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Marianna Giarre-Billi
(1835-1906)
italienische Dichterin
Meglio sola che male accompagnata
Geh nur! Ich will nicht mehr sehn. Geschrieben
Steht dein Verrath klar in den Augen dir.
Such dir ein ander Liebchen nach Belieben!
Verzweifeln werd' ich nicht, gehst du von hier.
Ja, willst du's wissen: siebenzig mal sieben
Weit Schönre kann ich finden, glaube mir.
Fänd' ich sie nicht, ich wäre nicht so schwach,
Wie Andre wohl, und suchte lang danach.
Weiß ich doch jetzt: wenn Lieb' in uns erwacht,
Dann Heiterkeit und Frieden, gute Nacht!
Und soll mir's traurig gehn in dieser Welt,
"Oh! besser doch allein, als schlecht gesellt."
Drum geh nur fort von mir in ferne Weiten,
So weit mein Geist mag schweifen rings umher,
Und Berg und Thal soll zwischen uns sich breiten,
Und ist's noch nicht genug, scheid' uns das Meer.
Du hoffst umsonst die Rückkehr alter Zeiten;
Was galt ich dir, als ich noch dein, nicht mehr?
Jetzt, wenn du sagtest: dieser Thron sei dein!
Doch würd' ich nicht aus Gnaden dir verzeihn,
Und wissen doch, wie sehr ich dich geliebt,
Gott und dies Herz, das du so schwer betrübt!
Doch da nun nichts bei mir zurück dich hält,
"Oh! besser doch allein, als schlecht gesellt."
(S. 214-215)
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Eine Hoffnung
O heil'ge Jungfrau, der mein Herz liegt offen,
Der ich vertraue, was ich denk' im Stillen,
Ob Frohes oder Trübes mich betroffen,
Dir muß ich Alles ohne Scheu enthüllen.
Heut beicht' ich dir: es lebt in mir ein Hoffen.
O heil'ge Jungfrau, laß es sich erfüllen!
Und wenn es sich erfüllt, früh oder späte,
So oft ich komme dann und zu dir bete,
So oft ich komme, wie gewohnt ich war,
Mit Rosen dir zu schmücken den Altar.
Dann komm' ich nicht allein, Maria, dann
Begleitet mich zu dir mein lieber Mann.
(S. 215)
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Übersetzt von Paul Heyse
(1830-1914)
Aus: Paul Heyse Italienische Dichter in Übersetzungen
Lyriker und Volksgesang Neue Folge
Gesammelte Werke (Gesamtausgabe)
Hrsg. von Markus Berbauer und Norbert Miller
Reihe V Band 5
Georg Olms Verlag 2002
Nachdruck der Ausgabe Stuttgart und Berlin 1905
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