Liebeslyrik ausländischer Dichterinnen

von der Antike bis zum 20. Jahrhundert
(in deutscher Übersetzung)

 


Gertrude Bloede (Ps. Stuart Sterne)
(1845-1905)

nordamerikanische Dichterin



In Banden

Erlöse mich, Herr! aus der Liebe Bann,
Deß Fesseln mich schmerzlich beengen;
Mit blutenden Händen verzweifelt mein Geist,
Er versuchte umsonst, sie zu sprengen.

In der Übersetzung von Adolf Strodtmann (1829-1879)

Aus: Amerikanische Anthologie
Deutsch von Adolf Strodtmann
Hildburghausen Verlag des Bibliographischen Instituts 1870 (S. 208)

_____



Verschenkt

Das fahle Herbstlaub fällt herab;
Es raschelt hernieder auf mein Grab,
Und deckt den öden, kalten Staub.
Bald wird es dem wilden Wind zum Raub,
Der hinfährt über den Rain.

Kein froh Erwachen ist mir bereit
In dem hehren Lande der Ewigkeit;
Denn ich gab meine Seele dem liebsten Mann,
Und in dem Buche der Engel kann
Sie nimmer zu finden sein.

In der Übersetzung von Adolf Strodtmann (1829-1879)

Aus: Amerikanische Anthologie
Deutsch von Adolf Strodtmann
Hildburghausen Verlag des Bibliographischen Instituts 1870 (S. 208)

_____



Ehrgeiz

Träg schwimmt die Wasserlilje meiner Liebe
Auf meines Herzens stiller, dunkler Fluth,
Und reicht bis zu dem tiefsten Purpurgrund
Mit ihrer Wurzeln Faserwerk hinab.
Und all' die stolz ehrgeizigen Gedanken,
Die im verborgnen Herzensschooß erstehn
- Denn alles Große keimt aus ihm hervor, -
Verstricken in den feinen Fasern sich,
Als wär's ein Netz, das Nichts entschlüpfen läßt.
Und mühn sie, bleiche Geister, sich empor,
Die stille Fluth mit großen Ringen kräuselnd,
So scheucht mit ihrem starken, süßen Duft,
- So süß, daß sichrer Tod Ein Odemzug! -
Die Lilje sie ins Grab, und ewig dann
Verschwinden sie wie nichtig eitler Schaum.

In der Übersetzung von Adolf Strodtmann (1829-1879)

Aus: Amerikanische Anthologie
Deutsch von Adolf Strodtmann
Hildburghausen Verlag des Bibliographischen Instituts 1870 (S. 210)

_____



Keine Antwort

Ich fragte die Sterne bei dunkler Nacht:
"Wird es nimmer und nimmer geschehn?"
Doch die Sterne strahlten in kalter Pracht,
Und blieben stumm meinem Flehn.

Ich fragte die Bäume im Waldesgrün:
"Wird es nimmer und nimmer geschehn?"
Sie wiegten die Wipfel im Winde kühn,
Und blieben stumm meinem Flehn.

Ich fragte den Strom, so herrlich und frei:
"Wird es nimmer und nimmer geschehn?"
Doch endlos rollten die Wogen vorbei,
Und blieben stumm meinem Flehn.

Ich fragte vergebens mein pochendes Herz:
"Wird es nimmer und nimmer geschehn?"
Es zuckte nur blutend in wildem Schmerz,
Und verstummte vor meinem Flehn.

In der Übersetzung von Adolf Strodtmann (1829-1879)

Aus: Amerikanische Anthologie
Deutsch von Adolf Strodtmann
Hildburghausen Verlag des Bibliographischen Instituts 1870 (S. 213)

_____



Entsagung

Glaub, Theurer! nicht, ich würde je begehren,
Dein liebes Weib zu sein.
Doch woll' es meiner Seele fromm gewähren,
Sich ewig dir zu weihn.

Wenn du ermattest auf des Lebens Wegen
In schwülem Dunst und Rauch,
Dann will die Hand ich auf die Stirn dir legen,
Leicht wie ein Zephyrhauch.

Und wenn du wachst in mitternächt'ger Stunde,
Von Schweigen rings umwebt,
Und nur dein Herz in einsam öder Runde
Von bittrer Qual erbebt:

Dann will ich wie ein Silbermondstrahl gleiten
In dein Gemach hinein,
Geräuschlos durch die stille Kammer schreiten
Und knien am Lager dein,

Und flüstern von dem Traum, dem hoffnungsvollen,
Der nun so ewig fern,
Von ihr, die einst dich hätte lieben sollen
Als deines Lebens Stern.

Und nimmer sollst die Thräne du erkunden,
Die mir vom Auge bebt,
Weil zwischen dir und mir zu allen Stunden
Ihr holder Schatten schwebt.

In der Übersetzung von Adolf Strodtmann (1829-1879)

Aus: Amerikanische Anthologie
Deutsch von Adolf Strodtmann
Hildburghausen Verlag des Bibliographischen Instituts 1870 (S. 215-216)

_____



Macht

Es kam zu mir ein Geist um Mitternacht,
Bekleidend mich mit stolzem Hermeline,
Dem Festgewande königlicher Pracht,
Und sprach zu mir mit ernst erhabner Miene:

"Zeuch, ein Erobrer, hin, daß allem Land
Und aller Welt das Recht, die Freiheit werde!
Vereiniget in deiner einz'gen Hand
Sei alle Macht des Himmels und der Erde!

Der Völker Loos zu lenken, sei dein Ruhm,
Dein sei das Wohl und Weh von Millionen,
Stürz in den Staub das frevle Königsthum,
Unrecht und Knechtschaft wirf von ihren Thronen!"

Doch ich, die Hände faltend auf der Brust,
Stand zitternd da im Königshermeline,
Zu Füßen sank ich, meiner kaum bewußt,
Dem Geist, und rief ihn an, mit flehnder Miene:

"Erbarme dich, o Geist! gieb mir die Macht,
Die heut, wie gestern, Herrscher ist auf Erden,
Den einz'gen Ruhm, der Heil seit je gebracht:
Die Macht, zu lieben und geliebt zu werden!"

In der Übersetzung von Adolf Strodtmann (1829-1879)

Aus: Amerikanische Anthologie
Deutsch von Adolf Strodtmann
Hildburghausen Verlag des Bibliographischen Instituts 1870 (S. 216-217)

_____



Mädchenfragen

Sie sprachen: "Kommt denn niemals unsrer Tag?"
Und falteten die jungen Hände stumm,
Halb in Entsagung, halb wie im Gebet.
Sie frugen also, wenn der Silbermond
Das zitternd schattendunkle Laub durchblinkte;
Sie frugen's, wenn der helle Morgenthau
Auf Gras und Blumen frisch und glänzend lag;
Sie frugen's, wenn der Abendsonne Gluth
Mit rothem Golde Erd' und Himmel färbte.
Doch nicht des Mondlichts Silber, noch der Thau
Gab ihnen Antwort, noch der Sonne Glühn. -
Und als die Jahre flohn, verstummt' ihr Fragen.
Und als die Jahre flohen, spendete
Ihnen kein liebes Auge jenen Blick,
Ach, jenen einen, dem kein andrer gleicht.
Und als die Jahre flohn, erheiterte
Kein Säuglingslallen süß ihr liebend Herz.
Doch eine Stimme klang in ihrer Brust,
Und sprach: "Was ist's denn, wenn ihr einsam bleibt?
Ihr träumtet Träume, edler als die Meisten,
Ihr strebtet Höhrem nach als Andere,
Ihr waret reinrer Liebe euch bewußt.
Und würd' auch euer Sehnen nie erfüllt,
Dies ist für euch der überreiche Lohn!"

In der Übersetzung von Adolf Strodtmann (1829-1879)

Aus: Amerikanische Anthologie
Deutsch von Adolf Strodtmann
Hildburghausen Verlag des Bibliographischen Instituts 1870 (S. 217-218)

_____



Aus der Wüste des Lebens

Aus der Wüste des Lebens schrie dürstend empor
Meine Seele und flehte dies Eine:
Nur ein Tröpflein Wassers gieb mir, o Herr,
Ein Wort von ihm, den ich meine! -

Vom Borne der Liebe ein Tröpflein nur
Begehrte mein Herz voll Bebens, -
Und du gabst mir die schimmernde Perle des Ruhms
In der brennenden Wüste des Lebens! -


In der Übersetzung von Gustav Emil Barthel (1835-1906)

Aus: England und Amerika
Fünf Bücher englischer u. amerikanischer Gedichte
von den Anfängen bis auf die Gegenwart
In deutschen Übersetzungen
Chronologisch geordnet mit litterarhistorisch-kritischen Notizen
und einer Einleitung: Ueber Geist und Entwicklung der englischen Poesie
von Julius Hart / Minden i. W. J. C. C. Bruns' Verlag 1885
(S. 407)
_____



Rühmt auch die Welt

Rühmt auch die Welt, was du vollbracht,
Und preist dich im Gesange,
Und jauchzt auch fern und nah das Volk
Bei deines Namens Klange:

Mein Mund ist stumm, er schweigt vom Glück
Und Glanz in deinem Leben; -
Mein Herz lag lang zu Füssen dir,
Mehr hab' ich nicht zu geben! -

In der Übersetzung von Gustav Emil Barthel (1835-1906)

Aus:
Aus: England und Amerika
Fünf Bücher englischer u. amerikanischer Gedichte
von den Anfängen bis auf die Gegenwart
In deutschen Übersetzungen
Chronologisch geordnet mit litterarhistorisch-kritischen Notizen
und einer Einleitung: Ueber Geist und Entwicklung der englischen Poesie
von Julius Hart / Minden i. W. J. C. C. Bruns' Verlag 1885
(S. 408)
_____


 

Biographie:

https://en.wikipedia.org/wiki/Gertrude_Bloede


 

 


zurück zum Verzeichnis

zurück zur Startseite