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M. Giuseppina Guacci
(1808-1848)
italienische Dichterin
Das Gebirgsmädchen
Spess fiate a l'ora
mattutina ...
Oft seh' ich in den frühen Morgenstunden
Halb schlafbefangen noch, auf steilen Wegen
Das schlanke Kind der Berge sich bewegen,
Das Kleid geschürzt, die Flechten aufgebunden.
Und seh' sie duft'ge Kräuter in den runden
Korb, noch vom frischen Thaue blinkend, legen
Und ihre Erdbeerernte zart umhegen
Mit weißen Rosen, schlicht zum Kranz gewunden.
Und zärtlich dann mit einem Liebesliede
Grüßt sie den Tag, so sapphirblau ergossen,
Der Wiese froh, die bunt in Blumen prangt.
O warum lacht nur ihr so heitrer Friede?
Warum ward mir der düstre Weg erschlossen
Des Denkens, der zum Ziele nie gelangt!
(S. 220)
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Übersetzt von Paul Heyse
(1830-1914)
Aus: Paul Heyse Italienische Dichter in Übersetzungen
Lyriker und Volksgesang Neue Folge
Gesammelte Werke (Gesamtausgabe)
Hrsg. von Markus Berbauer und Norbert Miller
Reihe V Band 5
Georg Olms Verlag 2002
Nachdruck der Ausgabe Stuttgart und Berlin 1905
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