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Arabische Liebeslieder
Erstes Buch: Lieder der Liebe
1.
Am Wasser Ben Afi's da hat sie getränkt
Mich, als ich zum Brunnen die Schritte gelenkt.
Sie gab mir des Wassers soviel faßt ein Krug,
Drei Züge nur that ich, da war es genug.
O Wabra, dir mag der Prophet es verzeih'n,
Daß gleich du auch zogest die Steuer dir ein.
Du gabst mir nur Wasser, ich mußte gemuth
Mein Herz dir geben, gefüllet mit Blut.
(S. 3)
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2.
Lange zwar um dich hab' ich umsonst gestritten,
Viel hab' ich gekämpft und habe viel gelitten.
Doch bewährt hab' ich den Fürsten deines Stammes,
Daß untadlig sei mein Sinn und meine Sitten.
Und sie wurden fügsam meines Herzens Wünschen,
Und willfahrten endlich meiner Liebe Bitten:
Abla, daß ich dich, die Perle deines Stammes,
Führen durft' hinweg in meines Stammes Mitten.
Nun erkenn' ichs, werth ist der Besitz des Kleinods,
Abla, daß er mir solange ward bestritten.
(S. 3)
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3.
Wer hat die Jagd gelehret dich, kunstgeübte Leile?
Aus deinen Augen schickst du ins Herz mir Pfeil um Pfeile.
(S. 4)
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4.
Ich sprach: still ist's im Lager;
Die Riegel der Nacht, sie rosten,
Laß nun in deinen Armen
Den Becher der Lust mich kosten.
Sie sprach: ich höre die Geister
Der Wüste vorüberrauschen.
Ich höre der Dschinnen Flüstern,
Weiß, daß sie uns belauschen.
Ich sprach: mein Arm ist kräftig,
Die Räder der Welt zu fassen,
Von meinem Arm gehalten,
Darfst du nicht bang erblassen.
Sie sprach: dir Starker neigen
Will ich mein scheu Verzagen,
Denk', wenn du mich umfangen,
Du habest die Welt zu tragen.
(S. 4)
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5.
Als sie bog die Stäbe von dem Zelt der Wangen,
Meint' ich, daß sich dar der Sonne Strahl mir böte;
Als mir ihrer Schönheit Riegel all' ersprangen,
Rief ich: jüngst sah ich nur Schein der Morgenröthe.
(S. 4-5)
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6.
Sie zog in ihrer Sänfte hin
Und nickte mir trüblächelnd zu.
Ach, jener stumme Abschiedsgruß,
Er nahm für immer meine Ruh.
(S. 5)
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7.
Es stand im Faltenkleide
Majja, das junge Blut,
Sie trug ein Halsgeschmeide
Von Perlen und Jakut.
Die jungen Brüste dehnten
Wie Rosen und Liljen sich aus,
Die nach dem Frühling sehnten
Sich aus der Knosp' heraus.
Ein Schleier war geschlagen
Ueber die schöne Brust:
O warum mir versagen
Des Paradieses Lust?
Ich wollt', ich wär' ein Lüftchen,
Ich schlüpfte ohne Harm
In deines Busens Grüftchen
Und machte das Herz dir warm.
(S. 5)
Jakut: ein Edelgestein
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8.
Sie sprachen - und sie hatten Kaiß Töchterlein im Sinn: -
Untadlig von Gestalt ist Hind, die Jemanerin.
Ich selber sprach - doch still nur in meiner Seel' und leis: -
Dem, was verbirgt der Schleier, gebührt der erste Preis.
(S. 6)
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9.
Wenn heiß auf deinem Bühl die Mittagssonne steht,
Und thränenfeucht ein Wind dir von Redschd's Hügeln weht:
O wisse, Tochter Wahd's, daß ich ihn dir entboten
Als Herold meiner Lieb' und meiner Sehnsucht Boten.
(S. 6)
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10.
Es hat die Liebesgunst Sijâda's mir Flammenküsse hold beschert;
Die frost'ge Winternacht Dschumâda's ward mir in Lenzestag gekehrt.
(S. 6)
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11.
Sie lag auf dem Sand in der Wüste Morait,
Die Winde, sie hoben neugierig ihr Kleid,
Sie schauen - wohl glaub' ich's - entzückende Pracht,
Sie drängten sich alle, zu lauschen bedacht,
Es folgte dem einen der andr' auf der Spur,
In Aufruhr zuletzt kam die ganze Natur.
(S. 6)
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12.
Ich sprach: wo ist der See wohl - klar, ohne Uferborde,
Stets spiegelglatt, nicht schäumig, unaufgewühlt vom Norde?
Aus ihm hervor ragen zwei Paradies-Eilande,
Sanddünengleich, am Gipfel beglänzt vom Abendbrande?
Sie sprach: dir will ich's sagen, wenn du geschickt erwiedert
Auf das, was dich ich frage: wo ist doch, ungefiedert,
Der Schwan, der keck berudert den See allmitternächtig,
Das Eilandpaar bedeckend mit breitem Fittig mächtig?
Ich sprach: o süße Dämmrung, schon will die Schwingen schlagen
Der Schwan, ob ihn die Wellen des Sees in Liebe tragen?
Sie sprach: vernommen hab' ich dies Wort einst einer Fee:
Der See gehört dem Schwane, sowie der Schwan dem See.
(S. 7)
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13.
Weiß wie das Mark vom Baum Nodâr
Ist deiner Brüste blendend Paar.
Fällt auf sie hin dein loses Haar,
Ist Nacht und Tag vereint, Dschauhâr.
(S. 7)
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14.
In dem blüh'nden Erakthale
Spät nach Sonnenuntergange
Einer schönen Liebesbeute
Harret' ich, nicht harrt' ich lange.
Kam sie leis hervor aus Zweigen,
Die sanft auf sie niederfallen,
Tausend Erakblüthen wollten
Liebesäuselnd sie umwallen.
Fing ich auf in offne Arme
Sie, hob auf mein edles Roß sie,
Griff nicht erst an Zaum und Zügel,
Hielt sie sicher und umschloß sie.
Wußte ja mein Roß, das kluge,
Alle Weg' und alle Stege,
Ging mit uns die rechte Fährte,
Blieb im richtigem Gehege.
Trug ja schon zu meinem Zelte
Oftmals uns in frühern Tagen,
Trug auch heut zu meinem Zelt uns
Und soll uns noch oft hintragen.
(S. 7-8)
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15.
Amra's Huldgestalt schien wahrlich ohne Tadel,
Als ich Schleier sah um ihre Schultern wallen;
Aber wie sie ließ die Hülle niederfallen,
Da erst schaut ich ihrer Schönheit vollen Adel.
(S. 8)
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16.
Dich Majj hab' ich vor allen Mädchen gern,
Du bist die Dattel Kasb mit zartem Kern.
Wer einmal deinen süßen Kuß sog ein,
Der schmeckt nur Bitterkeit selbst trinkend Wein.
(S. 8-9)
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17.
Sie gab mir einen Erakzweig, gepflückt an Namans Borden,
Es ist die einz'ge Huld, die mir von Ummu Harb geworden.
(S. 9)
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18.
Unter blühendem Châburbaumes-Wipfel
Lag Suleima, gelehnt am Stamm den Rücken.
Daß ein Bienlein sie stach, nicht darf sie klagen,
Selbst eine Blüthe mir schien sie zum Entzücken.
(S. 9)
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19.
Nie das Singen werd' ich meiden, nie die Liebe will ich missen!
Wem hat je ein Lied die Kehle, wem ein Kuß das Herz zerrissen?
(S. 9)
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20.
Erst war sie ungefügsam
Und hat mir ihre Gunst verwehrt;
Dann aber o wie schmiegsam
Hat ihre Huld sie mir beschert!
Rejj sprach: eh' ich dich kannte,
Dacht' ich, Ben Ammar ist ein Mann;
Nun seh' ich Lustentbrannte,
Daß einen Helden ich gewann.
Ich sprach: ich wußt' es lange,
Rejj ist vor Vielen lobenswerth,
Nun ich dich heiß umfange,
Ahn' ich, die Schönst' ist mir beschert.
(S. 9-10)
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21.
Es trauert nur und grübelt, wer der Gemeinschaft baar,
Nicht bringt verbundnen Seelen der Welt Aufruhr Gefahr.
Ob auch die Wölf' umheulen die Hima schauerlich,
Nicht bangst du, süße Abla, du weißt, ich schütze dich.
Und wie die Stürme toben, und wie die Donner schrein,
Wir jauchzen, weil wir feiern der Liebe Festverein.
Dir lag ich und du liegst mir im Arm mit freudgem Sinn -
Den Glücklichen vorüber schleicht still des todes Dschinn.
(S. 10)
Hima: ein eingehegter Waideplatz
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22.
Leila, ach warum nicht stillst du meine Klagen?
Meiner Sehnsucht Zelt nach dir ist aufgeschlagen.
Siehe, mir zum Glanztag wird die Nacht verkläret,
Wo dich leichtbeschwingte Füße zu mir tragen.
(S. 10)
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23.
Du, Koteila, leichten Ganges deinem Zelt entschwebend,
Wie der Kata sich zur Zeit der Morgenröthe hebend,
Lenk mit deinem Kruge meinem Stromthal nicht vorüber,
Siehe, auch der Kata senkt sich, Thau der Flut ersterbend.
(S. 11)
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24.
Sie sagen mir: schön ists zu ruhn
Im Palmenschatten zu Dscheirun.
Ich sag': ein Eden ist das Feld
Morait, wo ich kann sehn Meisun.
(S. 11)
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25.
Weiß wie Erakzweigesblüthen an der Düne von Gadâ
Ist der Busen meiner Schönen, den ich hold entschleiert sah.
Aber ihres Leibes Weiße, strahlend allzuhell im Licht,
Ist ein Bild, wer mag es malen? meine Lippe malt es nicht!
(S. 11)
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26.
Ich möchte mich zertheilen und zerspalten,
Daß ich dich könnt' in tausend Armen halten,
Es zieht mich zu dir wie das Schiff zum Meere,
Es reißt zu dir mich mit des Pfeils Gewalten.
Du kannst mich lenken ganz nach deinem Wunsche,
Du kannst mit mir als deinem Knechte schalten.
Du aber sagst: mit nichten werd' ich knechten
Den Mann, der weiß so Schönes zu entfalten,
Der selber Ketten bricht und Fesseln löset,
Der schafft des Liedes helle Lustgestalten,
Der Wunder wirkt und lähmt den Schritt der Zeiten -
Den Dichter darf man nicht in Banden halten!
(S. 11-12)
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27.
Sie sprach zu mir: o schilt mich nicht,
Daß dir mein Mund nicht Huld verspricht.
Aus Worten kannst du nicht ermessen,
Wer dein wird denken, dein vergessen.
Des Tapfern Mund thut keinen Schrei,
Doch steht sein Arm dir huldvoll bei.
Des Feigen Herz schlägt zwar am bängsten,
Doch seine Lanz' ist stets am längsten.
(S. 12)
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28.
Als ich an ihrer Hima Gezelt vorüberzog,
War's Sahl, die sich schlankhalsig wie grüßend niederbog.
Sie sprach kein Wort und selber schwieg ich hinwiederum,
Und doch viel Worte sprachen Zwei, welche schienen stumm.
(S. 12)
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29.
Kind, der Liebe sei beflissen, laß uns scherzen heut und küssen!
Lasse jauchzend uns umstricken, schwelgen uns in Hochgenüssen!
Laß uns nichts von Lust entbehren, laß uns nichts von Wonne missen!
Laß, so lang das Meer uns günstig, flatternd unsre Segel hissen!
Was uns morgen ward beschieden, wer mag's ahnen? wer kann's wissen?
Ob wir weiter schwärmen, liegend auf dem seidnen Liebeskissen,
Oder ob wir wandeln schweigend in des Grabes Finsternissen!
(S. 13)
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30.
Meines Liedes Zungen sie schallen dir!
Meines Lobes Düfte sie wallen dir!
Mein Wunsch und Hoffen bist du allein -
Ob Wunsch und Hoffen gefallen dir?
(S. 13)
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31.
Zwar ich wollt' sie still umfangen,
Lind an ihrem Busen hangen,
Dämpfen meiner Lust verlangen;
Als aus Blicken doch und Worten
Süß und heimlich aller Orten
Sprangen auf der Liebe Pforten:
Daß der Sehnsucht wilde Flammen
Ueber meinem Haupt zusammen
Schlugen - wer will mich verdammen?
(S. 13-14)
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32.
Als meiner Sehnsucht Pfeile ihr zugeschwebt,
Ist liebeschauernd Leile zurückgebebt
Und hat doch selbst im Beben mir zugestrebt
Und hat in Angst ein Leben der Lust gelebt.
(S. 14)
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33.
Glanz aus Paradieseslicht mag mich überfließen,
Seit aus Leilas Sonne mir helle Strahlen schießen,
Seit ihr Rosenschein mich läßt Würzeduft genießen,
Ihrer Thäler, ihrer Höhn Blüthen hold mir sprießen.
(S. 14)
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34.
O Mawija, warum wendest du dich ab mit finstern Blicken,
Die ins Herz der Liebe mir des Todes schwarze Pfeile schicken?
Wenn du willst es, daß ich weich' auf immer deinem weißen Zelte,
Nun, ich geh, und werde wenden dann für immer ihm den Rücken.
Doch bedenk' es, wie du einst dich mir in süßer Huld ergeben,
Wie du sprachest, als zuerst dich mocht' mein Arm mit Lust umstricken:
Bleibst du treu mir und vermeidest du der andern Jungfraun Zelte,
Stets auch werde ich mit meiner treuen Liebe dich beglücken.
Wie du sanft, als ich das Kleid von deiner weißen Schulter streifte,
Ueber mich, nicht auf mir lastend wie ein kalter Bergesrücken,
Nein, mich sanft erwärmend, wie ein ambrawürz'ges Opferfeuer,
Wenn des Wirthes Händ' am Herde den gedrung'nen Hirsch zerstücken.
Wie du dich, als meine Arme hielten fester dich umschlossen,
Sanft gekrümmt, gazellenhalsig mochtest auf mich niederbücken,
Wendend bald zu mir des Leibes gliederschöne Vorderhälfte,
Bald der Seiten dünenglatte Fläch' und bald den weißen Rücken;
Jauchzend selbst vor Lust und Wonne, während ich vor Lust aufjauchzte,
Schwelgend selbst, indeß ich selber schwelgte in der Lieb' Entzücken.
Deß gedenke noch, Mawija, rufend wach vergangne Freuden,
Eh du magst mit schwerem Kummer mir und Leid das Herz bedrücken.
Deß gedenk' auf eine Weile, eh du bannest mich für immer -
Geh' einmal ich, kehr' ich nimmer dir zurück aus freien Stücken.
(S. 14-15)
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35.
Als Leila in der Reisesänfte
Fernzog, ohn daß sie zeigte Schmerz;
Mein stolzes Aug' ich zwar bekämpfte,
Doch ach, zusammenbrach mein Herz.
(S. 15)
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36.
Schön von Ansehn ist die Aloe,
Aber bitter ist der Blüthe Schmack.
Schön ist Leila wie ein Lichtglanztag,
Und doch bringt sie mir solch Thränenweh.
(S. 15-16)
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37.
Sie umschatten lock'ge Talhabäume,
Während ich durchziehe sonn'ge Räume,
Während Disteln ritzen mir die Sohlen,
Ruhet sie im Duftthal der Violen,
Ruht im nachtigalldurchsung'nen Thale,
Während mich umheulen nur Schakale.
Wenn mir ihres Zeltes Hund doch bellte!
Ach, wie sehn' ich mich nach ihrem Zelte!
Meine Seele schreit nach Umm El Asser,
Wie der Hirsch schreit nach lebend'gem Wasser.
(S. 16)
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38.
Als ich die Liebesnacht
Mit Ommu Saad gefeiert,
Da hat sie mir ein Pracht-
Glanz-Antlitz hold entschleiert
Und hat der muth'gen Hand
Unmuthig nicht gesteuert,
Die lösend ihr Gewand
Sie völlig hat entschleiert.
(S. 16)
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39.
O du Schlankwuchsige, Schwellende,
Die Nacht mit Lichtglanz Erhellende,
Komm in mein Zelt, das verborgene,
Sei die mir in Lust sich Gesellende.
(S. 17)
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40.
Gâdira, sei heut und immerdar gepriesen,
Daß du mir so süße Liebeshuld erwiesen!
Dich Entschlei'rte schauend wähnet' ich zu sehen
Eine Huri aus des Heils Glanz-Paradiesen.
(S. 17)
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41.
Wer sagt, daß ich thue wider Sitten,
Wenn mein Thun wird sanft und gern gelitten?
Wenn mein Arm das goldne Ziel darf fassen,
Und mein süßes Recht bleibt unbestritten?
Wenn Suleika holde Liebe spendet
Dem, der sie um eine Gunst mag bitten?
Wenn Suleika leiht den Mund der Lippe,
Die mit Küssen sie will überschütten?
Wenn Suleika, fodr' ich mehr noch, saget:
Ganz der Pfad bin ich zu deinen Schritten?
(S. 17)
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42.
Deine Lippen sind, als wenn zusammen
Hold zwei Paradiesesröthen flammen.
Oeffnest du sie, sieht man Taggefunkel,
Schließest du sie sanft, dann wird es dunkel,
Morgenroth und Abendroth in Eins verschwammen.
(S. 18)
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43.
Sieide schöne Blasse mit den feinen Händen,
Mit dem Hals des Rehes, hochgewölbt von Lenden,
Stand vor meinem Zelte - o wer mag mir rathen:
Wohin meiner Augen Pfeile zu versenden?
Von dem Haupt zur Ferse ließ den Blick ich schweifen,
Ließ ihn von der Ferse neu zum Haupt sich wenden.
Doch ich mußte jählings bald die Augen schließen,
Denn es mochte soviel Pracht zuletzt mich blenden.
(S. 18)
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44.
Laß mich knüpfen dir Schleifen und Band los!
Holde, erscheine den Blicken gewandlos!
Siehe, der Lenz auch kettet, der kühne,
Lächelnd des Hages Dornenverband los,
Voll aufblätternd die Ros' und gürtend
Ihren Duftkelch mit schmeichelnder Hand los.
(S. 18)
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45.
Ach, Assen möcht' ich, Assen
Umfangen und umfassen!
Was muß doch die mich hassen,
Von der ich nicht kann lassen?
O möcht' ich doch erblassen,
Will sie den Haß nicht lassen!
(S. 19)
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46.
Wie schüchtern erst war Rejj's Gekos,
Drauf mich umfing sie loderndheiß.
Auf geht die Sonne strahlenlos,
Die Flammen bald zu senden weiß.
(S. 19)
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47.
Ich sprach zu ihr: wie kühl doch
Erwiederst du mein Streben!
Kalt liegst du mir in Händen,
Die feurig dich erheben,
Indeß ich um dich Rose
Als Nachtigall möcht' schweben,
Und dich, die Palm', umranken
Möcht' als Gewächs von Reben!
Sie sprach zu mir: nicht zürnen
Darfst du mit mir, mein Leben!
Lieg' ich in deinen Armen
Mit stillem Herzensbeben.
Mein ist die sanfte Duldung,
Dein ist das kühne Streben.
Und nimmst du mich, und duld' ich's:
Mich hab' ich dir gegeben!
(S. 19-20)
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48.
Mein Schwert der Bitte mochte sie bezwingen,
Auf ließ mir Sahl der Schönheit Knospen springen;
Doch wie ich sah den Brand, der mich umfunkelt,
Ward mir das Auge fast vor Glanz verdunkelt.
(S. 20)
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49.
Nicht mehr am Abhang meiner Wünsche bin ich,
Anlangt' ich schon bei meiner Sehnsucht Steile.
Was bist du doch so wundersam und minnig,
Du meiner Seele Seel', o Leil', o Leile!
(S. 20)
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50.
In Dschuwatha sah ich auf dem Markt bestaubt,
Dattelntragende Kamele satteln;
In Dschuwatha sah ich Arwa's Lockenhaupt,
Und ich rief: giebt's hier denn nichts als Datteln?
(S. 20)
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51.
Im Lande von Bahrein,
Wo glänzet Perl' an Perle,
Wie sollt' Umama sein
Nicht selber eine Perle!
(S. 21)
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52.
Leichtfüßig ist Esma die Schlanke,
Wie eine Straußin im Felde Morait;
Sie scheinet mir fast ein Gedanke,
Von des Körpers fesselnden Banden befreit.
(S. 21)
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53.
Die Ros', als deines Mundes
Anhauch sie kaum gespürt,
Sprach: o wer hat zum Garten
Mich hold zurückgeführt?
(S. 21)
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54.
O du Holdsel'ge in dem Flatterkleide,
Du meiner Augen Lust, Ubeid', Ubeide!
Nähm' doch der Wind den Schleier dir vom Haupte,
Nähm' er dir gar des Busens Gurt von Seide!
(S. 21)
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55.
Leis' stahl ich an ihr Lager mich, als kühle Abendwinde weh'n,
Soâd, die Schönheitstrahlende, um ihrer Liebe Gunst zu fleh'n.
Sie sprach: o wie erschreckst du mich, du mußt aus meinem Zelte geh'n!
Ich sprach: geblendet bin ich, Kind, den Pfad kann ich ja nicht erseh'n!
(S. 22)
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56.
O wie fleht' ich süß mit tausend Worten,
Daß sie öffne mir der Schönheit Pforten!
Als die Riegel waren aufgesprungen,
Ward ich von der Reize Macht bezwungen
Und gehoben von der Anmuth Schwunge
Also, daß ich fand, daß nicht mehr Zunge,
Noch auch Ohr zu altem Brauch mir tauge:
Denn mein ganzer Körper ward zum Auge.
(S. 22)
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57.
Gepriesen sei mir immerdar,
Du trautes Kind des Ben Derrâdsch.
Schön raget deiner Brüste Paar
Auf wie Elbischer und Suwâdsch.
(S. 22)
Elbischer und Suwâdsch: zwei Berge in Nedschd,
an Mesopotamiens Grenzen
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58.
Entfern' dein buntgesticktes Busenband
Anmuthige Jemanerin!
In deiner Schönheit eigenem Gewand
Entzückst du mir zumeist den Sinn!
(S. 23)
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59.
Als sie sich bog, mein Auge sah:
Wie auf den weißen, lichtumglüh'ten,
Thaufeuchten Dünen von Gadâ
Zwo prächtige Granaten blühten.
(S. 23)
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60.
Wie schön ist Gul! Doch offenbart
Ihr Leib auch keinen Tadel,
Gul's Schönheit wird fürwahr besiegt
Von ihrem Seelenadel.
(S. 23)
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61.
Die Tochter Kanab's, die schöne Horka, sie ging zum Bad
In Morgenfrühe zum Wasser Jethreb's, fern von der Stadt.
Ich lag im Bühle, versteckt von Palmen, nicht hinterrücks,
Der Zufall fügt' es, die Stunde bracht' es, ich Mann des Glücks!
Ausreißen sollt' ich mir denn das Auge? fast blind gemacht
Ward es zudem schon von allem Glanze, von aller Pracht!
Sie legte von sich die schönen Schleier, den schönen Gurt,
Die schönen Perlen, und stieg als Perle selbst in die Furt.
Ich hab' die schöne, die weiße Horka mit zarter Haut,
Wie sie empfangen ward von der Mutter, entzückt geschaut.
Schlankfüßig stand sie vor meinen Blicken mit schwanken Knien,
Der Antelope gleichend, sie weiß nicht, soll sie entfliehn?
Die kräft'gen Lenden, es waren Palmen im Akikthal,
Und über ihnen hob sich ein warmer Gluthimmelstrahl.
Glanzhüften schlossen glanzhellem Leib sich an, wie im Zelt
Auf weißen Zeltstab ein falt'ger Vorhang herniederfällt.
Die schönen Brüste, die zwiegespalt'nen, gedrung'nen, wie
Im Quellbachthale zwei Dünenhügel erschienen sie.
Der Hals ab war er geborgt dem Rehe; das Schulternpaar
Zwei Eimerstäbe, sie senkten sanft sich zum Bronn Bahâr.
Die Wangen weiche Bachspiegelfläche, vom Morgenstrahl
Hold angehauchet, und zwischeninne des Munds Korall.
Die Zähne Perlen, zwei Prachtglanzreihen halbscheu hervor.
Einmal nur blickten sie und verschwanden am rothen Thor.
Doch ihr, o Augen, womit vergleich' ich nun eure Pracht?
Ihr blitzet feurig, wie Himmelsleuchten, wie Wetterschlacht!
Und ihres Hauptes Gelock für Datteln hielt's und zur Stell
Schoß schnell ein Täubchen - da sprang erschrocken sie aus dem Quell!
(S. 23-24)
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62.
Nacht du süßen Entzückens, o wie ich dich gefeiert!
Nacht des Liebe-Beglückens, wo ich zuerst sie entschleiert!
Dein gedenk' ich noch heute voll der Erinnerung Strebens,
Ihr der Braut aller Bräute sing ich mein Lied voll Bebens.
Erst mit schüchternem Zagen mochte mein Muth sie schrecken,
Bis sie lernte ertragen mein lustweckendes Necken.
Leis' erst rührt mit der Hand ich sanft an Bändern und Schleifen,
Dann entbrannter verstand ich Störendes abzustreifen.
Fort von dem Busen schob ich des Schleiers neidische Hülle,
Sanft in dem Arm erhob ich der Glieder glänzende Fülle.
Ihr, die vordem so stille keuschem Gefühl ergeben,
Goß mein entzückter Wille Flammen ins Herz voll Beben.
Welch ein wonniges Biegen ihrer Glieder, der schönen!
Welch ein Wiegen und Schmiegen! Seufzen in flammenden Tönen!
Liebe trieb ihr Geschäfte kunstgeübt voll Gewandtheit,
Lieh ihr zaubrische Kräfte, Männermuth und Entbranntheit.
Mich in den Armen hob sie leicht empor gleich dem Balle,
Fort von dem Busen schob sie selbst die Kleider mir alle.
Gleiche selige Wonnen fühlten wir zwei selbander
Und wir gossen wie Sonnen Strahl um Strahl in einander.
(S. 25)
_____
63.
Wie ist Schoreich von kaltem Muth
Stürzt er ins Schlachtgewühl!
Doch wenn er mich bei Nacht umfängt,
Nicht ist Ben Ja'fur kühl.
(S. 26)
_____
64.
Ueber mich bückt sie sich,
An ihr Herz drückt sie mich.
Seele, so ruf ich still,
O wie entzückt sie dich!
(S. 26)
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65.
Die schöne Tochter von Ben Abd,
Sie stand am Brunnenquell von Chabt -
Nicht Wasser aus dem Quell trank ich,
Der Schönheit Born hat mich gelabt.
(S. 26)
_____
66.
Ob ich oft durchzog das Thal Scharâ,
Nicht des Thales Schönheit ich ersah;
Erst des Thales Schönheit ward mir klar,
Als ich schaute dich - Omm Elâlâ!
(S. 26)
_____
67.
Du gleichst, Umm El Uraume,
Der Palm' am Wüstensaume.
O laß mich Durst'gen pflücken
Die Frucht von deinem Baume.
(S. 27)
_____
68.
Geebnet sind die Wege der Tochter von Kidâm;
Stets weilt sie im Gehege der Sittsamkeit und Scham.
Wer ist, dem ihre Triebe sie willig bot zu Kauf?
Mir nur vom Zelt der Liebe hob sie den Vorhang auf.
(S. 27)
_____
69.
Nadschm'es Töchterlein stand vor dem Zelte,
Als ich fernwärts zog nach Achjals Rainen,
Ihr am Auge klebte dicht der Schleier,
Blut weint' ich, nicht Thränen konnt' ich weinen.
(S. 27)
_____
70.
Zwar geschlossen waren Leilas Lippen,
Euch erschien sie als ein Bild der Ruh';
Doch ihr strahlenhelles Auge warf mir
Durch den Schleier heiße Küsse zu.
(S. 27)
_____
71.
Gegrüßt sei mir, du schlanke Palm' in Nedschd,
Um die mein Aug' in öder Fern' allhie
Ach wieviel Zähren weinet spät und früh!
Wenn dir mein Thränenbach zum Heil gedieh,
Es fehlte dir an Regen nie und Thau,
Und, löst' ich auf auch mich, du siechtest nie!
(S. 28)
_____
72.
Einst vermess'nen Wunsch ersann ich,
Und zur schlanken Fertena fleht' ich:
- Heb', Gazelle, deinen Schleier,
Und sie that's, doch, ach, bestürzt rief ich:
Wieder laß den Schleier fallen,
Deines Auges Blitze tödten mich.
(S. 28)
_____
73.
Sie stand vor meinem Blick ohn' Kleid
In lieblicher Geschämigkeit,
Still in sich niederwärts gebückt,
Und zu verhüllen sich bereit,
Doch konnt' sie meinem durstgen Blick
Verdecken nicht die Herrlichkeit.
Es ruhte vor mir aufgethan
Des Paradieses Thor so weit,
Und offenbar ward mir, sie sei
Die Huri meiner Himmelszeit.
(S. 28-29)
_____
74.
Oft auf glatten Pfaden schweift' ich,
Ab viel helle Blüthen streift' ich,
Doch nicht sei darum geschmäht ich,
Manche goldne Saat auch sät' ich.
(S. 29)
_____
75.
Wenn Allah je ob seiner Schöpfung Reue
In seiner Gnadenseel' empfänd', aufs Neue
Schüf' er, o süße Leila, deinetwegen
Licht, Lenz und Lieb' und Lust und Himmelsbläue.
(S. 29)
_____
76.
Nicht sei dir dies ein Hehl,
Du meiner Seele Seel!
An deinen Lippen lab' ich mich,
O schöne Ommu Dschehl,
Wie sich am Bach Korâkir letzt
Das lechzende Kamel.
(S. 29)
_____
77.
Den rothen Tulbend vom Haupte hinweg,
Den einst sie mir stickte, die Tochter Homeid's,
Als ich sprengt' heran mit geschwungenem Schwert,
Riß mir die gewaltige Lanze Doreid's.
Ach hätt' sie gerissen das Haupt mir hinweg,
Nicht trüg' ich untragbare Fülle des Leids!
(S. 30)
_____
78.
Die weißantlitz'ge Ummu Sahl,
Sie blitzet wie ein Sonnenstrahl.
Sie gleicht der schönen Blume Talh,
Die schmückt das thauerfrischte Thal.
(S. 30)
_____
79.
Sie trat auf eine Aloe,
Ich war's, der ihr geheilt den Zeh;
Mit Balsam stillt' ich dessen Schmerz,
Gift legt ich nur ins eigne Herz.
(S. 30)
_____
80.
Als Nâh'r, die meines Liedes Preis,
Vom Busen hob den Schleier leis':
Adscha und Selma! rief ich aus,
Ihr schönen Zwillingshügel Tai's!
(S. 30)
_____
81.
Seelen-Leila, dein zwar denk' ich oft,
Meiner Lieb' entbehrt doch nicht Kadhûr.
Wer, wenn aus dem Quell er Wasser schöpft,
Ruft verächtlich aus: mir fehlt Borbûr?
(S. 31)
Borbûr: ein kühlender Trank, eine Art Bier
_____
82.
O wär' ich nimmer dir genaht,
Du zauberkundige Soâd!
Ach voller Unheil ist dein Rath
Und ohn Erbarmen deine That!
Nun kann ich keinen andern Pfad
Bezaubert wandeln früh und spat
Als der zu dir mich führt, Soâd!
(S. 31)
_____
83.
Du so schwarz wie Mitternacht gelockte Wabra, brustgedrungne,
Du von meinem nimmermüden Saitenspiele reichbesungne,
Welchen Minnelohn giebst, Kärgste du der Kargen, deinem Sänger?
Wird denn nie ein Blick der Gunst mir, der mit Fug und Recht errungne?
(S. 31)
_____
84.
Die Schön' aus Leith, säh' ich sie noch einmal,
Die kalten Herzens ich so oft gesehen!
Nun nähm' ich dankend auf der Sonne Strahl,
Da finstre Wolken überm Haupt mir wehen.
(S. 31)
_____
85.
Wär dir bekannt die Allmacht meiner Triebe
Strahl meiner Seele, leuchtende Habibe,
Du spräch'st: ganz will ich deine Sonne werden,
Weil ganz dein Herz sich aufthut mir in Liebe.
(S. 32)
_____
86.
Wenn Kaiß mich wiegt an seiner Brust,
Bebt still mein Herz und leis,
Mit sel'ger Liebe vollbewußt,
Stamml' ich nur: Kaiß, o Kaiß!
Ich darf verrathen nicht die Lust,
Er würde sonst zu heiß!
Und was wir beide unbewußt
Dann thäten: o wer weiß?
(S. 32)
_____
87.
Sanft an die Schläfe die Liebliche faßt' ich,
Froh zog hernieder die theuere Last ich,
Ließ mich umwogen von schwellenden Brüsten,
Bis ertrunken im Lustmeere fast ich,
Bis meine Arme, als wär' es zur Rettung,
Neues ergreifend ausstreckte in Hast ich -
Ach! in dem Meere der Wonne, wann ruh' ich?
Ach! in dem Meere der Wonne, wann rast' ich?
(S. 32)
_____
88.
An ihre schlanken Hüften mocht' ich fest mich schmiegen,
Auf ihren schwanken Brüsten mocht' ich sanft mich wiegen,
Und wie die Biene tief im weichen Rosenkelche,
So mocht' ich eingehüllt in ihren Reizen liegen.
(S. 33)
_____
89.
O neige dich noch einmal über mich,
Daß deine Locken überwallen mich,
Daß deiner Augen Blitze auf mich sprüh'n -
Und laß sie tödten, laß sie tödten mich!
(S. 33)
_____
90.
Die Welle sinkt, die Welle steigt; -
Erst war ich sanft auf sie geneigt,
Nun heb' ich jauchzend sie empor -
Die Welle sinkt, die Welle steigt.
(S. 33)
_____
91.
Als fort ich schob der Schönheit Riegel,
Da bebte Majj wie Zitterkraut.
Ich aber in den Wunderspiegel
Sah voll Entzücken und rief laut:
O heil mir! der Vollendung Siegel
Hat Gott geprägt auf Majjas Haut.
(S. 33-34)
_____
92.
Seit ich die Honiglippen küßte
Der Tochter von Ben Elsulak:
Nicht sag' ich, daß Feig' oder Mandel
Sei eine Frucht von süßem Schmack.
(S. 34)
_____
93.
Als Majj der Schönheit Burg erschloß vor meinen trunknen Blicken:
Sogleich bis mittenein ins Schloß baut' ich mir Weg' und Brücken.
(S. 34)
_____
94.
Schön sind deiner Lenden weiße Palmenbäume,
Aber schöner noch sind ihrer Wipfel Säume.
Wenn ich jauchzend denk' an all die Wonneräume,
Ach, ich weiß nicht, wie des Herzens Lust ich zäume,
Daß es nicht vor heißer Sehnsucht überschäume!
Herzens-Seinab! o belebe meine Träume,
Nimm mich, nimm mich auf in die geliebten Räume!
(S. 34)
_____
95.
Wer wär's, der mich nicht neidete?
Ich saß im Bühl und weidete,
Als Selma sich entkleidete;
Und auf und nieder tauchete
Im Bach und Anmuth hauchete,
Indeß mein Kopf schier rauchete;
Und brannt' als Opferkerzenlicht
Für sie, die alle Herzen bricht!
- Wer möcht' itzt mit ihr scherzen nicht?
(S. 35)
_____
96.
Auf Erakblüthen hingestreckt
Lag Leil, vom Schleier hold bedeckt,
Den hob ein lausch'ger Abendwind,
Da wachte sie empor erschreckt
Und meint', ich habe sie geweckt
Und hat sich erst gereckt, gestreckt,
Und sich erkeckt und mich geneckt,
Und drauf mit Küssen mich bedeckt.
(S. 35)
_____
97.
Trennt heut uns auch die Ferne,
Einst nahet der Verein:
Mein bist du, süße Abla,
Und ich bin, Abla, dein.
(S. 35-36)
_____
98.
Wenn du einst schiedest, Liebliche, von mir,
Es schiede alle Wonne dann von mir.
Die Seele meiner Seele bist ja du,
Wie könnt' ich leben, schiede die von mir?
(S. 36)
_____
99.
Wie soll den Ausgang ich verwehren meinen Klagen?
Ach meiner Sehnsucht Zelt, wie lang' ists aufgeschlagen!
Giebst du nicht, schöne Leil', Erhörung meinem Flehen:
Du wirst mich bald ertränkt in meinen Thränen sehen!
(S. 36)
_____
100.
Als ich meiner Neuvermählten Schleier hob
Und ihr Antlitz sah, besiegend jedes Lob:
Alle Schönheit, die entzückt ich je gesehn,
Mir mit einem Mal wie Wüstenstaub zerstob.
(S. 36)
_____
101.
Zwischen Leila's Brüsten lag mein Haupt,
Angelacht von ihres Auges Strahl,
Wie die reife Kürbisfrucht
Liegt im sonnbeglänzten Thal.
Meine Arm' umschlangen Leila's Leib,
Hüfte war an Hüfte fest geschmiegt,
Wie sich eng' am Kürbiskraut
Rank' in Ranke drängt und biegt.
(S. 37)
_____
102.
Beim Leben deines Vaters, sprach ich, o laß mich ein!
Beim Sterne deines Glückes, sprach sie, komm nicht herein!
Beim Leben deines Vaters, sprach ich, ich spreng' das Thor!
Beim Sterne deines Glückes, sprach sie, so tritt doch ein!
(S. 37)
_____
103.
Erst schmähte sie, als leise
Ich in ihr Zelt geschlichen,
Drauf hat in schöner Weise
Sie sich mit mir verglichen.
O möchte jeder Kummer
Sich mir so fröhlich wenden -
Allah, mögst du mir Kummer
Dann über Kummer senden.
(S. 37-38)
_____
104.
Noch steht die Sonne klar
Am Himmel voller Pracht:
Und Leila's Aug' und Haar
Verkünden doch die Nacht!
(S. 38)
_____
105.
Im Myrobalanenhaine
Lustwandelt die schöne Sahl;
Mich lockten die süßen Früchte,
Sahl küßt' ich ein, zwei, drei Mal.
(S. 38)
Myrobalanen: saftreiche Frucht
_____
106.
Ihr blendenden Hüften und Lenden, ihr Brüste voll Glanz und voll Schein!
Du Strahlenantlitz Lubeina's, meiner Herzens-Herzens-Lubein'!
Weiß wechselt mit schöner Röthe, auch Bläue mischt sich darein,
Die Schwärz' ist nicht zu vergessen - bist du denn der Farben-Verein?
(S. 38)
_____
107.
Hind sprach: Soll zum Quell den Krug ich senken,
Ben Ijâs, dich Durstigen zu tränken!
Ich sprach: Nein aus deiner Schönheit Quelle,
Hind, o laß mich trinken Well' um Welle.
(S. 39)
_____
108.
Wie sind doch, Hirr, zwei Himmelsröthen
Die Lippen deines Munds, die klaren!
Wie sind doch deine Worte Dschinnen,
Die jubelnd auf zum Lichte fahren!
(S. 39)
_____
109.
Wie lange mußt' ich nicht
Um Majja's Minne kosen!
Doch mich verdroß es nicht.
Wollt' ich doch pflücken Rosen
Und brechen Disteln nicht!
(S. 39)
_____
110.
Seit mir dein Angesicht, glanzvoll wie Sonnenlicht
Entschleiert lacht entgegen,
Ruf' ich berauscht von Pracht: hinfort miß' ich die Nacht,
Tag strahlt mir allerwegen.
(S. 39)
_____
111.
Eh ich gefreit die schöne Taib,
Verhüllte mir die Sonn' ein Wolkenflor;
Als sie geworden war mein Weib,
Da brach die Sonne durch die Wolk' hervor;
Wie blendet Taiba's weißer Leib!
O Strahlensonne, die ich mir erkor!
(S. 40)
_____
Zweites Buch: Scherze
1.
Ich sah in den Bergen die schöne Kadhûr,
Ich sah die Gazelle und folgt ihrer Spur.
Behend wie die Schwinge des Windes ist sie,
Nein, schneller noch ist sie, wo weilt sie doch nur?
(S. 43)
_____
2.
Aus Koßaiba's Tamarisken, als die Nacht herabgesunken,
Und ich heimritt von dem Jagen strahlten mir des Lichtes Funken,
Strahlte Glut aus Assa's Zelte, strahlte Glanz aus Assa's Augen,
Und verwirrt bin und geblendet an der Schwell' ich hingesunken;
Fassend Assa's Hand, rief flehend halb im Scherz ich, halb im Ernste:
Assa, hilf mir armen Manne, der im Meer des Lichts ertrunken.
(S. 43)
_____
3.
Mir hat Mawija ihre Gunst ertheilet,
Doch dulden muß ichs, daß Huneid enteilet;
Auch des Kamelbocks Speis' ist zwischen Cholla,
Dem süßen Kraut, und bitt'rem Homdh, getheilet.
(S. 43)
Cholla: ein süßes Kraut; Homdh: ein bitteres Kraut;
beide Kamelfutter
_____
4.
Als im Korâkirbach sich badete Neihana,
Und ich sie sah vornhingebeugt,
Rief ich verwundert aus: groß sind die Aprikosen,
Die dieses schöne Thal erzeugt.
(S. 44)
_____
5.
Die tapferen Füsse
Mehr als jene Helden,
die
Schlachten tapfer schlagen,
Rühm' ich Rahwa's Füße, die
Soviel Schönheit tragen.
(S. 44)
_____
6.
Von deines Auges Blitzen,
Sprich, wie geschieht es nur,
Daß deines Schleiers Flor nicht
Aufflammt in Glut, Kadhûr?
(S. 44)
_____
7.
Als ich die Rosenblüthengärten sah
Und sah darin die blüh'nde Fertena,
Nachsann ich: wer doch ists, der Duft ertheilt?
Die Gärten ihr? den Gärten Fertena?
(S. 44)
_____
8.
Hart ist der Pistazie Schale,
Doch ihr Kern ist süß und weich.
Streng' erschienst du mir, Amina,
Und bist doch so anmuthreich.
(S. 45)
_____
9.
Der Waldgöttin Befehl
Ich fragte: wen soll
ich wohl lieben?
Es sprach des Waldes Dschinn: Oliden!
Da ist mir keine Wahl geblieben,
Oliden lieb' und werd' ich lieben!
(S. 45)
_____
10.
Wir ruhten unterm Artabaum,
Wir gaben süßer Liebe Raum,
Sahl küßte mich - da wacht' ich auf!
Es war ja nur mein Glück ein Traum.
(S. 45)
_____
11.
Von seiner Hülle hab' ich
Mein weißes Reh befreit,
Nicht brauchest du Gewänder,
Rief ich, du schönste Maid,
Die eigne Schönheit, Esma,
Ist ja dein Ehrenkleid.
(S. 45)
_____
12.
Serka, die mit blauem Auge, hat mich ausgeschlagen,
Nun, ich breche ab mein Zelt ohn großes Mißbehagen.
O viel schwerern Herzensabschied schon mußt' ich erdulden,
Einstmals in der Jugend quellenfrischen Liebestagen.
Als mir Assa's düstres Aug' schlug bittre Todeswunden,
Die noch fort wie ein Geschwür an meinem Herzen nagen.
Süß nach gallichtherbem Wermuth selbst sind Koloquinten:
Wie nach größtem Leid sollt' ich ein kleines Leid nicht tragen?
(S. 46)
_____
13.
Da stets ich deiner Liebe Gunst gemieden,
O Aaßija,
Was zürnst du nun, daß ich von dir geschieden?
Du wollt'st es ja!
(S. 46)
_____
14.
Sie sprach: dort von der Kuppe hol' mir des Geiers Eier!
Durch einen Kuß dir lohn' ichs, bekämpfest du den Geier!
Ich sprach: zur Geierkuppe selbst steig, auf eignen Sohlen,
Der Lohn ist mir zu wohlfeil und die Gefahr zu theuer!
(S. 46)
_____
15.
Was doch senden, Dija, Pfeil um Pfeile
Deine Blicke mir, nicht dir zum Heile!
Mir zum Heil auch nicht: denn dir macht Unmuth
Dein Bemühn - mir macht es Langeweile.
(S. 46-47)
_____
16.
Die Kokette
Sie schmiegte, beugt'
und neigte sich,
Und bog und zog und zeigte sich,
Und drehte, wand und kehrte sich,
Und schob und hob und wehrte sich,
Und that, als wär' sie angegriffen,
Und Keiner hat nach ihr gepfiffen.
(S. 47)
_____
17.
Die Gems' ist mir entgangen
Auf das Jeramram Firne,
Da ging ich aus zu fangen
Das Reh mit weißer Stirne.
Kadhûr hob an zu schelten,
Als sie mich sahe kommen,
Nicht bot in ihren Zelten
Sie mir, wie einst, Willkommen.
Wer einen Gram erfahren,
Erfährt sogleich den andern;
Das Unglück liebt in Schaaren
Uns in den Hof zu wandern.
(S. 47)
_____
18.
Du mit dem Doppelbogen von weißem Nabaholze,
Versendest gleich zwei Pfeile in deiner Schönheit Stolze.
Ach, schwer getroffen, Dschenub, sink' ich zu deinen Füßen,
Grausame, was genüget dir nicht ein Todesbolze?
(S. 48)
Nabaholz: eine schöne Holzart, aus der man Bogen schnitt
_____
19.
Tomâdhir's Ruhm erhoben wird nicht von dir?
Wie mag der Blind' auch loben der Schönheit Zier!
(S. 48)
_____
20.
Nicht braucht' ich auf den Markt zu laufen,
Kleinodien mir einzukaufen.
Gleich fand ich Schmuck aus jeder Zone,
Als Hind erschien, der Schönheit Krone.
Welch Blüthenflor sich mir erwies:
Geplündert schien das Paradies!
Ich sah - hier frei, dort unter Moosen -
In ganzen Büschen Liljen, Rosen,
Und Tulipanen, Astern, Nelken -
O schöne Kränze, die nicht welken!
Wie war sie blühend ausgeschmückt,
Und ich, o wie stand ich entzückt!
Doch nicht allein war ihre Pracht
Allein vom Frühling nur erdacht.
Ich sah noch manch verschiedne Zier,
Beglänzend sie, beglänzt von ihr!
Korallen, die sich Perlen einen,
Und Perlen, die Korallen scheinen.
Brillanten, Türkis und Jakut
Und Moschusduft und Ambraglut -
Und alles schön gepaart und hold,
Wie Morgenroth und Wolkengold!
So fügte jedes sich zusammen,
Wie Strahlen, die der Sonn' entstammen,
Und wie die Sonn', ausgießend Wonne -
Denn sie zugleich schien Strahl und Sonne!
(S. 48-49)
_____
21.
Der Flatterhafte
Sa'd liebte den Pfau Huneida.
Sa'd liebte das Reh Ubeida,
Er liebte die Gemse Kensa,
Und die Gazelle Maida -
Da sah er die dattellockig
Milchantlitzstrahlende Aida:
Was gilt ihm nun noch Kensa
Und Maid', Huneid' und Ubeida?
(S. 49)
_____
22.
Der Hagestolz
Rahwa hätt' ihm
wohlgefallen,
Wär' ihm Sa'ba nicht erschienen;
Da hätt' er gefreit vor Allen,
Lockten ihn nicht Arwa's Mienen;
Die hätt' er nun gleich erwählt -
Wär' er nicht noch unvermählt!
(S. 50)
_____
23.
Sie sprach, indem sie einen Kuß
Sich von den Lippen wischte;
Wenn du mich um ein Mahl befrügst,
Wie gern ich dich erfrischte!
Ich sprach, indem mir Maida's Hand
Die Milch im Zelt auftischte:
Lieb, Sercha, ist mir nur ein Teich,
Wo noch kein Andrer fischte.
(S. 50)
_____
24.
Schön erschien in Schleiern Leil, nackt nur sie nicht sehen mußt' ich.
Ihres Ruhmes ging in Eil' die Entschleierte verlustig.
(S. 50)
_____
25.
Der gefährliche
Ehemann
Erst starb Bessûs
ihm, dann starb ihm Habibe:
Ihr Weiber flieht, euch tödtet Nehschel's Liebe.
(S. 51)
_____
26.
Der erklärliche Grund
Kaiß spricht: der
Lieb' hab' ich vergessen,
Es lockt hinfort kein Weib mich mehr!
Doch leicht der Grund ist zu ermessen:
Sein Köcher ist von Pfeilen leer!
(S. 51)
_____
27.
Der Spruch will
erfüllt sein
Kadhûr, die Holde,
die so treu und brav,
Verließ Ben Ja'fur, wählend sich im Schlaf
Oder im Rausch die Unholdin Harkâf.
Er that also, damit der Spruch eintraf:
Das Reh, es wird geopfert für das Schaf.
(S. 51)
_____
28.
Sie lag in der Hima zwischen dem Klee,
Die Schöne, Schlankhalsige, gleichwie ein Reh:
O Wunder! das scheue felskletternde Thier
Erscheinet so zahm in der Ebene hier!
(S. 51-52)
_____
29.
Liebste, wenn dein Prachtkleid niederquillet:
Schön'rer Reiz wird meinem Blick enthüllet.
Seltsam! wie gegeben wird durch Nehmen!
Wie sogleich ein leerer Bronn sich füllet!
(S. 52)
_____
30.
Ihre Kleider streift' ich jauchzend nieder,
Anzustaunen ihre prächt'gen Glieder.
Sie doch beugte schlau sich in sich nieder,
Hold verhüllend Glieder mir durch Glieder.
(S. 52)
_____
31.
Deine Locke, wallend wie die Luft,
Trieft ätherisch von der Rose Duft.
Bothna, als des Lenzes Dschinn dich sah,
Wählt er sterbend sich dein Haupt zur Gruft.
(S. 52)
_____
32.
Der Prahler
Die Einen priesen ihm
die Zier Rodeine's,
Die Andern sprachen von der Huld Lubeine's,
Die Dritten riefen: welcher Wuchs vergleichen
Mag sich dem Antelopenwuchs Botheine's?
Er sprach: so werden denn in meinem Netze
Drei Täubchen girren über ein gar Kleines!
(S. 53)
_____
33.
Du, die so gern uns offenbart
Jungfräuliche Versehen,
O Taib, wie lange glaubst du uns
Zu bergen dein Vergehen?
(S. 53)
_____
34.
O Hondodsch junges Töchterlein,
Wie bist du fein und klein du doch.
Du wurdest, ha, ein Mütterlein,
Bevor du wurdest Jungfrau noch.
(S. 53)
_____
35.
Giebt's doch Würzkräuter mehr als Eines,
Loht doch Himmelsglut buntfarb'gen Scheines,
Ragen Dünen viel am Waidehage,
Sind auch Schläuche voll verschied'nen Weines -
Warum soll ich heut' nicht Majja herzen,
Morgen ruhend in dem Arm Rodeine's?
(S. 54)
_____
36.
Der Prophet spricht: Männer steht wie Eichen!
Treffe Schmach die, welche scheu entweichen!
Hätt' er Assa einmal nur gesehen,
Rief' er: fliehet vor des Schicksals Zeichen!
(S. 54)
_____
37.
Sie zog den Schleier von der Stirn
Und zeigt' ein grauenhaft Gesicht.
O Hirr! vergaßest du den Spruch:
Mit sauern Datteln lockt man nicht?
(S. 54)
_____
38.
Ruweika fragt die Heuchler zarter Triebe:
Sagt an, mit welchem Maß meßt ihr die Liebe?
Es sprach der Eine: meiner Liebe Gipfel
Er überraget schier der Palme Wipfel.
Der Andre: meines Herzens Brunst erhaben
Ist sie, gleichwie der Wolkenflug des Raben.
Der Dritte sprach: noch höh'r ist meine Minne
Alswie des Sinai gezackte Zinne.
Ich sprach: was man ermißt, kann man vergessen,
Die Liebe meiner Seel' ist nicht zu messen.
Ruweika brach, die Lachende, ihr Schweigen,
Sie sprach: der Sieg ist dein, dir bin ich eigen!
(S. 54-55)
_____
39.
Erst wehrte sie ab mich mit schelmischer Kunst,
Als ich mir erflehte die kleinste Vergunst.
Doch als ich umspannt sie mit kühnerer Hand,
Da löste sie selber den Gurt vom Gewand.
(S. 55)
_____
40.
Taiba schilt, die mit den langen Zähnen,
Weil ich mich in neue Haft verdungen;
Ach gerecht nicht tönen ihre Klagen,
Daß ich ab vom Liebespfad gesprungen,
Daß ich Leila mit den Lachezähnen
Halte jetzt in kecker Lust umschlungen:
Furcht des Spießens hinterließ mir Taiba,
Leila beut mir Kußerinnerungen.
(S. 55-56)
_____
41.
Heut noch würd' ich Ummu Mâlek lieben,
Wär' sie spröd auf immer mir geblieben,
Nun ich ihres Kusses Odem spürte,
Hat mich der von ihr hinweg getrieben.
(S. 56)
_____
42.
Wadschiha winkte mir, als ich an ihrer Hima
Entlang, still ihrer denkend, zog:
Just weil sie winkte mir, zog ich am Zelt vorüber,
Um welches ich im Kreise bog.
(S. 56)
_____
43.
Wie hat in Lieb' einst mich die schöne Leil' entzückt!
Jetzt schaudr' ich, ach, im Arm der Tochter von Otbi.
Wohl wahr ist's, was der Mund der weisen Männer spricht:
Nicht stets nachfolget auf Rebia Elatdschi.
(S. 56)
_____
44.
Ha! wenn ein Mann mir naht auf Tücke sinnend,
Mein tapfres Schwert weiß ihn hinfortzuraffen.
Ihr Schönen doch thut ungestraft mir Leid an -
Mit euch zu kämpfen fehlt es mir an Waffen.
(S. 57)
_____
45.
Die Vorbilder
Willst du lernen
schwatzen, zanken, keifen -
Nimm dir ein Exempel an Thureisen!
Willst du lernen faul sein, gähnen, schlafen -
Sieh, ein Beispiel hast du an Harkasen!
Willst du lernen geizen, knickern, sparen -
O erwähl' als Muster dir Dschuhâren!
Willst du lernen lieben, kosen, küssen:
Wird es dich Dschelila lehren müssen!
(S. 57)
_____
46.
Dein Antlitz, Asma, strahlt und blitzt und funkelt,
Daß es den hellen Tag in Nacht verdunkelt.
(S. 57)
_____
47.
Mit Rejja kam ich schwer ans Ziel,
Majj mocht sich leicht an mich gewöhnen.
Der Gurt der Häßlichen ist fest,
Doch locker ist der Gurt der Schönen.
(S. 57-58)
_____
48.
An Farbe zwar dem Honig gleich,
O Wabra, sind die Lippen dein;
Doch ihre Küsse stimmen nicht
Mit seiner Süße überein.
(S. 58)
_____
49.
Die reich' und schöne Sahl
Ward ihm vermählt.
Seid hat Perl' und Jakut
Zugleich erwählt. (S.
58)
_____
50.
Allah sprach: ein Thier ist noch zu schaffen,
Hirr, dich sah er - und er schuf den Affen.
(S. 58)
_____
51.
Daß Hirr die Brauen runzelt und mit den Zähnen knirrt;
Statt Menschensang zu singen, nur murrt und pirrt und girrt;
Im Zelt hier plumpen Steißes hockt wie ein filz'ger Wirth,
Dort ungelenken Fußes das Waidrevier durchschwirrt,
Daß Nachts der Hüter schaudert und sich entsetzt der Hirt,
Wenn er des Unholds Nähe gewahr mit Schrecken wird;
Daß Jedem sie als Scheuelbild vor den Augen flirrt;
Daß Alles, was sie anrührt, zerschmettert, daß es klirrt;
Daß sie den Zaum verkehrt, wenn das Reitkamel sie schirrt,
Daß sie nur wird durch Datteln, der Aeffin gleich gekirrt -
Sie, Aeffin selbst an Fratze: wer ist's, den dies beirrt,
Da Hirr der Töchter Eine ja ist des Stammes Kird!
(S. 59)
Kird heißt im Arabischen "Affe"
_____
52.
Du willst, daß meine Verse, o Kedra, dich besingen?
Bei deines Vaters Leben, o wolle mich nicht zwingen!
Denn Einer von uns wäre für immerdar geschändet,
Ich durch ihr Nichtgelingen und du durch ihr Gelingen.
(S. 59)
_____
53.
Herzverein ist Schmerzverein,
Gern leb' ich vom Weib getrennt.
Auf dem Haupt verbrennt die Laus,
Wenn der Heilige verbrennt.
(S. 59)
_____
54.
Wäre Nawar's Zunge, die sich
Dreht im Flug,
Eine Mühle, Ma'add hätte
Mehls genug. (S. 59)
_____
55.
Der Junge mit hellen Augen
Nahm die triefäugige Alte.
Es senkt die Morgenröthe
Sich auf das Meer, das kalte.
(S. 60)
_____
56.
Zwar die Schwärze fortzuwischen
Wird, Tumâdhir, dir gelingen;
Magst du doch die Nura mischen,
Weiße wird sie nicht dir bringen.
(S. 60)
_____
57.
O vertraue deines Herzens
Liebe nicht Abid':
Ihr Geheimniß ist ein Kata,
Der entschwebt dem Ried.
(S. 60)
Kata: ein Vogel, der ähnlich unserem Kuckuck, nur den eigenen Namen ruft;
Sinnbild eines aufgeblasenen, eitlen Menschen
_____
58.
Daß ich Mejj, die kaum ich freite, schon verstoßen,
Dazu trieben mich nicht Wankelsinnes Possen.
Nein, die Burg, in die ich Eingang suchte, fand ich
Schon erobert von des Feindes Wurfgeschossen.
(S. 60)
_____
59.
Assa, die so ungestüm sich sträubete,
Zwang ich, daß sie ward mir eine Duldige;
Doch was half's, daß sie mein Arm betäubete,
Und mein Wille zwang sie, die Unhuldige?
Da ihr Schoß mir nun zum Angedenken
Meiner Wuth den wüth'gen Dhuhl mocht' schenken,
Dessen Sinne stets auf Grimm sich lenken,
Und den selbst mein Zorn nicht kann beschränken!
(S. 61)
_____
60.
Es hält mein Arm nur die umspannt,
Die ihre Gunst mir zugewandt.
Die Mürrische - sie laß' ich stehn,
Will sie, mag sie zum Teufel gehn!
(S. 61)
_____
61.
Sie fragten: welche wirst du wählen,
Die mit dem Rahmantlitz, Ubeide,
Hell wie ein Lichttag, oder prangend
Wie Nachtglanz, die schwarzlock'ge Maide?
Ich sprach: die Wahl ist mir nicht schwierig,
Denn zu Geliebten wähl' ich beide.
(S. 61)
_____
62.
Hier, wo der Glanz gebricht,
Wähl' ich die schwarzen Blumen;
Mit Ingber würzet der,
Dem fehlen Kardamumen.
(S. 62)
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63.
Weil mir Schamus' Sonne nun erloschen,
Lockt mich Rejja's blass'rer Stern.
Wem die goldne Myrrhe fehlt, der räuchert
Auch mit grauer Ambra gern.
(S. 62)
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64.
Flieh'n Selma auch und Fatme im Vereine:
O Herz, nicht blute! du mein Aug', nicht weine!
Giebt es denn außer Rosen und Violen
Im Garten dieser Welt der Blumen keine?
(S. 62)
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65.
Mich fesselt nicht die braune Sâliha,
Seit ich gesehn die helle Râ'ila.
O wessen Auge Râ'ila je sah:
Wen anders liebet er als Râ'ila?
(S. 62-63)
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66.
Aura hat zuerst mein liebend Herz besessen,
Aber ab streift' ich die allzulocker'n Fesseln.
Rejj nun lieb' ich, was doch schilt mich Aura treulos?
Warum nicht, wie Rejj, mocht' sie mich dauernd fesseln?
(S. 63)
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67.
Da du von meinem Baume
Lehnst deinen Wipfel ab, o Leil':
An meiner Wünsche Palme
Leg' ich entschlossen selbst das Beil.
(S. 63)
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68.
Länger, Majj, wär' ich genaht dir unverdrossen,
Blieb verschleiert nur dein Angesicht.
Da hast du mir selbst das Thor der Huld erschlossen -
Nun lockt mich die offne Pforte nicht.
(S. 63)
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69.
Das Wasser lockt mich nicht,
Wo fahren kann ein Jeder;
Ich liebe jenes Meer,
Wo ich allein der Rheder.
(S. 64)
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70.
Sumaia singt und springt und lacht,
Still ist und kalt Hirr wie die Nacht,
Und frei' ich noch das dritte Weib -
Was ist denn deren Zeitvertreib?
(S. 64)
_____
71.
Du sprichst in prunkendem Ertönen
Obwohl mit unterdrücktem Stöhnen:
Nicht mehr mag ich der Liebe fröhnen,
Der Schönen mocht' ich mich entwöhnen,
Mit Ruhm will ich mein Leben krönen!
O Kaiß, laß dein Getön verdröhnen,
Verwimmern laß dein leises Stöhnen,
Die Liebe wolle nicht verpönen,
Und eigne Ohnmacht nicht beschönen,
Noch selbstverschuldet Leid bekrönen.
Wir wissen, was dich eh'r zum Stöhnen
Zwingt, als zu prahlerischen Tönen,
Und geben Antwort dir mit Höhnen:
Nicht du entwöhnt hast dich der Schönen,
Sie mochten deiner sich entwöhnen!
O Kaiß, wer nie dem Muth zu fröhnen
Verstand, wird nie mit Ruhm sich krönen:
Schmach sei mit dir und deinen Söhnen!
(S. 64-65)
_____
72.
Wohl hätte meine Liebe,
O Selma, dir genützt.
Du hast mich erst verschmähet,
Nun bleibe unbeschützt.
Du wollest ja die Palme
Sein, die sich selber stützt.
(S. 65)
_____
73.
Horche, Ben Hilâl, und steh mir Rede!
Antwort gieb auf meiner Fragen jede!
Lebst du mit dir selber denn in Fehde?
Ist, Mutammim, denn dein Auge blöde?
Oder so beengt dein Herz und öde,
So beschränkt dein Geist, dein Sinn so schnöde -
Daß zu Kabscha du mir deinem Schecken
Sprengst, auf ihrem Lager dich zu strecken?
Ihrer Küsse Pesthauch willst du schmecken?
Weißt du nicht, daß Andern sie ein Schrecken,
Hu, ein Zerrbild ist, zum Angsterwecken,
Graunhaft, grauserregend allen Recken?
Daß sie Jeder nur als Spuk erfindet,
Als ein Unthier, daß der Muth uns schwindet,
Eine Eule, blinzelnd, wie erblindet,
Eine Viper, die am Weg sich windet,
Eine Unke, die nur Unheil kündet -
Und der hast du, Toller, dich verbündet?
(S. 66)
_____
74.
Ka'd spricht pathetisch mit Gewicht:
Mich reizet Bußra's Auge nicht!
Nun ja, weil Bußra ihr Gesicht
Vor ihm verhüllt, dem argen Wicht.
Denn Bußra kennet ihre Pflicht,
Läßt sich von Ka'd verlocken nicht!
(S. 66)
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75.
Ich sprach: o Abla, ruh'n jetzt laß mich auf deinem Pfühl,
Da auch die Herdenmutter sich gönnt dem Hengst im Bühl.
Sie sprach: obwohl ihr Blick war ein Liebesanbefehl:
O Thor! ist doch nicht jedes Kamel ein Zuchtkamel.
(S. 66)
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76.
Einem Melknapf gleichet von Nodârholz
Meiner Liebsten Busen, den voll des Grolls
Die neidischen Nachbarinnen schmähn,
Weil sie nicht wagen ihn anzusehn.
(S. 67)
_____
77.
Wenn an dich, Sumala, der West sich drängt,
Und dir auf Schleier und Gurt sich senkt,
Fast wird dein faltiges Kleid gesprengt
Von deiner Lenden und Brüste Pracht -
Und mein Herz wird zugleich mit Macht, mit Macht
Wie ein Meer in Schäumen und Aufruhr gebracht.
(S. 67)
_____
78.
Aldschiwa's Antelopen sie gleichen dir nicht an Wuchse,
Was hilft's, da du an Schlauheit, Fâtime, gleichst dem Luchse.
Dein ist der Hals des Rehes, dein sind die Augen des Hirsches,
Was hilft's, da doch dein Wesen ein wildes ist und wirsches.
Leichtfüßig, wie Gazellen, hüpfst du zum Waidehage,
Was hilft's, da du dem ganzen Gezelt bist eine Plage.
Was hilft des Leibes Schönheit, gebricht der Glanz der Seele:
O sieh, zwar Schönheit fehlet, doch Werth nicht dem Kamele!
(S. 67)
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79.
O glichest, Abla, du der goldnen Biene,
Von der des Honigs Flocken man gewinnt!
Du aber, Abla, gleichst der grauen Spinne,
Die nur des Netzes kahle Fäden spinnt!
(S. 68)
_____
80.
Was spornt ihr mich zu singen
Prachttönige Kaßiden?
Ich liebe die Hind und Leila -
Und sie sind meine Kaßiden!
(S. 68)
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81.
Wollt' ich auch Tathrijjas Pfad vermeiden,
Wie von Horka's Wegen sollt' ich scheiden?
Und wollt' ich auch Horka's Spur entfliehen,
Wie aus Bothna's Zeltflur könnt' ich ziehen?
(S. 68)
_____
82.
Erst floh mich die schöne Darijja,
Dann fern ging die holde Tathrijja;
Mein Herz, nicht bricht es zusammen,
Bleibst du nur nah mir, Safijja!
(S. 68)
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83.
Haremsbild
Der Liebesfreche
Morgen huld' ich
Majja, der Holdschwebenden;
Gestern küßt' ich Rejj, die sanft sich Lassende;
Heut nah' ich mich Hirr, der Widerstrebenden,
Heiß umfangend sie, die Schamerblassende.
Nach Gewährenden, sich mild Ergebenden,
Lockt's auch zu umfassen wild uns Hassende.
(S. 69)
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84.
Besbasa, Reihana, Dschelila, Dschauhâr,
Tumâdir, Meisun und Bessûs und Nawâr,
Ihr Schönen von Eßed und Dhul und Nisâr,
Hinweg ihr und eurer Gefährtinnen Schaar!
Heut opfr' ich auf einem geweihter'n Altar,
Seit Hirr ich gesehen, die Schön' aus Anbar,
Die Milchangesicht'ge mit Datteln statt Haar,
Mit Augen wie Hirsche, beschwingt wie ein Aar,
Mit Händen, so fein, wie die Blüthe Oschar,
Und mit ihrer Brüste bezaubernden Paar,
Ha, gleich einer Dschinnin, im luft'gen Talar,
In Aether gekleidet, der Hülle fast baar,
Ihr Schönen von Eßed und Dhul und Nisâr -
Seit Hirr ich gesehen, nicht bringt ihr mir Fahr.
Seit Hirr ich gesehen, verschwindet ihr gar,
Nur sie schwebt alleinzig vor'm Auge mir klar,
Und Eins nur betrübt und zerquält mich fürwahr,
Und läßt mich nicht ruhen und schlafen sogar:
Daß stets nicht, was jetzt sie mir ist, sie mir war!
(S. 69-70)
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Sechstes Buch: Todtenklagen
1.
Wie war sie so hold, wenn sie schwebte herab
Vom Hügel ins Thal mir, die schöne Seinab!
Es sah sie und neidvoll zum Pfeil griff der Tod -
Wohl traf er das Ziel - ach, mir sagt es dies Grab!
(S. 111)
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2.
Von weißem Schleier
das Haupt umbunden
mir, holde Maida, erschienest du.
Lichtglanz ausstrahlend
wie kranzumwunden
mir, holde Maida, erschienest du.
Seit dich ich sahe,
in Nacht erloschen
war jeder Glanz mir von anderm Licht.
Ein Engel Allah's
zu früh entschwunden
mir, holde Maida, erschienest du.
(S. 111)
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3.
Schleich' ich auch nicht immer zu der Gruft Sejjâde's
In dem düsterschattenden Cypressenhain:
O nicht schläfst du in der Kummeröd' allein,
Meine Sehnsucht bleibt Gefährtin deines Grabes.
(S. 112)
_____
4.
Als sie die Flut durchwallte, die schöne blasse Saad,
Wurde der Weg, der nasse, der Armen ein Todespfad.
Es sprachen die bösen Wellen, die eine zu der andern:
Wir wollen die weiße Jungfrau nicht lassen von hinnen wandern.
Wir wollen sie fangen, fassen und ziehn herab gemach,
Und wollen die schöne Perle vereinen mit unserm Bach.
Und während sie also sprachen und murmelnd es zu sich riefen,
Da haben sie sie gezogen tief in des Wassers Tiefen.
(S. 112)
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5.
Blasses Bild voll Glanzerinnerungen,
Blasse Majja, dir sei hold erklungen
Ein Gesang aus deines Dichters Kehle,
Der des Liedes Pfeil dir oft geschwungen,
Da du lebtest, da du liebtest, lachtest,
Und von meinem Arme wardst umschlungen.
Dich hält nun ein stärkrer Arm umfangen,
Als der je hielt deinen Leib umschlungen;
Fest erfaßt' er deine schönen Glieder,
Bis er nieder dich ins Grab gerungen.
Deinen Ruhm hat er zerstört und deine
Pracht gebrochen, deinen Glanz bezwungen;
Keiner deiner vor'gen Freier nahet
Hier an diesen öden Ort, gesungen
Wird von Vögeln nur in der Cypresse
Zweig und vom Gelispel meiner Zungen.
(S. 112-113)
_____
6.
Wo ist sie nun, die ich so feurig küßte,
Die mich so sanft gedrückt an ihre Brüste,
Wo weilt sie, die Schwarzlockige, Duftfrische,
Glanzhelle mit des Mundes Amethyste?
Ach, was entführte sie ein neidisch Schicksal
Hinweg von meines Lebensmeeres Küste?
Hier blieb ich nun vereinsamt und verlassen,
Nicht mehr ein Zelt bin ich, ein Pfahlgerüste.
Ich gleiche dem Kamelhengst, dem da fehlet
Die Chimchimbeer' in öder Flugsandwüste.
Zwar stehst in meinen Träumen und Gedanken
Du aufgerichtet gleich als Lebensbüste,
Doch ach, das Leben fehlt, das warmumfang'ne,
Und Heil mir, Heil, wenn ich auch sterben müßte!
(S. 113)
_____
7.
Sie stand am Weg, als fern ich schied,
Und bog ihr Haupt hernieder.
Sie hielt, als bärge Thränen sie,
Gesenkt die Augenlieder -
So steht sie noch vor meinem Sinn,
O säh' ich je sie wieder!
Doch ach, der edlen Tochter Teim's
Sing' ich nun Grabeslieder.
(S. 114)
_____
8.
Wären Thränen stiller Liebe Boten,
Manchen Gruß spräch' dir mein Angesicht:
Doch mein Herz betrauert einen Todten,
Und du, Ben Rebi, verstehst mich nicht.
(S. 114)
_____
12.
Nicht scheltet mich, hab' ich der Lust nicht Acht,
Bin ich auf Thränen nur und Schmerz bedacht,
Ach, Esma's denk' am Tag ich und bei Nacht!
Sie, die nun ruht im finstern Grabesschacht,
Wie hat ihr Augenpaar so hell gelacht!
Wie hat sie einst so glücklich mich gemacht!
Aus ihrer Liebe sog ich Kraft und Macht,
Voll Muth hinaus zog ich in Kampf und Schlacht,
Sie war mein Preis und meine Siegespracht!
Und hat mein Tag verdunkelt sich in Nacht,
Nun ist mein Tagewerk mit ihr vollbracht!
Zum Sumpf ist mir des Lebens Meer verflacht!
Nicht mehr ist sie's, die für mich sorgt und wacht,
Nicht mehr ist sie's, die süß und heiter lacht,
Daß ich vergäße, wenn der Donner kracht.
Nun, ist's auch öd' und schweigsam übernacht,
Dünkt mir's, als hör' ich ein Gestöhn der Schlacht,
Und wie in Wunden schreck' ich auf, erwacht.
Es ist kein Traum, denn mir ist beigebracht
Die Todeswunde, die da blutet sacht,
Seit Esma ruht im finstern Grabesschacht.
(S. 116)
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17.
Sei fern nicht, Dschâsch! Doch wer auch sagt zum Stern,
O steig' herab, er schimmert ewig fern.
Du schöner Baum, dein Blüthengipfel sank,
Mir nur verblieben ist der Trauer Kern.
Der Todtenvogel rauscht von dir entsandt -
O süße Dschâsch, gedenkst du deines Herrn?
(S. 118)
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18.
O küsse mich! Doch ach, verlernt hat nun dein Mund zu küssen,
Seit aus dem Bett der Liebe dich unholde Männer trugen!
Du hast mir, Abla, eine Wund' im Herzen aufgerissen,
An der ich langsam mich zu Tode werde bluten müssen.
(S. 118-119)
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23.
In meinen Armen, o Leila,
Lagst du so warm einst gebettet;
Nun hält das Grab dich, das feuchte,
Mit kalten Armen umkettet.
Von deinem Haupt eine Locke
Hab' ich allein mir gerettet.
(S. 120)
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Aus: Die Wüstenharfe
Eine Sammlung arabischer Volkslieder
Nach in Rußland befindlichen, zum Theil slawisirten,
zum Theil latinisirten Codices
zum ersten Male ins Deutsche übertragen
von Dr. Julius Altmann [1814-1873]
Leipzig Verlag von Falcke und Rößler 1856
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