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Liebeslieder aus Palästina
O schöner Vollmond!
Wie schön bist du, o Vollmond,
wie schön der Anblick deiner Nacht,*
auf, schmücke die Wange,
und was soll ich dir sagen über deine Nacht?*
Ich bin wach in der Nacht
und zähle die Sterne in deiner Nacht,**
Eroberer aller Vollmonde (bin ich),
aber du erobertest mich,
ich warte auf das Versprechen,
bis zu Ende geht deine Nacht.***
(S. 219)
* das schwarze Haar
** in deiner Schönheit
*** deine Sprödigkeit
_____
O mein Versprechen!
Der Ursprung meiner Verstrickung
sind meine Augen, ich war frei,
fürwahr, bitter ist mein Leben,
das ursprünglich war frei,
und der Leib wurde mir verzehrt,
ach über meinen Zustand!
Zweimal ach über mein Elend
in der Liebe, o mein Versprechen!
es mehrten sich meine Wunden,
und die Bitterkeit der Wermut war mir süsser.*
(S. 220)
* als die Liebe
_____
Liebesthränen löschen Höllenfeuer
Ich will die Seele als Lösegeld für dich geben,
so lange sehen kann mein Auge,
o du, um dessentwillen Bäche flossen
aus meinem Auge.
wenn auch deine Gestalt sich ändert,
bist du mein Augapfel und mein Auge.
Bei dem, der das Paradies erschuf
und erstehen liess das Feuer,
ich will vom Verkehr mit dir nicht lassen
wenn auch mein Herr mich verbrennt im Feuer.
Wenn er dich richtet im Grabe
und deinen Leib berührt Feuer,
will ich auslöschen die Hölle
mit dem Überströmen der Thränen meines Auges.
(S. 221)
_____
Klage über die Trennung
O meine Thräne! stets lasse mehren
das Weinen mein Auge,
wegen der Trennung der Geliebten
macht meinen Leib elend mein Auge.
Saget zu dem, der das Licht des Auges*: o mein Auge!
Und im Gericht der Liebenden, o weh mir! rief ich,
gleich mir nicht klagte die Chansa,** und rief,
als unser Herr richtete, meinen Genossen rief ich zu:
Weh mir! entfernt ist mein Vertrauter
vom Blick meines Auges!
(S. 221-222)
* der Geliebten
** Name einer Dichterin
_____
Trennungsschmerz
Ich verbringe die Nacht in Gedanken
und seufze über ihre Trennung,
das Leben war mir nicht angenehm
seit dem Tag ihrer Trennung,
mein Gott, um die Ehre des Propheten willen,
mach mich geduldig über ihre Trennung!
Kein Wohlbefinden blieb mir, o Freunde,
mein Leib schwand,
ich weinte, bis meine Thränen
über meine Wangen rollten;
wenn das Geschick annähme meine Entschuldigung,*
wäre mein Elend vergessen,
aber ach und weh! wie schwer
ist der Tag ihrer Trennung!
(S. 222)
* und sich wenden wollte
_____
Entfremdung der Geliebten
O meine Freunde, wegen meiner Sehnsucht
bereiteten sie mir Brennen,
und das Feuer in meinem Herzen
vermehrt die Glut und Brennen,
und der Schöne, als er mich sah,
wandte sich von mir und ging davon,
nicht kam es ihm in den Sinn
zu grüssen seinen Vertrauten,
er hat vergessen die frühere Zeit,
da ich war sein Vertrauter,
ich glaube nicht, dass wie ich
jemand wartet auf seinen Vertrauten,
um des Propheten willen, o Leute,
mehret nicht meinem Herzen Brennen!
(S. 223)
_____
Die Geliebte ein Schloss
Der Stern seiner Schönheit hat alles Gute verschlossen,*
und ich flehte, das Herz dessen, der dich liebt,
sei für das Eisen ein Schloss.**
Preis dem Herrn, der dir schuf
auf den Lippen ein Schloss,
du redest wie die Perlen, es tropft
von deinen Lippen Saft,
Ridwan*** aus seinem Garten verkaufte dir Saft,
die Wange ist ein Rosenstrauss
und der Wuchs wie ein Baum mit Saft,
und Augen gleich dem Luchs,
auch die Augenbrauen ein Schloss.****
(S. 223)
* umfasst es │ ** sodass er sie nie verliert
*** der Hüter des Paradieses │ **** d. h. über der Nase verbunden
_____
Tod leichter als Trennung
O du, auf dessen zwei Wangen
die Zeichen der Schönheit und Anmut,
du verwirrest mit deinen schönen Eigenschaften
die Leute des Verstands und der Anmut,
besuche mich und fürchte dich nicht,
du Same der Freigebigkeit und Anmut!
Du bist von den Ausgezeichneten, erhaben,
und dein Wert ist hoch,
und durch die Güte der Vereinigung mit dir
wird jeder Name verwandelt in 'Ali,*
wenn du zu mir sagst: stirb! finde ich
den Tod leichter für mich
als die Trennung von dir auf eine Stunde,
o Besitzer der Schönheit und Anmut!
(S. 224)
* Hoher
_____
Der Geliebten zu Ehren
Mein Auge liebt dich in Länge der Zeit - dir zu Ehren,
und ich mache mir meinen Tag zu einem Jahr
und er wird lang - dir zu Ehren,
und du, der du verbargst das Geheimnis,
nicht thue ich es kund dir zu Ehren.
Ich kann mich nimmer trennen,
o Seele, von deiner Seite,
und wenn die Liebenden gezogen werden
zu deiner Seite,
wann schickst du Botschaft,*
dass ich komme zu deiner Seite
und verkaufe meine Seele
deinetwegen und dir zu Ehren?
(S. 224)
* durch die Liebenden
_____
Starke Liebe
O Myrtenquelle, mein Auge sah niemals
(jemand wie) 'Adla,
ohne sie bin ich nicht zufrieden,
so lange sie ist 'Adla.
Wenn der Richter der Liebe entscheidet
zwischen uns mit Gerechtigkeit, -
es weinten meine Augen Blut,
fürwahr mein Kopf traf auf Liebe.*
'Adla - wie die Antilope spielt sie
mit dem Hauche des Windes,
wir sind es, welche, o Leute,
erregten die Töchter der Liebe, -
die Weissen,** wenn sie Wunder thäten,
ihr Herrscher wäre 'Adla.***
(S. 225)
* die Echtheit seiner Liebe muss der Richter anerkennen
** die Mädchen mit weisser Hautfarbe
*** sie würde sie immer noch übertreffen
_____
Krank aus Liebe
O ihr Leute des Wissens, gebt mir
Feder und Tintenfass,
ich will euch erklären meine Geschichte,
vielleicht versteht ihr meine Krankheit.
O mein Bote, gieb mir das Kleid
der Geduld in meiner Krankheit
und richte aus den Gruss an den,
welcher war Verteidiger seines Gebietes,*
Ich will die Angehörigen ihnen beschützen**
mit den Bollwerken von Hama;
Zihun, Gihun*** und Tigris,
der Orontes von Hama,
der Strom Eufrat heilte nicht
mein Elend und meine Krankheit.
(S. 226)
* die Geliebte, welche den Liebhaber abwehrte
** der Liebende will die Verteidigung der Reize der Geliebten übernehmen
*** Flussnamen
_____
Berückende Schönheit
Der Vollmond der Finsternis sagte dir nicht
den Anfang, was es um ihn ist,*
bei deinem Glanze will ich auf den Gipfel
der Suha** steigen und ihr gleichen,
zu sehen die Seele, die dich begehrt,
passend und gleichend,***
Ausser dem Pfeil der Augen ist
auf den Wangen ein Mal,
du prüftest mich durch Leidenschaft,
ich war unverletzt und unschuldig -
Preis sei Gott, der dir auf jeder Wange
ein Mal gab,
was für Schönheit gab er dir,
und welchen Wuchs, Ebenmass und Gestalt!
(S. 226)
* die Geliebte strahlt heller als der Mond
** der Reiter im Sternbild des grossen Bären
*** der Geliebten
_____
Heil der entfernten Geliebten!
Wünsche Glück den Wohnstätten
und denen, die darin weilen,*
weil sie aus der Höhe erlangten
Herrlichkeit und Glanz,
sie erlangten Überfluss der Thränen,
ihren Onkel und ihren Vater.**
O du, der die Kamelstuten treibt,***
wie viel Dinge trafen dich
durch den, der sich entfernte!
übergieb deine Sachen dem,
der schuf die Löwen des Dickichts.
Der Vollmond der Finsternis, sein Licht geht auf,
wenn es auch untergeht,
geschützt durch das Alif
und sein Läm und sein Ha.****
(S. 227)
* der Geliebten
** d. h. das ganze Geschlecht der Thränen des Liebhabers
*** der Sänger meint sich selbst
**** allah' "Gott"
_____
Die Geliebte auf Reisen
Ich trennte mich vom Vollmond, dem gleich
nichts erscheint im Hause,
das Herz wurde traurig,
gefärbt in Schwarz.
Mein Freund reist und er ist nicht
bei dem, der wohnt im Hause,
der Leib ist bei mir,
aber meine Seele wandert bei ihnen,
und die Schwerter der Liebenden
zerschneiden meine Gelenke,
ich denke nicht, meine Wunde wird heilen
und meine Krankheit sich bessern,
ihr seid die Wohnenden, und wir sind
jeden Tag in einem (andern) Haus.*
(S. 227)
* verglichen mit dem in Gedanken wandernden Liebhaber
ist die Geliebte die festwohnende
_____
Die spröde Geliebte
O Schöner, die Menge der Nöte
dörrte aus mein Blut,
und Meere der Liebenden löschten nicht
den Durst meinem Blut.
Wenn ich ein Verbrechen trüge
oder beunruhigt wäre durch Blutthat,
hätten mich nicht getroffen
alle die Nöte zuwider.
Du bist's, der schadenfroh machte über mich
die Feinde, alle Elenden und Widersacher;
bei Gott, wenn um dich wären zweitausend,
die hauen mit Schwert und Schild,
ist doch die Vereinigung mit dir
unumgänglich, mein Geliebter,
auch wenn ich lassen müsste mein Blut.
(S. 228)
_____
Treue Liebe trotz Abweisung
O du, an dessen Licht der Stirn
hängen türkische Münzen,
du verbotst mir deinen Anblick,
o Schöner, dass ich dich sehe.
Ich wanderte bei den Arabern und Persern
samt ihren Griechen und Türken,
keinen fand ich gleich dir
aufwachsen von der Küste bis Damaskus.
O wie sie* mich gefangen führten
durch die Tätowierung der Wange und das Mal!
Bei dem, der verschönte
die Wangen mit dem Mal,
und wenn du zu einem andern gingest,
würde mein Auge auf dich blicken und dich sehen.
(S. 228-229)
* die Geliebte
_____
Antwort aus dem Grabe
Wenn meine Trennung dir lieb ist
und du (sie) willst, wolle!
Ich will tragen deine Liebkosung,
Sterbender deiner Leidenschaft will ich sein.
Wie oft stürzen sich Kriegsscharen
auf das, was sie begehren,*
aber du wendest dich von mir
und lässt mich das Bittere trinken im Schlaf,
ich will tragen die Unruhe um sie bei Nacht
und nicht kosten den Schlaf.
Wenn ich tot bin und im Grabe
gelegen habe hundert und ein Jahr,
will ich hören auf deine Stimme
und von unter den Steinplatten antworten.
(S. 229)
* so sollte die Geliebte handeln
_____
Her zu mir!
Refrain
Her zu mir, her zu mir, o mein Auge, o Mädchen,
die Granatäpfel deiner Brust wurden welk vom Mangel an Wasser.
Lied
Und sie sagt: sie trafen mich (mit dem bösen Blick),
und sie sagt: sie trafen mich,
es begegneten mir die Feinde*
und mit dem Schwert nahmen sie mich gefangen.
Wenn sie mich hieben in Stücke und Tafeln von Seife,
lasse ich deine Liebe nicht, o Licht meiner Augen!
Ich will auf den Berg steigen
und überschauen das Thal
und sagen: O mein Glück!
es wehte der Wind meiner Heimat!
Mein Herr, ein Regenschauer,
dass er das Thal davontrage,
dass ich meinen Rücken mache zur Brücke
und bringe dich zu mir!
Von hier bis Gaza, von hier bis Gaza
setze Fuss vor Fuss,
und die Hüfte schüttle sich!*
Mit meinem Auge sah ich den Mond,
aus ihrem Busen brach er hervor,
macht mich nicht zum Lügner, ihr Verwandten,
ich sah es mit meinen Augen.
Von hier zum Thor des Klosters,
von hier zum Thor des Klosters,
und das Geheimnis, das zwischen uns,
was bringt es zu den Anderen?
Wenn es kein Papier giebt,
schreibe ich auf den Flügel des Vogels,
und wenn es keine Tinte giebt,
klagt, o meine Augen!
O Onkel, nimm mich mit dir nach Damaskus,
dass ich mich umsehe,
und ich gehe auf den Markt der Versperzeit
und kaufe für sie ein Kästchen -
da enthüllte sie ihren Busen und sagte:
Komm, sieh dir an,
der Laden des Kaufmanns ist offen,
und die Waren sind fränkisch.**
Und sie sagt: Wer ist wie ich?
und sie sagt: Wer ist wie ich?
ein Kleid nach der Mode,
o mein Geliebter, gieb mir!
Ich bat sie um die Zusammenkunft,
sie antwortete und sagte zu mir:
der Handel der Liebe ist freiwillig,
nicht ist er Zwang.
O Antilope, die wie Pharao handelte***
und sagt: ich mag ihn nicht,
und wenn sie mich in Stücke rissen,
den Schurken, ich mag ihn nicht!
Keinen mag ich ausser dem Burschen
mit dem Gewehr in der Hand,
der jagt den Hahn des Rebhuhns
aus der Mitte der Wildnis.
(S. 231-232)
* Neider oder Nebenbuhler │ ** im Tanz
*** europäisch d. h. niedlich │ **** sie war widerspenstig
_____
O seine Zier!
Refrain
O seine Zier, seine Zier, seine Zier!
Braun, und er schminkt sein Auge.
Ich flehe dich an, um Gottes willen,
zeige mir, wo dein Haus ist!
Sein Haus ist auf der Höhe der Burg,
niemand weiss, wo.
Lied
Als mein Geliebter vorüberging,
wurde mein Herz drinnen verbrannt.
Bringt mir einen Maler auf Papier,
dass er mich male inmitten seines Schosses.
Als mein Geliebter vorüberging,
glänzte sein Schwert an seiner Seite,
ich fragte ihn: Trinkst du Arak?
da gab er mir Zeichen mit dem Zwinkern seiner Augen.
Als mein Geliebter kam,
hielt ich ihn für den Vollmond im Dunkeln.
O mein Herz, ohne Bitten
zeige mir, wo dein Haus ist!
Als mein Geliebter lächelte,
wurde ich in sechzehn Stücke geteilt.
Bringt mir Salbe von Balsam,
dass wir salben die Wunden seines Auges.*
O Geliebter, o meine Augen,
deine Blicke raubten mich,
um deinetwillen bewies man Wahnsinn,**
ich weiss nicht, wo mein Verstand ist.
Als mein Geliebter daher kam,
wurde mein Herz drinnen entleert.
Bringt mir eine Silberfeder,
zu beschreiben die Schönheit seines Auges.
Mein Geliebter heisst Bschara,
ich lehrte ihn das Gewerbe der Tischlerei,
als ich ihn im Quartier sah,
sang er mir auf "zenu".
Mein Geliebter heisst Faris,
ich lehrte ihn in den Schulen,
ich sagte zu ihm: Wenn du ein Gelehrter bist,
singe mir zwei Verse auf "zenu".
Mein Geliebter heisst Schukri,
keine Stunde kommt er mir aus dem Sinn.
O meine Mutter, denke nicht,
ich nehme irgendeinen ausser ihm!***
(S. 233-234)
* die vom Auge geschlagenen Wunden │ ** bei mir
*** eigentlich "sein Auge"
_____
Albiba
Refrain
Labiba, Labiba, Labiba!
deine Wange ist Reis mit Milch.
Glücklich, wer davon isst,
wenn er krank war, wird er gesund.
Lied
Sieh Labiba auf den Dächern,
ihr blondes Haar glänzt,
bei Gott, ich nehme sie und gehe
und verbrenne die Seele ihres Verlobten.
Sieh Labiba im Schlosse,
süss, einzig im Zeitalter,
ich streckte meine Hand nach der Hüfte,
da löste sie ihren Gürtel mit ihrer Hand.
Sieh Labiba im Schoss ihrer Mutter,
sie rollt (herab) und ich lese sie auf.
Wie süss ist der Kuss von ihrem Munde,
nachdem die Sonne untergegangen.
(S. 235)
_____
Kein Schlaf meinen Augen
Refrain
Es verbrachten meine Augen die Nacht wachend,
als die Geliebten mich verlassen hatten.
Nimm von meinen Thränen, o Nacht, Zeugen,
o Schlaf, schliesse Frieden zwischen meinen Lidern!
Lied
Zum Meer steig ich nieder zu fischen,
da kamen die Geliebten und fischten mich,
nicht mit der Angel, und nicht mit Netz,
sondern mit dem Zwinkern der Augen.
Ihr die ihr steigt zum Schlosse oben,
ihr die ihr hinabgeht, grüsset mir
eine Gazelle, deren Augen schwarz,
ihr Leute der Leidenschaft, habt mit mir Erbarmen!
O Weisse, euer Morgen sei heilvoll,
o Braune, glücklich euer Abend,
ich höre nicht auf, Morgen- und Abendgrüsse zu spenden,
so lange meine Geliebte bei euch ist.
(S. 236)
_____
O Spröde!
Refrain
Kalter, Kalter, Kalter!
ein Brauner, es führte mich gefangen seine Gestalt;
wenn er mir sein Versprechen erfüllt,
will ich küssen das Mal seiner Wange.
Lied
Mein Geliebter, o brauner,
öffne den roten Levkoj,
und ich will den Dolch ziehen
und meinen Freund verwunden an seiner Wange.*
Mein Geliebter, o Artin,
öffne die Rose der Gärten,
und ich will das Messer ziehen
und meinen Freund verwunden an seiner Wange.
Mein Geliebter, o schlafender,
öffne die Rose der Gärtlein,
mir sind drei Tage Fasten
nach einem Kuss von seiner Wange.
Mein Geliebter, was willst du?
zwischen mir und dir ist nicht weit.
Gebet Arak, giesset Wein,
und die Zukost ist das Mal der Wange.
Mein Geliebter im Dunkeln
ist wie der Mond und der Stern,
und ich mache einen Überfall
und nehme einen Kuss von seiner Wange.
(S. 237-238)
* durch einen Kuss
_____
O Feuer meines Herzens!*
Refrain
O Feuer meines Herzens! die Liebe traf mich,
sammelt den Stamm und ruft zusammen die Freunde!
Lied
O weh mir, weh mir, du mit den Sammetknöpfen!**
der Verstand, o meine Genossen, wurde mir gestört,
wir waren in Verlegenheit, sollen wir Tuch anlegen oder Sammt,
und ich wurde zwischen ihnen verwirrt.
O weh mir, weh mir, du mit den weissen Knöpfen,
mit der blauen Tätowierung auf dem weissen Busen,
wir waren im Zweifel, sollten wir die Braunen lieben oder die Weissen,
und ich wurde zwischen ihnen verwirrt.
(S. 240)
* das Lied stammt aus Nazaret
** es ist an den Busen gedacht
_____
Die Geliebte ging vorüber
Mein Geliebter ging vorüber und grüsste nicht,
sein Haar ist auf den Schultern (wie) eine Leiter,
als ich zu ihm sprach, redete er nicht,
Medizin zu geben für das Leiden in mir.
Mein Geliebter ging vorüber spät abends,
ich lud ihn ein, er sagte, er habe gegessen.
Wer hat Medizin für die Schlagwunden,
dass er Medizin gebe für das Leiden mir?
Mein Geliebter geht mit den Schafen auf die Weide,
und sein Haar schlägt auf die Schultern.
Wie schön war gestern die Nacht,
ich und mein Geliebter waren allein.
(S. 241)
_____
Deine Schönheit verwundete
Mein Geliebter, deine Schönheit verwundete mich,
als erschien das Licht deiner Stirn,
o Vollmond, deine Schwingen bethörten mich,
o mein Leiden von deinen Augen!
Meinet nicht, wir seien getrennt
wegen der Entfernung, wenn sie lang dauert,
die Entfernung erneuerte ja bei uns (die Liebe)
weit mehr als am Anfang.
(S. 241-242)
_____
Hoffnungslose Liebe eines Mädchens
I.
Deine Schönheit ist gleich deinem Antlitz gleich meinem Harren
schön in Schönem in Schönem,*
und dein Haar ist gleich deinem Auge gleich meinem Lose
geschwärzt in Geschwärztem in Geschwärztem,**
und deine Hüfte und die kleinen Finger gleich meinem Körper
mager in Magerem in Magerem.
* alles dreies ist gleich schön
** ihr Haar und Auge sind schwarz
wie Augenschminke, aber ebenso sein Los
II.
Mein Leben und das Harren und das Trösten
ist eitel im Eiteln,
und deine Schläfe und der Bartflaum und die Schönheit der Wange
ist Halbmond im Halbmond im Halbmond,
und dein Mund und die Lippen und die Vorderzähne
sind Perlen in Perlen in Perlen,
und dein Haar, auch dein Haar, auch mein Los
ist wie Nächte in Nächten in Nächten.*
(S. 242-243)
* d. h. schwarz
_____
Auf Mani
Mein Wunsch, o Mutter, mein Wunsch
sind silberne Ketten und goldene,
nimm weg alle Rosen,
ein Gärtchen genügt mir.
Ich sah die Ersehnte am Hafen,
sie schlug mich mit Jasmin,
ich bitte dich, o mein Herr, habe acht auf sie,
die mit der Halskette von Korallen!
Sieh die Ersehnte im Schatten
unter den Weinstöcken von Bikfaija,*
ich muss ihrem Vater sagen:
deine Tochter betrat meinen Garten.
Ich sah die Süsse bei Dirke,**
sie schlug mich mit dem Flieder,
sie tanzte grade Debke,***
und bei ihr war eine Schar Frauen.
Ich sah die Süsse in ihrer Wohnung,
wie der Vollmond schmückte sie sich,
o mein Herz, gehe und sage zu ihr:
weshalb bist du mir denn böse?
Ich sah sie unter der Weinlaube,
sie ass Käse und Karische- ****
verflucht sei dieses elende Leben,
wie vielen Junggesellen macht sie es schwer!
Ich sah die Süsse in der Vorhalle,
sie kokettiert mit dem Anlegen des Gürtels,
ich will ihr ein Kleid bringen mit Knöpfen,
ihr bringen ein Beduinenhemd.
Ich sah die Ersehnte am Hafen,
und sie schlug mich mit dem Jasmin,
o Mutter, ich sah auf ihrer Stirn,
den Hundsstern und das Siebengestirn und den Orion.
Ich sah die Süsse bei der Quelle,
sie raubte mir meinen Verstand sofort,
ihr Stirnhaar über der Stirne
ist mit Moschus und Amber gebadet.
Ich sah die Süsse am Hundsfluss,*****
sie raubte meinen Leib samt der Seele,
so lang ich lebe, liebe ich keine andere,
und wenn sie mich in Leichengewänder hüllten.
(S. 244-245)
* Dorf bei Beirut │ ** eine Örtlichkeit im Libanon
*** Stampfreigen │ **** eine Art Käse
***** nördlich von Beirut, berühmt durch ägyptische
und babylonische Inschriften auf den Felsen an seiner Mündung ins Meer
_____
Auf Halaba
Refrain
Willkommen der zum Wasser Gehenden, o Mutter, willkommen ihr,
komme allein und bringe niemand mit!
Lied
Und bei Gott! sie gleicht einem Weidenzweig,
wir erhielten von ihm Früchte der Andeutungen
und Wendungen wie Spiesse für einen Kommenden,
von den Blicken wurden scharf Speere, -
willkommen der zum Wasser Gehenden, o Mutter, willkommen ihr,
sie zog von der Sonne ihres Gesichtes den Schleier.
Sie hat Eigenschaften, die wurden Ursach meines Leidens,
deshalb wurden mir lang durch sie die Nächte,
und ein Mund mit seinen Vorderzähnen wie die Perlen,
er redete wie ein Kelch mit Wein, der glänzt von Liebe -
willkommen der zum Wasser Gehenden, o Mutter, willkommen ihr,
eine Schönheit, wenn sie sich dem Vollmond zeigte, ginge er unter.
Sie erschien wie ein Stern, schleppte hinter sich her wie eine Rute,
blickte wie eine Gazelle, sang wie eine Nachtigall,
blühte wie ein Anger, wuchs wie Moschus und Muskat,
und es war ihre Beschreibung das Wunder der Wunder, -
willkommen der zum Wasser Gehenden, o Mutter, willkommen ihr
und wie viele Lanzen wurden geschärft durch Leidenschaft!
Ich sah den Schönen gehen zur Tränkstelle,
in seiner Hand war ein weisses feines Taschentuch,
und ich wegen meiner Liebe zur Ausserordentlichen
will ein Sänger werden und eine Geige tragen - *
Willkommen der zum Wasser Gehenden, o Mutter, willkommen ihr,
o Rose von Damaskus, o Trösterin der Freunde!
(S. 246-247)
* um auf der Geige den Gesang zu begleiten
_____
Wohin ging mein Freund?
Refrain
O wehe, wehe mir!
wohin ging mein Freund?
er schloss hinter mir zu
und verlor den Schlüssel.
Lied
Ich sah ihn in Duna,
er hatte angelegt die Kopfbinde,
er ging hinein in die Weingärten
und leerte den Traubenplatz.*
Ich sah ihn in einem Thälchen
und den Geliebten in einem Thälchen,
er nahte und sagte zu mir:
Wohin ging mein Geliebter?
(S. 247-248)
* der Platz für das Trocknen von Trauben
_____
Die Geliebte des Richters
Es klopfte der Richter, öffnet ihm,
und bettet ihm, dass er schlafe!
bettet ihm das rote Tuch
und Veilchen und Straussenfedern!
Ich sagte zu ihm: Richter, was ist dein Wunsch?
er sagte: Es entlief mir eine Gazelle.
Ich sagte zu ihm: Wie ist die Art deiner Gazelle?
er sagte: Weiss, und sie hat einen Nasenring.
Ich sagte zu ihm: Was frisst deine Gazelle?
er sagte: Vom Kopf des Klee.
Ich sagte zu ihm: Was trinkt deine Gazelle?
er sagte: Wasser vom Klaren.
(S. 248-249)
_____
Die Spröde und die Willfährige
Refrain
O ihr Palmen auf den Söllern,
o ihre Datteln sind Medizin,
o Licht des Auge!
Lied
Sieh die Süsse im Garten,
sie schwankt wie der Zweig der Weide,
ich streckte meine Hand nach den Granatäpfeln,
da sagte sie: Sauer (sind sie), nicht reif,
o Licht des Auges!
Wenn deine Absicht geht auf meinen Busen,
und du ein Moslem bist und kein Jude,
will ich dich liegen lassen auf meinen Armen,
die dich lehren das Geschäft der Liebe,
o Licht des Auges!
(S. 249-250)
_____
Ihr Braunen, erbarmt euch!
Ihr Braunen, um Gottes willen erbarmet euch über uns!
wir wurden verstrickt;* was können wir thun?
Die Weissen sagen: Wir sind die Planeten,
unser Rang ist auf den höchsten Stufen,
Geh fort, o Braune, du Pech der Schiffe!
o wer dich liebt, hat Reue unsertwegen.
Und die Braunen sagen: Gott ist gross,
alle Lieblichkeit kam nieder auf den Braunen.
Geh fort, o Weisse, du Soldatensuppe!
o wer dich liebt, hat Reue unsertwegen.
Die Weissen sagen: Wir sind die Vollmonde,
unser Sitz ist auf den höchsten Schlössern!
Geh fort, o Braune, du Töpfererde!
o wer dich liebt, hat Reue unsertwegen.
(S. 250-251)
* in eure Liebe
_____
Die entfernte Geliebte
(Beduinisch)
Ausschau hielt ich auf hoher und erhabener Warte -
o Thränen meines Auges auf die Wangen fliessend,
durch eure Trennung, o Geliebter, habe ich mich abgemattet
und verbringe die Nacht gleich einem, dessen Zähne schmerzen.
O der du auf edlem Tiere nordwärts reitest,
nicht erreicht der Pfad seine hohe Wohnung,
ein edler Renner, der entkommt den Reitern,
der fliegt, wenn sie ihn mit dem Zügel schlagen.
Mit gefeilter Rede will ich beschreiben meinen Freund, der mir blühte,
schwierig ists den Dichtern, ihn zu beschreiben.
Flechten (hat er), gewickelt wie gewickelte Seile,
das Stirnhaar wie die Federn des Strausses, wenn sie sie färbten,
ihre Stirn - du würdest sagen: die Scheibe des Halbmonds,
und die Wange blitzt, es glänzen ihre Flächen,
o seine Augenbraue wie die Linie des Griffels mit Tinte,
und ihre Augen wie die Augen des Luchs, wenn sie ihn erzürnten,
die Nase - der Griff des Schwertes, eines indischen, das glänzt,
wie Hagelkörner, o Freund, ist die Aufreihung seiner Zähne,
seine Lippen sind Nektar, mir Medizin genannt,
die heilt den von Insekten Gestochenen, wenn sie ihn elend machten,
o ihr Hals, o Zaid, ist der Hals der Gazelle,
nach der Flucht, wenn sie auf der Jagd sie verfolgten,
und ihre Brüste wie Äpfel, o meine Vergewaltigung,
und wie eine Porzellantasse, die man in den Untersatz gesetzt hat,
ihre Brust ist mit Metallen besetzt und kostbar,
Persien und Syrien entsprachen nicht ihrem Wert,
und zart ist sie, ich glaube nicht, sie gebar Kinder,
du würdest sagen: wie der Aloestengel, wenn sie ihn schüttelten.
Es nahte mein Wunsch, als die Schönen nahten,
meine Seele wurde - , o Zaid, bei Gott thut es ihm kund!
Meine Thränen flossen nieder, als sie sagten, sie gingen weg,
sie stand da und wischte ihre Thränen mit ihren Ärmeln.
Ihr, die ihr kennt das "Haus"*, erhebt Totenklage über mich,
o Moslems, mit dem Sterbenden habt ihr kein Erbarmen?
bringt ihr Gewand und breitet es vor mir aus,
wenn ich sterbe, o Zaid, lasst es auf mich fallen!
(S. 252-253)
* das Heiligtum in Mekka
_____
Aus: Palästinischer
Diwan
Als Beitrag zur Volkskunde Palästinas
gesammelt und mit Übersetzung und Melodien herausgegeben
von Gustaf H. Dalman [1855-1941]
Leipzig J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung 1901
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