Wörtchen und Wörtlein
in der deutschen Liebeslyrik
Ausgewählte Gedichte
deutscher Dichter und Dichterinnen
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Rosa Maria Assing
(1783-1840)
Das seltene Blümchen
O Mädchen, sprich, was suchest du
Wohl auf der duft'gen Au?
Ich sah der Blumen mancherlei,
Die glänzen schön im Thau.
Doch gehest du die Blümelein
Ja allesammt vorbei;
So laß mich wissen liebes Kind,
Was denn dein Suchen sey?
"Ich suche wohl, und find es nicht,
Ein Blümchen
wunderschön,
Ich sucht' es schon im dunkeln Wald,
Im Thal und auf den Höh'n."
O sag', wie heißt das
Blümchen denn,
Das deiner Wünsche Ziel?
Wer weiß, ich zeig' es dir vielleicht,
Ich kenn' der Blumen viel.
"Vergebens sinn' ich, wie es heißt,
Wie Mutter es genannt,
Ich hörte nur, wie sie's beschrieb,
Da bin ich fortgerannt.
Das Mädchen, das dies
Blümchen fand,
Das preise hoch sein Glück,
Dies Blümchen
schützt als Talisman
In Noth und Mißgeschick."
O hör', mich dünkt, ich hab' es schon,
Da blühet rosenroth
Ein wunderbares Blümlein auf,
Das lindert Weh und Noth.
Es blühet freundlich Jedem auf
Im Lebens-Frühlingsschein;
Mag nicht das, was die Mutter meint,
Das Blümchen
Liebe seyn?
Das Blümchen
Liebe ist es nicht,
Das ist mir wohl bekannt,
Nein, jen's ist seltner, anders auch
Hat Mutter es genannt.
Sie sagt': "Es wähnte Manche schon,
Daß sie das Blümchen
fand,
Doch war es stets das rechte nicht,
Und welkt' in ihrer Hand."
Da steht ein andres Blümlein schön,
Das glänzt und strahlt wie Gold,
Das nennen wir die Freundschaft hier,
Das ist auch Vielen hold.
"Ach nein, auch Freundschaft ist es nicht,
Auch das ist mir bekannt,
Nein, jenes ist viel seltner noch,
Wird anders auch genannt."
Da ist noch eins, das Freude heißt,
Dies liebe Blümchen
lacht
Und duftet süß für Alt und Jung
In vieler Farben Pracht.
"Das heitre Blümchen
kenn' ich wohl,
Es sprießet immer neu! -
Doch halt! ich hab's, mein
Blümchen heißt,
Es heißt die Männertreu."
Die Männertreu! ja, gutes Kind,
Du bist umsonst bemüht,
Die findest du wohl nimmermehr,
Die ist schon lang verblüht!
Die blühet gleich der Aloe
All' hundert Jahre neu,
Drum findet unter Hunderten
Kaum Eine Männertreu!
_____
Gabriele von Baumberg
(1768-1839)
Der Schmetterling auf einem Vergißmeinnichtchen
Ein Blümchen,
das sich zwar nicht mehr
Für unsre Lage schickt,
Hab' ich doch, Freund, von Ungefähr
Für dich jüngst abgepflückt.
Denn wiss', als ich es pflückte, hing
Ein Schmetterling daran.
Ich sah, dass auch ein Schmetterling
Dies Blümchen
lieben kann.
Dies Wunder der Natur entging
Dann meinem Blicke nicht:
Drum schick' ich dir den Schmetterling
Und das Vergißmeinnicht.
_____
Joachim Christian Blum
(1739-1790)
An Dorilis
Holde Freundin meiner Seele!
Dieses Blümchen
brach ich dir,
Diesen Erstling unsers Frühlings,
Einer ganzen Wiese Zier.
Aus dem hochgeschoßnen Grase
Sah es nur verschämt empor;
Auch vor stolzeren Gespielen
Drängest du dich nicht hervor.
Sieh' in deinen weichen Händen
Ruht das süße Blümchen
nun;
Aber bald wird es gepflanzet
Auf den Busen, stolzer thun.
Sanftes Mädchen! itzt verdunkeln
Stolzere Gespielen dich;
Doch giebt Amor dir die Krone,
Und mein Herz erwählet dich. -
_____
Aloys Blumauer
(1755-1798)
Lied
in Abwesenheit des
Geliebten zu singen
Teuthold, mein Trauter, ist gangen von hier,
Wälder und Berge verbergen ihn mir;
Sonst wohl erzielte noch fern ihn mein Blick:
Winkt' ich, dann winkt' er mir wieder zurück.
Säh' ich ihn jetzt des Maienmonds sich freu'n,
Wäre die Hälfte der Freuden auch mein;
Pflückt' er ein Blümchen,
so pflückt' er es mir;
Säng' er ein Liedchen, so säng' er es mir.
Säh' ich ihn wandeln im traulichen Wald,
Hört' ich des Sehnenden Seufzen gar bald:
Liebend, allliebend umfing ich ihn dann,
Schmiegt' an den Trauten mich inniglich an.
Hätt' ich, o hätt' ich doch Feengewalt,
Mich zu verwandeln in jede Gestalt,
Könnt' ich ihm spielen manch wunderlich Spiel,
O, wie genöß' ich der Freuden so viel!
Ging' er stilldenkend am kühlenden Bach,
Schwämm' ihm ein Blümchen
Vergißmeinnicht nach;
Hascht' er das Blümchen,
und nähm' es zu sich,
Hätt' er in liebenden Händen dann mich.
Sucht' er im Schatten der Linde sich Ruh',
Deckt' ich mit duftenden Blättern ihn zu;
Ging' er auf Blumengefilden einher,
Flög' ich als Schmetterling rund um ihn her.
Fügt er zu Büchern ins Kämmerlein sich,
Setzt' ich an's Fenster als Nachtigall mich,
Sänge sein eigenes Liedchen ihm vor:
Würd' er nicht lauschen und spitzen sein Ohr!
Brächte mein liebendes, sehnendes Ach
Doch ein gefälliger Zephyr ihm nach!
Wäre nur leicht und geflügelt mein Kuß,
Brächt' er wohl stündlich ihm freundlichen Gruß.
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Peter von Bohlen
(1796-1840)
An C.
Wenn im duftenden Hain' die Silberquelle
Sanft wie Harfengetön' aus fernen Zonen
Klagt, im zitternden Strahl der Abendsonne
Lieblich erröthet;
Kannst, Cornelia du die Klage deuten?
Ach, es mahnet der Quell mit leisem Beben:
Einen freundlichen Gruß dem fernen Freunde
Weihe die Freundin!
Wirf mit sinnender Hand ein blaues
Blümchen
In die tanzende Wog'; sie wird, o Wonne!
Dann von dir in weitentlegende Lande
Kunde mir bringen.
_____
Helmina von Chézy
(1783-1856)
Hesperus
Da droben blickt ein Blümelein
So lieb und still auf mich,
Es schaut mir bis in's Herz hinein,
Und rührt mich inniglich.
Der Kelch ist Glanz, und jedes Blatt
Ein zarter Strahl von Licht,
Der König reiche Kronen hat,
Doch solch ein Blümchen
nicht.
Es blüht in kalter Winternacht,
Wie wenn es Frühling wär,
Wend't liebevoll in seiner Pracht
Sich immer wieder her.
Bringt uns des Abends ersten Gruß,
Des Morgens ersten Schein -
O sagt, ob man nicht lieben muß
Solch frommes Blümelein?
Und fern von mir, ach! wie so fern,
Da weilt mein liebstes Herz,
Das grüßt von mir das Blümlein gern
In bittrer Trennung Schmerz.
Es schaut ihn an, so lieb und weh
Wie mich, zu jetz'ger Stund,
Ihn sieht es, den ich nimmer seh,
Thut ihm mein Sehnen kund.
Man sagt, solch zartes Blümelein,
Das hoch in Lüften thront,
Soll eine Welt, wie diese seyn,
Wo Lieb und Leiden wohnt -
O seltne Lieb! o, Wundermacht,
Die jener Welten Licht,
Als Blüthenkranz der stillen Nacht,
Um ihre Stirne flicht!
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Matthias Claudius
(1740-1815)
Hochzeitlied
Stand ein junges Veilchen auf der Weiden,
Lieb und herzig, in sich, und bescheiden;
Und ein wackrer Jüngling über Land
Kam hin, da das Veilchen stand.
Und er sah das Veilchen auf der Weiden
Lieb und herzig, in sich, und bescheiden;
Sah es an mit Liebe und mit Lust,
Wünscht' es sich an seine Brust.
Heute wird das Blümchen
ihm gegeben,
Daß er's trag an seiner Brust durch's Leben!
Und ein Kreis von edlen Menschen steht
Ernst, und feiert mit Gebet.
Seid denn glücklich! Gott mit Euch, Ihr Beyde!
Seine "Sonn am Himmel" schein' Euch Freude;
Und, in Eurer Freud', in Eurem Schmerz,
Seine "beßre" Euch in's Herz!
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Christian Gotthold Contius
(1750-1816)
Daphnis an einen Veilchenstraus
Nur für mich, und für Dorinden,
Blüht ihr unter diesen Linden;
Drum, ihr Blümchen,
zürnet nicht,
Daß, bey frühem Sonnenscheine,
Daphnis euch im Lindenhaine
Aus bethauten Rasen bricht.
Er will euch nur für Dorinden,
Nicht für stolze Fürsten, binden: -
Drum, ihr Blümchen,
gehet hin,
Ihr sollt erst mit tausend Küssen
Mir den Amor dort begrüßen;
Der beschützt die Schäferinn,
In dem Schatten dicker Bäume,
Und versüßt durch goldne Träume
Meiner Freundinn Morgenruh;
Blümchen
raubt er auf den Triften
Für Dorinden, und sie düften
Ihr im Schlummer Balsam zu:
So wird euch der Hüter kennen,
Gern euch einen Platz vergönnen,
An Dorindens Brust, und da
Werdet ihr ein Mädchen schmücken,
Die den Jüngling kann entzücken,
Stärker noch als Paphia. -
Von Dorinden aufgeblasen,
Blüht ihr schöner, als im Rasen,
Wo euch nur der Westwind küßt;
Weil ein Hauch von diesem Kinde
Sanfter als die Sommerwinde,
Süßer als der Balsam ist. -
Wenn sie nun des Schlafs gepfleget,
Und euch hin zur Hütte träget,
Wo der Blumen bunt Geschlecht,
Von Dorindens Hand bedienet,
Schöner blüht, und frischer grünet,
Dann, ihr holden Blümchen!
sprecht:
Wir, die wir vom Daphnis kamen,
Schmeicheln dir in seinem Namen,
Sind dir, so wie Daphnis, gut:
Und dann wird sie seitwärts schielen,
Wo, nicht fern von ihr am kühlen
Schattenhügel, Daphnis ruht. -
_____
Georg Friedrich Daumer
(1800-1875)
Es küssen sich die Sterne
Im himmlischen Azur;
Es küssen sich, wie gerne!
Die
Blümchen auf der Flur.
Es üben alle Wesen
In freier Seligkeit,
Wozu sie Gott erlesen
In urbeglückter Zeit.
Doch welch ein hart Verzichten
Zerreißt nur ein Geschlecht!
Du hältst, o Kind, zu flüchten
Vor meinem Mund für recht?
Ach denke doch, du glühtest
Ein Sternchen im Azur!
Ach denke doch, du blühtest
Ein
Blümchen auf der Flur!
Ja denke dir, es wäre
Noch immer hell und süß
Die Welt mit ihrer Schwere
Das alte Paradies!
Vergiß sie, jene Trübe,
Nur einen Augenblick!
Und bebe nichts, als Liebe,
Und fühle nichts, als Glück!
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Marie Eugenie Delle Grazie
(1864-1931)
Verrathen
Ich mußte Jemand anvertrau'n
Des Herzens stilles Glüh'n,
Ich eilte in den Wald hinaus
Und sah ein Röslein blüh'n.
Das Röslein drückt' ich an die Brust
Und drückt es an den Mund,
Des Herzens Schlag, der Wonne Kuß
That mein Geheimnis kund.
"O rothes Röslein hold und schön,
Du wohl verräthst mich nicht,
Weil meine Lieb' ich Dir vertraut
Ist Schweigen Deine Pflicht!" -
Und als ich durch den Wald jüngst ging
Mit ihm bei Mondenschein,
Da sah auch er das Blümchen
hold
Das rothe Röselein.
Er brach das arme Blümchen
ab
Und sah mich schelmisch an:
"Was ein so kleines Röslein doch
Nicht alles sagen kann!"
"O Röslein, sag', ich bitte Dich,
Nicht, was ich Dir vertraut;"
Ich wurde roth und wieder roth,
Mein Herz schlug auch zu laut.
Er sah mich überglücklich an:
"Laß Deinen stillen Schmerz,
Verrathen hat dies Röslein mir,
Was lang verbarg Dein Herz.
Verrathen hat des Rösleins Duft,
Des Rösleins Farbe mir,
Die auch auf Deiner Wange glüht,
Daß ich geliebt von Dir."
In seine Arme sank ich da,
An seine treue Brust,
Das böse Röslein küßte ich
Mit wahrer Herzenslust.
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Demeter Dudumi
(um 1856)
Auch ich hab' einstens empfangen
Ein Blümchen
aus deiner Hand,
Und dieses, mir lieb und theuer,
Wird "Himmelsschlüßlein" genannt!
Damit hab' ich mir geöffnet
Dein Herz - den Himmel im Sein;
Dies Blümchen
händige, Engel,
Erst dort ich dir wieder ein!
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Maria Clementine François
(1823-1844)
Vergißmeinnicht
Ich kenne ein
Blümchen,
Das blühet so schön,
Das habe zum Liebling
Ich aus mir ersehn.
Es stehet an Bächen,
Auf grünender Au',
Sein Kleid trägt die Farbe
Vom himmlischen Blau.
Der Name des
Blümchens
Ruft treu mir zurück,
Was Liebchen einst sagte
Mit Thränen im Blick.
Drum, wenn ich nun sehe
Das
Blümchen,
so klein,
Gedenk ich mit Wehmuth
An's Liebchen daheim.
Doch eh' noch der Lenz,
Der's geboren, entflieht,
Ist auch schon das
Blümchen
Am Bache verblüht;
Denn kurze Zeit nur
Lebt es uns zur Lust:
Ein Sinnbild von Treue
In menschlicher Brust.
_____
Johann Wilhelm Ludwig Gleim
(1719-1803)
Der dritte Tag im Merz 1753
Auch dich, o Tag! vergeß ich nicht,
An welchem sie mit so geliebten Blicken,
Mit so süßlächelndem Gesicht,
Das fähig war, Tyrannen zu entzücken,
Mir einst des Frühlings erstes
Blümchen
gab.
Mitleidig, sagte sie, brach ich das
Blümchen
ab;
Zehnmal zog ich die Hand zurück,
Ward bös auf sie, nannt' es ein Bubenstück,
Das arme Blümchen
zu verderben,
Stand lange still, ging weg, that einen Seitenblick,
Nach dem Gebüsch, worin es stand,
Und sprach: Er läßt ja doch in seiner lieben Hand
Das liebe Blümchen
vollends sterben.
Stirb, liebes Blümchen,
stirb gelassen, willig, still,
In meines Thyrsis Hand, wie ich einst sterben will
In seinem Arm, sprach ich, und brach es ab!
Noch traurig sah sie aus, und noch wehmüthig bange,
Indem sie mir das Blümchen
gab.
Ich nahm's und küßte sie, da floß von ihrer Wange
Wie eine Lilje weiß, wie eine Rose roth,
Ein heißer Thränenbach; denn bey der Blume Tod
Fiel an den meinigen schnell ein Gedank' ihr ein.
Ach, müßtest du, wie sie, doch nur nicht sterblich seyn!
So klagte sie und schwieg. Verliebter stummer Schmerz
Und Wehmuth zitterte durch unser beyder Herz,
Bis der grausame Daphnis kam,
Der mir das liebe Blümchen
nahm,
Und sprach: Ich will es Chloen bringen,
Und ihr ein Lied vom Frühling singen,
Und von der Flüchtigkeit
Der Lebenszeit,
Dann wird sie sie schon zu gebrauchen wissen
Und hurtiger mich küssen!
_____
Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)
Im Vorübergehen
Ich ging im Felde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
Da stand ein Blümchen
Sogleich so nah,
Daß ich im Leben
Nichts lieber sah.
Ich wollt es brechen,
Da sagt es schleunig:
Ich habe Wurzeln,
Die sind gar heimlich.
Im tiefen Boden
Bin ich gegründet ;
Drum sind die Blüten
So schön geründet.
Ich kann nicht liebeln,
Ich kann nicht schranzen;
Mußt mich nicht brechen,
Mußt mich verpflanzen.
*
Ich ging im Walde
So vor mich hin;
Ich war so heiter,
Wollt immer weiter -
Das war mein Sinn.
_____
Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)
Gefunden
Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich
Ein Blümchen
stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Äuglein schön.
Ich wollt es brechen,
Da sagt' es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?
Ich grubs mit allen
Den Würzlein aus,
Zum Garten trug ichs
Am hübschen Haus.
Und pflanzt es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.
_____
Emilie Emma von Hallberg
(1826-1862)
Die Blumen auf dem Fenster
In meinem Kämmerlein,
Die schlummern, ach, so süße
Im hellen Mondenschein.
Der Mond, der lose Buhle
Küßt sie viel tausendmal
Und spottet meiner Sehnsucht,
Und spottet meiner Qual.
Könnt' ich zu dieser Stunde
Doch auch ein Blümchen
sein,
Und wärest du, mein Leben,
Der süße Mondenschein!
_____
Johann Christoph Friedrich
Haug
(1761-1829)
Als er Louisen ein Veilchen bot
Ich schwöre nicht nach Dichtersitte,
Dass dieses Veilchen schöner blüht,
Wenn es in deines Busens Mitte
Vom Anhauch deines Lebens glüht.
Nah' ist des armen
Blümchens Ende!
Es welkt dahin im Abendroth,
Und ach! - und findet da den Tod,
Wo ich das Leben fände.
_____
Angelika von Hörmann
(1843-1921)
Freudvoll und leidvoll
3.
Horch, Vögelein im Tannenwald,
Heut' hätt' ich eine Bitte,
Siehst du die vielen Häuser dort
In grüner Thalesmitte?
Da nimm das blaue Blümchen
hier,
Das ich am Bach jetzt pflücke,
Halt's nur im kleinen Schnabel fest,
Daß dir die Botschaft glücke.
Flieg' zu dem großen alten Haus,
D'rin weiß ich etwas Liebes;
Wenn du dort einen Knaben schaust,
Dem, Vögelein, dem gib es.
Sag: Jemand schickt mich aus der Fern,
Der dich mit Schmerz muß missen,
Läßt dich an diesem Maientag
Die schönsten Grüße wissen.
Wenn er dich freundlich angeblickt
Und will, von wem, dich fragen,
O bitt' dich, flieg' gleich wieder fort,
Das darfst du ihm nicht sagen.
_____
Auguste Hyrtl
(1818-1901)
Du hast die Wunder all' vollbracht
Wer hat die Welt so schön gemacht,
Wer gab den Tag, und wer die Nacht,
Die Sterne, Sonn- und Mondes-Schein,
Wer brachte Ordnung da hinein?
Wer hat die Blümchen
denn gelehrt,
Die Köpfchen nach der Sonne kehrt.
Wer gab die helle Farbenpracht,
Aus der ihr Frühlingsschmuck gemacht?
Wer gab dem Vöglein in die Brust
Das Lied der Lieb', das Lied der Lust;
Wer sagte ihm, jetzt bau' dein Nest,
So statt' es aus, so mach' es fest?
Und wer, ich frage, gab das Herz,
Empfänglich gleich für Freud und Schmerz?
Und wer das helle Himmels-Licht,
Die Seele, die vom Höh'ren spricht?
Das, Herr und Gott, war Deine Kraft,
Du hast die Wunder all' vollbracht.
_____
Gustav Wilhelm Jahn
(1818-1888)
Maiglöckchen
1.
Als ich an einem Maientag
Im grünen Waldesschatten lag
Und an Dich dachte unverwandt,
Kam mir ein Blümchen
in die Hand,
Das neben mir vom schlanken Stiel
Ich abbrach im Gedankenspiel.
Das Blümchen
war so lieb und traut,
Ich hab es sinnend lang beschaut;
Und als ich mehr mich umgesehn,
Fand ich viel seiner Schwestern stehn;
Ich suchte bald die schönsten aus
Und pflückte sie für Dich zum Strauß.
Wie nun der Vöglein lautes Schmettern
Uns auslegt, was mit Blumenlettern
Von seines Herzens ewgem Lieben
Gott auf des Waldes Grund geschrieben:
So woll im kühlen Buchenschatten
Du Deinem Sänger auch gestatten,
Daß er in frischer Lieder Weisen
Maiglöckchens Deutung Dir darf preisen.
_____
Johann Ritter von Kalchberg
(1765-1827)
Erinnerung
Traurig und einsam sitz' ich hier, umhüllet
Von den Flügeln der Nacht, in öder Halle;
Und die Schatten meiner genossenen Freuden
Schweben vor mir hin.
Wandelnd und traurig lächeln ihrem Lieben
Sie im weißen Gewand'; - ich will sie haschen,
Doch wie Traumgestalten entschwinden sie mir
Schnell aus den Armen.
Welch' ein Strom der Wonne doch floß mir aus der
Vorzeit Urne! Du, lieber Mond, der du so
Traulich auf mich Trauernden niederblinkest,
Hast es gesehen!
Thränen der Wonne flimmerten an meinen
Wangen, wenn ich, bestrahlt von deinem sanften
Schimmer, wonnetrunken mein Liebchen an das
Pochende Herz schloß.
Wenn ich an ihrer Seite festgeschmieget,
Arm in Arm, auf der bunten Flur einherging,
Und ein Blümchen
pflückte, zu schmücken ihren
Schwellenden Busen.
Freundlich und dankend nickte sie dem Jüngling,
Küßte zärtlich das Blümchen,
drückte mir den
Arm, daß himmlischsüßes Erbeben in die
Seele mir schau'rte.
Hundert Mal saßen wir an jenes Bächleins
Ufer, horchten der Nachtigall, und sahen,
Wie das Bild des Mondes auf Silberwellen
Zitternd dahin floß.
Aber die Hand der Zeit riß meinen Namen
Aus der Seele des Mädchens. Ruhe, Holde,
Werd' uns Beiden: dir an des Gatten Busen -
Mir in dem Grabe!
_____
Hedwig Kiesekamp (Ps. L.
Rafael)
(1844-1919)
Mädchenwünsche
O wärest du ein wonnevoller Traum,
Dürft' ich nach dir mich sehnen, dich verlangen;
Wärst du ein lichter Stern im Himmelsraum,
Mit glüh'nden Blicken dürft' ich an dir hangen
Und selig sein.
Wärst du, o wärest du ein Vöglein nur:
Ich dürfte warten dein, dich liebend pflegen!
Wärst du das kleinste
Blümchen
auf der Flur,
Wie wollt' ich innig dich am Herzen hegen -
Und selig sein.
Doch ach, du bist nicht Blum' und Traum, kein Stern,
Darf nimmer dein begehren, dich erringen,
So will ich täglich grüßen dich: und fern
Mein Lieben heimlich dir, verhalten, singen -
Und selig sein.
_____
August Kopisch
(1799-1853)
Glüht der Abend, gehst du hin
Dich im Bach zu laben;
Und die Glut in meiner Brust
Soll nicht Lind'rung haben?
Wär ich doch der Abendwind
Der dich dort umspielet,
Oder ach die klare Flut
Die im Bad dich kühlet.
Wär ich ach ein Blümchen
nur
Drauf du athmend sinkest,
Oder nur ein Odemzug
Den erquickt du trinkest.
_____
Ludwig Gotthard
Kosegarten
(1758-1818)
Der Aurikelnstrauß
Die ihr noch gestern an Sophiens Busen,
Diesem stolzesten aller Sitze, lieblich glühtet,
Und aus braunen Kelchen der süßen Düfte
Fülle entströmtet,
Blümchen,
wie bloß, wie schlaff, geknickt, gesunken
Hängt ihr heute mir am bestäubten Arme,
Den mein süßes scheidendes Mädchen mit euch
Gestern bekränzte.
Blümchen,
ihr welktet, und kein süßes Duften
Wird auf Silberstaub euch hinfort entschweben,
Noch zum Pflücken lächelnder Mädchen Hände
Ferner herbeiziehn.
Blümchen,
ihr welkt, und kein junger Busen
Wird euch heben hinfort mit schweren Seufzern,
Noch der seufzersteigenden Brust ein trunkner
Jüngling euch rauben.
Klage, Sophie, um des jungen Maien
Frühgeborne, frühgestorbene Töchter!
Klag' um sie, und jeglicher Erdenschöne
Flüchtigen Schimmer.
Blumen verwelken. Und der Herbststurm störet
Ab die Blätter. Und Jugendblüthen mordet
Frost des Alters. Alles vergeht. Sophie,
Ach! auch die Treue?
_____
August Friedrich Ernst
Langbein
(1757-1835)
An die Feldblumen
Schmückt euch, Blümchen
auf den Wiesen
Euer Freund kommt bald hinaus,
All die lieblichsten zum Strauß
Für sein Mädchen zu erkiesen.
Drum, ihr Blümchen,
schmückt euch aus!
Keiner stolzen Moderdame
Werdet ihr zum Spott verehrt,
Die von euch die Augen kehrt,
Weil schon euer schlichter Name
Ihr verzärtelt Ohr empört.
Naht der freundlichen Elise,
Naht euch, Blümchen,
ohne Scheu!
Sie, von eitler Ziersucht frei,
Liebt den bunten Schmuck der Wiese
Mehr als Frankreichs Stickerei.
Ihr seid schwach, und euer Leben
Blühet oft nur Stundenlang;
Vor der Sense, vor dem Gang
Jedes Wallers müßt ihr beben,
Und euch tönt kein Trauerklang.
Ich bin rüstiger, und habe
Keinen Feind, der Mord mir droht;
Und mäht mich der Schnitter, Tod,
Weinet doch an meinem Grabe
Sich vielleicht ein Auge roth;
Dennoch wollt' ich mit euch tauschen,
Wollte dulden euer Leid,
Dürft ich meine Lebenszeit
An dem Wonneplatz verlauschen,
Den euch meine Huldin weiht.
_____
Nikolaus Lenau
(1802-1850)
Das Veilchen und der Schmetterling
Ein Veilchen stand
An Baches Rand,
Und sandte ungesehen
Bei sanftem Frühlingswehen
Süßen Duft
Durch die Luft.
Da kommt auf schwankendem Flügel
Ein Schmetterling über den Hügel,
Und senket zur kurzen Rast
Zum Veilchen sich nieder als Gast
Schmetterling
Ei! Veilchen! wie du
thöricht bist,
Zu blühn, wo niemand dein genießt!
Veilchen
Nicht ungenossen blüh' ich
hier,
Ein Schäfer kommt gar oft zu mir,
Und athmet meinen Duft und spricht:
"Ein solches Blümchen
fand ich nicht,
Wie Veilchen du! auf Wiesen, Auen,
Ist keines mehr wie du zu schauen!"
Schmetterling
's ist schöner doch, glaub
meinem Wort,
Zu blühn auf freier Wiese dort,
In jener bunten Blumenwelt,
Als hier im dunklen Schattenzelt!
Veilchen
Hier bin ich meines
Schäfers Wonne,
Dort aber bleichet mich die Sonne,
Und ohne Farbe ohne Duft,
Find' ich zu früh dort meine Gruft.
Drum blüh' ich in der Einsamkeit,
Wenn auch nur Einer mein sich freut.
_____
Angelika von Michalowska
(1830-?)
Maßliebchen
Kennst du das weiße
Blümchen?
- Man findt's in jedem Land -
Es hat ein Blätterkränzchen,
Maßliebchen wird's genannt.
In dieser kleinen Blume
Steckt ein Orakel drin;
Man muß die Blättchen pflücken,
Dann merkt man ihren Sinn.
Doch giebt's dazu ein Verslein,
Du weißt wohl, wie es spricht;
Wer fragte nicht im Leben:
"Er liebt mich? liebt mich nicht?" -
_____
Johann Martin Miller
(1750-1814)
Der Morgen
Warum sollt' ich mich nicht freun?
Nenn' ich doch mein Röschen mein!
Kirr ist sie, wie Turteltäubchen,
Sanft, wie Nachtigallenweibchen.
Warum sollt' ich mich nicht freun?
Nenn' ich doch mein Röschen mein!
Brich, o Sonne, brich hervor
Durch der Morgenröthe Flor!
Wann du wirst am Himmel prangen,
Will sie mich im Hain empfangen.
Brich, o Sonne, brich hervor
Durch der Morgenröthe Flor!
Düftet, Blümchen,
düftet süß!
Werd', o Flur, ein Paradies!
Ueberall, wo Engel gehen,
Müssen Paradies' entstehen.
Düftet, Blümchen,
düftet süß!
Werd', o Flur, ein Paradies!
Ach, sie kömmt! o welch ein Glück!
Mir entgegen lacht ihr Blick!
Laßt ihr, liebe Nachtigallen,
Euren Morgengruß erschallen!
Ach, sie kömmt! o welch ein Glück!
Mir entgegen lacht ihr Blick!
_____
Wilhelm Müller
(1794-1827)
Ein Profil mit einem Wangengrübchen
Hüte nur dein Wangengrübchen
Vor den Bienen in dem Garten!
Halten sie es für ein Röschen,
Daß sie es so nah umflattern?
Nein, sie lassen alle Rosen,
Alle bunte Tausendschönchen
Unberührt ja stehn im Garten,
Wenn sie dich nur kommen sehen.
Und wenn ich ein Bienchen wäre,
Meinen ganzen Lebenshonig
Wollt' ich aus dem
Wunderblümchen
Deines Wangengrübchens saugen.
_____
Christian Ludwig von
Reissig
(1784-1847)
An ein junges Mädchen
Bey Uebersendung eines
Topfes mit Veilchen
Längs dem Bach im Wiesenthale,
Ging ich froh im Morgengold,
Sieh', und fand im Purpurstrahle
Diese Blümchen
sanft und hold.
Freundlich lächelte der Morgen
Auf den thaubeperlten Pfad,
Wo sie blühten so verborgen,
Wie des Edlen schöne That!
Nimm die kleine Frühlingsgabe,
Wunderholde Zauberinn!
Als das Schönste was ich habe,
Mit der Güte Lächeln hin.
Sie sind deiner holden Jugend,
Deiner schönen Seele Bild, -
Prunklos, wie dein Sinn für Tugend,
Wie dein Herz im Stillen mild.
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Moritz Saphir
(1795-1858)
Ich pflückte ein Vergißmeinnicht
Für sie, am schmalen Wiesenrand,
Doch als ich vor der Holden stand,
Vergaß ich das Vergißmeinnicht!
Das Blümchen
sprach: "Erinn're dich,
Wozu du liebend mich gepflückt!" -
Ich aber schwieg und stand entzückt,
Vergaß Vergißmeinnicht und mich!
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Friedrich Schiller
(1759-1805)
An den Frühling
Willkommen, schöner Jüngling!
Du Wonne der Natur!
Mit deinem Blumenkörbchen
Willkommen auf der Flur!
Ei! ei! da bist ja wieder!
Und bist so lieb und schön!
Und freun wir uns so herzlich,
Entgegen dir zu gehn.
Denkst auch noch an mein Mädchen?
Ei, Lieber, denke doch!
Dort liebte mich das Mädchen,
Und 's Mädchen liebt mich noch!
Fürs Mädchen manches
Blümchen
Erbat ich mir von dir -
Ich komm' und bitte wieder,
Und du? - du gibst es mir?
Willkommen, schöner Jüngling!
Du Wonne der Natur!
Mit deinem Blumenkörbchen
Willkommen auf der Flur!
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Eduard Schulz (Ps. Eduard
Ferrand)
(1813-1842)
Einst in schöner Stunde schenkte sie mir ein Vergißmeinnicht,
Und das höchste Glück verheißend, traf mich ihres Auges Licht.
Immer denkt mein Herz an jene schöne Stunde nun zurück -
Ob auch längst verwelkt das
Blümchen:
nie verglüht mir jener Blick!
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Viktor von Strauß und
Torney
(1809-1899)
Blumenbotschaft
Das Blümchen,
das wir Beide lieben,
Lag auf den Lettern, die du schriebst,
Ich las in ihm als wär's geschrieben:
Dein harrt die Holde, die du liebst.
So legte sonst ein guter Engel
Dem Mönche, der das Jahr entschlief,
Im Chorstuhl einen Lilienstengel
Am Advent hin, der ihn berief.
Der Fromme, der sich im Gemüthe
Der höchsten Liebe treu erwies,
Schwang froh die unverwelkte Blüthe
Zum Zeugniß bald am Paradies.
Dein Blümchen
war verwelkt, vergangen,
Doch frisch das Zeugniß, das er wies,
Und sel'ge Botschaft ist ergangen,
Es ruft auch mich in's Paradies.
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Ernst von Wildenbruch
(1845-1909)
Maiglöckchen
Den Frühling ersehnend, des Winters so satt,
Durchstreif ich die Felder so traurig und matt.
Da tönt es wie Glöckchen mir lieblich zum Ohr,
Da heben sich Köpfchen, da lächelt's empor:
Nach Winter und Trauer, nach Schnee und nach Eis,
Im weißen Gewande, die Kinder des Mai's.
Ei sagt mir, ihr Glöckchen, was plaudert ihr mir?
"Von Hoffnung und Liebe erzählen wir dir.
Die Blumen die sterben auf Erden nicht aus,
Die Lieb' ist auf Erden ja allzeit zu Haus."
Ihr Blumen, was sagt euer schneeweiß Gewand?
"Es sagt, daß uns brach eine schneeweiße Hand."
Seid Boten mir, Blümchen,
bestellt es genau:
Vieltausendmal grüßt die holdselige Frau!
Ich kenne sie wohl, die ich lange erkannt,
Die lieblich und rein, wie Maiglöckchens Gewand.
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Kathinka Zitz-Halein
(1801-1877)
Maiblümchen
Wie lieb' ich dich, du Holde, Süße, Kleine,
Du Frühlingskind, erblüht im Waldesschatten;
Wenn ich dich schau, du Liebliche, du Reine,
Seh' ich die Unschuld sich mit Hoffnung gatten.
Das zarte Weiß in grüner Blätter Hülle,
Wie oft ergötzet es des Wandrers Augen;
Und gerne mag ich deines Duftes Fülle,
Der Biene gleich, begierig in mich saugen.
Aus theurer Hand hab' ich dich einst empfangen,
Ein Bild der Hoffnung wardst du mir gegeben,
Drum sollst du mir recht oft am Busen prangen,
Am Herzen mir entströmen still dein Leben.
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