Aus: Der Buchstabe Dal
XLIX. (49)
Wer in der Hand den Becher hat,
Ist's, der das Reich Dschemschidens hat.
Der Quell der Chisern Leben schenkt,
Such' in der Schenk', das Glas ihn hat.
Der Seele Leitseil gieb dem Glas,
Weil dieses Kraft zu leiten hat.
Mir Wein, dem Mönch Enthaltsamkeit!
Wozu der Freund Verlangen hat?
O Schenke, außer deinem Mund
Kein Mensch den Wunsch befriedigt hat.
Die Schmeicheleien die Narziß'
Vom trunknen Aug' gelernet hat.
Das Haar, die Wang' sind ein Gebet,
Das stets mein Herz im Munde hat.
Für wunde Busen dein Rubin
Das Salz darauf zu streuen hat. 1
Zweihunder Sklaven, wie Hafis,
Der Brunn des Kinns gefangen hat. 2
1 Ein kühnes und für
abendländische Fantasie zu kühnes Bild. Der Rubin der
Lippen ist ein Arzt, der durch die Rede Salz auf wunde
Herzen streut.
2 Im
Brunn des Kinns, d.i. im Kinngrübchen sind zweihundert
Verliebte, wie Hafis, gefangen.
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