Wörtchen und Wörtlein
in der deutschen Liebeslyrik
Ausgewählte Gedichte
deutscher Dichter und Dichterinnen
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Louise Brachmann
(1777-1822)
An eine Rose
Röslein,
Röslein,
Röslein
hold,
Aus des Morgens Schooße,
Du, mir mehr, als Perl' und Gold,
Theure süße Rose!
Giebst Du nicht das Bildniß mir
Meines holden Treuen?
Deiner heil'gen Unschuld Zier
Durft' auch er sich freuen!
Glühte nicht wie Du sein Mund
Hold in Purpurröthe,
Gab er süßen Laut mir kund,
Gleich dem Hauch der Flöte?
Dein Erröthen, sanft und rein,
Schmückte seine Wangen,
Mit der dunkeln Augen Schein
Sehnend aufgegangen.
Ach! und wie die tiefe Glut,
Die im Kelch Dir strahlet,
Hat mit meines Lieblings Blut
Sich der Grund gemalet.
Fern nun schläft im Schlachtgefild
Er in Hügels Schooße; -
Bleibe Du mir, liebstes Bild!
Theure, süße Rose!
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Helmina von Chézy
(1783-1856)
Ein Ständchen
Ich kenn ein Röslein süß und licht,
Ein blühend Röselein.
O, hätt' ich es gesehen nicht,
Nie litt' ich solche Pein!
Die Biene scheut die Rose nicht,
Saugt lüstern Honig ein,
Wie kann nun Gift in Blumen licht,
Und heißes Feuer seyn?
Mein hohes Röslein
nenn ich nicht,
Es schaut so lieblich drein,
Doch wenn mein Herz in Sehnsucht bricht
Ists seine Schuld allein!
Mein Mund zwar nie von Liebe spricht,
Doch kennt es meine Pein,
Wie Glut durch alle Ritzen bricht,
Muß Minne kenntlich seyn!
Von Eisen steht ein Gitter dicht,
Rings um mein Röselein,
Doch scheu ich Schwert und Eisen nicht
Will Röslein hold mir seyn!
Drum, säume nicht, du süßes Licht,
Und stille meine Pein,
Dann hüllt im Sternenschleier dicht
Das Glück die Liebe ein!
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August Heinrich Hoffmann
von Fallersleben
(1798-1874)
Mein Traum
Ich hab im Traum gepflücket
Ein liebes Röslein
mir.
Wie hat es mich entzücket
In seiner Frühlingszier!
Es strömte neues Leben
Ins kranke Herz hinein.
Ich mußt in Freude schweben,
Wie konnt ich glücklich sein!
Da kam ein böses Wetter,
Ließ nichts mir als mein Leid,
Denn meines Rösleins
Blätter
Zerstoben weit und breit.
Die Blätter aber woben
Sich bald zu einem Kranz
Und sahn vom Himmel droben
Herab im neuen Glanz.
Das sind des Glückes Tage,
Die mir ein Röslein
gab.
Jetzt wein ich nur und klage,
Sie sank zu früh ins Grab.
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Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)
Heidenröslein
[Volkslied-Umdichtung]
Sah ein Knab ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
War so jung und morgenschön,
Lief er schnell, es nah zu sehn,
Sahs mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.
Knabe sprach: Ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röslein sprach: Ich steche dich,
Daß du ewig denkst an mich,
Und ich wills nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.
Und der wilde Knabe brach
's Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
Half ihm doch kein Weh und Ach,
Mußt es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.
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Julius Mosen
(1803-1867)
Rosenblüthe
Das Röslein
gar verborgen
In seiner Knospe sitzt,
Der neue Frühlingsmorgen
Zum Kuß das Mäulchen spitzt;
Doch Röslein
mag nichts wissen
Vom Blühen und vom Küssen.
Das Röslein
sitzt gar spröde
In seinem engen Haus,
Der Mittag ist nicht blöde,
Strahlt Gluth und Flammen aus;
Doch Röslein
mag nichts wissen
Vom Blühen und vom Küssen.
In seiner Zelle drinnen
Das Röslein
heimlich steht,
Der Abend kommt zu minnen,
Der Abend weint und fleht:
Ach, alle Blumen müssen
Am Ende blüh'n und küssen!
Das Röslein
steht in Bangen,
Es steht in Liebesnoth,
Roth werden seine Wangen,
Vor Liebe purpurroth,
Und seine Lippen müssen
Zum ersten Male küssen.
Zum ersten Male blühen
Mit allererstem Kuß,
Zum ersten Male glühen
Das holde Röschen muß;
Denn alle Blumen müssen
Am Ende blüh'n und küssen.
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Friedrich Konrad Müller von
der Werra
(1823-1881)
Am Brünnelein
Weimar, 1858. Tonsatz
von A. Methfessel; B. Hamma; C. Ecker
War hold und jung wie
Röslein zart,
War froh und wohlgemuth;
Sang Lieder auch ganz andrer Art,
Mein Schatz war mir noch gut!
Am Brünnelein,
Am Brünnelein
Da standen wir beisammen
Wie Feuer und wie Flammen,
Am Brünnelein!
Weiß nit, was mir so wurmt und brennt
Im Herzen Tag und Nacht;
Weiß nit, wohin ich mich noch wend',
Wenn's fort und fort so macht!
Am Brünnelein,
Am Brünnelein
Da hat es angefangen,
Mein Schatz ist fortgegangen
Vom Brünnelein!
Das Brünnelein ist nun schon lang
Vom Sommer ausgedorrt,
Es tröpfelt nit, mir wird so bang,
Es red't mit mir kein Wort!
Am Brünnelein,
Am Brünnelein
Da steh' ich ganz alleine
Und weine, ach! und weine,
Am Brünnelein!
Wer weiß, wird's anders übers Jahr,
Wenn sich erholt der Born,
Wenn wiederkehrt mein Schwalbenpaar,
Wenn Rosen treibt der Dorn!
Am Brünnelein,
Am Brünnelein
Will ich nicht länger weilen,
Damit mein Herz kann heilen!
O Brünnelein!
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Ludwig Pfau
(1821-1894)
Dornröschen
O Röslein,
schön und jugendlich,
Auf deinem Dornenreise!
Gleich einer Biene schwebt um dich
Mein Lied und flüstert leise:
Ich liebe dich mit Weh und Lust,
Du Blume meiner Schmerzen!
Die Rose trag' ich an der Brust
Und ach! den Dorn im Herzen.
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Margarethe Pilgram-Diehl
(1817-1875)
Liebeswünsche
Wär' ich ein Vöglein, Geliebte mein,
Eilenden Flug's wollt' ich bei dir sein;
Säng' dir ein Liedchen voll wonniger Lust,
Ruhte in Liebe an deiner Brust:
Wär' ich ein Vöglein, ich flöge zu dir!
Wär' ich ein Röslein,
Geliebte mein,
Haucht' ich dir Düfte, so süß und fein,
Dornenlos wollt' ich nur blühen für dich,
Süßester Tod mir, pflücktest du mich:
Wär ich ein Röslein,
ich duftete dir!
Wär' der Harfe Ton ich, Geliebte mein,
Spielt' ich dich leise in Schlummer ein;
Dir nur entlockt' ich der Saiten Gold,
Töne so liebliche, wunderhold:
Wär' ich ein Ton, hin schwebt ich zu dir!
Wäre der Mond ich, Geliebte mein,
Blickt' ich dir freundlich ins Kämmerlein;
Küßte im Schlummer die Wangen dir leis',
Flüstert' von Liebe dir innig und heiß:
Wär' ich der Mond, ich schien' nur für dich!
Wär' ich die Sonne, Geliebte mein,
Strahlt' ich für dich nur in goldnem Schein;
Weckt mich des Morgens rosiger Hauch,
Schaut' ich auf dich nur mit liebendem Aug:
Wär' ich die Sonne, ich glühte für dich!
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Wilhelm Raabe
(1831-1910)
Am Tage Sankt Johannis,
Wie lag die Welt in Sonne!
Am Tage Sankt Johannis,
Wie schlug mein Herz in Wonne!
Es zog ein fröhlich Klingen
Wohl über die grüne Heide:
Schön Lieb mit hellem Singen
Schritt her im Festtagskleide.
Sie hielt ein schwarzes Büchel
Voll gold'ner, frommer Lieder;
Dazu ein weißes Tüchel
Gefaltet vor dem Mieder.
Ringsum die Blumenglocken
Aus Näh und Ferne grüßten
Rot Röslein
in den Locken,
Weiß Röslein
vor den Brüsten.
O selig Sommerleben!
Rot Röslein
raubt ich lose!
Drauf hat sie mir gegeben
Auch noch die weiße Rose.
Am Tage Sankt Johannis,
Wie lag die Welt in Sonne!
Am Tage Sankt Johannis,
Wie schlug mein Herz in Wonne!
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Heinrich von Reder
(1824-1909)
Aus: Minne
XI.
Die Liebe ist ein
Rosenstrauch
Voll reicher Blüthenzier,
Doch schmerzen seine Dornen auch,
Brichst du ein Röslein
dir.
Wohl mancher ist, der
Röslein bricht
Und bleibt von Schmerz befreit,
Doch kennt er auch die Liebe nicht
In ganzer Seligkeit.
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Hermann Rollett
(1819-1904)
Centifolie
Das Herz ist ein Röslein
Mit hundert Blättern;
Drauf flimmert die Liebe
Mit glühenden Lettern.
Doch siehe, die Worte,
Die kann nur lesen
Das Auge der Liebe,
Geliebter Wesen!
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Hermann Rollett
(1819-1904)
Dank
Es ist so dunkel, es ist so kalt,
Kein einziger Stern am Himmel strahlt,
Ein einziges Blümlein im Felde blieb -
Das rothe Röslein
meiner Lieb'!
Das rothe Röslein
meiner Lieb',
Mit heißer Flamme, mit grünem Trieb,
An dem ich glühend als Perle hing,
An dem der Sturm vorüberging.
An dem der Sturm vorüberging,
Weil es so treu mir am Herzen hing,
Weil es so fest mich in Lieb' umrankt,
O treues Röslein,
dir sei's gedankt!
O treues Röslein,
dir sei's gedankt,
Daß du mich in ewiger Lieb' umrankt;
Es ist ja so dunkel, es ist ja so kalt,
Kein einziger Stern am Himmel strahlt!
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Franz Stelzhamer
(1802-1874)
Aus: Liebseligkeit
XXI.
O, du junges, süßes Leben,
Holdes Maienröslein
Du!
Bist zum Lieben mir gegeben,
Mein zur Unruh' und zur Ruh'.
Kann mich letzen, kann mich laben,
Kann mich freuen Nacht und Tag,
Kann auch meinen Jammer haben,
Wenn ich ihn nur haben mag.
Kann dein Bildniß küssen, herzen;
Schwelgen in Liebseligkeit;
Kann in Herzeleid und Schmerzen
Mich versenken jederzeit.
Kann Dich treu und zärtlich hegen,
Deines Lebens Wonne sein,
Kann Dir rauben Glück und Segen,
Stürzen Dich in Noth und Pein.
Alles kann ich aus Dir schaffen,
Ganz gegeben bist Du mir;
Doch ich lege meine Waffen
Und mich selbst zu Füßen Dir!
Was dann Du mir zu Gefallen
Thun willst, gib Dir Liebe ein -
"Ach, Herzliebster, hold in Allen
Sanft und zärtlich will ich sein!"
"Bist ja, o, du junges Leben,
Muntrer Frühlingsvogel Du!
Mir zur Liebe dargegeben -
Trotz der Unruh' meine Ruh'!"
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