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Sonett 29
Wenn ich, vom Glück verschmäht und Menschenblicken,
Mein ausgestoßnes Dasein still bewein',
Und mich betrachtend, fluche den Geschicken,
Daß taub der Himmel bleibt bei meinem Schrei'n,
Und wünsch', ich wär an Hoffnungen so reich
Wie mancher, so befreundet, so geboren,
In Kunst, in Freiheit dem und jenem gleich,
Am mind'sten froh' bei dem, was ich erkoren:
Doch, denk' in solchem Selbstverachtungstraum
Von ungefähr ich deiner, jauchzt mein Leben
Wie Lerchen, die vom dumpfen Erdenraum
Frühjubelnd sich zum Himmelstore heben.
So macht Erinnrung an dein Lieben reich,
Daß ich's nicht hingäb um ein Königreich.
Übersetzt
von Johann Gottlob Regis (1836)
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Sonett 29
Wenn ich des Erdenglücks entbehrend frage,
warum ich durch so hartes Los verbannt,
und in Verzweiflung fluche, weil die Klage
beim tauben Himmel nicht Erhörung fand,
wünsch ich zu sein wie solche, die da leben
in Hoffnung, vieler Freundschaft, hochgeboren,
um mich der Kunst des einen hinzugeben,
des andern Ziel – dem meinen doch verloren.
Zur Selbstverachtung führt mich fast solch Sinnen;
doch denk ich deiner, aller Schatten flieht,
da will ein neuer Morgen mir beginnen,
zu deiner Sonne steigt mein Lerchenlied.
An dich zu denken, welch ein Herzenslohn:
dies Glück ist mir nicht feil für einen Thron!
Übersetzt von Karl Kraus (1933)
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Sonett 29
Wann ich, verachtet von Geschick und Welt,
Einsam mein ausgestoßnes Los beklage
und schrei umsonst zum tauben Himmelszelt
Und schau mich an und fluche meinem Tage
Und wünsche, daß ich wie ein andrer wäre,
So hoffnungsreich, so schön, befreundet so,
Und dieses Kunst und jenes Macht begehre,
Des eignen Köstlichsten am mindsten froh:
Wann so ich selbst mir fast verächtlich werde,
Da denk ich dein, und dann steig ich empor
Der Morgenlerche gleich von dumpfer Erde
Und singe Hymnen an des Himmels Tor;
Denn deiner Lieb Andenken macht so reich,
Daß ich mein Los nicht tausch um Kron und Reich.
Übersetzt von Otto Gildemeister (1871)
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Sonett 29
Wenn mit den Menschen und dem Glück entzweit
Ich einsam wein' ob meines Schicksals Tücke,
Daß laut mein Schmerz zum tauben Himmel schreit,
Ich blick auf mich und fluche dem Geschicke.
Dann wünsch' ich mich gleich jenem reich an Gut,
Wie dieser schön, an Freunden reich wie der,
Verlang' des einen Kunst, des andern Muth,
Was sonst mein Bestes freut mich dann nicht mehr.
So kann, im trüben Sinn, ich selbst mich schmäh'n,
Doch, denk ich Dein, schwingt sich mein Geist empor,
(Der Lerche gleich, die zu des Himmels Höh'n
Vom Boden steigt) und singt am Himmelsthor.
Denn Deine Lieb' giebt mir so süße Freuden
Selbst Kön'ge, scheint mir, sollten mich beneiden.
Übersetzt von Dorothea Tieck (1826)
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Sonett 29
Wenn ich verbannt von glück und menschenblick
Bewein allein mein ausgestossnen-los ·
Mich selber sehend fluche dem geschick ·
Zum tauben himmel schreie aussichtslos:
Möcht ich wie einer sein mit freunden viel ·
Wie er geformt · wie er von hoffnung voll
Und wünsche eines kunst · des andren ziel -
Dess mindest froh was meist mich freuen soll.
In solchem sinnen fast mich selbst verachtend
Fällst du mir plötzlich ein: ich steig empor
Und · wie die lerche mit dem frührot trachtend
Aus trüber erd · lobsing am himmelstor.
Dein · süsse liebe · denken bringt solch glück . ..
Nun weis ich tausch mit königen zurück.
Übersetzt von Stefan George (1909)
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Sonett 29
Wenn außer Gunst bei Menschen und Geschick
Ich einsam ganz mein schweres Loos beweine,
Und send' umsonst empor den fleh'nden Blick,
Und mir zum Unglück auserkoren scheine;
Mißgünstig Jenes frohe Zukunft schau',
Dem Andern seine Freund' und Reichthum neide,
Dem seine Kunst und schönen Körperbau,
Und was mir eigen, mir dadurch verleide,
Ja, fast verachtungswürdig dann mir werde: -
Dann denk' ich dein, gleich schwebt mein Geist empor,
Und, wie die Lerche Morgens von der Erde
Emporsteigt, singt er Dank am Himmelsthor.
Denn deiner Lieb' Erinn'rung, werther mir
Ist sie als Reichthum und der Krone Zier.
Übersetzt
von Emil Wagner (1840)
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Sonett 29
Wenn ich missachtet auch von Glück und Welt
Und fruchtlos klagend so verlassen blick'
Auf mich und zu dem tauben Himmelszelt,
Verfluchend mein so düsteres Geschick,
Und oft an Hoffnung reicher mich ersehn'
Und Jenes Kunst mir wünsche, Dieses Macht,
Befreundet sein möcht' und wie Andre schön,
Nie dessen froh, was mir doch nicht versagt,
Bis ich mich selber fast verachte: dann
Gedenk' ich dein — und wie der Lerchen Chor
Im Morgenstrahl sich schwinget himmelan,
So steigen meine Hymnen auch empor;
Bloß dein zu denken macht so reich mich schon,
Dass ich mein Loos nicht gäb' um einen Thron.
Übersetzt von Alexander Neidhardt (1870)
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Sonett 29
Wenn ich, von Glück und Menschen ganz verlassen,
Einsam des Ausgestoßnen Stand bewein',
Des Himmels Ohr mein Jammern nicht will fassen,
Ich auf mich schau und fluche meinem Sein
Und denk, wär' ich dem Hoffnungsreichern gleich,
Gleich schön wie er, gleich reich auch an Gefährten,
Besäß ich Jenes Kunst und Dess Bereich,
Am mindsten froh des mir zumeist Gewährten:
So grübelnd möcht ich fast mich selbst verachten.
Zum Glück gedenk ich dein, - dann jubeln wieder –
Wie leicht von dunklem Grund, hörts auf zu nachten,
Die Lerche steigt, - zum Himmel meine Lieder.
So werd ich reich, gedenk ich deiner Liebe,
Daß nichts zum Tausch mit Königen mich triebe.
Übersetzt von Benno Tschischwitz (1870)
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Sonett 29
Wenn Glück und Menschen ihre Gunst versagen,
Bewein' ich still für mich mein schlimm Geschick,
Zum tauben Himmel send' ich eitle Klagen,
Betrachte mich und fluche meinem Glück.
Möcht' reich an Hoffnung sein, wie ach! so Viele,
Ihr Antlitz haben, ihrer Freunde Zahl,
Dort jenes Mannes Kunst und Jenes Ziele,
Was mich zumeist gefreut, wird mir zur Qual.
Doch wenn mich so die Selbstverachtung beuget
Und denke Dein – da, wie vom Dämmerschooß
Der Erde morgens auf die Lerche steiget,
Singt Hymnen an des Himmels Thor mein Loos.
Denn Deiner Lieb' Erinnrung bringt mir Schätze,
Daß ich mein Loos hoch über jedes setze.
Übersetzt von Ferdinand Adolph Gelbcke (1867)
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Sonett 29
Wenn ich bewein' den Schiffbruch meines Lebens,
Ich, den verstieß die Menschheit und das Glück,
Und auf zum tauben Himmel schrei' vergebens,
Mich selbst betrachtend fluche dem Geschick,
Und möchte Diesem gern an Hoffnung gleichen,
Dem von Gesicht, Dem in der Freunde Zahl,
Möcht Dieses Kunst und Jenes Macht erreichen,
An größter Freude finde größte Qual,
Und dann doch fast mir selbst verächtlich werde,
Denk ich wohl Dein – und, wie die Lerch' empor
Beim Tagesgrauen steigt von dumpfer Erde,
Singt Hymnen nun mein Herz am Himmelsthor.
Denn Deine Lieb' weiß so mich zu belohnen,
Denk ich an sie, daß ich nicht tauscht' mit Kronen!
Übersetzt von Fritz Krauss (1882)
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