Philosophie der Liebe

Liebesgedichte an die Liebe, über die Liebe
und das menschliche Herz
von deutschen Dichtern und Dichterinnen

 


Franz Marc (1880-1916)
Rotes und gelbes Reh



Ida von Düringsfeld
(1815-1876)


Die Liebe

Die Liebe war mir wie die Fremde
Und schien mir alles wunderbar -
Jetzt bin daheim ich in der Liebe,
Und alles ward mir lieblich klar.

Ein tiefes Wunder ist das Leben,
Auf dessen Grund kein Auge schaut:
Doch weil Alltäglichkeit wir's nennen,
Bedünkt's uns einfach und vertraut.

So kommst auch du, o heil'ge Liebe,
Aus deinen Himmeln schlicht herab
Und trinkst mit uns aus unserm Becher
Und brichst von unserm Brote ab.

Und also kommt es, daß ein Mädchen
Ganz deiner Göttlichkeit vergißt
Und daß dein Blick voll Ewigkeiten
Ihm der von einer Schwester ist.

Aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig 1887 (S. 148-149)


 


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