Franz Marc (1880-1916)
Rotes und gelbes Reh |
Johann Georg Gressel
(Celander)
(1675-1771)
Ach liebe Herrscherinn der Seelen
Ach liebe Herrscherinn der Seelen/
Der Sinnen größte Meisterinn/
Wer wolte nicht das Band erwehlen/
So keusche Hertzen weiß zu ziehn/
Wer widerstrebet deinem Triebe/
Ach Liebe?
Die Liebe war im Paradiese/
Doch war sie nicht verbotne Frucht/
Der Liebes-Ambra schmecket süsse/
Denn GOtt hat ihn da nicht verflucht/
Ach wenn doch in der Unschuld bliebe
Die Liebe.
Das Lieben steigt in unsre Glieder/
So bald wir nur gebohren seyn/
Dis Feuer regt sich immer wieder/
Kein Arzt kan uns davon befreyn/
Mein/ wo ist wol zurück geblieben
Das Lieben?
Das Lieben zwinget Blitz und Feuer/
Mars ist der Venus unterthan/
Apollo selbst mit seiner Leyer
Gibt sich bey dieser Hofstatt an/
Es ist zur Losung ausgeschrieben/
Das Lieben.
Das Lieben speiset mit Vergnügen
Die hohen Götter dieser Zeit/
Hier muß sich Staal und Eisen schmiegen/
Ihr Reich erstreckt sich weit und breit/
Was hat die gantze Welt getrieben?
Das Lieben.
Die Liebe spielt in denen Hertzen/
So in der frischen Blüthe stehn/
Will jemand sehen artig schertzen/
Der mag zu frischen Leuten gehn.
Was macht die meisten Jungfern-Diebe?
Die Liebe.
Die Liebe kan man nicht verdammen/
Vom Himmel kömmt ja diese Glut/
Im Himmel findt man solche Flammen/
Jedennoch ohne Fleisch und Blut/
Was find ich/ wann ich einst zerstiebe?
Die Liebe.
Die Liebe ziehet jeder Sinnen
Von einem Ort zum andern hin/
Und macht/ daß wir bekennen können/
Das Liebste lieg' uns stets im Sinn.
Was gibt die unverwundte Hiebe?
Die Liebe.
Das Lieben krönt die Macht von oben/
Die da das Band der Liebe spinnt/
Es zeigen sich die Liebes-Proben/
Wenn sie das Feuer angezündt.
Und so ist allgenug beschrieben
Das Lieben.
Aus: Der Verliebte Studente/ In einigen annehmlichen/
und wahrhafftigen Liebes-Geschichten/
welche sich in einigen Jahren
in Teutschland zugetragen
Der galanten Welt zu vergönter
Gemüths-Ergetzung
Vorgestellt von CELANDER
Cölln Bey Pierre Martaux 1709 (S. 178-181)
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