Wörtchen und Wörtlein
in der deutschen Liebeslyrik
Ausgewählte Gedichte
deutscher Dichter und Dichterinnen
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Johanna Ambrosius
(1854-1939)
Schöne Augen
IV.
Ob auch dein Auge abgrundtief,
Ich schau doch gern hinein,
Es locken zu verführerisch
Die süßen Blümelein.
Ich beuge tiefer mich und schau'
Und schaue mich fast blind,
Die Unschuld weint am Wegesrand
Um ihr verlor'nes Kind.
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Stine Andresen
(1849-1927)
Liebesgruß
Es grüßen dich die
Blümelein
Aus deiner Heimat Garten;
Sie wiegen ihre Köpfchen fein
Und können's nicht erwarten,
Mit ihren Farben bunt und frisch
Zu schmücken den Willkommentisch
Dir, Liebchen!
Es grüßen dich die Vögelein,
Sie fliegen hin und wieder
Vor deinem Kammerfensterlein
Und üben süße Lieder
Sich ein zum festlichen Empfang;
Bald tönt ihr jubelnder Gesang
Dir, Liebchen!
Es grüßen freundlich dich zumal
Die Herzen all, die treuen,
Die hier im lieben Heimatthal
Sich deiner Ankunft freuen.
Und eines, das in Glück und Not
Will angehören bis zum Tod
Dir, Liebchen!
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Ernst Moritz Arndt
(1769-1860)
Liebeswehmuth
Vögelein, singst du?
Lüftelein, klingst du?
Singst mir und klingst mir nicht Ruh;
Blümelein
freudig
Träumen so leidig
Schließen die Aeugelein zu;
Mir nur alleine
Blühet im Haine
Nicht Liebe, nicht Ruh.
Sternlein, euch schwinget,
Leuchtet und bringet
Träume und Wonne zugleich;
Seufzet Geflüster,
Zweigelein düster.
Euch ist der Traurende gleich.
Rauschet im Leide!
Fern von der Freude
Entflieh' ich zu euch.
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Helmina von Chézy
(1783-1856)
Gedenke mein!
Ich kenn ein Blümelein,
Das hegt so lichten Schein,
Am Himmel stehts.
Tilgt allen Schmerz und Pein,
Heißet: Gedenke mein!
Und nie vergehts.
Uns soll dies Blümelein
Duftend und leuchtend seyn,
In Lebensnacht.
Findens im Frühlingshain,
Wieder beim Morgenschein,
Wann wir erwacht!
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Helmina von Chézy
(1783-1856)
Märzen Sonne
Zu bald der Frühling kam,
Zu schnell ein Ende nahm.
Ihr zarten Blümelein,
Gelockt vom Sonnenschein,
Sterbt hin, sterbt hin!
Rasch kam der warme Hauch,
Und rasch verging er auch
Sterbt hin, sterbt hin!
Wär ich solch Blümelein,
Stürb ich am Herzen Dein,
Und haucht' am süßen Ort
Das leise Schmerzenswort:
"Nun sterb ich hin! -
Ist Todeslust so rein,
Wie muß nicht Leben seyn,
Am Herzen Dein!"
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Heinrich Heine
(1797-1856)
Ich wollte, meine Lieder
Das wären Blümelein:
Ich schickte sie zu riechen
Der Herzallerliebsten mein.
Ich wollte, meine Lieder
Das wären Küsse fein:
Ich schickt sie heimlich alle
Nach Liebchens Wängelein.
Ich wollte, meine Lieder
Das wären Erbsen klein:
Ich kocht eine Erbsensuppe,
Die sollte köstlich sein.
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Hermann Löns
(1866-1914)
Männertreu
Es ging einmal ein Wind,
Ei, ging einmal ein Wind;
Er ging wohl über Stock und Stein,
Und fand ein blaues
Blümelein,
Das bracht er mir geschwind.
Und das heißt Ehrenpreis,
Ei, das heißt Ehrenpreis;
Es blüht nicht für die Ewigkeit,
Es blüht bloß eine kurze Zeit,
Dann ist es welk und weiß.
Es heißt auch Männertreu,
Ei, heißt auch Männertreu;
Mein Schatz, der mich so viel geküßt,
Ich weiß nicht, wo er blieben ist,
Das Lieben ist vorbei.
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Rudolf Marggraff
(1805-1880)
Die Blume und der Westwind
Ueber Blüten schwebet
Der Westwind hin,
In Blüten webet
Der Liebe Sinn.
Da schläft und träumet
Ein Blümelein;
Der Westwind säumet
Im fernen Hain.
Es träumet von Liebe
Und Liebesgluth,
Die nicht zerstiebe
Wie Wasserfluth.
Zum Blüm'lein
wendet
Der Westwind sich:
"Wer hat gesendet
Zum Blüm'lein
dich?"
Er sieht betroffen
Das Blüm'lein
stehn
Und zartes Hoffen
Darüber wehn.
Da küßt er leise
Den Blütenstaub,
Zieht Düftekreise
Mit seinem Raub.
Das Blüm'lein
fühlet
Des Kusses Glühn,
Das Traumbild spielet
Verrinnend hin.
Die Sehnsucht spaltet
Das Düftehaus,
Die Liebe faltet
Die Blätter aus.
O Liebessehnen,
O Liebesglühn,
Der Sehnsucht Thränen
Zu Thau erblühn.
Das Blüm'lein
träumet
Von Lust und Schmerz,
Von Liebe schäumet
Sein volles Herz.
Der Westwind klaget
In weiter Fern',
Es weint und zaget
Der Blumenstern.
Das Blüm'lein
schließet
Die Blätter still,
Inmitten sprießet
Der Liebe Füll';
Es neiget weinend
Zur Erde sich,
Je matter scheinend,
Bis es erblich.
Der Westwind schwebet
Zurück die Bahn,
Im Staube webet
Der Liebeswahn.
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Wilhelm Müller
(1794-1827)
Morgengruß
Guten Morgen, schöne Müllerin!
Wo steckst du gleich das Köpfchen hin,
als wär' dir was geschehen?
Verdrießt dich denn mein Gruß so schwer?
Verstört dich denn mein Blick so sehr?
So muß ich wieder gehen.
O laß mich nur von ferne stehn,
nach deinem lieben Fenster sehn,
von ferne, ganz von ferne!
Du blondes Köpfchen, komm hervor!
Hervor ans eurem runden Thor,
ihr blauen Morgensterne.
Ihr, schlummertrunknen Äugelein,
ihr taubetrübten Blümelein,
was scheuet ihr die Sonne?
Hat es die Nacht so gut gemeint,
daß ihr euch schließt und bückt und weint
nach ihrer stillen Wonne?
Nun schüttelt ab der Träume Flor,
und hebt euch frisch und frei empor
in Gottes hellen Morgen!
Die Lerche wirbelt in der Luft;
und aus dem tiefen Herzen ruft
die Liebe Leid und Sorgen.
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Wilhelm Müller
(1794-1827)
Mein!
Bächlein, laß dein Rauschen sein!
Räder, stellt eur Brausen ein!
All ihr muntern Waldvögelein,
groß und klein,
endet eure Melodein!
Durch den Hain
aus und ein
schalle heut' ein Reim allein:
die geliebte Müllerin ist mein!
Mein!
Frühling, sind das alle deine
Blümelein?
Sonne, hast du keinen hellern Schein?
Ach! so muß ich ganz allein,
mit dem seligen Worte mein,
unverstanden in der weiten Schöpfung sein.
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Johann Hermann Schein
(1586-1630)
O Sternen Äugelein! O seiden Härelein/
O Rosen Wängelein/
Corallen Lippelein/
O Perlen Zänelein/
O Honig Züngelein/
O Perlemutter Oehrelein/
O Helffenbeinen Hälßelein/
O Pomerantzen Brüstelein/
Bißher an euch ist alles fein:
Abr O du steinern Hertzelein/
Wie daß du tödst das Leben mein?
O grüne Wälderlein! O Myrtensträuchelein/
O kühle Brünnelein/
Cristallen Bächelein/
O grüne Wieselein/
O schöne Blümelein/
O Felßen klufft/ O Berg und Thal/
O Eccho Trewer Wiederschall/
O Pan O Schäffr und Schäfferin/
Seht doch wie ich so Elend bin/
Der grimmig Todt mich greiffet an/
Ach helffet/ wer da helffen kan?
O wahre Lieb und Trew! O falsche Heucheley/
O Hoffnung Sicherheit/
O Forcht/ Schwermütigkeit/
O süsse Lust und Frewd/
O Angst und Hertzeleid/
O Music edler Frewden Schall/
O seufftzen/ heulen/ Hertzensknall/
O Leben Lieb O bitter Todt/
Ach wechselt umb es ist die Noht/
Wie könnet ihr doch alle seyn/
Ein liebend Hertz zu trümmern gehn?
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Adolf Schults
(1820-1858)
Ich sah zwei holde
Blümelein
An einem Plätzchen stehn allein:
Eins winkte traut dem andern zu
Und schien zu fragen: Liebchen Du,
Darf ich Dich einmal küssen?
Drauf sah das andre
Blümlein ich
Sein Köpfchen schütteln weigerlich,
Als wollt' es sagen: nein, o nein,
Laß mich hier stehn und blühn allein,
Du sollst mich nimmer küssen!
Da hab' ich traurend still gedacht:
Wenn's nun mein Liebchen also macht!
Wenn sie nun auch zu dieser Frist
So spröde wie das Blümlein
ist,
Die ich so gern möcht' küssen!
Doch als ich wieder hingeschaut -
Kaum, daß ich meinem Blick getraut!
Da hab' ich in des Zephyrs Wehn
Die Blümlein
hold sich neigen sehn
Und sich gar traulich küssen.
Da dacht' ich froh in meinem Sinn:
Nun schnell zum spröden Liebchen hin,
Ihr wird's wohl wie dem
Blümlein gehn!
Und ob's geschehn, ob's nicht geschehn -
Ihr werdet's rathen müssen!
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Johanna Wolff
(1858-1943)
Ich frage dich
nicht
Wo trägst du die roten Rosen hin
und wendest von mir dein Gesicht?
Die Rosen duften so süß und so schwer,
meine Kammer öffnet sich tot und leer,
und doch ... ich frage dich nicht.
Wo trägst du dein trautes Lieben hin,
was umschattet mir dein Gesicht?
Dein Lieben, Liebster, war wundergut,
tat mir wie die Sonne den
Blümelein
tut,
und doch ... ich frage dich nicht.
Wo trägst du die sanften Freuden hin,
was wandelte mir dein Gesicht?
Ein bischen Freude täte mir not,
ach Gott, wie's liebe Stückchen Brot ...
und doch ... ich frage Dich nicht.
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