Mahmud Baki (1526-1600)

Ghaselen aus dem Divan

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Der Buchstabe Schin
(Ghaselen 81-83)


81.
Das Herz hat in der Brust ein Licht entflammt durch's Maal,
Auf gold'nem Leuchter brennt die Liebe in dem Saal.

Der Freund nahm Herzensmünz' im Ringe des Gesprächs,
Er ging vorbey Unglückliche nur ein, zwey Mahl.

Sagt nicht es sey der Wunsch Medschnun's erfüllet worden;
Das Leben ward zum Eckel ihm durch Liebesqual.

Der Trennung Schenke mischte für das Herz Medschnun's
Den Todesbecher zu dem Lebensquell zumahl.

Dem Baki wurde heut versprochen der Genuß,
Wahrheit erschien ihm dieß, doch war es Lüge kahl.
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82.
Die Wang' ist Edens Flur, der Wuchs ist Lebensbaum,
Des Mund's Rubinenkuß ist süße Frucht vom Baum;

Was ist's, wenn ich die Wang' mit Edens Flur vergleiche,
Es fehlt ihr nicht an Pfirsichseim und zartem Flaum.

Es brennen ohn' Dich im Trennungsthal die Herzen;
O Mundrubin, reich' uns die Fluth von Chiser's Baum!

Weil, als der Freund vorüberging mit Stolz am Wege
Der Ahorn stand, ließ ihm der Sturm die Blätter kaum.

Durch Sonnenschein der Huld des Sultans großgezogen,
Ist Baki Edelstein im Möglichkeitenraum.
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83.
Sein schwarzes Haar Humai's* Fittigschatten war,
Weßhalben er im Reich' der Schönheit Kaiser war.

Es blies das reine Gold der Sonnenwangen an
Des Freundes Staub, der großer Alchymiste war.

Die Harfe lass' wie David tönen in der Welt,
Indem nur Wiederhall das And're alles war;

Schaut nicht mein Aug' den Freund, so schaut es nicht die Welt,
In der mir Seine Schönheit Weltenspiegel war;

Gefangener des Haars ist dieser arme Baki,
Der immerhin in solchem Band befangen war.

* Humai, der Königsgeyer, welcher über die Häupter
der Glücklichen schwebt.
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