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Friederike Brun
(1765-1835)
Inhaltsverzeichnis der
Gedichte:
Die Umarmung
Es rauschet das Meer ans Gestad' heran,
Hoch wandelt der Mond auf der Aetherbahn!
Still funkelt der Sternlein sanftzitternder Glanz,
Auf purpurner Wogen harmonischem Tanz!
O himmlische Nacht mit dem Sternenkranz,
Mit des Urlichts ewigströmenden Glanz!
Hoch hebst du das Herz aus dem Staub empor
Zu schweben in seliger Geister Chor!
Der zackigte Fels gegürtet mit Schaum,
Ist bebenden Seelen geweihter Raum;
In deinem Arm und an deiner Brust
Hoch schweb' ich empor zu der Götter Lust!
Und wenn sie verrinnet und wenn sie versiegt,
Die selige Stunde der Liebe,
Wenn der himmelentflammete Hauch verfliegt,
Wer ist's der im Leben noch bliebe?
Und tränke die Hefen des Lebens hinab,
Und wanket' entgeistert ans späte Grab?
O lebet und sterbet im seligen Traum,
Im seligen Traume der Liebe!
Aus: Neue Gedichte von Friederike Brun geb. Münter
Darmstadt 1812 (S. 86-87)
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Das Grab der Liebe
Ballade
Es steht ein Fels von der Wog' umrauscht,
In Provincia's purpurnen Fluthen,
Da hab' ich einst Seel' um Seele getauscht
In liebezerschmelzenden Gluthen!
Es schwebten im ewigen Reihentanz
Die Sternlein auf mondlicher Wogen Glanz,
O heilige Stunde der Liebe!
Die Nachtigall sang im Myrtenhain
Aus den abendrothglühenden Schatten;
Es rief daß girrende Täubelein
Zur Liebe, zur Liebe den Gatten!
Und fernher ertönte von Thal und Höh'n
Ein flötendes schmachtendes Sehnsuchtsgetön
Aus liebedurchathmeten Schatten!
Ein Kirchlein steht auf des Felsens Haupt,
Der so prachtvoll die Fluthen umschauet;
Die Stirn vom flüsternden Ölbaum umlaubt,
Den Fuß von Wogen umgrauet!
O Trauter komm, steig' auf des Felsens Höh'!
Dort schau'n wir in die unendliche See,
Unendlich gleich unserer Liebe!
Sie leitet ihn schnell den Fels hinan,
(O wie klopfet's im liebenden Herzen!)
Er folgt auf der dornenumrankten Bahn,
Den Busen voll seliger Schmerzen!
Es blickte der Mond aus dem Wolkenkranz
Durchstrahlte der Bebenden Seelen ganz
Mit flammenden Pfeilen der Liebe.
Geschmiegt an's Herz das klopfende Herz,
Und die Wang' an die Wange gelehnet,
Zerflossen beid' im unendlichen Schmerz,
Die schmachtenden Augen bethränet!
»In der Tiefe wohnt die selige Ruh'!«
So sang's, so tönt' es den Liebenden zu
Aus den silberglänzenden Wogen!
O Mutter der Lieb', in deinen Arm
Nimm huldreich die liebenden Seelen!
So schwindet der bittere finst're Harm,
Worin sie sich ängstlich zerquälen.
Sie sinken vereint vor dem Felsaltar,
Ein reines geweihetes Opferpaar,
Empfange sie Mutter der Gnaden!
»Und nun zurück in die öde Welt,
In die trübenden Fluthen des Lebens,
An starre Klippen das Herz zerschellt,
Und Lieb' und Treue vergebens!
O wogende Fluth und o sternige Höh',
O tiefer Schooß der unendlichen See,
Ihr endet die Qualen der Liebe!«
Und zögernd wanken sie Arm in Arm
Zu des Felsens tiefstürzendem Hange:
»Maria, der Liebenden dich erbarm',
Sie liebten und litten zu lange!«
Und fest sich umschlingend und heiß umarmt,
Und Herz an klopfendem Herzen erwarmt,
So verschlangen sie schäumende Wogen!
Aus: Neue Gedichte von Friederike Brun geb. Münter
Darmstadt 1812 (S. 88-90)
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Freundschaft und Liebe
Hand in Hand und unzertrennbar wandeln
Freundschaft und reine Liebe mit einander!
Wo die Freundschaft entflieht, da senkt der keusche
Eros die Fackel.
Aus: Gedichte von Friederike Brun geb. Münter
Hrsg. von Friedrich Matthisson
Zürich 1795 (S. 98)
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Ich denke dein
(1792)
Ich denke dein, wenn sich im Blütenregen
Der Frühling mahlt;
Und wenn des Sommers mild gereifter Seegen
In Ähren stralt.
Ich denke dein, wenn sich das Weltmeer tönend
Gen Himmel hebt,
Und vor der Wogen Wuth das Ufer stöhnend
Zurückebebt.
Dein denk' ich, wenn der junge Tag sich golden
Der See enthebt,
An neugebornen zarten Blumendolden
Der Frühthau schwebt.
Ich denke dein, wenn sich der Abend röthend
Im Hain verliert,
Und Philomelens Klage leise flötend
Die Seele rührt.
Dein denk' ich, wenn im bunten Blätterkranze
Der Herbst uns grüsst;
Dein, wenn, in seines Schneegewandes Glanze,
Das Jahr sich schliesst.
Am Hainquell, ach! im leichten Erlenschatten
Winkt mir dein Bild!
Schnell ist der Wald, schnell sind die Blumenmatten
Mit Glanz erfüllt.
Beim trüben Lampenschein, in bittern Leiden,
Gedacht' ich dein!
Die bange Seele flehte nah' am Scheiden:
»Gedenke mein!«
Ich denke dein, bis wehende Zypressen
Mein Grab umziehn;
Und selbst in Lethe's Strom soll unvergessen
Dein Name blühn!
Aus: Gedichte von Friederike Brun geb. Münter
Hrsg. von Friedrich Matthisson
Zürich 1795 (S. 44-45)
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An meinen Mann
auf der Reise
(1788)
Laut heulet der Sturmwind
Im luftigen Haupt
Der zitternden Espe -
Es brausen die Wogen
Ans zackigte Ufer,
Weit über das Ufer,
Weit über die Steine,
Mit zischendem Schaum!
Ich höre mit Zittern
Den rauschenden Sturm;
Ich höre mit Beben
Die heulenden Wogen!
Fern ist der Geliebte,
Im schaurigen Walde,
Am stürzenden Felsstrom,
Im hallenden Thal!
Es hellet kein Sternlein
Dir, Lieber! den Pfad;
Dir lächelt, dir winket
Kein Mondstral, o Trauter!
In dunkleren Tiefen
Weh'n hüpfende Flämmchen -
O! folge, Geliebter,
Den Täuschenden nicht!
O kehre bald wieder
Zum heimischen Heerde!
Nicht täuschende Flämmchen -
Die Flamme der Liebe
Im Busen des Weibes,
Das Lächeln der Freude
Im Auge des Knaben,
Die harren Dein hier.
Aus: Gedichte von Friederike Brun geb. Münter
Hrsg. von Friedrich Matthisson
Zürich 1795 (S. 77-79)
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Trennung
Romanze
O bleicher Jüngling im Mondenschein,
Tief dringt mir dein Leid in das Herz hinein;
Du leidest so viel, du leidest so sehr -
O weine, weine, weine nicht mehr!
Es hing der Neumond vom Himmel her,
Sanft wogt' in Silberfunkeln das Meer,
Und rings um der Wogen zitternden Glanz
Stand duftender Hügel Blüthenkranz.
Das Mägdlein still auf dem Söller stand,
Es wußte kaum, was das Herz empfand;
Aus des Jünglings sanftumdämmertem Blick
Strahlt ihm Himmel und Erd' und Meer zurück.
Er fühlet die Lust, er fühlet das Weh,
Tief wogt's in der Brust, wie in wilder See!
O Jüngling so schön, o Jüngling so gut,
Tief wallt's dir im innersten Herzensblut.
Und liebest sie ewig und liebst sie allein?
Und dennoch muß es geschieden seyn?
O bleicher Jüngling im Mondenglanz,
Dein Schmerz zerreißt mir den Busen ganz!
»O Mutter, gieb mir die holde Maid,
Die ich liebe nun und in Ewigkeit!
O Mutter, gieb mir des Herzens Ruh',
Du hast dann zur Tochter den Sohn dazu!«
So flehte die Stimme, so flehte der Blick!
Doch hielt er das bebende Wort zurück:
O Jüngling, dich nähm' ich an Mutterbrust,
Du wärest mein Stolz, mein Glück, meine Lust!
Doch geschieden muß es, geschieden seyn!
Und verhärten das Herz in kalten Stein!
Und ziehen dahin in die düstere Nacht
Aus des warmen Tages wonniger Pracht!
Du bleibst verwais't in dem Zauberland,
Wir ziehen hinab an den kalten Strand;
Wo der Geist verblühet, das Herz erstarrt,
Und die Schönheit nimmer empfunden ward.
Und so traurest du hier, und so trauren wird dort,
Und so rinnet das trauernde Leben fort:
Bis in Lethe's Fluth der Schatten versinkt,
Und Vergessen der Freud' und der Leiden trinkt.
Aus: Neue Gedichte von Friederike Brun geb. Münter
Darmstadt 1812 (S. 100-102)
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Liebe in Allem
An dem
Hochzeittage meines Bruders
(In Musick
gesetzt von Herrn Kapellmeister Schulze)
O seelig wer liebt!
Ihm zeichnet die ganze beseelte Natur
Das liebliche Bild von der Lieblichen nur.
O seelig wer liebt!
O seelig wer liebt!
Ihm tönt, aus des Haines vereintem Gesang,
Der silbernen Stimme harmonischer Klang:
O seelig wer liebt!
O seelig wer liebt!
Ihm stralet der tausendfach funkelnde Thau
Das Bild der Geliebten aus blumiger Au.
O seelig wer liebt!
O seelig wer liebt!
Des rieselnden Bächleins vertraulicher Fluß
Ist Kosen der Lieb' und des Herzens Erguß.
O seelig wer liebt!
O seelig wer liebt!
Ihm lächelt aus Abendroth spiegelnder Flut
Der blühenden Wänglein erröthende Glut.
O seelig wer liebt!
O seelig wer liebt!
Der nächtliche Himmel, so funkelnd und klar,
Ist Wiederschein nur von der Aeugelein Paar.
O seelig wer liebt!
O seelig wer liebt!
Ihm lächelt der Liebe umdämmernde Blick
Elysiums Ruh' und der Himmlischen Glück.
O seelig wer liebt!
O seelig wer liebt!
Die Grazien schlingen mit seegnender Hand
Um Ihn und das Weltall ein inniges Band.
O seelig wer liebt!
Aus: Gedichte von Friederike Brun geb. Münter
Hrsg. von Friedrich Matthisson
Zürich 1795 (S. 23-25)
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Abendphantasie
Süßes Bild,
Schwebst mir vor mit leisem Sehnen!
Klagst mit wehmuthsvollen Thränen,
Tief in Trauerflor verhüllt.
Wonnezeit!
Ach! Umstralt von Frühlingsmilde,
Froh in Tempe's Lichtgefilde,
Lebt' ich dir, o Zärtlichkeit.
Thränen fliesst!
Thauend, wie die kleine Quelle
Rieselnd, perlend, Well' an Welle
Ueber Blumen sich ergiesst.
Alles schweigt!
Kaum, dass in des Westes Flüstern,
Unterm Schattendach des düstern
Tannenhains, der Halm sich beugt.
Holder Traum!
Fliehe nicht auf Rosenflügeln;
Weile an des Baches Spiegeln,
Suche nicht des Aethers Raum.
Es entschwand! ...
So entfloh vor Psyche's Kusse
Amor, da mit holdem Grusse
Sie: Geliebter ihn genannt.
Aus: Gedichte von Friederike Brun geb. Münter
Hrsg. von Friedrich Matthisson
Zürich 1795 (S. 26-27)
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Trost der Trennung
Trennung! Du fernst uns nicht mehr,
Wenn dies Erdengewühl
Uns ein hüpfendes Irrlicht ist -
Alle Hoheit der Erde
Traum des entfesselten Schmetterlings!
Aus: Gedichte von Friederike Brun geb. Münter
Hrsg. von Friedrich Matthisson
Zürich 1795 (S. 95)
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Biographie:
http://de.wikipedia.org/wiki/Friederike_Brun
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