Qasmuna bint Ismail al-Yahudi
(11. Jh.)
andalusische Dichterin
Die junge Dichterin blickte
einmal in den Spiegel und bemerkte ihre eigene Schönheit. Da sie schon
erwachsen und noch nicht verheirathet war, rief sie aus:
Einen Weinberg schau' ich
da, zur Les' ist jetzt die Zeit,
Noch streckt sich nicht die Hand aus hin nach der vollen Frucht;
Weh, hinwelkt meine Jugend gar bald in Harm und Leid,
Und ihn, den ich nicht nenne, mein Blick vergebens sucht.
Der Vater hörte dies und
schaute nach einem Bräutigam für seine Tochter aus.
Bei Betrachtung einer Gazelle, welche sie aufzog, sang sie:
Nur in dir, du durch den
Garten fliehende Gazelle,
Scheu gleich dir und dunkeläugig, ich mein Bild erblicke;
Leben beide einsam wir, ohne jeglichen Genossen:
Harren wir geduldig aus, wie es wollen die Geschicke!
Übersetzt von Meyer
Kayserling (1829-1905)
Aus: Die jüdischen Frauen in der Geschichte Literatur und Kunst
von Mayer Kayserling
Leipzig 1879
(Kapitel: Eine arabische Dichterin)
Biographisches:
Qasmuna bint Ismail al-Yahudi entstammte der bedeutenden jüdischen Familie
Ibn Nagrella von Granada. Qasmuna ist eine der ganz wenigen jüdischen
Dichterinnen, die namentlich bekannt sind.
weitere Literaturhinweise:
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