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Sonett 25
Mag, wen ein günstiges Geschick erschuf,
an Titeln sich und äußrer Ehre laben.
mir, der sich fern fühlt solcherlei Beruf,
ward der Gewinn, ein andres Glück zu haben.
Von Gunst besonnt, der Höfling fett gedeiht
und tut sich auf wie eine Dotterblume;
ein laun'scher Zufall endet seine Zeit,
ein zorn'ger Blick begegnet seinem Ruhme.
Der nie besiegte Sieger, der zuletzt
doch einmal seinen Sieger hat gefunden,
wird aus der Ruhmestafel ausgeätzt,
und tausend Siege sind dahingeschwunden.
Welch andres Glück: ich lieb und bin geliebt,
ein Glück, an dem es keinen Wandel gibt!
Übersetzt von Karl Kraus (1933)
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Sonett 25
Laß die, so in der Gunst der Sterne stehn,
Mit Titelprunk sich blähn und lauter Ehre,
Ich, fern von solchem Glanz, will ungesehn
An dem mich freun, was ich zumeist verehre.
Der Fürsten Liebling spreißt sein schmuckes Laub
Nur wie die Ringelblum im Licht der Sonnen,
Und in ihm selbst zerfällt sein Stolz in Staub;
Ein finstrer Blick, so ist sein Glanz zerronnen.
Der narb'ge Held, berühmt durch manchen Strauß,
Wenn er auf tausend Sieg einmal verlor,
So löscht man ihn im Buch der Ehren aus;
Vergessen wird, wie er gekämpft zuvor.
Drum glücklich ich! Ich lieb und bin geliebt,
Wo ich nie wank und nichts beiseit mich schiebt.
Übersetzt von Otto Gildemeister (1871)
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Sonett 25
Laß, wem ein günstiges Gestirne tagt,
Mit öffentlicher Ehr' und Titeln prunken.
Ich, dem das Glück so hohen Glanz versagt,
Bin, unbemerkt, von andrer Ehrfurcht trunken.
Wie bunte Primeln an der Sonne Blick,
Entfalten Fürstengünstlinge die Blume,
Begraben in sich selbst ihr stolzes Glück;
Ein Schmollen tötet sie in ihrem Ruhme.
Der mühevolle Krieger, kampfbekannt,
Nach tausend Siegen einmal überwunden,
Ist aus dem Buch der Ehre wie verbannt,
Vergessen ganz die Früchte saurer Stunden.
Darum wohl mir! Ich lieb' und bin geliebt,
Wo's kein Verdrängen noch Verdrungenwerden gibt.
Übersetzt von Johann Gottlob Regis (1836)
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Sonett 25
Laß dem, den nie der Sterne Gunst betrogen,
Der Ehren und der Titel eiteln Tand;
Indeß ich, dem das Schicksal dies entzogen,
In stiller Freude lebe unbekannt.
Des Fürsten Günstling zeigt sein leeres Glück
Nur wie im Sonnenstrahl die Ringelblume,
Und in ihm selbst begraben liegt sein Glück,
Denn leicht stirbt er durch Zorn in seinem Ruhme.
Ein Held, und wenn er noch so ruhmvoll wäre,
Nach tausend Siegen einmal nur besiegt,
Wird schnell gestrichen aus dem Buch der Ehre,
Und was er that, bald durch die Zeit verfliegt.
Wohl mir, ich liebe, und nicht unerhört,
Ich störe Keinen drin, selbst ungestört.
Übersetzt
von Emil Wagner (1840)
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Sonett 25
Mag
jener, den der Sterne Gunst beglückte,
In öffentlichen Würden stolz sich blähn,
Ich, den Fortuna nicht so glänzend schmückte,
Genieße meiner Ehren ungesehn.
Ein Fürstengünstling spreizt der Blätter Kranz,
So wie die Primel in dem Licht der Sonne;
Doch nur in ihm begraben liegt sein Glanz:
Ein Zürnen, und er stirbt in seiner Wonne.
Der thatendurst'ge Held, an Ehre reich,
Nach tausend Siegen, einmal überwunden,
Wird aus dem Buch des Ruhm's verlöschet gleich,
Vergessen sind die Müh'n, die Todeswunden.
Wohl mir! ich gab und fand der Liebe Freuden.
Wo ich nie scheide, nichts mich zwingt zu scheiden.
Übersetzt von Dorothea Tieck (1826)
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Sonett 25
Mag Jeder, dem die Sterne hold, mit Macht
Und Titeln prahlend, dünken sich geehrt;
Mich aber, dem solch eitler Ruhm versagt,
Erfreut im Stillen, was dem Herzen werth.
Der Fürstengünstling spreizt sich dünkelhaft,
Der Butterblum' im Strahl der Sonne gleich,
Doch fehlt der innre Stolz, die innre Kraft:
Ein düstrer Blick — und all' sein Glanz ist bleich.
Der Krieger, der sich Schlachtenruhm gewann,
Besiegt nach tausend Siegen einmal nur,
Ist aus der Ehre Buch gestrichen dann,
Verwischt all seines Müh'ns und Ringens Spur.
Heil mir drum, dass ich liebe und gleich sehr
Geliebt bin, wo mich nichts verdränget mehr.
Übersetzt
von Alexander Neidhardt (1870)
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Sonett 25
Laß die, so sich in Glücksgestirnen sonnen,
Mit stolzen Titeln, hoher Ehr sich brüsten;
Getrennt durchs Schicksal von dergleichen Wonnen,
Trag ich nach einer Freude nur Gelüsten.
Des Fürsten Günstling spreizt die bunten Blätter
Gleich einer Ringelblum' im Sonnenstrahle;
In ihm liegt all sein Stolz; ein plötzlich Wetter
Der Fürstenstirn stürzt ihn mit einem Male.
Der Held, der ruhmvoll nie im Kampf gewichen,
Nach tausend Siegen einmal nur geschlagen,
Wird aus der Ehren Buch hinweggestrichen,
Vergessen bleibt sein Mühn in künftgen Tagen.
Heil mir, der liebt, und dort geliebt wird still,
wo, unverdrängt, er nicht verdrängen will.
Übersetzt
von Benno Tschischwitz (1870)
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Sonett 25
Der Sterne Liebling mag sich hoher Ehren
Und stolzer Titel rühmen, während ich,
Dem Glückes Launen solchen Ruhm verwehren,
Des ungleich höhern Glücks erfreue mich.
Es spreizt der Fürstengünstling seine Blätter,
Der Ringelblume gleich im Sonnenschein,
Ein Grab dem eignen Stolz! Bei bösem Wetter
Wie schrumpft zu Nichts sein prächt'ger Schimmer ein.
Der tapfre Feldherr, Leucht' und Stern dem Heere,
Nach tausend Siegen einmal nur besiegt,
Wird ausgestrichen aus dem Buch der Ehre,
Als hätt' er nichts errungen, nichts erkriegt.
Wie glücklich ich, der liebt und wird geliebt,
Wo's keine Untreu, keinen Wechsel giebt.
Übersetzt von Ferdinand Adolph Gelbcke (1867)
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Sonett 25
Laß' jene, die in Gunst bei ihrem Sterne,
Mit stolzen Titeln, äußrer Ehr' sich bläh'n,
Ich, dem das Glück hält die Triumphe ferne,
freu' mich an meinem Höchsten ungesehn.
Die Prinzenfreunde schöne Blätter treiben,
Wie Ringelblumen, wenn die Sonne lacht;
In ihnen muß ihr Stolz begraben bleiben:
Ein finstrer Blick ertöthet ihre Pracht.
Der tapfre, kampfberühmte Kriegsheld, wäre
Nach tausend Siegen einmal er besiegt,
Wird ausgestrichen aus dem Buch der Ehre
Und man vergißt, was mühvoll er erkriegt.
Drum glücklich ich, der, selbst geliebt, darf lieben,
Wo er nicht weicht und niemals wird vertrieben.
Übersetzt
von Fritz Krauss (1882)
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Sonett 25
Lass die begünstigt sind von ihrem stern
Von äussrer ehre prahlen · rang und pracht:
Ich · durchs geschick von solcher glorie fern ·
Geniesse still was meine ehre macht.
Der fürsten günstlinge tun schön sich auf
Wie vor dem sonnenblick die ringelblum . .
Doch oft nimmt ihre hoffart jähen lauf:
Ein stirnerunzeln und es stirbt ihr ruhm.
Der mühevolle krieger kampfbegabt
Wenn er nach tausend siegen schmach erlitt
Ist aus dem buch der ehre weggeschabt ·
Vergessen ist was vormals er erstritt.
Welch glück für mich: ich lieb und bin geliebt
Wo ich nicht schiebe und mich keiner schiebt.
Übersetzt von Stefan George (1909)
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