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Narcisa Amália
(1856-1924)
brasilianische
Dichterin
Bruchstücke
Mein Herz ist gleich der armen Turteltaube,
Die auf dem Mangobaum im dunklen Laube
Verborgen stöhnt und klagt und seufzt und schwärmt;
Ist gleich dem edlen Schwan im Silberflaume,
Der liebekrank hinhaucht im Wellenschaume
Sein letztes Lied, sehnsüchtig und verhärmt.
Mein Herz ist gleich des Ostens Lotosblume,
Die, eingepflanzt der dürren Ackerkrume
Des Westens, lechzt nach heimatlichem Thau;
Sie neigt das Haupt im bleichen Dämmerschatten
Und lispelt leis' in sterbendem Ermatten:
"Ihr Lüfte, tragt mich fort zur schön'ren Au!"
Ach, könnt' ich auf der Jugendflur in Freude
Vergessen all des Lebens Dorngestäude
Und wandeln Schmerzengall' in Nektarflut,
Dann steigen, um den Mund ein Lilienlächeln,
Empor zu Höh'n, wo Edens Lüfte fächeln,
Im Flügelschwung verzückter Liebesglut!
Übersetzt von Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Aus Portugal und Brasilien (1250-1890)
Ausgewählte Gedichte verdeutscht von Wilhelm Storck
Münster i. W. 1892 (S. 188-189)
Biographisches:
http://www.amulhernaliteratura.ufsc.br/catalogo/narcisa_vida.html
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