Liebeslieder der Völker (Volkslieder)

 


Mongolische Liebeslieder


Zwei Sehnsuchtslieder

I.
Röthliches Roß mit dem Paßgange!
In der gewohnten Heerde wandelnd,
Wie schön bist Du in Deiner Gattung!
Mit wundervoller Farb' und stolzem Wuchse!
Aber jene junge Schöne
In dem fremden Lande wohnend
Härmet sich ob ihrer Heimath;
Blickt hierher mit unverwandtem Auge.
"Immer würd' ich bei Dir sein,
Doch der Berg Schanghai verhindert's.
Streb' ich auch zu leben in der Liebe,
Scheidet mich das Schicksal doch von Dir!"
(S. 48)


II.
Wie die Sträuche auf den Eisgebirgen
Von den stürmischen Winden schwanken,
Also schwanken auch vom Trunke
Die im reifen Alter steh'nden Brüder.
Das junge Roß das da gekommen ist
Zur fremden großen Heerde,
Und sich nicht dran gewöhnen kann,
Grämt immer sich um die Gefährten!
Die fremde Fürstentochter
Die unter dem zahlreichen Volke
Nicht weiß wie sie gefallen soll,
Erduldet leicht Verdruß und Leid!
Zeigt die schwarze Wolke sich,
Denk' ich mir das starke Schneegestöber.
Deckt mit Staube sich der Pfad,
Sagt das Herz: da kommt der liebe Freund
Wälzt die weiße Wolke sich daher,
Harr' ich nur des Frostes.
Wirbelt ob dem Thale sich der Staub,
Sag ich nur: sieh da, mein lieber Freund!
(S. 48-49)

 

Aus: Versuch einer geschichtlichen Charakteristik der Volkslieder germanischer Nationen
mit einer Übersicht der Lieder aussereuropäischer Völkerschaften
von Talvj [Therese Albertine Louise von Jakob verh. Robinson 1797-1870 ]
Leipzig 1840




 


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