Wörtchen und Wörtlein

in der deutschen Liebeslyrik


Ausgewählte Gedichte deutscher Dichter und Dichterinnen


 




Gottfried August Bürger
(1747-1794)


Lust am Liebchen

Wie selig, wer sein Liebchen hat,
Wie selig lebt der Mann!
In Friedrichs oder Ludwigs Stadt
Ist keiner besser dran.

Er achtet's nicht, was Hof und Stadt
Dafür ihm bieten kann;
Und wenn er keinen Kreuzer hat,
Dünkt er sich Krösus dann.

Die Welt mag laufen oder stehn,
Mag rollen um und um;
Und alles auf dem Kopfe gehn!
Was kümmert er sich drum?

Hui! ist sein Wort zu Strom und Wind,
Wer macht aus euch sich was?
Nichts mehr als wehen kann der Wind,
Und Regen macht nur naß.

Gramm Sorg' und Grille sind ihm Spott;
Er fühlt sich frei und froh;
Und kräht, vergnügt in seinem Gott,
In dulci Jubilo.

Durch seine Adern kreiset frisch
Und ungehemmt sein Blut.
Gesunder ist er wie ein Fisch
In seiner klaren Flut.

Ihm schmeckt sein Mahl; er schlummert süß,
Bei federleichtem Sinn,
Und träumt sich in ein Paradies
Mit seiner Eva hin.

In Götterfreuden schwimmt der Mann,
Die kein Gedanke mißt,
Der singen oder sagen kann,
Daß ihn sein Liebchen küßt.

Doch ach! was sing' ich in den Wind
Und habe selber keins?
O
Evchen, Evchen, komm geschwind,
O komm und werde meins!
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Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)


Es ist gut

Bei Mondenschein im Paradeis
Fand Jehova im Schlafe tief
Adam versunken, legte leis
Zur Seit ein
Evchen, das auch entschlief.

Da lagen nun, in Erdenschranken,
Gottes zwei lieblichste Gedanken. -
Gut !!! rief er sich zum Meisterlohn;
Er ging sogar nicht gern davon.

Kein Wunder, daß es uns berückt,
Wenn Auge frisch in Auge blickt,
Als hätten wirs so weit gebracht,
Bei dem zu sein, der uns gedacht.
Und ruft er uns, wohlan, es sei!
Nur, das beding ich, alle zwei.
Dich halten dieser Arme Schranken,
Liebster von allen Gottes-Gedanken.
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Johann Ferdinand Schlez
(1759-1839)


Adam's erstes Erwachen

Wo der Phrat am Blumenufer hallte,
Gieng einst Vater Adam auf und ab;
Lauschte, wenn im Hain das Echo schallte,
Dem sein Ruf die Täuscher-Stimme gab;
Spähte, wo ein West in Büschen rauschte,
Einem Bilde nach, dem seinen gleich;
Denn, was er im Paradies belauschte,
Sah er, Paar und Paar, durch Liebe reich.

Sah den Löwen mit der Löwinn irren,
Die ihm sanft die goldne Mähne strich,
Hört' ein Taubenpaar auf Palmen girren,
Sah, wie treu sich jedes Pärchen glich,
Wie sogar das Haideblümchen seine
Buntgeschmückte Freundinn um sich fand,
Und nur Er, der Arme! war alleine;
Denn kein Weibchen bot ihm Kuss und Hand.

Alle Schöpfung, die zur Lust und Wonne
Gott dem Wurm und Elephanten schuf,
Tönt dem Ersten unter Mond und Sonne,
Tönt dem Menschen keinen Freudenruf.
Müd und trauernd sank er endlich nieder
In den Arm der ersten süssen Ruh;
Euphrats Wogen rauschten Schlummerlieder
Ihm und holde Traumgesichte zu.

Sieh! ein Weib, schön wie die Morgenröthe,
Die den ersten Gruss der Schöpfung bot,
Fand ihn hier. Die seidne Locke wehte
Um ihr Haupt, beglänzt vom Abendroth.
Grosse, himmelsblaue Augen rollten
Ihr im rosig blühenden Gesicht;
Wuchs und Bildung waren unbescholten,
Und Gewand barg ihre Reitze nicht.

Adam träumt indess: der Rippen eine
Würd' von ihm gelöst; aus ihr erbaut
Stand ein Weib, wie unser Blick itzt keine
Tochter Evens unterm Monde schaut.
Träumt's; erwacht; - mit hüpfendem Entzücken
Sieht er lebend das geträumte Weib.
"Ha! was zeigt sich meinen trunknen Blicken?
Bein von mir, und Fleisch von meinem Leib!"

Wer verräth das feurige Umarmen,
Wie das Paar sich Brust an Busen schlang?
Wer das strömende Gefühl, den warmen
Kuss der Huldigung, mir im Gesang?
O, die süssen Erstlings-Schäferstunden
Wollen nicht, wie Minnetändeleyn,
Nachgeleyert, wollen nachempfunden,
Selbstgefeyert, nicht geschildert seyn!

Lottchen! Lottchen, mit den Rosenwangen,
Mit dem himmelblauen Augenpaar,
Mit dem Liljenbusen, mit dem langen
Götter-Wuchs und blonden Lockenhaar,
Mit der Männerseele, mit dem Mädchenherzen,
Mit dem süssen Nachtigallenton,
Mit der milden Thräne, mit den leichten Scherzen,
Sey mein
Evchen! . . . Ach! . . . ich träume schon.
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Christian Martin Winterling
(1800-1884)


Wo du wandelst und weilst, umblühen dich himmlische Reize,
Allen sichtbar, nur dir,
Evchen, allein nicht bekannt,
Und so besitzest du, Kind der Natur, was nimmer in Städten
Holden Genossinnen deines Geschlechtes verliehn.
Alle werden sie vorm Trümeau zu schlauen Coquetten,
Ueben Künste des Trugs, lieben im Andern nur sich.
Allen entzieht sich der himmlische Gott, von Schmeichlern aus ihren
Herzen gebannt, und dafür herrschet der irdische nur.
Blühe so fort im Thale der Unschuld, liebliche Blume,
Nimmer bahne zu dir je sich ein Schmeichler den Pfad.
Nur dem Liede vertrau' ich dein Lob und den einsamen Lüsten,
Aber ich hüte mich wohl, dir es zu sagen, mein Kind.
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Christian Martin Winterling
(1800-1884)


Süßes Zweifelgefühl durchbebte mich, als im Gespräch itzt
Entpantoffelt ihr Fuß sanft sich auf meinen gestellt
Unterm Tisch, von Keinem gesehn und selber von ihr auch
Im Vergessen vielleicht, nimmer mit Absicht gestellt.
Doch jetzt hielt, da ihm ein kupferner Kreuzer entfallen,
Einer der Gäste das Licht unter den Tisch, da entzog
Eilig das Füßchen sich meinem Fuß und schlich erst zurücke,
Als der Leuchter am Ort vorige Hellung ergoß.
Ha, jetzt ging mit dem Leuchter auch mir auf einmal ein Licht auf!
Wer sich im Reden vergißt, fürchtet nicht solchen Verrath.
Ha, jetzt läugn' es nur länger noch, daß du,
Evchen, mich liebest,
Mehr als je dein Mund sagte das Füßchen mir ja.
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