Aus: Der Buchstabe Ta
I. (1)
Bey dem Geiste des Herrn, beim alten Recht, und dem
Bündniß
Schwör' ich, es bleibet dein Heil immer mein
Morgengebet.
Meine Thränen ergießen sich zwar wie vor Noe die
Sündfluth
Aber des Busens Bild waschen sie nimmer hinweg.
Kauf' mein zerschlagenes Herz, in tausend Stücke
zerbrochen,
Ist es so viel als sonst tausend der anderen werth.
Schelte mich nicht der Trunkenheit, der Geleitsmann der
Liebe
Hat mich seit Anbeginn selber zum Rausche gebracht. 1
Sey gerad, dann ersteiget die Sonne hell dem Gemüthe,
Während die Dämmerung trügt, zeigt sie sich finster
und schwarz. 2
Nicht verwirf, o mein Herz die Hoffnung der Gnade des
Freundes.
Hast du mit Liebe geprahlt, thue Verzicht auf den Kopf.
Wahnsinn jagt mich um dich hinaus in Wüsten und Berge,
Meiner Ketten Last, ach die erleichterst du nicht!
Ausgeschmält hat die Ameis Aßafen, und wahrlich
mit Rechte, 3
Daß er verloren den Ring, daß er ihn nimmer gesucht,
Gräme dich nicht Hafis! und hoffe von Schönen auf
Treue,
Ist es des Ackers Schuld, wenn das Getreide nicht
wächst?
1 Am Tage, wo das ewige Schicksal
die Bestimmung aller Menschen entschied, ward auch meine
Neigung zum Trunke unwiderruflich entschieden.
2 Im Persischen ein besonderes
Wortspiel. Die erste Dämmerung heißt Subhi kasib der
trügende Morgen. Das Morgenlicht auf welches
unmittelbar der Aufgang der Sonne folgt heißt Subhi
sadik der aufrichtige Morgen. Sey also
aufrichtig, dann wird die Sonne aufgehen; bist du
trügerisch wie die erste Dämmerung, so wird es auch in
deinem Gemüthe finster bleiben.
3 Eine Anspielung auf die
Geschichte der Ameise, die nachdem alle Thiere mit
Geschenken beladen vor dem Throne Salomons erschienen
waren, auch einen Grashalm brachte. Aßaf verlor
das Siegel Salomons, dessen sich hernach ein Diwe
bemächtigte, und mit Hilfe desselben in Salomons Namen
regierend die Völker täuschte. Das Siegel Salmons
bedeutet hier die Lippen des Freundes, deren Genuß für
jetzt verloren ist. Hafis will sich aber nicht die
Nachlässigkeit des Großwesirs zu Schulden kommen
lassen.
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