Aus: Der Buchstabe Dal
LV. (55)
Wer deinen Wangen den Schmelz
Der Tulp' und Rose gegeben,
Ist auch im Stande Geduld
Und Ruh mir Armen zu geben.
Wer deinem finstern Haar
Die Grausamkeit hat gelehret,
Ist auch im Stande, das Recht
Mir wider selbes zu geben.
Ich gab die Hoffnung Ferhards
Für immer auf von dem Tage,
Da ich vernahm, daß sein Herz
Er an Schirin abgegeben.
Zwar ward kein Schatz mir zu Theil,
Doch bin ich reichlich zufrieden,
Der Herr hat jenes dem Schah,
Dieses dem Bettler gegeben.
Die Braut der Welt ist, fürwahr!
Von außen herrlich gestaltet,
Wer sie genießet, der muß
Den Geist zur Mitgift ihr geben.
Am Fuß der Zeder, am Bach
Erheb' ich freyer die Hände,
Da nun das Wehen des Osts
Vom May die Kunde gegeben,
Hafisens Herz ist in Blut
Vom Arm des Schicksals verwandelt,
Hassan, die Stütze des Glaubens,
Sie ward ihm nicht mehr gegeben. 1
1 Hafis beklagt in der letzten
Strophe seine Trennung vom Großwesire Hassan,
dessen Beinamen Kawameddin der Aufrechthalter
des Glaubens heißt.
|