Liebeslieder der Völker (Volkslieder)

 


Portugiesische Liebeslieder



Die Blume der Sehnsucht

Komm, o komm, holde Gefährtin,
Dunkle Blume an mein Herz,
Du trägst wohl der Sehnsucht Namen,
Aber ich der Sehnsucht Schmerz.

Sprich, als dich Marilie pflückte,
Küßte dich ihr Mund so linde,
Zeige mir die Stelle, daß nun
Auch mein Kuß sie wieder finde.

Diesen traurigen Kuß der Schmerzen
Und der Schwermuth, nimm ihn hin,
Wohl hat er der Liebe Wärme,
Gluth der Freude ist nicht darin.


aus: Portugiesische Volkslieder und Romanzen
Portugiesisch und deutsch
mit Anmerkungen herausgegeben von
Dr. Christ. Fr. Bellermann [1793-1863]
Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann 1864 (S. 215)
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Sehnsucht

O zartes Sehnen
Nach süßen Stunden,
Die mir entschwunden,
Lind're die Pein,
Besser wohl wär' mir
Gar nicht zu sein.

Diese Gedanken,
Die mich umspinnen,
Nur düstres Sinnen
Bringen sie ein,
Besser wohl wär' mir
Gar nicht zu sein.

Seit jener Zauber
Von mir gewichen,
Für mich erblichen
Sein holder Schein,
Besser wohl wär' mir
Gar nicht zu sein.

Wollt' ihr euch immer
Vor mir verstecken,
Ihr holden, kecken
Lieb' Aeugelein,
Besser wohl wär' mir
Gar nicht zu sein.

Blühende Wangen,
Soll ich euch meiden,
Die selbst beneiden
Rosen? - O nein,
Besser wohl wär' mir
Gar nicht zu sein.

O herbe Loose,
Kürzt meine Stunden.
Die mir verbunden,
Ist nicht mehr mein,
Besser wohl wär' mir
Gar nicht zu sein!


aus: Portugiesische Volkslieder und Romanzen
Portugiesisch und deutsch
mit Anmerkungen herausgegeben von
Dr. Christ. Fr. Bellermann [1793-1863]
Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann 1864 (S. 217-219)
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An die Ungetreue

Komm, süßer Liebling,
In meine Arme,
Daß ich erwarme
Von langer Pein.
Ach, den du liebtest
Hast du verlassen,
Wie kann ich's fassen
Dir ferne zu sein.

Dich hat gelocket
Ein andrer Freier;
Ein so getreuer
Ist nicht mehr dein.
Ach, den du liebtest
Hast du verlassen,
Wie kann ich's fassen
Dir ferne zu sein.

Noch stets gedenk' ich,
Als auf den Fluren
Du meinen Spuren
Folgtest allein.
Ach, den du liebtest
Hast du verlassen,
Wie kann ich's fassen
Dir ferne zu sein.

Jetzt an der Quelle
Weilest du nimmer,
Und schöpftest immer
Zu andrer Zeit.
Ach, den du liebtest
Hast du verlassen,
Wie kann ich's fassen
Dir ferne zu sein.

Auch jene Blumen,
Die du geheget,
Woll'n ungepfleget
Nicht mehr gedeihn.
Ach, den du liebtest
Hast du verlassen,
Wie kann ich's fassen
Dir ferne zu sein.

Trat aus den Wolken
Des Mondes Helle,
Stand vor der Seele
Dein Bild so rein.
Ach, den du liebtest
Hast du verlassen,
Wie kann ich's fassen
Dir ferne zu sein.

Nein, du verstehst nicht
Des Herzens Triebe,
Und deine Liebe
War eitler Schein.
Ach, den du liebtest
Hast du verlassen,
Wie kann ich's fassen
Dir ferne zu sein.

Weh dem, der liebet
Und wird verachtet,
Von Gram umnachtet
Weint er allein.
Ach, den du liebtest
Hast du verlassen,
Wie kann ich's fassen
Dir ferne zu sein.

aus: Portugiesische Volkslieder und Romanzen
Portugiesisch und deutsch
mit Anmerkungen herausgegeben von
Dr. Christ. Fr. Bellermann [1793-1863]
Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann 1864 (S. 221-223)
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Die Augen

Möchtest du wohl gerne wissen,
Welch Verlangen leb' in mir,
Frage nicht bei dem und jenem, -
Meine Augen sagen's dir.

Für des Herzens heiße Gluthen
Giebt es ein Geständniß hier,
Was die Seele froh beweget, -
Meine Augen sagen's dir.

Weg mit jenem dumpfen Schweigen,
Das das Herz erdrücket hier;
Denn für wen ich leb' und sterbe, -
Meine Augen sagen's dir.

Worte hab' ich nicht zu geben,
Dazu ist kein Muth in mir,
Doch was nicht die Worte nennen, -
Meine Augen sagen's dir.

aus: Portugiesische Volkslieder und Romanzen
Portugiesisch und deutsch
mit Anmerkungen herausgegeben von
Dr. Christ. Fr. Bellermann [1793-1863]
Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann 1864 (S. 225)
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Unterricht in der Liebe

Wer verstehen will zu lieben,
Sei mein Lehrling, komme her,
Eine gute Schule hab' ich,
Es zu fassen ist nicht schwer.

Als die erste Regel merket:
Unbestand müßt ihr besiegen,
Und bei ehrlich gutem Herzen
Seid getreu und seid verschwiegen!

Diese Regel aller Regeln
Schlagt sie niemals in den Wind,
Und vergeßt nicht, daß die Augen
Eures Herzens Zunge sind.


aus: Portugiesische Volkslieder und Romanzen
Portugiesisch und deutsch
mit Anmerkungen herausgegeben von
Dr. Christ. Fr. Bellermann [1793-1863]
Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann 1864 (S. 227)
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Ja und Nein

Weiß ich doch, du liebst schon wieder,
Einer fort, ein Andrer da;
Du sagst wohl: Ei was, o nein!
Und ich sag': Ei was, o Ja!

Weiß ich doch, du gabst dem Liebsten
Ein Jasminreis, wie ich sah,
Und als du die Blume reichtest,
Flüstertest du leis: o Ja!

Dieses Ja, das du gegeben,
Weiß ich nicht, warum's geschah;
Nicht zum Bösen, war's, o nein!
Doch zum Guten wohl, o Ja! -

Auch mein Liebchen hat ihr Köpfchen,
Wein' ich, ist ihr Lachen nah,
Lach' ich wieder, will sie weinen,
Sag' ich nein, so sagt sie Ja!

Wart', ich laß aus Indien kommen
Dir ein Püppchen von Porzellan,
Das mit seinem Wackelköpfchen
Immer sagt: O Ja, o Ja!

aus: Portugiesische Volkslieder und Romanzen
Portugiesisch und deutsch
mit Anmerkungen herausgegeben von
Dr. Christ. Fr. Bellermann [1793-1863]
Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann 1864 (S. 229)
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O ihr holden, süßen Augen

O ihr holden, süßen Augen
Lehrt mich Liebeswonn' und Pein,
Aber was ich von euch lerne,
Niemand weiß es, ihr allein.

Oft erröth' ich, oft erblaß' ich,
Sucht mich eurer milder Schein;
Doch verberget mein Geheimniß,
Niemand wiss' es, ihr allein.

Aeuglein, Aeuglein, voller Leben,
Laßt mich oft erschrocken sein,
Doch warum ich so erschrecke,
Niemand wiss' es, ihr allein.


aus: Portugiesische Volkslieder und Romanzen
Portugiesisch und deutsch
mit Anmerkungen herausgegeben von
Dr. Christ. Fr. Bellermann [1793-1863]
Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann 1864 (S. 233)
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Brasilianisch

Seh ich sie nur Einen Tag nicht,
Die ich tief im Herzen trage,
Bis sie wieder mir erschienen,
Stimm ich an der Sehnsucht Klage.

Komm, o komm, und säume nicht,
Bringe Trost dem kranken Herzen,
Niemals, ohne dich zu sehen,
Heilen meiner Seele Schmerzen.

Jedem ward auf dieser Erde
Ein besonders Ziel gegeben,
Jeder folgt seiner Bestimmung,
Ich, für dich allein zu leben.

Wer die Rose malt, der malet
Auch dein Bild voll Reiz und Huld,
Scheint noch lieblicher die Rose
Ist es nur des Malers Schuld.

aus: Portugiesische Volkslieder und Romanzen
Portugiesisch und deutsch
mit Anmerkungen herausgegeben von
Dr. Christ. Fr. Bellermann [1793-1863]
Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann 1864 (S. 239)
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Augensprache

Schatz, und möchtest gern du wissen,
Ob mein Herz sei krank und wund,
Brauchst du Keinen drum zu fragen;
Ach, die Augen thun's dir kund.

Für der Seel' erglühtes Sehnen
Sind die Augen ja der Mund;
Was sich regt in meiner Seele,
Ach, die Augen thun's dir kund.

Sprich ein Wort! Das dumpfe Schweigen
Quält mich tief im Herzensgrund;
Wem ich leb' und sterbe, weisst du;
Ach, die Augen thun's dir kund.

Sieh, mir fehlt der Muth zu sagen,
Wie's im Herzen steht und stund;
Aber was der Mund verheimlicht,
Ach, die Augen thun's dir kund.

aus: Aus Portugal und Brasilien (1250-1890)
Ausgewählte Gedichte
verdeutscht von Wilhelm Storck [1829-1905]
Münster i. W. Verlag von Heinrich Schönigh 1892 (S. 32)
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Du nur, Keiner mehr!

Mit den schönen, süssen Augen
Lehrst Du Liebe mich so sehr;
Aber was ich all erlerne,
Wiss' es Du nur, Keiner mehr!

Wechselt mein Gesicht die Farbe,
Wenn sie schauen zu mir her,
So verhehle mein Geheimniss;
Wiss' es Du nur, Keiner mehr!

Ach, der glühe Blick der Augen,
Wie so oft erschreckt mich der!
Doch warum ich drob erschrecke,
Wiss' es Du nur, Keiner mehr!

aus: Aus Portugal und Brasilien (1250-1890)
Ausgewählte Gedichte
verdeutscht von Wilhelm Storck [1829-1905]
Münster i. W. Verlag von Heinrich Schönigh 1892 (S. 33)
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Angeboren

Weilt sie einen Tag mir ferne,
Meiner Seele süsses Glück,
Muss ich seufzen und mich sehnen,
Bis zu mir sie kehrt zurück.

Komm, ach komm, nicht länger säume,
Komm und gieb mir Trost in's Herz;
Ohn' in's Auge Dir zu schauen,
Still' ich nimmermehr den Schmerz.

Jeder hat sein Loos hienieden,
Mittel giebt's dagegen keins;
Denn das Loos ist angeboren,
Und Dich lieben - das ich meins.

Wer 'ne Rose malt, der Maler
Malt zu gleicher Zeit Lenor;
Und geräth die Rose schöner,
Ist der Maler just ein Thor.

aus: Aus Portugal und Brasilien (1250-1890)
Ausgewählte Gedichte
verdeutscht von Wilhelm Storck [1829-1905]
Münster i. W. Verlag von Heinrich Schönigh 1892 (S. 33-34)
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Volksliedchen

Hab' ein Aepfelchen von Golde,
Liegt zur Seit' in meiner Truh;
Meinem Liebchen will ich's geben;
Wollte Gott, das wärest du!

Könnte die Olive sprechen,
Sie verrieth' es gleich, fürwahr!
Dass sie sah in ihrem Schatten
Sitzen ein verliebtes Paar.

Als ich hier betrat die Strasse,
Seufzt' ich also laut vor Gram,
Dass in's Bett die Sterne huschten
Und die Sonn' an's Fenster kam.

Wollt' ich dort mich schlafen legen,
Wo das Wasser rauscht und stiebt;
Doch das Wasser kam und sagte:
Nimmer schläft man, wenn man liebt.

Gar zu dunkel ist die Strasse,
Wo man hintritt, sieht man nicht;
Sei so gut und stell' an's Fenster,
Liebchen, doch ein brennend Licht.

Ach, du bist ein Herz von Zucker,
Der im Wasser schmilzt sofort;
Gieb mir doch davon ein Tröpfchen,
Weil das mein'ge sonst verdorrt.

Wenn du gehst an mir vorüber,
Sieh zu Boden immerzu;
Mag die Welt es auch bezweifeln,
Wir versteh'n uns, ich und du.

'Bräunchen' hast du mich geheissen;
Ja, das kam von Tennenstaub;
Sieh mich Sonntags an, da bin ich
Wie 'ne Ros' im grünen Laub.

Brach im Wald ein Blütensträusschen,
Nimm es doch! 's ist gut gemeint;
Thauig schimmern all die Blättchen,
Weil ich Thränen drauf geweint.

Dass am Bach die rothe Lilie
Welkte, hätt' ich nicht gedacht;
Hätte nicht gedacht, dass Liebe
Stürb' im Herzen über Nacht.

Traue nimmermehr den Männern,
Schöner Red' und art'gem Gruss;
Haben süsse Wort' im Munde
Und im Herzen bitt'ren Russ.

Nirgend quälen so die Schmerzen,
Wie im Herzen quält der Schmerz;
Jede Krankheit kann man heilen,
Aber nicht ein krankes Herz.

Schmerzen, kommt doch nicht in Haufen,
Weil das Herz nicht alle fasst;
Kommt mir lieber zwei zu zweien,
Gönnt den and'ren auch die Rast!

Ach, aus deinem Mund ein Wörtchen
Bringt Genuss mir oder Noth:
Sagst du: Ja! so bleib' ich leben,
Sagst du: Nein! so geh' ich todt.

Sterben muss ich, muss ach! sterben,
Aber weiss nicht Ort und Zeit;
Erde, drin ich soll vermodern,
Halt dich allgemach bereit!

Wenn du hörst, ich sei gestorben,
Weine nicht die Aeuglein roth;
Nimmer soll ein Mensch beklagen
Eines Unglücksel'gen Tod.

Wo du gehst den Weg zur Messe,
Will ich einst begraben sein;
Kommst du Sonntags dann zur Kirche,
Siehst du hin und denkst du mein.

Liebe - die hat eine Tochter,
Sehnsucht nennt sie Jedermann;
Mutter lebt von mir und Tochter,
Ohne dass ich's hindern kann.

Wenn in fernes Land das Schicksal
Einst dich meinem Arm entriss,
Hoffe nicht, mich noch zu sehen;
Denn ich sterbe ganz gewiss.

Ach, ich kann dich nicht begleiten,
Kann dir folgen nicht, o weh!
Doch es gehen meine Seufzer
Mit dir über Land und See.

Sei verflucht, wer Schiff' erfunden,
Dass sie zieh'n mit Well' und Wind!
Denn er hat's allein verschuldet,
Dass ich schier mich weine blind.

Hier vom Fenster kann ich sehen
"Uns're liebe Frau vom Sand",
Die mein Liebchen soll behüten,
Wenn es zieht in's fremde Land.

Fluss, du schweifst umher, so lenke
Nach des Liebchens Haus den Schritt;
Fehlt es dir dafür an Wasser,
Nimm doch meine Thränen mit!

Siebenstern, der nachts du wandelst
Oben hoch am Himmelskreis,
Gieb von meinem Schatz mir Kunde,
Da ich gar nichts von ihm weiss.

aus: Aus Portugal und Brasilien (1250-1890)
Ausgewählte Gedichte
verdeutscht von Wilhelm Storck [1829-1905]
Münster i. W. Verlag von Heinrich Schönigh 1892 (S. 44-48)
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