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Dänische Liebeslieder
Der Ritter Aage und Jungfrau Else
Das war der Ritter Herr Aage,
Der ritt zur Insel weit,
Verlobte sich Jungfrau Else,
So eine schöne Maid:
Verlobte sich Jungfrau Else
Mit rothem Golde werth;
Darnach am Monatstage
Lag er in schwarzer Erd.
Da war der Jungfrau Else
Ihr Herz von Sorgen wund,
Das hörte der Ritter Herr Aage
Tief unter schwarzem Grund;
Da nahm der Ritter Herr Aage
Den Sarg auf seinen Rück,
Schwankte zu ihrem Kämmerlein:
Ihm selbst ein schwer Geschick.
Er klopft' an die Thür mit dem Sarge,
Weil er kein Kleid hat an:
"Hör du, Jungfrau Else,
Schließ auf deinem Bräutigam."
Da sprach die Jungfrau Else:
Ich schließ meine Thür nicht auf,
Bis du kannst Jesu Namen nennen,
Wie du gekonnt sonst auch.
"Jedmal du dich freuest,
Und dir dein Muth ist froh,
Da ist mein Sarg gefüllet
Mit Rosenblättern roth:
Jedmal du bist voll Sorgen,
Und dir ist schwer dein Muth,
Da ist mein Sarg gefüllet
Ganz mit geronnen Blut."
"Es kräht der Hahn, der rothe,
Da will ich fort ins Grab:
Ins Grab müßen alle Todten,
Da folg ich mit hinab.
Schaue du zu dem Himmel
Und zu den Sternlein auf,
Da kannst du schauen, wie sachte
Die Nacht wird ziehn herauf."
Das war die Jungfrau Else,
Die schaute die Sternlein an:
Ins Grab versank der Todte,
Gar nimmer sie ihn sah.
Heim ging die Jungfrau Else,
Ihr Herz von Sorgen wund;
Darnach am Monatstage
Lag sie in schwarzem Grund.
Aus: Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen
übersetzt von Wilhelm Carl Grimm [1786-1859]
Heidelberg bey Mohr und Zimmer 1811 (S. 73-74)
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Liebes-Gespräch am Fenster
Es war spät am Abend und der Thau fiel schon herab,
Da lüstet' es den Herzog Heinrich zu schlagen seine goldene Harf'.
Da oben an den Bergen!
Außen stand die Jungfrau Malfred und horchte da auf die Tön':
"Gott gebe, daß Herzog Heinrich nun wollte zu uns gehn!"
"Er sollte nimmer schlafen, als nur in den Armen mein,
Er sollte nimmer trinken, als nur den klaren Wein."
Das war ihre liebe Pflegmutter, die sprach zu ihr die Wort:
Schweig stille Jungfrau Malfred, sonst leidst du darum Spott.
Und bist du noch so kleine und bist so jung eine Maid:
Dein Vater will dir nicht geben einen Mann als erst in Jahren drei.
"Und laß mich seyn so kleine, so jung als ich nun bin:
Und würd er mein heut Abend, ich wollt' ihn haben recht lieb."
Nicht wußt die Jungfrau anders, als sie wären beid' allein,
Aber außen stand Herzog Heinrich, horcht' auf ihr Reden fein.
Außen stand der Herzog Heinrich, und diese Worte sprach er:
Wohl dir, Jungfrau Malfred, hast du mich lieb so sehr.
Das war spät am Abend und hernieder fiel der Thau,
Da leitete der Herzog Heinrich aus dem Stall sein Rößlein grau.
Das war spät am Abend, der Thau trieb über die Zinnen,
Da lüstet' es Herzog Heinrich die stolze Malfred zu finden.
Sein Roß sattelt' er sich selber, und ritt dann fort allein,
Er nahm nicht Gesellen und Buben mit sich; denen durft' er trauen klein.
Einen Sattel von Silber, einen Zaum von Gold, legt' er auf sein Roß
fürwahr,
So ritt er den kleinen grünen Stege hin, wo der Jungfrau Kämmerlein war.
Steh nun auf, Jungfraue Malfred, in deinen Saal laß mich nun ein,
Ich bin der Herzog Heinrich, der allerliebste dein.
"Ihr seyd ein gewaltiger Herre, rathet über Burgen und Festen:
Ich kann mir nicht rathen heut Abend vor solchen reichen Gästen."
Was aber kümmert mich dein Meth, was kümmert mich dein Wein?
Leg mich in deine weiße Arm, nenn' mich den allerliebsten dein.
"Leg ich dich in den weißen Arm, sag mein Allerliebster zu dir:
Hört das mein lieber Vater, gar sehre zürnt er mir."
Und daß ich reden wollt mit dir, hab' ich gesprengt mein Roß hierher:
Läßt du mich nicht heut Abend ein, du gewinnst mich nimmermehr.
"Ich sorg nicht um dein graues Roß, und um sein schlechtes Glück:
Mich kümmert mehr meine Ehre, und Spott hinter meinem Rück."
Du steh auf, stolz Malfred, und laß mich schnell zu dir ein,
So reit' ich zu deines Vaters Burg und bitte um dich fein.
"Habt Dank, Herzog Heinrich, Ihr kommt doch nicht herein,
Eh Ihr bittet Vater und Mutter und die Verwandten mein."
Fort ritt Herzog Heinrich, so zornig war sein Muth;
Alleine stand klein Malfred, so laut lachte sie dazu.
Hab Dank, Jungfraue Malfred, sie durft' zu dem Ritter so reden,
Er ritt an ihres Vaters Hof und bat um sie mit Ehren.
Hab Dank, Herzog Heinrich, er wollt' die Jungfrau lieben,
Er freite sie am Landestag mit all ihrer Freunde Willen.
Da gewann er die Jungfrau Malfred, weil sie ihre Ehre hät lieb:
Nun ist sie eine gewaltige Frau, sie herrscht über Burgen viel.
Da oben an den Bergen!
Aus: Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen
übersetzt von Wilhelm Carl Grimm [1786-1859]
Heidelberg bey Mohr und Zimmer 1811 (S. 135-137)
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Liebesprobe
Die Kriegsmann liegen vor der Insel auf dem Meer,
Und streiten um eine schöne Jungfrau so sehr.
Sie gelobt ihm ihre Treue!
"Ich darf setzen drauf mein Gold so roth:
Klein Christel kümmert nicht Herr Nordmanns Tod.
Ich darf setzen drauf meinen weißen Hals:
Klein Christel ist gegen Herr Nordmann ohn' Falsch.
Herr Nordmann stand und hört' ihr Wort:
Ich will prüfen beider Red sofort.
Herr Nordmann kleidete sich in Seide roth,
Und legte sich nieder, als wär er todt.
Die Königsmann steuerten ihr Schiff ans Land,
Klein Christel ging auf weißem Sand.
"Seyd willkommen, all ihr Königsmann:
Was hat Euch der Krieg zu Leid gethan?"
Das hat uns der Krieg zu Leid gethan,
Daß wir verloren so tapfer einen Mann.
Wir haben verloren so fein einen Mann:
Er heißt der junge Herr Nordmann.
Klein Christel da steht und die Wort anhört;
Sie fällt zehnmal ohnmächtig zur Erd.
"Und ist es wahr, daß Herr Nordmann todt,
So bau ich über ihn eine Kirche so roth."
"Die Mauer von grauem Marmorstein,
Das Grab von weißem Wallfischbein."
"Seinen Sarg laß ich mit Silber beschlagen,
Und drauf setzen güldene Buchstaben."
"Die sagen jedem, der tritt heran:
Hier liegt klein Christels Bräutigam."
Herr Nordmann nicht länger konnt' dulden ihren Schmerz,
Stand auf und zog sie zehnmal ans Herz.
Hab Dank, Herr Nordmann; er hält seine Treue so sehr:
Seine Hochzeit ließ er feiern mit Ehr.
Hab Dank, du schönes Jungfräulein,
Daß du gehalten Lieb und Treue dein.
Nun hat die Jungfrau überwunden ihren Harm,
Sie schläft alle Nacht in Herr Nordmanns Arm.
Sie gelobt ihm ihre Treu!
Aus: Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen
übersetzt von Wilhelm Carl Grimm [1786-1859]
Heidelberg bey Mohr und Zimmer 1811 (S. 212-213)
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Elvershöh
Ein Zauberlied
Ich legte mein Haupt auf Elvershöh,
Mein' Augen begannen zu sinken,
Da kamen gegangen zwo Jungfrau'n schön,
Die thäten mir lieblich winken.
Die eine, sie strich mein weisses Kinn,
Die andre lispelt ins Ohr mir:
Steh auf, du muntrer Jüngling, auf!
Erheb', erhebe den Tanz hier!
Steh' auf, du muntrer Jüngling, auf!
Erheb', erhebe den Tanz hier!
Meine Jungfrau'n soll'n dir Lieder singen,
Die schönsten Lieder zu hören.
Die Eine begann zu singen ein Lied,
Die Schönste aller Schönen;
Der brausende Strom, er floß nicht mehr,
Und horcht den Zaubertönen.
Der brausende Strom, er floß nicht mehr,
Stand still und horchte fühlend,
Die Fischlein schwammen in heller Fluth,
Mit ihren Feinden spielend.
Die Fischlein all' in heller Fluth,
Sie scherzten auf und nieder,
Die Vöglein all' im grünen Hain,
Sie hüpften, zirpten Lieder.
"Hör an, du muntrer Jüngling, hör' an,
Willt du hier bei uns bleiben?
Wir wollen dich lehren das Runenbuch,
Und Zaubereien schreiben.
Wir woll'n dich lehren, den wilden Bär
Zu binden mit Wort und Zeichen;
Der Drache, der ruht auf rothem Gold,
Soll schnell dir fliehn und weichen."
Sie tanzten hin, sie tanzten her;
Zu buhlen ihr Herz begehrt'.
Der muntre Jüngling, er saß da,
Gestüzt auf seinem Schwert.
"Hör' an, du muntrer Jüngling, hör' an:
Willt du nicht mit uns sprechen,
So reissen wir dir, mit Messer und Schwert,
Das Herz aus, uns zu rächen."
Und da mein gutes, gutes Glück!
Der Hahn fing an zu kräh'n.
Ich wär' sonst blieben auf Elvershöh,
Bei Elvers Jungfrau'n schön.
Drum rath ich jedem Jüngling an,
Der zieht nach Hofe fein,
Er setze sich nicht auf Elvers-Höh,
Allda zu schlummern ein.
Aus: Stimmen
der Völker in Liedern.
Gesammelt, geordnet, zum Theil übersetzt durch
Johann Gottfried von Herder
Neu herausgegeben durch Johann von Müller
Tübingen 1807
(S. 446-447)
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Der Wassermann
"O Mutter, guten Rath mir leiht,
Wie soll ich bekommen das schöne Maid?"
Sie baut ihm ein Pferd von Wasser klar,
Und Zaum und Sattel von Sande gar.
Sie kleidet ihn an zum Ritter fein,
So ritt er Marienkirchhof hinein.
Er band sein Pferd an die Kirchenthür,
Er ging um die Kirch dreimal und vier.
Der Wassermann in die Kirch' ging ein,
Sie kamen um ihn, groß und klein.
Der Priester eben stand vorm Altar:
"Was kommt für ein blanker Ritter dar."
Das schöne Mädchen lacht in sich:
"O wär der blanke Ritter für mich!"
Er trat über einen Stuhl und zwei:
"O Mädchen gib mir Wort und Treu."
Er trat über Stühle drei und vier:
"O schönes Mädchen zieh mit mir."
Das schöne Mädchen die Hand ihm reicht:
"Hier hast meine Treu, ich folg dir leicht."
Sie giengen hinaus mit Hochzeitschaar,
Sie tanzten freudig und ohn' Gefahr.
Sie tanzten nieder bis an den Strand,
Sie waren allein jetzt Hand in Hand.
"Halt, schönes Mädchen, das Roß mir hier!
Das niedlichste Schiffchen bring ich dir."
Und als sie kamen auf 'n weissen Sand,
Da kehrten sich alle Schiffe zu Land.
Und als sie kamen auf den Sund,
Das schöne Mädchen sank zu Grund.
Noch lange hörten am Lande sie,
Wie das schöne Mädchen im Wasser schrie.
Ich rath' euch, Jungfern, was ich kann:
Geht nicht in Tanz mit dem Wassermann.
Aus: Stimmen
der Völker in Liedern.
Gesammelt, geordnet, zum Theil übersetzt durch
Johann Gottfried von Herder
Neu herausgegeben durch Johann von Müller
Tübingen 1807
(S. 450-451)
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Erlkönigs Tochter
Herr Oluf reitet spät und weit,
Zu bieten auf seine Hochzeitleut';
Da tanzen die Elfen auf grünem Land',
Erlkönigs Tochter reicht ihm die Hand.
"Willkommen, Herr Oluf, was eilst von hier?
Tritt her in den Reihen und tanz' mit mir."
"Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag,
Frühmorgen ist mein Hochzeittag."
"Hör' an, Herr Oluf, tritt tanzen mit mir,
Zwei güld'ne Sporne schenk' ich dir.
Ein Hemd von Seide so weiß und fein,
Meine Mutter bleicht's mit Mondenschein."
"Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag,
Frühmorgen ist mein Hochzeittag."
"Hör' an, Herr Oluf, tritt tanzen mit mir,
Einen Haufen Goldes schenk' ich dir."
"Einen Haufen Goldes nähm' ich wohl;
Doch tanzen ich nicht darf noch soll."
"Und willt, Herr Oluf, nicht tanzen mit mir;
Soll Seuch' und Krankheit folgen dir."
Sie thät einen Schlag ihm auf sein Herz,
Noch nimmer fühlt' er solchen Schmerz.
Sie hob ihn bleichend auf sein Pferd,
"Reit heim nun zu dein'm Fräulein werth."
Und als er kam vor Hauses Thür,
Seine Mutter zitternd stand dafür.
"Hör' an, mein Sohn, sag' an mir gleich,
Wie ist dein' Farbe blaß und bleich?"
"Und sollt' sie nicht seyn blaß und bleich,
Ich traf in Erlenkönigs Reich."
"Hör' an, mein Sohn, so lieb und traut,
Was soll ich nun sagen deiner Braut?"
"Sagt ihr, ich sey im Wald zur Stund',
Zu proben da mein Pferd und Hund."
Frühmorgen und als es Tag kaum war,
Da kam die Braut mit der Hochzeitschaar.
Sie schenkten Meet, sie schenkten Wein,
"Wo ist Herr Oluf, der Bräut'gam mein?"
"Herr Oluf, er ritt' in Wald zur Stund,
Er probt allda sein Pferd und Hund."
Die Braut hob auf den Scharlach roth,
Da lag Herr Oluf und er war todt.
Aus: Stimmen
der Völker in Liedern.
Gesammelt, geordnet, zum Theil übersetzt durch
Johann Gottfried von Herder
Neu herausgegeben durch Johann von Müller
Tübingen 1807
(S. 452-454)
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