Wörtchen und Wörtlein

in der deutschen Liebeslyrik


Ausgewählte Gedichte deutscher Dichter und Dichterinnen


 




Stine Andresen
(1849-1927)


Liebesgruß

Es grüßen dich die Blümelein
Aus deiner Heimat Garten;
Sie wiegen ihre Köpfchen fein
Und können's nicht erwarten,
Mit ihren Farben bunt und frisch
Zu schmücken den Willkommentisch
Dir,
Liebchen!

Es grüßen dich die Vögelein,
Sie fliegen hin und wieder
Vor deinem Kammerfensterlein
Und üben süße Lieder
Sich ein zum festlichen Empfang;
Bald tönt ihr jubelnder Gesang
Dir,
Liebchen!

Es grüßen freundlich dich zumal
Die Herzen all, die treuen,
Die hier im lieben Heimatthal
Sich deiner Ankunft freuen.
Und eines, das in Glück und Not
Will angehören bis zum Tod
Dir,
Liebchen!
_____



August Apel
(1771-1816)


Liebchens Untreu

Ich liebte, da war mir das Leben so neu,
Die Welt war ein blühender Garten,
Und
Liebchen umfing mich so liebend und treu,
Konnte kaum, bis ich kam, erwarten.

Ich sah ihr ins Auge, das blickte so klar
Und so hell wie Karfunkelkrystallen;
Ach
Liebchen, ach sprich, ist's möglich, ist's wahr,
Kann ich immer allein dir gefallen?

Und sie lachte so froh und so innig zu mir,
Und sie hielt mich so traulich umfangen;
So
Liebchen, so fest häng' ich ewig an dir,
Mag nimmer nach Andern verlangen.

Wie war ich da froh, wie die Vögel im Wald!
Wie meint' ich mich sicher geborgen!
Doch Liebe, sie wechselt, sie wendet sich bald,
Und die Freude verkehrt sich in Sorgen.

Ich suche nun
Liebchen, und kann sie nicht sehn,
Bin allein mit dem leeren Verlangen,
Und sie läßt mich verlassen und einsam stehn,
Ist zu andrer Liebe gegangen.

Nun wird mir das Leben so todt und so schwer,
Und die Welt zum einsamen Grabe;
Was kann ich denn wünschen und hoffen mehr,
Wenn ich
Liebchens Liebe nicht habe!
_____



Ernst Moritz Arndt
(1769-1860)


Liebesgeflüster

Süß
Liebchen, doch schweige! das Süße, Süße flieht,
So blühet die Blume, wie Liebe flüchtig blüht,
Sie duftet am Morgen, am Abend ist sie todt.
Reich her mir dein Mündlein mit Küssen rosenroth.

Blüht Liebe wie Blumen - o lustig, lustig Bild!
So küsse die Lippe, die Liebe brünstig füllt.
Stirbt Liebe wie Blumen, daß Liebe traurig sei,
Die Blume, die welket, kommt wieder frisch im Mai.

Süß
Liebchen, die Liebe ist gleich dem Sonnenlicht,
Es locket so freundlich mit Rosenangesicht,
Dann schwellen die Knospen, die Blumen brechen aus,
Doch löscht eine Wolke die Tagesfackel aus.

Du Lieber, gleicht Liebe dem hellen Sonnenlicht,
So läßet die Sonne die Blumen nimmer nicht -
Die Wolke muß weichen, und frischer blüht die Welt:
Die Liebe läßt nimmer, was einmal ihr gefällt.

Süß
Liebchen, die Liebe ist gleich der dünnen Luft,
Du willst sie wohl fassen, und fassest leichten Duft,
Du willst sie wohl halten, wer hält die Winde fest?
Süß Liebchen, ich sterbe, wenn Liebe mich verläßt.

Du Lieber, wohl gleichet die Liebe dünner Luft,
Sie ist allenthalben und wallt wie Blumenduft,
Umschlinget, umfließet den Himmel wie die Au:
Das Leben der Liebe du findest nie genau.

Süß
Liebchen, dem Klange ist auch die Liebe gleich,
Sie lispelt in Tönen wie Engel wonnereich -
Was gleichet dem Girren der liebevollen Brust?
Ach! Klang ist vergänglich. Vergeht auch Liebeslust?

Wohl tönet im Klange die Liebe doppelt süß,
Im Klange, der Erden um Sonnen tanzen hieß,
Im Klange, der liebend aus mir verklingen wird,
Wann selig mein letztes Lebwohl die Zunge girrt.

Süß
Liebchen, im Feuer die Liebe flammend blüht,
Im mächtigen Feuer, das heiß zu dir mich zieht;
Ich fühl' es gewaltig, ich fühl' es freudenvoll,
Doch sprich, ob dies Feuer denn nie verlöschen soll?

Du Lieber, dies Feuer ist andrer, andrer Art
Als das, wodurch Troja zum Aschenhaufen ward.
Es lodert und brennet, und brennt sich nimmer satt.
O himmlische Flamme, wie selig, wer dich hat!

Süß
Liebchen, dem Wasser ist gleich die Liebe auch,
Es spielet so leidig und dampfet hin im Rauch,
Es kommt wohl so fröhlich und fließet wieder fort.
O Liebe, du süße! wo steht dein fester Ort?

Ihr fester Ort stehet im Wasser ewiglich,
Wie Wasser fließt, fließet mein Liebesstrom um dich,
Wie Wasser sich schwellet, mir schwillt das volle Herz
Zur Sonne der Liebe, zum Manne himmelwärts.

Süß
Liebchen, die Liebe ist unergründlich tief
Wie Wasser, worin wohl manch schlimmes Scheusal schlief.
Wie kühn ist der Steiger, der steigt in solchen Grund?
Wohnt immer im Herzen, was spricht der schöne Mund?

Wohl braust unergründlich das tiefe, tiefe Meer,
Wohl fließet es immer, wird nimmer doch nicht leer.
So schöpfest du nimmer des Herzens Tiefen aus:
Die Tiefe der Liebe sie schwillet überaus.

O liebliches
Liebchen!  wie tröstest, Süße, mich!
Kommt, Flammen der Liebe, begrabet selig mich!
Kommt, Fluthen des Wassers, das nimmer, nie verrinnt!
O Wonne! die also die tiefste Tiefe findt!
_____



Rudolf Baumbach
(1840-1905)


Wo der Weg zum
Liebchen geht

Wo der Weg zum
Liebchen geht,
Liegt ein alt Gemäuer,
Wenn der Mond am höchsten steht,
Ist's dort nicht geheuer.
Waldfrau sitzt auf einem Stein,
Nickt in stiller Trauer.
Kalt wie Eis durch Mark und Bein
Rieselt mir der Schauer.
Bis zum ersten Hahnenschrei
Trägt sich zu so mancherlei,
Stille!

Weiter geht's. An See und Moor
Flüstern Schilf und Binsen,
Nixenfräulein steigt empor
Aus den Wasserlinsen,
Will mit ihrer Glieder Reis
Halten mich und bannen,
Doch ich schlage stumm ein Kreuz,
Fahre schnell von dannen.
Bis zum ersten Hahnenschrei
Trägt sich zu so mancherlei,
Stille!

Weh' es kommt der wilde Tross,
Kommt die Jagd die tolle
Und voraus auf schwarzem Ross
Lichtumstrahlt Frau Holle.
Schau' mich nicht so glühend an,
Lockst mich nicht zur Minne,
Lenkst mich nicht aus meiner Bahn,
Schöne Teufelinne!
Bis zum ersten Hahnenschrei
Trägt sich zu so mancherlei,
Stille!

Sicher vor dem Geisterschwarm
Sitz' ich hier im Stübchen,
Schlinge meinen linken Arm
Um mein plaudernd
Liebchen.
Dass ich Spul und Höllenkunst
Siegreich abgeschlagen,
Wird von meiner Holden Gunst
Süssen Lohn mir tragen.
Bis zum ersten Hahnenschrei
Trägt sich zu so mancherlei,
Stille!
_____



Constantin Julius Becker
(1811-1859)


Der Liebesbrief

Wollt' einmal dem
Liebchen schreiben,
Hatte gleich kein Briefpapier.
Dacht' ich: gut! - da läßt du's bleiben -
Gehst gleich lieber selbst zu ihr!

So groß war meine Eile,
Daß ich selbst als Liebesbrief
Manche liebe lange Meile
Nach dem fernen
Liebchen lief.

Und sie las den Brief geschwinde,
Küßt' und herzt' ihn tausendmal!
Doch ich gab dem holden Kinde
Küsse wieder ohne Zahl.
_____



Adolf Bekk
(1831-1906)


Lebwohl dem
Liebchen

Lebwohl, lebwohl! es schlug die Stund',
Wo wir uns müssen Mund vom Mund
Und Herz vom Herzen kehren -
Laß rasch den Kelch uns leeren.

Wenn ich jetzt läg' im Sarge todt,
Du weintest Dir die Augen roth,
Zehn Tag und Einen drüber,
Dann wär' Dein Leid vorüber.

So denk', daß ich gestorben sei
Und gingst an meinem Grab vorbei,
Drauf stünde hell geschrieben:
Ich werde Dich immer lieben.

Und wenn Dich oft in Nächten still
Mein Angedenken ängsten will
Und tritt vor Deine Sinnen -
Was sollst Du dann beginnen?

Für meinen Geist, Du frommes Kind,
Der nirgend Rast und Ruhe find't,
Sollst Du, ich werd' es brauchen,
Ein Stoßgebetlein hauchen.
_____



Ludwig Bowitsch
(1818-1881)


Liebchen

Ich hatt' einmahl ein
Liebchen,
So freundlich und sanft zugleich;
Wie blickt ich so froh zu den Sternen,
Wie glücklich war ich und reich!

Mir war's, als grüßten die Eichen
Mich oft beim nächtlichen Gang!
Als schauten die Blümchen zur Erden
Bey Liebchens holdem Gesang!

Und Stunden und Tage zerrannen
So flüchtig, wir fühlten sie kaum:
Wir knüpften nur immer und wieder
An Träume den fröhlichen Traum!

Lieb
Liebchen ist nun geschieden,
Ruht unter den Blumen tief:
Und all' meines Lebens Freude
Und Wonne mit ihr entschlief!

Hatt' Alles, Alles errungen,
War Leben und Liebe mein:
Hab' Alles, Alles verloren,
Kann nie mehr glücklich seyn!

Muß weinen viel bittere Thränen,
Holdliebchen um Dich und mich:
Der Aermste unter den Armen
Ist nicht so arm wie ich.

Nun geh' ich zu ihrem Grabe
Wohl oft - o täglich hin!
Wie flüstern die Eichen so schaurig,
Wie trauert das Wiesengrün!

Kehrst ewig nimmer mein
Liebchen,
Bin einsam nun in der Welt:
Wirst nie mich wieder umarmen,
Nicht fragen, was mich quält!

Warst gar ein liebliches Bräutchen,
Mir Blumen so roth und weiß!
Nur einen Kuß von den Lippen,
So glühend und so heiß!

Ach nimmer! Du schlummerst so stille,
So friedlich für und für!
Komm' eher zu Dir wohl hinunter,
Als Du herauf zu mir!
_____



Ludwig Bowitsch
(1818-1881)


Meine Braut

Ich hab' ein herzinniges
Liebchen,
Das ist mir gar so gut!
Das lächelt so hold und freundlich
Wie Abendsonnengluth!

Gar oft in stillen Nächten,
Bey flimmernden Mondenschein,
Da schließt
Feinliebchens Zauber
Um mich gar lichte Reih'n!

Wie bin ich so froh, so selig,
So wunderreich in ihr:
Wohin ich wandle und gehe,
Lieb
Liebchen ist bey mir!

Gleich prangenden Purpurrosen
Die weichen Lippen sind!
Im Auge funkelt die Seele
Ein lichtes Götterkind!

Die Lieder, o wie die Lieder
In Wollust eingetaucht!
Als hätt' eine himmlische Hebe
Ihr luftiges Leben verhaucht!

O wie die vergötterte Huldinn
So einzig mir getreu:
Wohl and're die schauen nach andern,
Die mein' ist fehlersfrey.

D'rob bin ich so froh, so selig,
So reich in meiner Wahl:
Nur Schade, ewig Schade,
Es ist ein Ideal!

_____




Helene Branco (Ps. Dilia Helena)
(1816-1894)


Liebchens Haus

Dort wo die hohen Bäume stehen,
Um jenen freundlich grünen Platz,
Seht ihr ein kleines Häuschen stehen?
Das birget mir des Herzens Schatz!

Und stets mit süßem Weh und Bangen
Ich schau beim Morgensonnenschein
Hinauf mit sehnendem Verlangen
Zum grünumlaubten Fensterlein.

Wenn dann ihr Spiel die Elfen treiben
Im Dämmer zieht's mich wieder fort,
Ich kann nicht rasten, kann nicht bleiben,
Ich muß zu jenem Zauberort.

Und flimmen nun die hellen Sterne,
Dann sitz' ich unterm Blüthenbaum,
Und schöpf' aus tiefer Brust so gerne
Mir eines stillen Glückes Traum.

Ach, Ruhe kann ich nimmer finden,
Denn ewig lockt es mich hinaus,
Ob Monde kommen, Monde schwinden,
Zu schauen jenes stille Haus.
_____



Gottfried August Bürger
(1747-1794)


Lied

Könnt' ich mein
Liebchen kaufen
Für Gold und Edelstein
Und hätte große Haufen,
Die sollten mich nicht reun.
Schön Ding zwar ist's mit Golde;
Wohl dem, der's haben kann!
Doch ohne sie, die holde,
Was Frohes hätt' ich dran?

Ja, wenn ich der Regente
Von ganz Europa wär'
Und
Liebchen kaufen könnte,
So gäb' ich alles her.
Vor Städten, Schlössern, Thronen
Und mancher fetten Flur,
Wählt' ich, mit ihr zu wohnen,
Ein Hütt- und Gärtchen nur.

Mein liebes Leben enden
Darf nur der Herr der Welt.
Doch dürft' ich es verspenden,
So wie mein Gut und Geld:
Dann gäb' ich gern, ich schwöre!
Für jeden Tag ein Jahr,
Da sie mein eigen wäre,
Mein eigen ganz und gar!
_____



Gottfried August Bürger
(1747-1794)


Lust am
Liebchen

Wie selig, wer sein
Liebchen hat,
Wie selig lebt der Mann!
In Friedrichs oder Ludwigs Stadt
Ist keiner besser dran.

Er achtet's nicht, was Hof und Stadt
Dafür ihm bieten kann;
Und wenn er keinen Kreuzer hat,
Dünkt er sich Krösus dann.

Die Welt mag laufen oder stehn,
Mag rollen um und um;
Und alles auf dem Kopfe gehn!
Was kümmert er sich drum?

Hui! ist sein Wort zu Strom und Wind,
Wer macht aus euch sich was?
Nichts mehr als wehen kann der Wind,
Und Regen macht nur naß.

Gramm Sorg' und Grille sind ihm Spott;
Er fühlt sich frei und froh;
Und kräht, vergnügt in seinem Gott,
In dulci Jubilo.

Durch seine Adern kreiset frisch
Und ungehemmt sein Blut.
Gesunder ist er wie ein Fisch
In seiner klaren Flut.

Ihm schmeckt sein Mahl; er schlummert süß,
Bei federleichtem Sinn,
Und träumt sich in ein Paradies
Mit seiner Eva hin.

In Götterfreuden schwimmt der Mann,
Die kein Gedanke mißt,
Der singen oder sagen kann,
Daß ihn sein
Liebchen küßt.

Doch ach! was sing' ich in den Wind
Und habe selber keins?
O Evchen, Evchen, komm geschwind,
O komm und werde meins!
_____



Peter Cornelius
(1824-1874)


Ihre ganze volle Seele

Ihre ganze volle Seele
Senkte
Liebchen in mein Herz,
Aber daß ich anderwärts
Nichts davon erzähle,
Hat sie mir mit einem Kuß
Fest den Mund versiegelt,
Mir das Herz verriegelt,
Daß ich selig schweigen muß.
_____



Max Dauthendey
(1867-1918)


Heut abend

Droben am Berglein im Kirschenland
Heut abend ich mit meinem
Vielliebchen stand,
Wo sie manch Schlüsselblümlein fand.
Sie winkte an des Bergleins Rand
Den Wolken zu mit glücklicher Hand.
Frau Venus trat aus der Himmelswand
Aufleuchtend, weil sie zwei Selige fand.
_____



Demeter Dudumi
(um 1856)


Ich blickte zum blauen Himmel
Bei sternenheller Nacht,
Und frug mich selber leise:
"Was wol mein
Liebchen macht?"

D'rauf pflog ich sanft die Ruhe,
Fing hold zu träumen an,
Da streifte ein Kuß mich im Traume -
"Das hat mein
Liebchen gethan!"
_____



Joseph Freiherr von Eichendorff
(1788-1857)

Der Glückliche

Ich hab' ein
Liebchen lieb recht von Herzen.
Hellfrische Augen hat's wie zwei Kerzen,
Und wo sie spielend streifen das Feld,
Ach wie so lustig glänzet die Welt!

Wie in der Waldnacht zwischen den Schlüften
Plötzlich die Täler sonnig sich klüften,
Funkeln die Ströme, rauscht himmelwärts
Blühende Wildnis - so ist mein Herz!

Wie vom Gebirge in's Meer zu schauen,
Wie wenn der Seefalk, hangend im Blauen,
Zuruft der dämmernden Erd', wo sie blieb? -
So unermeßlich ist rechte Lieb'!
_____



Theodor Fontane
(1819-1898)


Veränderungshalber!

»Es geht nicht mehr im fremden Lande,
Die Welt birgt nur ein Paradies,
Das liegt daheim am Meeresstrande,
Wo ich mein trautes Liebchen ließ.

Ich kann das Herz nicht länger zügeln
Und nicht regieren meinen Sinn,
So eil' ich denn auf Liebesflügeln
Zu ihr, der Heißgeliebten, hin.«

Bald zog ich jubelnd auch von dannen,
Durch Fluren und durch Wälder hin,
Mein Herz verhöhnte selbst die Tannen
In ihrem ewgen Hoffnungsgrün.

Und endlich kehrt' ich heim ins Städtchen
Erblickte meines
Liebchens Haus;
»Bald bin ich dein, mein herzig Mädchen,
Und ruh' in deinen Armen aus!« -

Da stand ich nun in ihrem Stübchen
Nach einem langen, langen Jahr,
Da sah ich nun das schöne
Liebchen
So wunderschön, wie sonst sie war.

Es glühte noch der Augen Feuer,
Es glänzte noch das schwarze Haar,
Noch schien ich ihrem Herzen teuer
Und alles so, wie's früher war.

Das
Liebchen vor und nach der Reise,
Sie glichen sich bis auf ein Haar,
Nur daß sie jetzt zufäll'gerweise
Die Braut von einem andern war.

Sonst wär' auch alles mir geblieben,
Drum ward, woran mein Herz geglaubt,
Und all sein Hoffen, all sein Lieben
Verändrungshalber mir geraubt.
_____



Ludwig Fulda
(1862-1939)


Fragen

Liebchen, willst du mit mir fliehen
In die weite blaue Welt,
Nach den goldnen Küsten ziehen,
Wo der Frühling Tafel hält,
Wo das Glück, das schwelgerische,
Seine süße Zauberei
Ausgelegt auf buntem Tische -
Alles, alles für uns zwei?

Liebchen, willst du mit mir wandern
Aus der Fremde heimatwärts,
Treulich einen Arm im andern
Und gekettet Herz an Herz,
Daß vom irdischen Gefilde
Sich zum Himmel kühn und frei
Eine Silberbrücke bilde -
Alles, alles für uns zwei?

Liebchen, willst du mit mir wohnen
Unter traut bescheidnem Dach,
Nur belauscht von Buchenkronen
Und vom kecken Murmelbach,
Wo vor Menschenhast geborgen,
Vor des Werktags Einerlei
Feiertäglich jeder Morgen -
Alles, alles für uns zwei?

Liebchen, willst du mit mir leben
Und mit nimmermüder Glut
Meiner Seele hingegeben
Teilen mein geheimstes Gut?
Dann aus meinem sonnenhellen
Herzen, dem die Not entwich,
Soll ein Strom von Liedern quellen -
Alles, alles nur für dich.
_____



Emanuel Geibel
(1815-1884)


Viel tausend, tausend Küsse gieb
Süß
Liebchen, mir beim Scheiden!
Viel tausend Küsse, süßes Lieb,
Geb' ich zurück mit Freuden.

Was ist die Welt doch gar ohn' End'
Mit ihren Bergen und Meeren,
Daß sie zwei treue Herzen trennt,
Die gut beisammen wären!

Ich wollt', ich wär' ein Vögelein,
Da flög' ich hoch im Winde
Alle Nacht, alle Nacht im Mondenschein
Zu meinem blonden Kinde.

Und fänd' ich sie betrübt zum Tod,
Da wollt' ich mit ihr klagen;
Doch fänd' ich mein Röslein frisch und roth,
Wie wollt' ich jauchzen und schlagen!

Wie wollt' ich mit dem süßen Schall
Die stille Nacht durchklingen!
Im Busch, im Busch die Nachtigall
Sollte nicht besser singen.

O tausend, tausend Küsse gieb,
Süß
Liebchen mir beim Scheiden!
Viel tausend Küsse, süßes Lieb,
Geb' ich zurück mit Freuden.
_____



Carl Geisheim
(1784-1847)


Herzliebchen

Herzliebchen ist gar schön und hold,
Ist's mir nur eben gut;
Macht mir der Zeiten Blei zu Gold,
Wenn hübsch es zu mir thut.

Herzliebchen aber manchen Tag
Ist auch gar wunderlich,
Da es mich gar nicht küssen mag,
Und sich nicht härmt um mich.

Dann stimmt auch mir kein Takt und Ton,
Grimm treibt mich hin und her;
Wär' auch davon gelaufen schon,
Wenn's nicht
Herzliebchen wär'.
_____



Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)


Hätt ich irgend wohl Bedenken,
Balch, Bochara, Samarkand,
Süßes
Liebchen, dir zu schenken,
Dieser Städte Rausch und Tand?

Aber frag einmal den Kaiser,
Ob er dir die Städte gibt?
Er ist herrlicher und weiser;
Doch er weiß nicht, wie man liebt.

Herrscher, zu dergleichen Gaben
Nimmermehr bestimmst du dich!
Solch ein Mädchen muß man haben
Und ein Bettler sein wie ich.
_____



Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)


Ists möglich, daß ich, Liebchen, dich kose,
Vernehme der göttlichen Stimme Schall!
Unmöglich scheint immer die Rose,
Unbegreiflich die Nachtigall.
_____



Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)


Komm,
Liebchen, komm! umwinde mir die Mütze!
Aus deiner Hand nur ist der Tulbend schön.
Hat Abbas doch, auf Irans höchstem Sitze,
Sein Haupt nicht zierlicher umwinden sehn!

Ein Tulbend war das Band, das Alexandern
In Schleifen schön vom Haupte fiel
Und allen Folgeherrschern, jenen andern,
Als Königszierde wohlgefiel.

Ein Tulbend ists, der unsern Kaiser schmücket;
Sie nennens Krone. Name geht wohl hin!
Juwel und Perle! sei das Aug entzücket!
Der schönste Schmuck ist stets der Musselin.

Und diesen hier, ganz rein und silberstreifig,
Umwinde,
Liebchen, um die Stirn umher.
Was ist denn Hoheit? Mir ist sie geläufig!
Du schaust mich an, ich bin so groß als Er.
_____



Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)


Geheimnis

Über meines
Liebchens Äugeln
Stehn verwundert alle Leute;
Ich, der Wissende, dagegen
Weiß recht gut, was das bedeute.

Denn es heißt: ich liebe diesen,
Und nicht etwa den und jenen.
Lasset nur, ihr guten Leute,
Euer Wundern, euer Sehnen!

Ja, mit ungeheuren Mächten
Blicket sie wohl in die Runde;
Doch sie sucht nur zu verkünden
Ihm die nächste süße Stunde. (
_____



Martin Greif
(1839-1911)


Schnee-Lenore

Es klingeln und schweben
Die Schlitten durchs Tor,
Das lustbare Leben
Lockt alle hervor.
Feldwärts allein
Im Kämmerlein
In Zöllners Haus
Schönliebchen schaut zum Fenster hinaus.

Sie starret und harret
Des Grafen so lang,
Sie harret und starret,
Es wird ihr so bang.
Er wollt' sie führen
Nach vielen Schwüren
Zum Tanz aufs Schloß -
Schönliebchen erblickt sein schwarzes Roß:

"Wie herrlich der Berber,
Der Schlitten wie blank,
Und drinnen der Werber,
Der macht mir's zu Dank!
Des armen Knaben,
Der mich wollt' haben,
Ich spotte sein."
Schönliebchen den Grafen läßt herein.

"Du hast mich erlesen
Und kommst doch so spät,
Dein himmlisches Wesen
Mein Herz nicht errät.
Zur Nachtzeit immer,
Bei Tage nimmer
Fährst du daher."
""
Schönliebchen, ich eilte wahrlich sehr!""

Im farbigen Schlitten
Mit Blumen bemalt,
Sie kommen geglitten,
Es glitzert und strahlt.
Im Winterkleide
Liegt weiß die Heide,
In Freiers Arm
Schönliebchen in Muff und Zobel warm.

Und bald auf der Reise
Aus finsterer Höh'
Umwirbelt sie leise
Ein eisiger Schnee.
Er bleibt ihr stocken
In allen Locken
Und schwillt daran.
""
Schönliebchen, was schaust du mich so an?""

Wie altert der Puder
Das Dämchen so jung,
Ihr Köpfchen belud er
Mit Flocken genung.
Ein flinker Weber,
Das Schneegestöber,
Umwebt galant
Schönliebchen mit Spitzen aus Brabant.

Sie fliegen und sausen
Die Heide dahin,
Sie siehet mit Grausen
Die Wälder entfliehn -
Und Brücken über
Und Seen hinüber
Geht es im Sturm.
""
Schönliebchen, dort steigt schon des Schlosses Turm.""

Und mehr sie verstecket
Die schaudernde Hand,
Das Mondlicht bedecket
Ihr fliegend Gewand.
Ihr Mantel schimmert,
Ihr Häubchen flimmert,
Schneeweiß, steinalt,
Schönliebchen im Pelze wird so kalt.

Es nicken und blitzen
Die Weiden herauf,
Sie haben auch Mützen
Und Spitzen darauf.
Sie drehen sich stille
In weißem Tülle
Und tanzen fein.
""
Schönliebchen, nun seh' ich Kerzenschein.""

Da sind schon die Dächer
Voll flockigem Tuff,
Sie fährt mit dem Fächer
Heraus aus dem Muff.
""So jung an Jahren
Mit schneeweißen Haaren,
Hörst du zumal,
Schönliebchen, die Geigen nah im Saal?""

Sie steigt aus dem Schlitten
Und schüttelt sich leis -
Da stand sie inmitten
Von Gräbern so weiß.
Im Kirchhof waren
Sie vorgefahren -
Altmütterlein,
Schönliebchen, wer war der Freier dein? -

Zween Wandrer trafen
Das Mütterlein alt,
Da hat es geschlafen
Am Boden so kalt.
Ihr Land sie nannte,
Die Gegend kannte
Im Schloß man kaum -
Altmütterlein war es wie ein Traum.

Ein jedes sie scheute,
Man fuhr sie nach Haus,
Da zogen die Leute
Zum Frühling hinaus,
Kein Zöllner kannte,
Die man ihm nannte,
Als Tochter sein: -
Altmütterlein schlief auf ewig ein.
_____



Heinrich Heine
(1797-1856)


Auf Flügeln des Gesanges,
Herzliebchen, trag ich dich fort,
Fort nach den Fluren des Ganges,
Dort weiß ich den schönsten Ort.

Dort liegt ein rotblühender Garten
Im stillen Mondenschein;
Die Lotosblumen erwarten
Ihr trautes Schwesterlein.

Die Veilchen kichern und kosen,
Und schaun nach den Sternen empor;
Heimlich erzählen die Rosen
Sich duftende Märchen ins Ohr.

Es hüpfen herbei und lauschen
Die frommen, klugen Gazelln;
Und in der Ferne rauschen
Des heiligen Stromes Welln.

Dort wollen wir niedersinken
Unter dem Palmenbaum,
Und Liebe und Ruhe trinken,
Und träumen seligen Traum.
_____



Otto Leonhard Heubner
(1812-1893)


Vielliebchen

Wie heißt der Strahl von Oben,
Der rings das All durchglüht?
Der Knosp' an Knospe bindet,
Der Herz zum Herzen zieht?

Die Lieb' ist's, die die Wesen
Fest an einander hält,
Und in der Liebe nahet
Der Schöpfer seiner Welt.

Wo zwei sich eng verbinden,
Spricht man von Liebe auch;
So ist's bei großen Dingen,
Wie bei den kleinen Brauch.

Und ruht in einer Schaale
Gepaaret Kern an Kern,
So nennen wir's
Vielliebchen
Und suchen's, finden's gern.

Und wär denn das: "
Vielliebchen"
Und weiter nichts, als das?
Nein, nein! Man mag nur sinnen,
Und es ist dies und das.

Ist auch die zarte Brücke,
Die jedes Erdenkind
Sich mit geheimen Fäden
Zum Glück hinüberspinnt.

Bald ist's des Ruhmes Palme,
Bald Wissen oder Kunst,
Bald ist's die laute Freude
Und bald ein blauer Dunst.

Dem ist's ein wonnig Sehnen,
Dem ist's die süße Braut,
Und dem der Heerd des Hauses
Und Weib und Kinder traut.

Dem Christ ist's jeder Bruder,
Den Gott ihm nahgestellt.
Vielliebchen, heißt die Losung
Vielliebchen alle Welt.

Wohl dem, den sein
Vielliebchen
Mit solchem Geist durchweht,
Daß er die große Losung:
Für alle Welt! versteht.
_____



Edmund Hoefer
(1819-1882)


Fröhliche Fahrt

O glücklich wer zum
Liebchen zieht
In blaue Fern' hinein,
Da tanzt der Schritt, da klingt das Lied,
Da blizt der Sonnenschein.
Es sagt kein Wort, es singt kein Lied
Das Glück so frisch und rein:
O glücklich wer zum
Liebchen zieht
In blaue Fern' hinein!

Hinaus hinaus mit Sing und Sang',
Hinein ins Blau, ins Blau!
Der Tag mit klarem Fittig sank
Auf Wald und Busch und Au.
Was zaghaft dir das Herz umschlingt,
Wirf's ab du altes Haus,
Und zieh noch einmal lustbeschwingt
Zur Ferne froh hinaus.

Und wie du gehst, es grünt und schlingt
Sich üpp'ger stets empor,
Aus Flur und Wald da ringt und dringt
Ein Blüthenmeer hervor.
Es geht zu ihr, zu ihr hinaus!
Verstehst du's auch Gesell?
O putz' dir Herz und Augen aus
Und blicke sonnenhell!

Und weiter, immer weiter geht's
Zu ihr, zu ihr hinaus,
Bei ihr da hält der Frühling stets
Mit hellem Jubel Haus.
Es tanzt der Schritt, es klingt das Lied,
Es blizt der Sonnenschein:
O glücklich wer zum
Liebchen zieht
In blaue Fern' hinein!
_____



Ricarda Huch
(1864-1947)


Daß ich dich liebe,
Erzürnt Gott den Herrn;
Doch ach, dein
Liebchen,
Wär' ich so gern.

Wüßten die Engel,
Was du mir bist,
Würden sie flehen
Für mich zum Herrn Christ.

Wenn ich nun tot bin,
Du weinst nicht um mich;
Im Paradiese
Da wart' ich auf dich.
_____



Johann Georg Jacobi
(1740-1814)


An Chloen

Bey der Liebe reinsten Flammen,
Glänzt das arme Hütten-Dach:
Liebchen! ewig nun beysammen!
Liebchen! schlafend oder wach!

Süßes, zärtliches Umfangen,
Wenn der Tag am Himmel graut:
Heimlich klopfendes Verlangen,
Wenn der Abend niederthaut!

Wonne dort auf allen Hügeln,
Wenn' im Thal, und Jubel hier!
Volle Freyheit, zu verriegeln
Unsre kleine Hütten-Thür!

Lobgesang in Finsternissen,
Wo kein Neider sich versteckt;
Wo nicht mehr, indem wir küssen,
Jedes Lüftchen uns erschreckt!

Und wir theilen alle Freuden,
Sonn' und Mond und Sternen-Glanz;
Allen Segen, alles Leiden,
Arbeit und Gebeth und Tanz.

 So, bey reiner Liebe Flammen,
Endet sich der schöne Lauf;
Ruhig schweben wir zusammen,
Liebchen! Liebchen! Himmel auf.
_____



Justinus Kerner
(1786-1862)


Abschied

Geh' ich einsam durch die schwarzen Gassen,
Schweigt die Stadt, als wär' sie unbewohnt,
Aus der Ferne rauschen nur die Wasser,
Und am Himmel zieht der bleiche Mond.

Bleib' ich lang vor jenem Hause stehen,
Drin das liebe, liebe
Liebchen wohnt,
Weiß nicht, daß sein Treuer ferne ziehet,
Stumm und harmvoll, wie der bleiche Mond.

Breit' ich lange sehnend meine Arme
Nach dem lieben, lieben
Liebchen aus,
Und nun sprech' ich: »Lebet wohl, ihr Gassen!
Lebe wohl, du stilles, stilles Haus!

Und du Kämmerlein im Haus dort oben,
Nach dem oft das warme Herze schwoll,
Und du Fensterlein, draus
Liebchen schaute,
Und du Türe, draus sie ging, leb' wohl!«

Geh' ich bang nun nach den alten Mauern,
Schauend rückwärts oft mit nassem Blick,
Schließt der Wächter hinter mir die Tore,
Weiß nicht, daß mein Herze noch zurück.
_____



Theodor Körner
(1791-1813)


Liebeständelei

Süßes
Liebchen, komm zu mir!
Tausend Küsse geb' ich dir.
Sieh mich hier zu deinen Füßen.
Mädchen, deiner Lippen Glut
Gibt mir Kraft und Lebensmut.
Laß dich küssen!

Mädchen, werde doch nicht rot!
Wenn's die Mutter auch verbot -
Sollst du alle Freuden missen?
Nur an des Geliebten Brust
Blüht des Lebens schönste Lust -
Laß dich küssen!

Liebchen, warum zierst du dich?
Höre doch und küsse mich!
Willst du nichts von Liebe wissen?
Wogt dir nicht dein kleines Herz
Bald in Freuden, bald in Schmerz?
Laß dich küssen!

Sieh, dein Sträuben hilft dir nicht!
Schon hab' ich nach Sängers Pflicht
Dir den ersten Kuß entrissen.
Und nun sinkst du liebewarm
Willig selbst in meinen Arm,
Laß dich küssen!
_____



Amalie Krafft
(1778-1852)


Liebchen

Liebchen, wie bist Du so kalt!
Fühle der Flammen Gewalt,
Die brennend das Herz mir verzehren;
Nicht kann ich die Gluthen erwehren,
Die fassen mich mit Gewalt.
Liebchen, wie bist Du so kalt!

Liebchen, wie bist Du so schön!
Hätt' ich Dich nimmer geseh'n,
So wären noch froh meine Stunden,
Nie wäre der Friede entschwunden.
O hätt' ich Dich nie geseh'n!
Liebchen, wie bist Du so schön!

Liebchen, wie bist Du so hold!
Du bist mir höher als Gold:
Was wär' mir wohl Schätze und Kronen?
Bei Dir im Hüttchen zu wohnen,
Das wär' mir lieber als Gold.
Liebchen, wie bist Du so hold!

Liebchen, wie schön ist Dein Haar,
Schwarz wie die Nacht nur je war!
Aus Deinen stets freundlichen Blicken
Strahlst hold mir des Himmels Entzücken.
Schwarz, wie die Nacht nur je war,
Liebchen, sind Augen und Haar!

Liebchen! wie schön ist Dein Mund,
Gefüllt von Perlen so rund!
O dürft' ich nur immer Dich küssen!
Nie würd' ich den Himmel vermissen.
Gefüllt von Perlen so rund,
Liebchen, wie schön ist Dein Mund!

Liebchen! o theile den Schmerz,
Der heiß durchglühet mein Herz.
Kann ich Deine Gunst nicht erwerben,
Kann nimmer ich leben - muß sterben,
Denn heiß durchglühet mein Herz,
Liebchen, ein brennender Schmerz.
_____



August Friedrich Ernst Langbein
(1757-1835)


Die Ungenannte

Wie schön ist, die ich kenne,
Die ich mein
Liebchen nenne!
Sie wuchs, wie Reben, schlank empor,
Ihr Aug' ist blau, wie Veilchenblätter,
Und einen Thron für Liebesgötter
Umhüllt des Busens Silberflor.

Wie gut ist, die ich kenne,
Die ich mein
Liebchen nenne!
Mit Taubenhuld hält an mir fest
In Freud' und Leid das fromme Mädchen.
Sein treues Herz gleicht keinem Rädchen,
Das sich von Jedem wenden läßt.

Ihr fragt mich: Wen ich kenne?
Wen ich mein
Liebchen nenne?
Verzeiht mir, das verrath' ich nicht!
Geheime Liebe fordert Schweigen,
Und Edelsinn ist dem nicht eigen,
Der laut und prahlend davon spricht.
_____



Gottlieb Leon
(1757-1830)

Frauenholds Lenzlied an's
Liebchen
Bey der Sendung eines Veilchenstraußes,
da es den ersten May besang

Dieses Sträußchen hier
Lohne,
Liebchen, dir!
Laß am Fest des Lenzen
Es dein Hütchen kränzen;
Und sey für den Sold
Deinem Minner hold.

Ach, dein Liedchen klang
Süß, wie Amselsang,
Wenn im Schein des Mayen
Sich die Blümlein neuen,
Und die Jahrszeit grünt,
Und sich alles minnt.

Liebchen, wohl ein Jahr
Bin ich freudenbar:
Seit die Anger grünen,
Muß ich soldlos dienen,
Ach, dein Mündlein beut
Mir nicht Mayenzeit.

Kußlich Mündelein,
Wollst mich bald erfreun!
Bring die Zeit der Rosen
Durch dein süsses Kosen:
Dann sing' ich zum Preis
Auch nach Amselweis.
_____



Hermann Marggraff
(1809-1864)


Liebesleben

Lustverein! Lustverein!
Liebchens Aug' und Sonnenschein!
Strahlenfluthen,
Lichte Gluthen
Durch den Hain!

Durch den Hain wallt allein
Liebchen hold und wunderfein;
Möchte gerne,
Stern der Sterne,
Bei dir sein.

Liebesmacht, Sehnsuchtsmacht
Harret auf des Mondes Pracht;
Denn die Liebe
Liebt die trübe
Mondscheinnacht!

Lustverein! Lustverein!
Liebchens Aug' und Mondenschein!
Dämmernd Weben
Liebesleben
Tief im Hain!
_____



Friedrich Konrad Müller von der Werra
(1823-1881)


Scheidegruß
Heidelberg, 1847. Tonsatz von Schnyder von Wartensee

Leb' wohl mein
Liebchen,
Da ich nun scheiden muß!
O winke freundlich
Mir zu noch süßen Gruß!
Lebe wohl, lebe wohl!
Noch einen Kuß!

Leb' wohl, mein
Liebchen,
Dein denk' ich innig gern!
Sei drum nicht traurig,
Bin ich von dir auch fern!
Lebe wohl, lebe wohl!
Mein treuer Stern!

Leb' wohl, mein
Liebchen,
Quält dich einst süße Pein,
Denk' ich bin ewig
Voll treuer Liebe dein!
Lebe wohl, lebe wohl!
Gedenke mein!

Leb' wohl, mein
Liebchen,
Du Engelsangesicht!
Blühst mir im Herzen,
Bis mir das Auge bricht!
Lebe wohl, lebe wohl!
Vergiß mein nicht!
_____



Wilhelm Müller
(1794-1827)


Liebchen überall

Ich hab' ein
Liebchen an dem Rhein,
Ein
Liebchen an der Spree,
Ein drittes in dem Schweizerland,
Ein viertes auf der See.

Und wo ich geh' und wo ich steh'
In Schloß und Stadt und Feld,
Da find' ich auch ein
Liebchen gleich,
Das schönste von der Welt.

Und wollt ihr wissen meine Kunst,
Ihr lieben Wandersleut',
Heran, heran, und hört mir zu,
Ihr lernt's in kurzer Zeit.

Ich trag' allweg' im Herzen mein
Mein
Liebchen durch die Welt;
Da find' ich eins, da hab' ich eins
In Schloß und Stadt und Feld.

Willkommen!
Liebchen an dem Rhein!
Wie weit ist's bis zur See?
Ade, mein Lieb im Schweizerland!
Das Scheiden thut nicht weh.
_____



Johann Georg Obrist
(1843-1901)


Als sie krank war

Liebchen leidet! Lenz erscheine!
Allen Zauber nimm mit dir!
Komm und heile rasch das reine,
Gute, traute Mädchen mir!

Liebchen leidet! Rothe Rosen,
Knospet, blühet doch geschwind!
Heilt mit eurer Düfte Kosen
Das euch stammverwandte Kind!

Liebchen leidet! Nachtigallen,
Kommt und singt es doch gesund!
Laßt die schönsten Lieder schallen,
Denn es zählt zu eurem Bund!

Laue Lüfte! Sonnentage!
Ei, was zaudert ihr so lang?
Seid ihr vor dem Winter zage,
Statt zu brechen seinen Zwang?

Seid ihr wirklich nicht im Stande,
Ihn zu schlagen, Streich um Streich?
Liebchen leidet! Schmach und Schande,
Frühling, dir und deinem Reich!
_____



Eduard Paulus
(1837-1907)


Liebchen

Liebchen, laß dich nicht beirren,
Wie sie schnauben, wie sie blasen,
Wie sie klauben, wie sie girren,
Diese alten Kaffeebasen,
Nachbarinnen, Nähterinnen,
Ewige Verräterinnen,
Denn das Strahlende zu schwärzen,
Fehlt es nie an Menschenherzen.

Doch von Anmut übergossen,
Wandelst du auf stillen Wegen,
Unter deinen Sohlen sprossen
Friede, Freude, Licht und Segen,
Sonnenhaft ist dein Gemüte,
Strahlt in immer gleicher Güte
Durch das schwere Graun der Nächte
Auf Gerecht'- und Ungerechte.

Und die Seele, die dein eigen
Ward im weitem Weltgetriebe,
Will zu deiner Seele neigen
Sich in immer heißrer Liebe,
Tiefer als die Meereswogen,
Heller als der Himmelsbogen,
Heilig wie des Altars Flammen,
Wachsen wir in eins zusammen.
_____



Wilhelm Raabe
(1831-1910)


Belagerte Stadt

II.
In meines Liebchens Kammer,
Da ist das Fensterlein
Versponnen und verhangen
Vom grünen wilden Wein.

Die Scheiben sind zerbrochen,
Die Ranken sind zerfetzt;
Denn vor den Mauern und Wällen
Liegen die Feinde jetzt.

Aus den Gräben, von den Türmen
Feuer und Feldgeschrei!
Mein Handrohr und mein
Liebchen
Sind wacker mit dabei.

Auf jeden Schuß die Antwort:
Wir halten's noch lange aus!
Auf jeden Kuß ein Küßchen -
Ihr Feinde, geht nach Haus!

Mein
Liebchen reicht die Kugeln,
Reicht mir ihren roten Mund;
Das ist ein wonnig Küssen
Zu solcher bösen Stund.

Mein
Liebchen reicht die Lunte,
Preßt mir dabei die Hand,
Und blitzt das Pulver vom Zündloch
Drückt sie sich an die Wand.

Es zittert und bebt der Boden!
Es wankt und schwankt das Haus!
Sie rücken heran zum Sturme -
Hinaus, auf die Mauer hinaus!

Mein
Liebchen schützt ihr Röcklein,
Mit Kugeln die Schürze sie füllt -
Torwächtermaid auf dem Walle
Wohl tausend Landsknechte gilt!
_____



Robert Reinick
(1805-1852)


Liebchen, wo bist du?

Zaubrer bin ich, doch was frommt es?
Denn mein Lieb ist eine Fei,
Höhnt mich mit noch ärgerm Zauber,
Ruf' ich freundlich sie herbei:
Liebchen, wo bist du?

Heute noch in Feld und Garten
Ging ich, sie zu suchen, aus;
Plötzlich lacht' aus einer Rose
Glühend roth ihr Mund heraus:
Liebster, da bin ich!

Ich nun ward ein schneller Zephyr,
Küßt' im Flug die Rose schon.
Ach! nur eine Rose küßt' ich,
Liebchen war daraus entflohn.
Liebchen, wo bist du?

Sieh, da schaut sie aus der Sonne,
Eingehüllt in Strahlen ganz,
Und doch blinkten ihre Augen
Mir durch all den Himmelsglanz:
Liebster, da bin ich!

Ich, zum klaren See mich wandelnd,
Fing mir schnell den Sonnenschein;
Ach! nur Sonnenstrahlen fing ich,
Liebchen saß nicht mehr darein.
Liebchen, wo bist du?

Horch, da sang am Waldes-Ufer
Plötzlich eine Nachtigall;
Wohlbekannt war mir die Stimme,
Und sie sang mit süßem Schall:
Liebster, da bin ich!

Schnell zum Abendstern gewandelt,
Blickt' ich durch die grüne Nacht;
Ach! ein leeres Nest erblickt' ich,
Liebchen hatt' sich fortgemacht.
Liebchen, wo bist du?

Und so treibt sie's alle Tage,
Läßt mir eben jetzt nicht Ruh',
Während dieses Lied ich singe,
Ruft sie unsichtbar mir zu:
Liebster, da bin ich!

Liebchen, mach' dem Spiel ein Ende,
Komm nun endlich selbst herbei,
Glaub', ein einz'ger Kuß ist schöner,
Als die ganze Zauberei!
Liebchen, wo bist du?
_____



Robert Reinick
(1805-1852)


Komm in die stille Nacht!
Ständchen

Komm in die stille Nacht! -
Liebchen, was zögerst du?
Sonne ging längst zur Ruh',
Welt schloß die Augen zu,
Rings nur einzig die Liebe wacht!

Liebchen, was zögerst du?
Schon sind die Sterne hell,
Schon ist der Mond zur Stell',
Eilen so schnell, so schnell!
Liebchen, mein Liebchen! drum eil' auch du!

Sonne ging längst zur Ruh'! -
Traust wohl dem Schimmer nicht,
Der durch die Blüthen bricht?
Treu ist des Mondes Licht.
Liebchen, mein Liebchen, was fürchtest du?

Welt schloß die Augen zu!
Blumen und Blüthenbaum
Schlummern in süßem Traum,
Erde, sie athmet kaum,
Liebe nur schaut den Liebenden zu! -

Einzig die Liebe wacht,
Ruft dich allüberall;
Höre die Nachtigall,
Hör' meiner Stimme Schall,
Liebchen, o komm in die stille Nacht!
_____



Joachim Ringelnatz
(1883-1934)


Sonntagsliebchen

Sag mir doch, daß heute Sonntag sein
Soll, Margarete. – Sag!
Margarete, mein schöner, dein
Freier, einzig freier Tag!

Schweige nicht! Weil Schweigen wie
Nein klingt. Und heute undankbar
Wäre. Margarete, die
Tage bis zum Sonntag sind ein Jahr.

Ist es nicht, als ob wir flögen,
Wenn wir uns nur frei die Hand geben. – –
Wieviel Sonntage, Margarete, mögen
Wir – du und ich – noch leben?!
_____



Anna Ritter
(1865-1921)


Mit dem Sturm um die Wette

Mein gluthäugig
Liebchen, mein wilder Genoß,
Komm, schwing dich behende zu mir auf das Roß,
Wir jagen zusammen hinein in die Welt,
So wild und so weit es dir immer gefällt.

Du schüttelst die Locken, mein schwarzbraunes Kind,
Wie flattern sie lustig im wehenden Wind,
Du jauchzest und singst in entfesselter Lust
Und wirfst beide Arme mir wild um die Brust.

Du Wand'rer am Wege, was schaust du uns nach,
So müd und verdrossen, die Seele voll Plag? ...
Hopp, heißa, mein Rößlein, zum lustigen Ritt,
Beeile dich, Sturmwind, sonst kommst du nicht mit!

Und dunkelt die Erde, dann suchen wir Ruh,
Es deckt wohl der Mantel uns beide dann zu,
Und droben die Sterne, die halten die Wacht,
Bis zögernd entschwindet die seligste Nacht.
_____



Hermann Rollett
(1819-1904)


Jahreszeiten

Liebchen! welch' ein selig Leben,
Wenn der Liebe Frühling blüht,
Wenn die Augen Funken geben,
Weil's im Herzen flammt und glüht.

Liebchen! welch' ein Nimmerenden
Tiefsten Glücks und höchster Lust,
Wenn das Herz mit Sonnenbränden
Flammen möcht' aus voller Brust.

Glückverloren, weltvergessen,
Schwimmt das Herz in Seligkeit, -
Doch der Herbstwind unterdessen
Webt am Leichentuch der Zeit.

Komm' nur, Winter! kaltes Wetter
Scheut die heiße Liebe nicht,
Und sie wirft dir Rosenblätter,
Ewigjung, in's Angesicht!
_____



Otto Roquette
(1824-1896)


Sterne sind schweigende Siegel

Mondenschein
Klettert heimlich übers Dach
In die Tannenzweige,
Schaut in
Liebchens Schlafgemach,
Ob sich ihm nichts zeige?
Dämmernd nur schimmert
Schwindend das Lichtlein,
Traumduft umflimmert
Schon das Gesichtlein.
Schlaft ihr schon, schlaft ihr schon,
Aeuglein, wie Veilchen?
Rosen und Schnee,
Schlankestes Reh,
Oeffne ein Weilchen
Liebchen den Riegel!
Sterne sind schweigende Siegel!

Liebchen fein,
Thu mir auf, dem Mond zur Straf',
Laß uns für sein Spähen
Diesem alten Lauscher brav
Eine Nase drehen!
Dämmernd nur schimmert
Schwindend das Lichtlein,
Traumduft umflimmert
Schon das Gesichtlein.
Schlaft ihr schon, schlaft ihr schon,
Aeuglein, wie Veilchen?
Rosen und Schnee,
Schlankestes Reh,
Oeffne ein Weilchen
Liebchen den Riegel,
Sterne sind schweigende Siegel!
_____



Mathias Leopold Schleifer
(1771-1842)


Meinem lieben Reschen

Liebchen, komm, wir wandern,
Liebchen, ich und du;
Fromm gepaart nach Pilgerweise,
Wallen wir hinab die Reise
In das Land der Ruh'!

Amor mit der Fahne
Zeigt uns Steg und Bahn;
Jetzt auf heitern Blumentriften -
Jetzt in wilden Felsenklüften -
Amor zieht voran.

Wird die Aussicht trübe, -
Seiner Fackel Brand
Führt uns fort auf finstern Gleisen,
Wie der Stern die heil'gen Weisen
Aus dem Morgenland.

Brennt die Mittagssonne
Stirn und Wangen heiß,
Ritzt dein Füßchen sich an Dornen,
Amor führt zu kühlen Bornen,
Trocknet uns den Schweiß.

Will mein
Liebchen speisen, -
Amor schaffet Kost,
Bringt in kühlen Geißblattlauben
Butterschnitten, frische Trauben,
Zuckersüßen Most.

Sehnet, matt und müde,
Liebchen sich nach Ruh',
Heißt er Arm um Arm uns schlingen,
Drücket dann mit sanften Schwingen
Uns die Wimpern zu.

Sehnet, lebensmüde,
Liebchen sich in's Grab, -
Amor gräbt auf stiller Haide
Uns den Hügel, senkt uns Beide,
Herz an Herz, hinab.

Liebchen, komm! gepaaret
Wandert sich's so schön!
Trennt das Grab auch die Gefährten, -
In den Paradiesesgärten
Ist das Wiederseh'n.
_____



Eulogius Schneider
(1756-1794)


Das DU

Wahre Liebe bindet nie
Sich an's steife, ernste: SIE.
Sie vergisst's, und weiss nicht wie.
Trautes
Liebchen, fraget sie,
Bist du nicht mein Liebchen, du?
Liebchen lächelt, ja, dazu.
_____



Aloys Schreiber
(1761-1841)


Minnelied

Ich hab' Rosengarten,
Der blüht Jahr aus und ein,
Ich brauch' ihn nicht zu warten,
Er blüht auch mir allein.

So viel ich Röslein breche,
Die Zahl, sie bleibt sich gleich;
Da ist kein Dorn, der steche,
Kein wird vom Sturme bleich.

Es leuchten mir zwey Sterne,
So mild wie Engelsblick!
Sie zieh'n mich aus der Ferne
Mit stiller Kraft zurück.

In ihnen kann ich schauen
Mein Leben rein und klar,
Den Sternlein darf ich trauen,
Sie reden treu und wahr.

Wo meine Rosen prangen,
Das thu' ich gern euch kund:
Sie blüh'n auf
Liebchens Wangen,
Sie blühn auf
Liebchens Mund.

Es glänzen meine Sterne
In
Liebchens Augenlicht;
Die in der Himmelsferne
Sie leuchten sanfter nicht.

Sagt, was gefunden werde
Wie Ros' und Sternenschein?
Vom Himmel, von der Erde
Ist d'rum das Schönste mein.
_____



Karl Julius Schröer
(1825-1900)


Liebchen ist da!

Blümlein im Garten,
Schaut euch doch um,
Steht nicht so traurig,
Steht nicht so stumm!
Denn wißt was ich weiß
Und sah:
Liebchen ist da,
Ist da!

Sie schüttelten sich,
Sie sahen sich um,
Und bald erklang es
Im Kreise herum,
Und balde fern
Und nah:
Liebchen ist da,
Ist da!
_____



Adolf Schults
(1820-1858)


Erster Liebesmai

3.
Ich sah zwei holde Blümelein
An einem Plätzchen stehn allein:
Eins winkte traut dem andern zu
Und schien zu fragen:
Liebchen Du,
Darf ich Dich einmal küssen?

Drauf sah das andre Blümlein ich
Sein Köpfchen schütteln weigerlich,
Als wollt' es sagen: nein, o nein,
Laß mich hier stehn und blühn allein,
Du sollst mich nimmer küssen!

Da hab' ich traurend still gedacht:
Wenn's nun mein
Liebchen also macht!
Wenn sie nun auch zu dieser Frist
So spröde wie das Blümlein ist,
Die ich so gern möcht' küssen!

Doch als ich wieder hingeschaut -
Kaum, daß ich meinem Blick getraut!
Da hab' ich in des Zephyrs Wehn
Die Blümlein hold sich neigen sehn
Und sich gar traulich küssen.

Da dacht' ich froh in meinem Sinn:
Nun schnell zum spröden
Liebchen hin,
Ihr wird's wohl wie dem Blümlein gehn!
Und ob's geschehn, ob's nicht geschehn -
Ihr werdet's rathen müssen!
_____



Johann Gabriel Seidl
(1804-1875)


Liebchens Ferne

Wohl weilst du in der Ferne,
Doch nimmer fern für mich,
Kein Heil'ger denkt so gerne
An Gott, als ich an dich.

Vom Monde sag' ich nimmer:
Er walte sanft und mild;
Ich sage nur: sein Schimmer
Sei deiner Seele Bild.

Nie sag' ich mehr: die Frühe
Gleich' einem Feuerfluß;
Ich sage nur: sie glühe,
Wie du beim Scheidekuß.

Für Alles, was ich kenne,
Leihst du die Seele mir;
Für Alles, was ich nenne,
Nehm' ich das Wort von dir.

So nenn, ich denn, — ich Schwärmer!
Nur
Liebchen-rein den Quell,
Und fühl' die Sonne warmer,
Nenn ich sie
Liebchen-hell.

Das Alles thut die Trennung
Und das Geschiedenseyn;
Da stellt sich die Bekennung
Erst ohne Rückhalt' ein.

Sonst dacht' ich dein nur immer,
Wenn ich dich eben sah:
Dich sehn kann ich nun nimmer,
Und bin dir ewig nah.
_____



Karl Simrock
(1802-1876)


Mit
Liebchen am Bache

Liebchen, wandelst du mit?
Mit des Bächleins eilendem Gange
Halten wir gleichen Schritt.

Hörst du, wie klagend es rauscht?
Mit Sehnsucht flüsterndem Klange
Hat es sein Brausen vertauscht.

Doch nicht die Wellen allein
Hat Liebeswonne bezwungen:
Sieh auch die Blümelein.

Sie balsamen die Luft,
Sie haben nicht andere Zungen,
Dir mit dem würzigen Duft.

Eines am Bächlein spricht
Aus blauen herzigen Augen:
"Holde, vergiß mein nicht!"

Liebchen, an deiner Brust,
Gewölbt dran Leben zu saugen,
Sterb es den Tod der Lust.
_____



Theodor Storm
(1817-1888)


Traumliebchen

Nachts auf des Traumes Wogen
Kommt in mein Kämmerlein
Traumliebchen eingezogen,
Luftig wie Mondenschein.
Sie ruht auf meinem Kissen,
Sie stört mich auf mit Küssen
Und lullt mich wieder ein.

Glühend um meine Glieder
Flutet ihr dunkles Haar,
Auf meine Augenlider
Neigt sie der Lippen Paar.
"So küß mich, du blöder Schäfer!
Dein bin ich, du süßer Schläfer,
Dein heut und immerdar!"

"Fort, fort aus meinem Stübchen,
Gaukelndes Nachtgesicht!
Ich hab ein eigen
Liebchen,
Ein andres küß ich nicht!"
Umsonst, ich blieb gefangen,
Bis auf des Morgens Wangen
Brannte das rosige Licht.

Da ist sie fortgezogen,
Schwindend wie Mondesschein,
Singend auf Traumeswogen
Schelmische Melodein:
"Traum, Traum ist alles Lieben!
Wann bist du treu geblieben?
Wie lang wohl wirst du's sein?"
_____



Moritz Graf von Strachwitz
(1822-1847)


Ständchen

Mein
Liebchen komm, uns Beiden
Ist wohl, wenn der Abend scheint,
Es hat der Tag beim Scheiden
Sein Auge rot geweint.
Die allertiefste Bläue
Umduftet den Bergeswall,
Und wie in süßer Scheue
Murmelt der Wasserfall.

Lautlos die Flügel regend
Hinschwimmt des Winters Flug,
Das ist der entschlafenden Gegend
Duftflutender Atemzug.
Er macht die Welle nicht schüttern,
Er streicht ihr Haar nur glatt;
Er läßt die Blätter nicht zittern,
Er küßt nur jedes Blatt.

Die Blumen traumhaft schwanken
Und atmen wollustschwer,
Es flattern Märchengedanken
Um ihre Häupter her.
Der Baum mit allen Zweigen
Zum Himmel blickt er stät,
 Er spricht in seligem Schweigen
In sich sein Nachtgebet.

Mein
Liebchen komm, das Glutmeer
Ist hinter die Berge gerollt
Und wirft noch über die Flut her
Sein letztes Streifchen Gold;
Mein
Liebchen komm, es nachtet,
Tau schlürfen die Rosen fromm,
Mein Mund nur dürstet und schmachtet,
Mein
Liebchen komm, o komm!
_____



Ludwig Tieck
(1773-1853)


Schlaflied

Ruhe,
Süßliebchen, im Schatten
Der grünen dämmernden Nacht,
Es säuselt das Gras auf den Matten,
Es fächelt und kühlt dich der Schatten,
Und treue Liebe wacht.
Schlafe, schlaf ein,
Leiser rauschet der Hain, -
Ewig bin ich dein.

Schweigt, ihr versteckten Gesänge,
Und stört nicht die süßeste Ruh!
Es lauscht der Vögel Gedränge,
Es ruhen die lauten Gesänge,
Schließ,
Liebchen, dein Auge zu.
Schlafe, schlaf ein,
Im dämmernden Schein, -
Ich will dein Wächter sein.

Murmelt fort ihr Melodieen,
Rausche nur, du stiller Bach,
Schöne Liebesphantasieen
Sprechen in den Melodieen,
Zarte Träume schwimmen nach.
Durch den flüsternden Hain
Schwärmen goldene Bienelein,
Und summen zum Schlummer dich ein.
_____



Christoph August Tiedge
(1752-1841)


Ständchen

Entschlummre, schön
Liebchen, schon flattert's im Stall!
Heut' hatten wir Kränzchen, und morgen ist Ball!
Das Herz und die Aeuglein bedürfen der Ruh:
Drum schließe, schön
Liebchen, nur beides hübsch zu!

Es haben die Füßchen nur wenig geruht,
Nur selten erlosch auf der Wange die Gluth;
Nun löse der Schlaf die Lebendigkeit ab,
Sonst nützet das Leben zu schleunig sich ab.

Es ist ja das Leben ein liebliches Spiel;
Wir spielen nicht lange: drum spielen wir viel.
Wohl kostet es Zeit, um die Zeit zu verthun:
Drum ist es auch billig, dazwischen zu ruhn.

Viel Kronen des Sieges erwarbst du dir heut';
Da ging denn dies Herzchen, wie Festtagsgeläut.
Drum schlafe nun,
Liebchen, schlaf ruhig und wohl,
Sonst klopfet das Herzchen die Seite noch hohl!

Und morgen umflattert, mit Kränzen geziert,
Das Leben uns, welches die Geige regiert.
Horch! hörst du? schon brummet der Nachtwächter: elf;
Drum schlafe, schön
Liebchen, bis morgen um zwölf!
_____



Friedrich Gottlob Wetzel
(1779-1819)


Mein Berg

Ich hab' einen Berg, den schönsten im Land,
Den hab' ich nach
Liebchens Namen genannt;
Ein Berg, mehr Himmel als Erde beinah,
So hehr und so heimlich wie ich keinen sah:
Da steh' ich wie oft bei Sonn' und Mond
Und schaue hinüber, wo
Liebchen wohnt.

Da ist auch ein Wäldchen, da träumt sich's so süß,
Wie unter den Palmen im Paradies,
Da blüht, von den Wolken des Himmels bethaut,
Die Anemone, des Windes Braut;
Da schau' ich wie oft bei Sonn' und Mond
Die Berge hinüber, wo
Liebchen wohnt.

Hinüber die Berge, o nehmt mich mit euch,
Ihr ziehenden Vögel, ins Himmelreich!
Ihr Raben, ihr neckt mich mit euerem Cras,
Das selige Morgen, ach wann kommt das?
Wann führst du mich, Sonne, wann leuchtest mir, Mond,
Hinüber, hinüber, wo
Liebchen wohnt?
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Ernst von Wildenbruch
(1845-1909)


Liebchens Ärger, Liebchens Lust

Liebchen schenkte heut' Blumen mir -
Sprach: "Gestehe, es ist eine Zier!"
Rosen und Nelken - wie war es schön!
Sprach ich: "Schon Besseres hab' ich geseh'n."

Liebchen schenkte heut Blumen mir:
"Ach, wie das duftet! gefällt es dir?"
Rosen und Nelken - wie süße das roch!
Sprach ich: "Noch Süßeres kenne ich doch!"

Liebchen machte ein kraus Gesicht:
"Seht mir solch' einen verzogenen Wicht!
Hältst meine Gabe du so gering?
Sage mir gleich, wo ist das Ding,
Das schöner ist als die Blume da?"
Lacht' ich und sprach: "Es ist ganz nah."
"Das süßer riecht als die Blumen hier?"
Lacht' ich und sprach: "Hier dicht bei mir.
Besser als alle Blumen der Welt
Mir meines
Liebchens Gesichtchen gefällt!
Nicht Rosen und Nelken duften so schön,
Als wenn ihre Locken im Winde weh'n.
Und Rosen und Nelken gibt's ohne Zahl,
Doch mein einziges Lieb nur einziges Mal,
Und bist du mir noch böse, so sag' es nur dreist."
Da lachte süß
Liebchen: "Damit du nur weißt:
Eins nur verübelt' ich ewig dir,
Käm' dir ein Glück, und es käm' nicht von mir!"
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