Wörtchen und Wörtlein
in der deutschen Liebeslyrik
Ausgewählte Gedichte
deutscher Dichter und Dichterinnen
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Georg Busse-Palma
(1876-1915)
Wandlung
"Ach im Grabe möcht ich sein!"
Sang ich oft vor Zeiten.
Sieh, nun kam ein Händchen
klein,
Voll von Seligkeiten.
Mitten in mein Herz hinein
Ließ es alle gleiten! —
Was mein Herz nun Sel'ges trägt,
Keimend und im Sprießen,
Sei dereinst zurückgelegt
Zu des Säters Füßen.
Was sich knospend in mir regt,
Blühend soll's ihn grüßen!
Weißt du, wer die Saat gestreut
Und das Knospen heget?
Eine, deren Lieblichkeit
Mich gar tief beweget.
Eine, die sich jederzeit
Gern ans Herz mir leget!
Ward ihr Name dir bewußt?
Dürftest ihn doch wissen!
Augentrost und Herzenslust
Sollt' er heißen müssen. — —
Lottchen, komm an meine Brust,
Komm und laß dich küssen! — —
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Peter Cornelius
(1824-1874)
Wenn wir einst vereinte Funken
Wenn wir einst vereinte Funken
In der großen Gottesglut,
Oder Tropfen still versunken
In der Seligkeiten Flut:
Nimmer doch vergessen dürfte
Ich dein Händchen,
schneeweiß, klein,
Kuß auf Kuß, den dort ich schlürfte,
Fiel' mir noch im Himmel ein.
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Johann Peter Eckermann
(1792-1854)
Immer mehr
"Ich möchte sie wohl sehen,
Ach, nur ein einzig Mal!"
Da ich sie nun gesehen,
Möcht' ich sie wieder sehen
Noch viele tausend Mal.
"Ihr Händchen
möcht' ich drücken,
Ach, nur ein einzig Mal!"
Da ich es nun gedrücket,
Möcht' ich es wieder drücken
Noch hunderttausend Mal.
"O könnt' ich sie doch küssen,
Ach, nur ein einzig Mal!"
Da ich sie nun geküsset,
Möcht' ich sie wieder küssen
Noch millionen Mal.
_____
Theodor Fontane
(1819-1898)
Trauriges Erwachen
Der Mond, der alte Lauscher,
Steht vor dem Fensterlein;
Er horcht und schaut wie neidisch
In Liebchens Kämmerlein.
Ich lag zu ihren Füßen,
- O welch ein Götterlos! -
Und wiegte wonnetrunken
Mein Haupt in ihrem Schoß.
Sie spielte mit den
Händchen
In meinem dunklen Haar
Und strich es zärtlich kosend; -
Wie schön das Mädchen war!
Mit ihrem lieben Auge,
Wie Demant rein und klar.
Versprach sie ewge Treue; -
Wie schön das Mädchen war!
Aus ihren süßen Küssen
Da fühlte ich fürwahr
Schon Seligkeit entsprießen; -
Wie schön das Mädchen war!
Die purpurfarbnen Lippen,
Die sagten endlich gar,
Daß sie mich herzlich liebe; -
Wie schön das Mädchen war!
Da, all die Lust zu fassen,
Hat meine Brust nicht Raum
Und selig rufend: Vanda!
Erwach' ich aus dem Traum.
Da war die Lust entflohen
Und bitterböser Schmerz,
Der Gram um ewge Trennung
Erfüllte nun mein Herz.
Zwar stand der Mond, der Lauscher,
Vor meinem Fensterlein;
Doch war er bald verschwunden,
Denn ich - war ganz allein.
_____
Ernst Goll
(1887-1912)
Im Walde
Waldgeflüster - Tannenrauschen,
Grün, so weit das Auge reicht,
Blütenduften, Liederrauschen,
Sommervögel, zart und leicht!
All das lachende Getriebe
Strahlt verklärt aus deinem Blick,
Und die Welt ist lauter Liebe
Und die Welt ist lauter Glück!
Lerchenjubel, weit und wonnig,
Blütendüfte, warm und weich,
Liebchen, ist die Erde sonnig,
Liebchen, ist die Erde reich! - - -
Deine bleichen Händchen
beben,
Dein geliebtes Auge weint -
Denkst daran, das uns das Leben
Heut zum letzten Mal vereint?
Liebchen, denke nicht an morgen,
Morgen kommt das Abschiedsweh,
Kommen schlimme Alltagssorgen,
Kommt des Alters Reif und Schnee!
Heute flammen uns're Herzen,
Heute lachen Mai und Glück,
Morgen denken wir mit Schmerzen
An vergang'ne Lust zurück.
Sieh, wie seine grünen Zweige
Rings der Wald zur Sonne hebt,
Unbekümmert, ob zur Neige
Bald die Strahlende entschwebt.
Wie er, lichtbetaut, vergessen,
Daß ihn bald die Nacht umfängt,
Die in Dunkel unermessen,
Seine grünen Kronen senkt.
Traute, unser Sein hinieden
Ist dem weiten Walde gleich,
Eine Stunde Sonnenfrieden
Macht ein ganzes Leben reich.
Blondes Lieb, gib mir die Hände:
Heil der Liebe, heil dem Mai!
Morgen ist der Traum zu Ende,
Morgen bricht das Glück entzwei.
Reich mir deiner Lippen Habe,
Strahl mit deiner Augen Schein,
Morgen sinkt die Welt zu Grabe,
Heute laß uns selig sein!
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Robert Hamerling
(1830-1889)
Die schönsten
Reime
Noch in keinem Liede fand ich
Reime je so wunderbar
Und so rein, wie deine Wänglein,
Deines Busens Lilienpaar.
Schöngepaart die Lippen lächeln;
Aus zwei Augen, glanzerhellt,
Blickst du; Händchen
sind und Füßchen
Schön gereimt und schön gesellt.
Ungereimt, Kind, sollte bleiben
Grade nur das Herz allein?
Ach, der beste Reim auf deines -
Sollt' es nicht das meine sein?
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Robert Hamerling
(1830-1889)
An Miranda
O Weib, ich vergebe dir alles!
Trägst du doch das Götterlieblingssiegel
Der Schönheit auf der Stirne!
Denn die Erkorenen,
Welchen auf die Stirne gedrückt ist
Das Götterlieblingssiegel der Schönheit,
Sie haben das Recht, zu entzücken die Augen
Und tödlich zu quälen die Herzen
Immerdar.
Warum, o Mutter Natur,
Giebst du dem Schönen immer so scharfen Stachel?
Woher in aller Welt kommt ärgeres Leid,
Als von schönen Augen und goldenen Locken,
Von Rosenlippen und Perlenzähnen,
Von Lilienhüften und Schwanenbusen,
Von Wangengrübchen und lieblich gerundeter
Fülle des Kinns,
Von weichen, weißen
Händchen
Und von vollen runden Armen und zierlichen Füßchen?
Hyänen sind grausam und Kröten häßlich;
Aber der Schrecken schrecklichster
In dieser Welt -
Ist's nicht die Schönheit?
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Julius Hammer
(1810-1862)
Hältst du dein Händchen
blütenweiß
Dir vor die Stirn, die klare,
Glaub' ich, fünfzeilige Inschrift sei's
Ueber dem Hochaltare.
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Wilhelm Hauff
(1802-1827)
Stille Liebe
O dürft' ich fragen, was aus ihrem Auge
oft so entzückend mir entgegenstrahlt,
was, wenn ich schnell mich ihrer Seite nahe,
die Wangen ihr mit hoher Röthe malt!
Ahnt sie, was meine Lippen ihr verschweigen,
was meine Brust mit stiller Sehnsucht füllt?
Hofft' ich zu kühn? Ist es der Strahl der Liebe,
der so entzückend ihrem Blick entquillt?
Warum hat doch ihr Händchen
so gezittert,
als ich ihr gestern guten Abend bot,
und als ich ihr recht tief ins Auge schaute,
was machte sie auf einmal doch so roth?
Sie hat die Rose, die ich ihr gegeben,
so sorgsam ins Gebetbuch eingelegt;
warum wohl? da sie sonst so gerne Rosen
am Busen und am Sommerhütchen trägt.
Warum schwieg sie auf einmal heute stille
und wußte nicht mehr, was ich sie gefragt?
Hat sie gemerkt, was ich ihr gerne sagte?
Ich hab' ihr's doch mit keinem Wort gesagt.
O hätt' ich Muth! dürft' ich Luisen sagen,
was mich so still, was mich so tief beglückt!
O dürft' ich fragen, was aus ihrem Auge
oft so entzückend mir entgegen blickt!
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Heinrich Heine
(1797-1856)
Die blauen Veilchen der Äugelein,
Die roten Rosen der Wängelein,
Die weißen Liljen der
Händchen klein,
Die blühen und blühen noch immerfort,
Und nur das Herzchen ist verdorrt.
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Leo Heller
(1876-1949)
Du meines Herzens . . .
Du meines Herzens selige Rast,
Du meiner Seele süße Ruhe,
Ich nahe dir, ein müder Gast,
Nach dieses Tages Lärm und Hast,
Daß mir dein Händchen
Liebe tue.
Daß es mich streichle sanft und lind
Und still sich biete meinen Küssen,
Daß alle Sterne, gutes Kind,
Die über unsern Häuptern sind,
In lichter Reinheit lächeln müssen.
Und daß in dieser hellen Nacht
Der Himmel näher rück' zur Erde,
Und daß ein leuchtend Glück erwacht
Und daß ich dann in Glanz und Pracht
Zum König allen Lichtes werde.
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Leo Heller
(1876-1949)
Koseliedchen
Du ein Gläschen, ich ein Gläschen,
Hei, nun woll'n wir fröhlich sein!
Kleine Perlen wirft der Wein,
Du ein Mäschen, ich ein Mäschen.
Du ein Küßchen, ich ein Küßchen,
Tausch um Tausch, das muß so sein.
Ist's etwa nicht wunderfein?
Du ein bißchen, ich ein bißchen.
Du ein Spitzchen, ich ein Spitzchen,
Was, mein Kind, das macht vergnügt?
Hast ein lustig Herz gekriegt:
Du ein Witzchen, ich ein Witzchen.
Du ein Händchen,
ich ein Händchen,
Ei, nun laß' ich's nimmer aus,
Nehm's mir heute mit nach Haus:
Du ein Pfändchen, ich ein Pfändchen.
Du ein Bettchen, ich ein Bettchen,
Ach wie stört das Lampenlicht!
Drehe ab, doch blase nicht.
Du und ich in einem Bettchen.
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Leo Heller
(1876-1949)
Ein Brief
"Verehrte schöne Frau! - Sie sind
Erstaunt, wenn Sie die Zeilen lesen,
Sie glaubten, daß mein letzter Kuß
Das Endkapitel des Romans gewesen.
Ich sehe Sie frappiert. - Vielleicht ist gar
Der Pudermantel Ihrer Schulterpracht entfallen;
Vielleicht, daß Sie ob meiner Arroganz
Die kleinen, allerliebsten
Händchen ballen.
Ich weiß, der Brief gehört den Flammen an,
So wie auch ich verfiel in Ihres Herzens Gluten,
Da wir, war nicht der Herr Gemahl daheim,
Einst Brust an Brust auf weichem Pfühle ruhten.
O fürchten Sie sich nicht. Ich will
Von uns'rer Liebe keiner Seele sagen,
Mein Glück gehöre der Vergangenheit, -
Mein Leid der Zukunft grauen Tagen."
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Karl Herloßsohn
(1804-1849)
Amalie
Wende nicht den Blick von mir,
Senke nicht die Augenlider;
Denn in Deinen blauen Augen
Find' ich meinen Himmel wieder.
Zieh das Händchen
nicht zurück,
Laß es an mein Herz mich pressen,
Glaub', daß weder Herz noch Blut
Dieser Seligkeit vergessen.
Oeffne Deinen süßen Mund,
Wär' sein Ausspruch auch der Tod;
Dieses Stummsein, dieses Schweigen
Ist viel schlimmer als der Tod!
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Ludwig Jacobowski
(1868-1900)
Wandlung
Finster ist mein Herz,
Finster mein Gesicht.
Doch dein Mündlein froh
Lacht ins Sonnenlicht, -
Sieh, es glänzt nur so!
Störrisch ist mein Haar,
Störrisch ist mein Sinn.
Doch dein Händchen
streicht
Nur so drüber hin, -
Sieh, es biegt sich leicht!
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Ludwig Jacobowski
(1868-1900)
Vergessen?
Wie war der Julitag so heiß und schwer!
Rauchsäulen stiegen weiß von drüben her,
Als schien's im Feld zu brennen.
Wir saßen Arm in Arm auf enger Bank
Und sah'n uns an, so unersättlich lang ...
Wie hast du das vergessen können?
Und abends standen wir am Wiesenrand;
Nach deinem Händchen
suchte meine Hand,
Die Lippen drauf zu pressen.
Ein Blick, ein Druck, ein hingestammelt Wort,
Ein leises "Du" ... wie klang das in uns fort ...
Wie hast du das vergessen können?
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Ludwig Jacobowski
(1868-1900)
Dämmerstunde
Ein Schaukelstuhl, um leise mich zu wiegen,
Dahinter ihre zierliche Gestalt,
Zwei Händchen,
die auf meinen Schultern liegen,
Als suchten die verwaisten festen Halt.
Allmählich werfen Schatten sich ins Zimmer,
Dann schüttet sie die rhythmische Gewalt
Schmerzlicher Lieder in den Abendschimmer,
Hinreißend, ohne Halt ...
So sitz ich oft bei ihr zur Dämmerstunde
Und bin beglückt, bezwungen und bewegt.
Dann schweigen wir und hören in der Runde
Nur unser Herz, das jetzt verdoppelt schlägt,
Und fühlen, wie in tiefstem Seelengrunde
Der Jubel keine Fessel mehr erträgt;
Und plötzlich hängt sie bebend mir am Munde,
Ganz wunderlich erregt.
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Ludwig Jacobowski
(1868-1900)
Am Fenster
Ich weiß wohl, daß sie nie mehr kommt,
Nie mehr die dunkelroten Vasen
Taufrisch mit Wiesenblumen schmückt,
Daß sie zu mir herunternicken
Und Küsse hauchen, blütenzart,
In denen deine Seele duftet ...
Ich weiß wohl, daß sie nie mehr kommt, -
Doch täglich, wenn die Dämmerung schleicht
Und grauen Staub in alle Ecken
Mit langgespitzten Fingern streut,
Täglich lehn' ich aus off'nem Fenster
Und hab' in meinem Blick den Weg,
Wo sonst dein Händchen
hochgewinkt ...
Der Schlächter streicht die weiße Schürze.
Die Milchfrau rundet sich so voll.
Der Schuster putzt die Ladenfenster,
Nimmt eine Prise sich und niest,
Daß wir sein Echo fangen können ...
So sah ich's oft, so seh ich's heut';
So werd' ich's morgen wiedersehen,
Lehn' ich durchs Fenster meine Stirn,
Tagtäglich mit gesenkten Wimpern.
Und weiß doch, daß sie nie mehr kommt,
Nie mehr kommt ...
_____
Ludwig Jacobowski
(1868-1900)
An ...
Daß dein Händchen
mit mir spielte,
Als ob's Kinderspielzeug hielte,
Heut' seh' ich's traurig ein! -
Was als Wonne in mir wühlte,
Was ich so als Segen fühlte, -
Wie konnt' das nicht Treue sein!
Erde möcht' ich auf mir haben,
Tiefer als die andern graben,
Weil ich meiner Seele Gaben
Weggab, um sie zu entweih'n.
_____
Wolf Graf von Kalckreuth
(1887-1906)
"Daß in jenen schönen
Tagen
Doris einst für mich geglüht."
Goethe
Unauslöschlich ist das Hoffen,
Wann der Blick der Liebe glänzt.
Plötzlich - was uns auch betroffen,
Steht der Weg zur Freude offen,
Die du kaum am Namen kennst.
Wann sich froh die Stärke findet,
Kühn das Ringen zu erneun,
Wann sich Herz und Arm verbindet,
Ist der lichte Strahl erblindet,
Und du stehst geknickt allein.
Ihrer dunklen Augen Süße,
Ihres Kleides lichter Saum,
Ihres Händchens
holde Grüße
Leuchten wie ein ferner Traum.
Und sie gab ein braunes Löckchen
Wie ihr Antlitz strahlend jung.
Und ein helles Blütenflöckchen,
Und ein Band von ihrem Röckchen
Scheidend zur Erinnerung,
Als die letzte Zeit entschwunden,
Schrieb sie flink mit zarter Hand:
Zum Gedenken an die Stunden,
Die so glücklich uns gefunden -
Ihre Doris Langelandt.
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Hermann Lingg
(1820-1905)
Dämmerstunde
Der Abend findet mich allein,
Allein bei dir nur in Gedanken,
Ich möcht' zu dir, möcht' bei dir sein,
Dein Händchen
halten, deinen schlanken
Geliebten Leib umspannen, jedes Wort
Und jeden Hauch von deinen Lippen saugen,
Und schau'n und schau'n in deine lieben Augen
In einem fort.
Denn etwas schmerzt mich tief, daß nie,
Im Schwarm der Menschen mir begegnet
Dein Blick in rascher Sympathie
Und still und insgeheim mich segnet.
"Hat dich auch nicht ein Wort von mir verletzt?"
Möcht' ich dich oft mit einem Blicke fragen,
Und oft möcht' ich zu deiner Seele sagen:
Wo bist du jetzt?
_____
Georg Neumark
(1621-1681)
Aus: Klaglied
6.
Ach wenn doch mir
Das wiederführ
Dein Händchen
nur zu küssen/
So wolt' ich das
Mit Thränennaß
Schon zu befeuchten wissen.
Dann wolt' ich gerne stille sein/
Und mich nicht so beklagen/
Weil dir ein Seuftzer meine Pein
Genugsam würde sagen.
Wie aber dieses mag geschehn/
Kan ich zur Zeit auch nicht ersehn.
_____
Georg Neumark
(1621-1681)
Aus: Loblied
4.
Deiner Wangen Liebesfelder
scheinen lauter Milch und Blut/
Deiner Lippen Zukkerhonig ziehet nach sich Hertz und Muht/
Kein weisser Schnee/ kein Helfenbein/
Kan deinen Händchen
gleicher sein.
_____
Robert Prutz
(1816-1872)
Eines ist, das mich verdrießt
Eines ist, das mich verdrießt,
Darf ich's Dir gestehen?
Daß ich muß so ungeküßt
In mein Bette gehen;
Daß kein Hauch von liebem Mund
Mich zu Nacht umschmeichelt,
Daß kein Händchen,
weich und rund,
In den Schlaf mich streichelt.
Alles will ich, alles gern
Dulden und ertragen,
Seh' ich nur der Liebe Stern
Durch das Dunkel tagen;
Flicht mir nur mit leiser Hand
Nach der Stürme Tosen,
Nach des Tages Sonnenbrand
Liebe ihre Rosen.
Schwebet ihr denn still und leis
Durch die Finsternisse,
Kühl wie Thau, wie Flammen heiß,
Ungeküßte Küsse!
Pochet an das Fenster sacht,
Wo die Liebste weilet,
Daß sie träumend, halb erwacht,
Eure Gluten theilet.
Zeigt im Spiegel alter Zeit
Ihr vergangne Stunden,
Wie sich hat in Lust und Leid
Herz zu Herz gefunden;
Aber laßt sie, ahnungsvoll,
Auch den Morgen spüren,
Der in ihre Arme soll
Mich noch einmal führen!
Ja, der Morgen dämmert schon,
Mit verlöschten Kerzen
Steigt die Nacht von ihrem Thron,
Und es tagt im Herzen;
Träge Stunden eilen sich
Nach der Götter Schlüssen,
Und bald lodern du und ich
Neu in neuen Küssen!
_____
Ernst Rauscher
(1834-1919)
Im Mondenschein
Erhebe nur dein Angesicht,
Laß' mich dein Auge schauen,
Entziehe deine Lippe nicht
Dem Kuß', du darfst dem Mondenlicht,
Dem schweigenden, vertrauen!
Wie, nickend in den Weg herein,
Die gold'nen Aehren grüßen!
O laß' uns wandeln querfeldein,
Und wandelnd mich dein
Händchen klein
Zu tausend Malen küssen!
Nur deiner Stimme Silberlaut
Ertönet in der Runde,
Die selig in dem Glanz' zerthaut,
Der dämmernd von den Bergen schaut
Auf diese Götterstunde.
O Balsamhauch der Sommernacht!
O Lispeln in den Bäumen!
Der Liebe Geister, haltet Wacht,
Daß keine unhold fremde Macht
Zerstöre süßes Träumen!
Doch, horch! die Uhr vom Schlosse ruft
Dich fort, geliebtes Leben!
Schlaf wohl! o dürft' ich wie der Duft
Der Lindenblüthe in der Luft
Um deinen Schlummer schweben!
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Karl Rick
(1815-1881)
Aus: Erste Liebe
1.
Sechzehn schuldlos reine Jahre,
Braunes Köpfchen - Seidenhaare,
Und ein Aug' so dunkeltief,
Als ob mein Schicksal in ihm schlief.
Auf dem Teint, dem fleckenlosen,
Die Geschichte zweier Rosen,
Um den Mund, so voll von Gott,
Hell zwei Streifchen Morgenroth.
Unter wellenvollem Beben
Strebt der Busen sich zu heben,
Den Natur dem Mädchen gibt,
Wenn's zum erstenmale liebt. -
Händchen,
fromm und rein erhalten,
Wie geschaffen, sich zu falten;
Ihre Stimme - Glockenspiel,
All' ihr Wesen - scheu und still!
Also ist das Gnadenbildniß,
Das in meines Lebens Wildniß
Steht, vom Sturme unversehrt,
Und zum Guten mich bekehrt.
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Friedrich Rückert
(1788-1866)
O du mein gar zu fleiß'ges Spinnenmädchen,
Im schönen selbst gesponnenen Gewändchen,
Die rührig mit dem Füßchen und dem
Händchen
Du sitzest Tag und Nacht am Spinnenrädchen.
Wieviel gesponnen hast du feine Fädchen,
Und ausgesponnen sie zu festen Bändchen;
O wieviel hast du angesponnen Ständchen
Am Thürchen oft und oft an Fensterlädchen.
O wieviel haben Betterchen und Bäschen
Verworrene Gespinste dir ins Häuschen
Getragen, mit umsponnen dich beim Tänzchen.
Dann hat sich oft aus Hälmchen und aus Gräschen
Entsponnen zwischen uns ein Hadersträußchen,
Doch oftmals auch gewebt ein Liebeskränzchen.
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Johann Gabriel Seidl
(1804-1875)
Schattengruß
Ich wall' im klaren Sonnenscheine:
Mein süßes Liebchen wallt vor mir;
Am Boden malt mit scharfen Raine
Der Schatten sich von mir und ihr.
Und vor zu ihren Bilde reichet
Mein Schatten, sich verlängernd, hin:
Sie stehet sich nicht um, und weichet; —
Wohl merkte sie, daß ich es bin!
Da regt sie still das weiche
Händchen;
Ihr Schatten regt zugleich die Hand:
Und ihrer Finger Schattenrändchen,
Sie suchen einen Schattenrand.
Da streck' ich ihr die Hand entgegen,
Das Mädchen scheint mich zu verstehn:
Und unsre Schattenhände legen
Wir in einander — ungesehn.
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Franz Stelzhamer
(1802-1874)
Aus: Liebseligkeit
III.
Ihr Auge leuchtet sonnig,
Dabei so bläulich traut;
Wie Bachgelispel wonnig
Erklingt der Rede Laut.
Und flüssig Gold umwallet
Ihr Antlitz reiches Haar;
Die Händchen
lustgeballet
Sind wie ein Rosenpaar.
Süßduftig ist Ihr Mündchen
Wie Erdbeerlein im Wald -
O, Stündchen, holdes Stündchen
Der Lese komme bald!
Ihr Leib ein Lilienstengel,
Der hoch und schwank sich hebt,
Weiß Gott, wie dieser Engel
Auf dieser Erde webt
. . . . !
Und denkt, der Engel
Mit süßem Erdbeermunde,
Der weilt und waltet
Mit mir im Herzensbunde;
Die Blumenweiche,
Goldlockenreiche,
Die wünscht und hoffet
Mit mir das Gleiche;
Ja, die so wonnig
Spricht und so sonnig
Blickt aus Blauäugelein,
O faßt es - die ist mein!
____
Friedrich Leopold Graf zu
Stolberg
(1750-1819)
An Jünglinge
Ihr fröhlichen Jünglinge höret
Den fröhlichen Jüngling! Er lehret
Euch glücklich und weise zu sein.
Heut ist mir im Herzen so helle!
Ich schöpfe die Freud' aus der Quelle
In altem Hungarischen Wein!
Auf wackre Gesellen, und tränket
Mit Freude die Seelen! Es kränket
Den höllischen Drachen das Glück.
Doch hütet euch, Brüder! Er lauschet,
Und wo sich ein Jüngling berauschet,
Da grinzt er mit schielendem Blick!
Oft führt er bei nächtlichen Fackeln
Die Reigen der Thoren; sie wackeln
Frolockend, und träumen nicht Harm.
Er führt sie im Taumel des Tanzes;
Noch duften die Blumen des Kranzes,
Schon hält sie die Lais im Arm.
Ich warne dich, flatternde Jugend:
Oft grenzet die Freude der Tugend
An giftiger Laster Genuß.
So schleichet, im freundlichen Schatten
Der Pappel, auf blühenden Matten,
Die Natter, und sticht dich in Fuß.
Drum merke dir, was ich dich lehre!
Auf daß dich der Feind nicht bethöre,
So suche dir heut noch ein Weib!
Statt länger zu flattern, erwähle
Ein Mädchen mit lieblicher Seele,
Und eben so lieblichem Leib!
Es halte sich jeder zur Schande,
Zu fliehn die holdseligen Bande,
Womit uns ein Weibchen umschlingt!
Sie führt uns am rosigen Bändchen,
Mit samtnen liebkosenden
Händchen,
Bis sie in den Himmel uns bringt!
O Wonne, sein Weibchen zu wiegen
In Armen der Liebe, zu liegen
Beim Weibchen in süssem Genuß!
Ich achte, mit neidenden Blicken
Und schmachtendem Geisterentzücken,
Umschweben die Engel den Kuß.
Ich hätt' euch noch vieles gelehret;
Das Mädchen hier hat mich gestöret;
Sie weckte den Trunknen dort auf.
Wart, Braune! Gleich wirst du ihm büssen!
Er straft dich mit duftenden Küssen.
Und hascht dich im wankenden Lauf!
_____
Frank Wedekind
(1864-1918)
Das Wüstenschiff
Bist schön wie eine Lilie;
Ich lieb dich, ich lieb dich.
Du bist aus guter Familie;
Ich liebe dich, ach so heiß!
Reich mir dein schlankes
Händchen,
Und von dem schmalen Gelenk
Lös ich das schneeweiße Bändchen
Mir ewig zum Gedenk.
Wie Sammet so weich,
Wie die Sonne so warm,
Wie der Mondenschein bleich
Ist dein zierlicher Arm.
Das Mieder züchtig verschlossen...
Nein, werd mir nicht bang,
Der Gefühle gewaltiger Drang
Hat sich schon stürmisch ergossen.
Nun nur noch einen zärtlichen Blick,
Dann kehr ich zurück
In mein reinliches Kämmerlein,
Schließe mich ein
Und denke dein
Am Fenster im Mondenschein. - Sela.
_____
Ernst Anton Zündt
(1819-1897)
An Mrtz
Il dit a la flamme:
Expire;
Il dit a la fleur:Palis
Victor Hugo
Verflüchtigt euch, ihr drängenden Gefühle,
Die ihr ein heitres Leben stört,
Das Herz verblendet und bethört,
Und nichts für Wahrheit, Alles nur im Spiele.
Wie darf ich oft die zarten
Händchen
drücken,
Im flücht'gen Scherze dargereicht,
Wenn durch das Herz die Sorge schleicht,
Ob sie in Wahrheit Andre nicht beglücken.
Den Küssen selbst, der Holden kühn entwendet,
Der wahrhaft höchste Reiz gebricht;
Denn, ach, sie fühlt im Herzen nicht,
Welch süße Lust ihr schöner Mund gespendet.
Ihr Händchen
pflückte mir Vergißmeinnichte -
Mit Rosen hab' ich sie vereint -
Doch was so schön im Bilde scheint,
Tritt nie ins Leben, spricht nur im Gedichte.
Mein armes Herz, so magst du denn verzagen,
Wenn Liebe dir nur Qualen schafft,
Der schönen Stunde Last entrafft,
Und keine Hoffnung bringt von bessern Tagen.
O wäre dir das Leben ausgesogen,
Stünd'st Du ein Fels im öden Meer;
Dann wärst du aller Wünsche leer,
Vergebens peitschte dich der Drang der Wogen!
_____
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