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Maria Ricci Paterno Castello
(1845-?)
italienische Dichterin
Auf der Terrasse
Denkst du des Abends nicht, des süßen, bösen,
Wo du mit schönen Worten mich bethört?
Nun soll ich glauben, Täuschung sei's gewesen,
Doch Meer und Sterne haben dich gehört.
Ach, log dein Herz denn, das so stürmisch schlug?
So sel'ger Rausch - war er denn Traum und Trug?
Glüht nicht auf meiner Wange noch dein Kuß,
Daß sie nun zittern und erblassen muß?
(S. 154)
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Laß die Todten ruhn
O sprich mir nicht von ihm! 's ist riefe Nacht;
Gefährlich ist's, die Todten aufzuwecken.
Es kann was kommen, was mir Grauen macht,
Kann aus dem tiefsten Schlaf empor mich schrecken.
Wer weiß, wenn du mir seinen Namen nennst,
Tritt an mein Bette plötzlich sein Gespenst;
Tritt vor mich hin mit jenen dunklen Augen,
Die mir aus Seel' und Leib das Leben saugen.
(S. 154)
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Rückkehr
Bei seinem Haupt, das ich so toll geliebt,
Bei allem Leid, das mir durch ihn geschehen,
Hab' ich der Göttin, die Vergeltung übt,
Geschworen: nie sollt' er mich wiedersehen.
Doch eines Tags gemeldet wurde mir:
"Er kommt!" - und ich fiel hin, von Sinnen schier.
Er kam - er sah mich an - und ach, ich Arme
Sah sein Gesicht und stürzt' in seine Arme!
(S. 155)
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Frühling
(An Ines)
Die Sonne funkelt auf grüner Halde,
Von jungen Veilchen duftet's im Walde,
Von Zweig zu Zweigen sich Vögel schwingen ....
Komm, laß uns singen!
Durch grüne Fluren springt froh die Heerde,
Zu Lebenswonnen erwacht die Erde,
Die Lüfte säuseln von Liebesgrüßen ...
Komm, laß uns küssen!
Der Frühling lächelt in jungen Scherzen,
Und mir nagt heimlich ein Gram am Herzen.
Ich fühl's, der Tod will ein Ende machen ...
Komm, laß uns lachen!
(S. 155)
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Übersetzt von Paul Heyse
(1830-1914)
Aus: Paul Heyse Italienische Dichter in Übersetzungen
Lyriker und Volksgesang
Gesammelte Werke (Gesamtausgabe)
Hrsg. von Markus Berbauer und Norbert Miller
Reihe V Band 4
Georg Olms Verlag 1999
Nachdruck der Ausgabe Stuttgart und Berlin 1889
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