jenen bangen Sorgen,
Die mein Herz jetzt niederdrücken.

Weder weiß ich, noch vermag ich
Zu erklären, zu ergründen,
Was mir in den Sinn gekommen,
Was die Seele mir bewegte,
Welch ein mächtiger Gedanke,
Welch ein unbekanntes Feuer
Sich in meinem Herzen regte.

Als ich fünfzehn Jahre zählte,
Als die Zeit dahingegangen,
Ich herangereift zur Jungfrau,
Da begann mein Herz zu glühen,
Neue, ungeahnte Sorgen
Wuchsen mit des Busens Wallung.
Öde scheint mir jetzt die Hütte,
Düster ist mein Sinn im Felde,
Weder auf den Fluren find' ich,
Noch im Haine find' ich Ruhe,
Aus dem grünen Laub der Bäume
Ist die Freude hingeschwunden.
Kummer zwingt mich auf das Lager,
Stiller Gram stört meinen Schlummer,
Sorgen wecken mich zum Lichte,
Zu dem Glanz des jungen Tages.

Tief im Herzen brennt die Flamme,
Tief im Innersten verborgen
Glüht das Feuer dunkler Hoffnung,
Jenes unbekannte Feuer,
Das ich nicht die Kraft zu löschen,
Nicht den Muth zu dämpfen habe.
Dorthin eilen meine Wünsche,
Meiner Zunge Wort und Rede,
Dahin eilen meine Wünsche,
Meine innersten Gedanken,
Zu den Wegen dunkler Hoffnung,
Zu der Ahnung engen Wegen;
Freude bringen sie dem Herzen,
Ach, und bringen bald auch Schmerzen.

Ein Gedanke nur bewegt mich,
Nur an Eines mag ich denken,
Nur ein einziges Bedürfniß
Unter allen fühlt die Seele,
Nur das eine, das dem Herzen
Freude bringt, und bald auch Schmerzen.


aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 281-283)
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Hochzeit!

"Nun, mein Antti, Herzensjunge,
Meiner Augen Trost, mein Leben,
Wann wird's endlich Hochzeit geben?"

"Morgen schon, mein Turteltäubchen,
Morgen schon wirst du mein Weibchen."

"Ist das Hochzeitsmahl auch fertig?"

"Freilich: Suppe erst von Mücken,
Dann ein fetter Fliegenrücken,
Mottenflügel, Entenknochen,
Alles ließ ich für dich kochen."

"Heißa, Antti, welche Freude,
Topp, wir machen Hochzeit beide!"

Antti kam schon gegen Abend,
Ruhte aus und ging am Morgen
Feld und Acker zu besorgen;
Ging um Rüben auszusäen,
Pflanzte Alles schon im Gehen;
Spannte vor den Pflug zwei Katzen,
Furchen zogen ein paar Spatzen,
Legte selbst sich auf die Nase,
Schlief vergnügt im weichen Grase.


aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 306)
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Aus: Beschwörungsrunen

Um Liebe zu wecken

Wache auf zum Werke, Liebe,
Du, der Jungfrau Lust, erwache!
Streu', du Wonne, deine Blüthen
Über sieben Nachbardörfer,
Über mehr als sieben Flecken,
Über neun der reichsten Städte!

Noch blüht heimlich hier ein Mädchen,
Unbemerkt im Glanz der Jugend,
Stolz von Wuchs, doch unbeachtet,
Anmuthvoll und reich an Tugend;
Nicht im letzten Heirathsjahre,
Nicht im Sommer, der geschwunden,
Hat ein Freier sich gefunden.

Lempi, holde Liebesgöttin,
Komm herbei auf leichten Schwingen,
Laß dich, Mächtige, nicht zwingen!
Komm, der Männer Sinn zu wecken,
Ihre Neigung anzuregen,
Ihre Herzen zu entzünden,
Lehr' sie deine Macht empfinden!
Mach' die kalten Herzen glühen,
Laß sie Funken, Flammen sprühen,
Tag und Nacht schür' deine Brände,
Schür' die Flamme ohne Ende!

Steig' herauf in hellen Strahlen,
Komm, dein goldnes Licht zu senden,
Ohne daß ich dich beschwöre,
Ohne Zauber anzuwenden!

Schon erhebt sich Mond und Sonne,
Du nur säumst mit deinem Lichte;
Brich hervor denn aus dem Dunkel,
Nimm die Wolke von der Jungfrau,
Daß der Sonnenstrahl, der süße,
Und das Mondlicht sich ergieße!

Locke Männer aus der Ferne,
Laß die Wege sie betreten,
Führ' sie her aus hundert Dörfern,
Leite sie aus hundert Städten
Zu dem holden, lieben Kinde,
Daß den Bräutigam sie finde!

aus: Kanteletar, die Volkslyrik der Finnen
In's Deutsche übertragen von Hermann Paul [1846-1921]
Helsingfors 1882 (S. 332-333)
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Des Mädchens Warten

Führe Gott mir solchen Mann zu,
Dessen Ring mir passen möchte,
Dessen Brustschmuck taugen möchte,
Der angriffe sich, mich freite!
Aber komme nicht ein Dummer,
Komme wankend nicht ein Hinker,
Wenn nicht Bessre kommen sollten,
Schönere nicht zu mir eilten!
Nie so lang ich Leben habe,
Unter goldnen Mondes Scheinen,
Schlummr' ich ein auf Pfuschers Kleidern,
Beug' ich mich zu leerem Beutel,
Liebe ich zerriss'ne Schuhe,
Aber käm' der Wohlbekannte,
Zeigte sich der Vorgesehne, -
Küssen wollt' ich ihn mit Küssen,
Wäre gleich sein Mund in Wolfsblut;
Herzen wollt' ich seine Hände,
Hinge Schlang' an Fingerspitzen.
Hätte ach, der Wind Verständniß,
Hätte Sturm ein Sprachvermögen;
Botschaft melden sollt' er, bringen,
Führen oft die häuf'ge Botschaft;
Zwischen Liebenden den zweien.

aus: Finnische Runen. Finnisch und deutsch
von Dr. H. R. von Schröter [Hans Rudolf Schröter 1798-1842]
Herausgegeben von G. H. von Schröter
Stuttgart und Tübingen 1834 (S. 123-124)
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Lachen und Weinen

Wandert' ich längs eines schönen Berges,
Längs des Strandes voll des losen Sandes;
Ging ich zu dem Hofe meiner Schwester,
Setzte mir zu Essen vor die Schwester.
Aß ich einen Bissen, halben Bissen,
Dachte immer nur an den Verlobten:
"Lieget der Verlobte auf der Bahre,
Liegt das scharfe Schwert auf seinem Halse."
Weinen sollte ich um meinen Liebsten,
Aber kann vor Lachen gar nicht weinen;
Lacht der Mund mir, weint mein armes Herze,
Thränen träufeln nieder meine Augen,
Wie die Ströme rauschend niederfließen,
Die vom Falle hoch herunterstürzen.

aus: Finnische Runen. Finnisch und deutsch
von Dr. H. R. von Schröter [Hans Rudolf Schröter 1798-1842]
Herausgegeben von G. H. von Schröter
Stuttgart und Tübingen 1834 (S. 129)
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